Monatsarchive: November 2011

Lawblog – nicht vertrauenswürdig??

Bei meiner morgendlichen Blogrundschau warnte mich heute der feurige Fuchs vor Udo Vetter:

Ich kenne das Risiko

Es war eben schon immer riskant, sich mit bloggenden Strafverteidigern abzugeben. ;-)

 

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Ende der Strafverteidigung – Sofortrente für Strafverteidiger

Das Strafgesetzbuch (StGB) wird zu Beginn des Jahres 2012 außer Kraft treten.

berichtete das Nachrichtenblatt Der Postillon bereits am vergangenen Mittwoch.

Aus gut unterrichteten Kreise wird berichtet, daß Strafverteidiger ab dem Datum des Außerkrafttretens des StGB bis zum jeweiligen Lebensende eine monatliche Rente in der Höhe erhalten, die den Kosten entspricht, die nach der Entlassung der nicht erfolgreich verteidigten Mandanten aus der Strafhaft eingespart werden.

 

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Robentragenüblichkeitsbeschluß (RTÜB)

Die ehrenwerten Kollegen der Berliner Rechtsanwaltskammer haben weder Kosten noch Mühen gescheut, die Frage der Robentragungspflicht für Rechtsanwälte im Kammerbezirk zu „evaluieren“. Der Vorstand der Kammer hat das Ergebnis dieser Ermittlungstätigkeit in einen formvollendeten Beschluß gegossen:

Das Tragen einer Robe sei demnach vor dem

? Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin
? Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
? Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
? Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
? Kammergericht
? Landgericht Berlin
? Verwaltungsgericht Berlin
? Sozialgericht Berlin
? Amtsgericht Tiergarten in Strafsachen
? Amtsgerichten Tempelhof-Kreuzberg, Schöneberg und Pankow- Weissensee in Familiensachen

üblich.

Ich bedanke mich ausdrücklich für diese hochqualifizierte Fleißarbeit, der konsequenterweise aber auch die Androhung empfindlicher Übel folgen muß:

Tritt ein Kammermitglied entgegen der Üblichkeit vor Gericht ohne Robe auf, liegt ein Verstoß gegen § 20 BORA vor. Nach Auffassung des Vorstandes ist grundsätzlich eine Sanktionierung dieses Verhaltens dann erforderlich, wenn dadurch eine konkrete Gefahr für eine geordnete Rechtspflege, insbesondere eine Störung der für die Rechtsprechung erforderlichen Atmosphäre der Ausgeglichenheit und Objektivität, entsteht.

Sanktionierung bei „konkreter Gefahr für eine geordnete Rechtspflege“. Aha.

Das habt Ihr wirklich ganz prima gemacht, liebe Kollegen von der Rechtsanwaltskammer. Ich bin echt stolz auf Euch.

Besten Dank an den Kollegen Rolf Jürgen Franke für den Hinweis.
 

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Neulich, in der Kneipe

Mittagspause, ein Gespräch beim Bezahlen der Rechnung:

Bedienung [höflich, für’s Trinkgeld dankend]:
Und was arbeitet Ihr hier im Kiez? Bestimmt irgendwas am Schreibtisch, oder?

Verteidiger 1: [zurückhaltend, weil Mittagspause]:
Naja, nicht ganz richtig. Wir sind [schüchtern] Rechtsanwälte.

Bedienung:
Ah! Also solche Anwälte, die für ein einziges Schreiben 200 Euro verlangen?!

Verteidiger 2:
Schlimmer, viel schlimmer. Wir schreiben fast gar nichts, schwätzen nur dummes Zeug und sind dafür noch teurer.

Bedienung:
Dann seitd Ihr gar keine echten Rechtsanwälte?

Verteidiger 1 [selbstbewußt]:
Doch, doch, aber ganz besondere. Wir sind Strafverteidiger.

Bedienung [kämpferisch]:
Ah! Also solche, die die Verbrecher wieder aus dem Knast rausholen?!

Verteidiger 1:
Ja genau! Und dafür bekommen wir viel Geld, das wir dann hier in der Kneipe beim Mittagessen der Bedienung geben.

Verteidiger 2 [flüchtend]:
Ciao! Schönen Nachmittach noch …

Gut, daß dieses Gespräch beim Verlassen der Kneipe geführt wurde … wer weiß, was wir serviert bekommen hätten, wir bösen VerbrecherausdemKnastrausholer.

 

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Der Bundesfinanzhof zur Unschuldsvermutung im Strafrecht

Eine ungewöhnliche Bemerkung des Bundesfinanzhofs (BFH) am Ende einer Entscheidung zur Frage der steuerlichen Berücksichtigung von Verteidigerhonoraren:

Die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO durch das Landgericht X rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, dass der Kläger die ihm zur Last gelegte Straftat verübt hat. Denn die Einstellung nach § 153a StPO setzt keinen Nachweis der Tat des Angeklagten voraus (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1866).

Diese beiden Sätze verdienen das Prädikat

besonders wertvoll„.

Denn wenn jetzt sogar auch schon der BFH die Unschuldsvermutung erkannt hat, dann muß Art. 6 Abs. 2 EMRK ja richtig sein. Das könnte dann künftig auch der gemeine Verwaltungsbeamte oder der einfache Versicherungssachbearbeiter glauben.

Und wenn dann irgendwann wieder einmal ein ahnungsloser Behörden- oder Versicherungsvertreter vorträgt: „Wenn Ihr Mandant unschuldig wäre … warum zahlt dann die Auflage?!“, zitiere ich statt der Menschenrechtskonvention nur noch den Bundesfinanzhof. … hoffentlich nützt das ja was …

 

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Wenn das jeder machen würde …

Womit sich unsere Polizisten im Alltag beschäftigen (müssen):

Sechserträger

Der „Schaden“ beträgt noch nicht einmal 3,19 Euro (weil das Billigbier nach dem gescheiterten Diebstahlsversuch im Diskounter verblieben ist), die Ermittlungsakte umfaßt über 50 Blatt.

Wegen der psychiatrischen Erkrankung des Beschuldigten handelt es sich um einen Fall der notwendigen Verteidigung, ich bin daher – mit allen Kostenfolgen – bereits im Ermittlungsverfahren (!) zum Pflichtverteidiger des verhinderten Diebs bestellt worden. Die Staatsanwaltschaft wird Anklage erheben und die Verteidigung dann eine psychiatrische Begutachtung beantragen.

Man hätte ihn auch laufen lassen können, mit der Plörre … geschadet hätte das niemandem.

 

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Politisch korrekte Strolche

Aus unserem Küchenschrank:

Zu „meiner Zeit“ hießen die Dinger anders. Darf man heute nicht mehr sagen. Oder vielleicht noch nicht (wieder).

Der letzte Mandant, der zu den „Dickmännern“ (darf man das eigentlich sagen?) völlig entspannt „Negerküsse“ gesagt hat, hat eine senegalesische Mutter.

 

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Fortbildung von e.Consult, gut auch ohne Kaffee

„Google Werbung – Fachseminar für Rechtsanwälte“, so lautete das Thema einer Fortbildungsveranstaltung von eConsult.

Ich hatte es vor langer Zeit einmal mit Google-Werbung versucht, es dann aber wieder gelassen, weil ich von den Ergebnissen nicht überzeugt war. Vielleicht gibt es zwischenzeitlich neue Entwicklungen, dachte ich mir, deswegen hatte ich mich bei dem Seminar angemeldet.

Der Referent, Herr Ralf Zosel, den ich schon seit seinen Zeiten bei Beck Online „kenne“, brachte eine Menge hilfreiche Information an die anwaltlichen Teilnehmer. Auch wenn ich bereits die eine oder andere Erfahrung mit Google gemacht hatte, konnte ich reichliche neue Anregungen mit nach Hause nehmen.

Eine Erfahrung im Bereich Kanzlei-Marketing hat Ralf Zosel aber wieder einmal bestätigt: Entweder man zahlt dafür oder man arbeitet daran, daß man bekannt wird. In beiden Fällen sollte man effektiv mit seinen jeweiligen Ressourcen umgehen. Wie man das (nicht) macht, haben die Kollegen und ich auf dem Seminar gelernt. Dafür bedanke ich mich auf diesem Weg.

Positiv anzumerken war auch, daß man in den Pausen nicht gezwungen wurde, den Thermoskannenkaffee zu konsumieren. Es gab zu den Keksen auch leckere Getränke. 8-)

 

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Der Präsident und das anwaltliche Berufsrecht

Die Kollegin Heidrun Jakobs hat Post vom Präsidenten des Landgerichts Köln bekommen. Er schreibt:

Der vorliegende Blog stellt allein wertende und suggestive Elemente sowie Selbstanpreisungen der gegen die „Missstände in der Justiz“ ankämpfenden Anwältin in den Vordergrund.

Das verstoße gegen § 43b BRAO.

„Anlaßtat“ der Frau Kollegin war ein Blogbeitrag zu einem Verfahren vor der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln.

Wenn ich daran denke, daß ich ab 2012 vor den Landgericht Köln in einer streitigen Wirtschaftsstrafsache zu verteidigen haben werde, frage ich mich, welche Post der Präsi mir wohl schicken wird.

Einmal abgesehen davon, daß der Landrichter ganz offensichtlich nur einen sehr beschränkten Überblick über das anwaltliche Berufsrecht zu haben scheint – das wird gewiß noch spannend, wenn er erst die Blogbeiträge lesen wird, die ein Kreuzberger Strafverteidiger über ein Verfahren vor einer Kölner Strafkammer schreiben wird.

Solidarische Grüße nach Köln. Yes, I can! ;-)

update:
Rechtsanwalt Udo Vetter hatte das Thema im lawblog auch schon beim Wickel.

 

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Honorare für Strafverteidiger sind Betriebsausgaben

Der Kollege Dr. Tibor Schober aus Berlin weist auf eine interessante Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH)  hin. In einem Beschluß vom 17.8.2011 (VI R 75/10) thematisiert das höchste deutsche Finanzgericht die Honorar-Aufwendungen eines Unternehmers, die im Zusammenhang mit einer Verteidigung in einem Strafverfahren entstanden sind.

Es ging im Konkreten um die Frage, ob das Honorar, das der Unternehmer an seinen Strafverteidiger gezahlt hat, eine Betriebsausgabe ist. Dr. Schober formuliert den Leitsatz der Entscheidung so:

Strafverteidigergebühren bei Vorwurf der Beihilfe zur Untreue sind unstreitig Werbungskosten und können steuermindernd abgezogen werden bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In der Begründung des zitierten Beschlusses heißt es:

Strafverteidigungskosten [sind] dann als Werbungskosten abziehbar […], wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist.

Anders sieht der Fall aus, wenn z.B. der Kassierer in die Kasse greift. Das sei dann eine Straftat, die rein privat veranlaßt sei. Eine Beihilfe zur Untreue, die ein Unternehmer im Rahmen seiner Arbeit begeht, sei hingegen betrieblich veranlaßt.

Diese Differenzierung bietet im Zusammenhang mit der Vereidigung in Bußgeldverfahren häufig Stoff für Diskussionen: Wenn der Unternehmer auf der Fahrt zum Kunden eine rote Ampel überfährt, sollen die Verteidigerkosten beruflich / betrieblich veranlaßt sein. Fährt er aber auf dem Weg mit seiner Gattin ins Restaurant über dasselbe Rotlicht, sind die Honorare an den Strafverteidiger rein privates Vergnügen. Die Preisfrage lautet: Mit dem Kunden übers selbe Rotlicht in die selbe Gaststätte … ?

Das Steuerrecht hat eben so seine ganz eigenen Regeln. Wie man dazu einen „ausgeprägten Hang“ 8-) entwickeln kann, ist mir allerdings – mit meinem Hang zu Straftaten – nur sehr schwer verständlich zu machen …

Besten Dank an Herr Rechtsanwalt Dr. Tibor Schober für den Hinweis auf diese Entscheidung.

 

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