Der Bundesfinanzhof zur Unschuldsvermutung im Strafrecht

Eine ungewöhnliche Bemerkung des Bundesfinanzhofs (BFH) am Ende einer Entscheidung zur Frage der steuerlichen Berücksichtigung von Verteidigerhonoraren:

Die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO durch das Landgericht X rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, dass der Kläger die ihm zur Last gelegte Straftat verübt hat. Denn die Einstellung nach § 153a StPO setzt keinen Nachweis der Tat des Angeklagten voraus (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1866).

Diese beiden Sätze verdienen das Prädikat

besonders wertvoll„.

Denn wenn jetzt sogar auch schon der BFH die Unschuldsvermutung erkannt hat, dann muß Art. 6 Abs. 2 EMRK ja richtig sein. Das könnte dann künftig auch der gemeine Verwaltungsbeamte oder der einfache Versicherungssachbearbeiter glauben.

Und wenn dann irgendwann wieder einmal ein ahnungsloser Behörden- oder Versicherungsvertreter vorträgt: „Wenn Ihr Mandant unschuldig wäre … warum zahlt dann die Auflage?!“, zitiere ich statt der Menschenrechtskonvention nur noch den Bundesfinanzhof. … hoffentlich nützt das ja was …

 

Dieser Beitrag wurde unter Behörden, Strafrecht veröffentlicht.

9 Antworten auf Der Bundesfinanzhof zur Unschuldsvermutung im Strafrecht

  1. 1

    Nein, es wird nichts nützen weil die das auch weiterhin nicht hören wollen. Und, wer ist schon der BFH!?

  2. 2
    shabazz says:

    Im Zweifel wird es die Verwaltung in BFH/NV veröffentlichen und sagen, da es nicht im BStBl steht ist es nicht bindend.

  3. 3
    Jo says:

    Hübsch auch: in Berlin wird man nach einer 153a-Einstellung einer Steuergeschichte trotzdem ins „Korruptionsregister“ eingetragen.

  4. 4
    Taxman says:

    Leider haben Sie die Entscheidung des BFH nicht verstanden.

    Dass die Einstellung nach § 153a StPO keine Schuldfeststellung enthält, bedeutet keineswegs, dass jetzt die Unschuldsvermutung gilt, sondern nur, dass das Finanzgericht die strafrechtliche Vorfrage selbst klären muss (Rn. 9 f., 12 der Urteilsgründe).

  5. 5
    Warznold Scharenegger says:

    Wenn er unschuldig war, warum wurde er dann nicht freigesprochen?

    153a bedeutet: es ist zu mühselig das zu verfolgen, aber es ist was dran.

    Ich z.B. bin massiv betrogen worden. Und der Betrüger ist mit 153a davongekommen, nur weil es Gericht und Staatsanwaltschaft zuviel Mühe war die Zeugen und den Geschädigten mal zu fragen, was denn passiert war.

    Zivilrechtlich wurde er verknackt. Jetzt versucht er sich mit einer Privatinsolvenz aus seinen Pflichten zu schleichen. Und ich muß nun für viele tausend Euro auf Feststellung klagen, daß das unerlaubte Handlung war…

    Wer 153a akzeptiert, der muß sich auch für schuldig halten lassen. Ansonsten muß man eben auf einen Freispruch hinwirken.

    Im Gegensatz zu Ihnen, sehr geehrter Herr Hoenig, haben das viele Richter verstanden. Der BFH hat beim Strafrecht jedenfalls nichts mitzusprechen.

  6. 6
    Malte S. says:

    @Taxman & Schwarzenegger: Beide bitte nochmal drüber nachdenken. Natürlich gilt ohne Schuldspruch eines Strafgerichts IMMER die Unschuldsvermutung. Nichts anderes steht in dem Urteil des BFH. Die Unschuldsvermutung hindert die Finanzbehörden & -gerichte aber noch lange nicht, eigene Ermittlungen anzustellen. Nur auf die 153a-Einstellung können sie sich nunmal nicht für den Vorwurf strafrechtlichen Verhaltens stützen. Leider glauben aber nahezu alle Behörden, dass dies ginge.
    Wer glaubt, die Zustimmung zur Einstellung sei ein Schuldeingeständnis, der muss auch glauben, dass man nur dann Abwehrrechte gegen den Staat braucht, „wenn man was zu verbergen hat“.

  7. 7
    shabazz says:

    danke malte

  8. 8
    Jörg says:

    hier noch einen kurzen Verweis auf AEAO zu § 235, dort findet sich eine ähnlich lautende Entscheidung des BFH allerdings im Zshg. mit Hinterziehungszinsen. Ich bin nun fosch und behaupte, diese Rechtsprechung des BFH ist ständig.

  9. 9
    Werner Garbers says:

    BFH 27.8.1991 ( VIII R 84/89 ) BStBl. 1992 II S.9
    Steuerrechtliche Verfahren unterliegen nicht der Unschuldsvermutung.

    Lautet der Generalverdacht:
    Dieser erklärende Steuerpflichtige ist ein Vergewaltiger oder ( so vermute ich es ) ein Steuerbetrüger?

    Folgerungsfallunterscheidungen:
    Wenn er dann nach dem Ergebnis vom Prüfungsvorgang des Beamten keiner ist, hat er dann den Beamten getäuscht, weil der doch eine Täuschung erwartete?

    Wenn der Beamte in seiner Beurteilung glaubt die erwartete Täuschung hätte nicht stattgefunden, obwohl sie stattfand, hat er sich dann getäuscht oder wurde er getäuscht?

    Logik ist schon komisch ….