Monatsarchive: September 2011

Das Kanackenschwein und der General

Es ist schon etwas länger her. 2009 war’s. Ich hatte über einen Polizeibeamten berichtet, der telefoniert hatte. Mit einem Zeugen, den er angeschrieben hatte. Der Anrufer kündigte dem Polizeibeamten gegenüber an: Das Kanackenschwein steche ich ab. Das ging in die Richtung meines Mandanten.

Der Polizeibeamte hielt es für entbehrlich, über das Telefonat, über den Anrufer, über die Beleidigung und über die angedrohte Straftat einen Vermerk anzufertigen. Er hat die Sache nicht weiter verfolgt.

Warum auch? Der Beschuldigte war – für den Polizeibeamten bereits im Ermittlungsverfahren – schließlich ein ganz schlimmer Straftäter. Und dann hatte er auch noch einen Namen, der auf einen Migranten-Hintergrund schließen lies. Also: Was soll man da schon großartig aufschreiben?!

Die Strafanzeigen, die ich in meinem Leben geschrieben habe, kann sogar ein Sägewerksmitarbeiter an einer Hand abzählen. Aber das hier ging mir dann doch ein wenig zu weit. Zumal es auch insgesamt um die Glaubwürdigkeit dieses Polizisten ging. Und da konnte ein gegen ihn geführtes Ermittlungsverfahren meinem Mandanten nur weiterhelfen.

Nun hat es ein wenig gedauert, bis das Verfahren gegen den Beamten abgeschlossen wurde. Alles nicht so schlimm, meint die Generalstaatsanwaltschaft:

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das Verfahren aus zutreffenden Gründen eingestellt.

Na gut. Dann eben nicht.

Aber wenigstens hatte der Beamte gute zwei Jahre lang ein offenes Ermittlungsverfahren, das ihn sicherlich vorsichtiger hat werden lassen. Zumal es neben dem Strafverfahren auch noch ein fröhliches Disziplinarverfahren gibt, in dem er sich vor seinen – sicherlich weniger fröhlichen – Vorgesetzten rechtfertigen muß. Mehr als zwei Jahre nach diesem Telefonat.

Und meinen Namen kennt er nun auch.

 

17 Kommentare

Der General-Trickser und die Vorratsdatenspeicherung

Obwohl das Bundesverfassungsgericht das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung im März 2010 für verfassungswidrig erklärt hat, setzen fast alle Telekommunikationsanbieter die Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Bewegungsdaten illegal fort.

berichtet der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicher. Danach protokollieren Mobilfunk-Netzbetreiber trotz dieses Verbotes bis zu sechs Monate lang …

… in welcher Funkzelle in Deutschland welcher Nutzer mit seinem Handy angerufen hat, angerufen wurde, SMS versandt oder empfangen hat (Telefónica o2: 7-182 Tage, E-Plus: 90 Tage, T-Mobile: 30 Tage, Vodafone D2: 7-30 Tage). Auch welches Handy oder Smartphone man nutzt (IMEI-Nummer), wird teilweise gespeichert.

Es liegt auf der Hand, daß an diesen Daten auch die Ermittler ein nachdrückliches Interesse haben. An die Verkehrsdaten dürfen sie nicht mehr ran. Das heißt aber nicht, daß es keine Alternativen mehr gibt.

Die Generalstaatsanwaltschaft München beispielsweise hat da eine schlaue Idee gehabt (Einen Link auf die gute Idee (PDF) findet sich in dem oben zitierten Beitrag des AK Vorratsdatenspeicherung. Ich traue mich nicht …)

Rückwirkende Verkehrsdaten dürfen nach dem Urteil des BVerfG vom 2.3.2010 nicht mehr erhoben werden. Das Gericht hatte den § 113a TKG für verfassungswidrig erklärt; die Vorschrift ist daher nichtig. Und ohne Gesetz geht da gar nichts mehr. Dachte man. Bisher.

Die Idee der Bayern ist nun, die besagten Rechnungsdaten nach § 96, 97 TKG i.V.m. § 100g StPO heraus zu verlangen. Denn „Rechnungsdaten“ seien eben keine „Verkehrsdaten“. Und die Rechnungsdaten hatten die Verfassungsrichter nicht im Focus.

Also her damit, denkt sich die Münchener Generalstaatsanwaltschaft, und gibt ihren Reitern weitere Tips, wie man am besten an diese Daten kommt.

Sie mögen den Ermittlungs-Richtern, die die Beschlagnahme der Rechnungsdaten anordnen sollen, die Beschlüsse vorformulieren. Dabei solle man darauf achten, die Rechnungsdaten möglichst genau zu bezeichnen. Und auch eine Rechtsgrundlage dafür solle man dem Richter schon ‚mal aufschreiben, damit der nicht mehr großartig suchen muß. Die §§ 96, 97 TDK, 100g Abs. 1 StPO seien dazu ganz gut geeignet.

Garniert wird das Ganze mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß sich über die Rechnungsdaten sowohl die Funkzellendaten feststellen lassen, als auch eine Zielwahlsuche möglich sei.

Herzlichen Glückwunsch, kann man da nur sagen. Wenn so ein Rechtsanwalt arbeitet, muß er sich als Trickser und als Winkeladvokat bezeichnen lassen. Staatsanwälte dürfen das. Quod licet Iovi, non licet bovi. Oder wie heißt „Umleitung“ auf Lateinisch?

Daher hier nun zwei freundlich gemeinte Hinweise des Strafverteidigers:

1. Straftaten und Telefone sind nicht kompatibel.
2. Bei Prepaidkarten werden in der Regel keine Verkehrsdaten gespeichert.

8-)

Nach dem Motto „Das könnte Sie auch noch interessieren„:
Seriös besprochen wird das Thema Vorratsdatemspeicherung von Herrn Prof. Dr. Henning Ernst Müller im beckblog, mit weiteren Hinweisen.

Bild: Hartmut910 / pixelio.de
 

5 Kommentare

Warnung vor dem „Kundenanwalt“

Nachdem es bereits im August beim Fachpublikum die Runde gemacht hat, warnt nun auch die taz ihre Leser vor dem Kundenanwalt der ERGO.

Sebastian Heiser fragt:

Die Ergo-Versicherung hat seit August einen Kundenanwalt. Aber sollte man sich wirklich an ihn wenden, wenn man ein Problem hat?

Heiser kommt in seinem Artikel zu einem klaren Nein! Und schließt sich damit der zutreffenden Ansicht an, daß nur ein unabhängiger Rechtsanwalt einen unabhängigen Rat erteilen kann. Ein von einem Versicherer bezahlter Anwalt – sei es nun ein „auf Anwalt gefönter Versicherungsvertreter“ [*] oder ein (echter?) Rechtsanwalt, der sich (und seine Seele?) an den Versicherer verkauft hat – vertritt immer (auch? oder: nur?) die Interessen seines Geldgebers. Und nicht die des Ratsuchenden.

Deswegen zitiert Herr Heiser die bayrische CSU-Verbraucherschutzministerin Beate Merk, die zur Vorsicht mahnt:

Sobald zwischen dem Rechtsanwalt und der Rechtsschutzversicherung eine Geschäftsbeziehung besteht, wächst die Gefahr einer Interessenkollision zu Lasten des Versicherten. Denn die Versicherung mindert ihr Kostenrisiko, wenn der Rechtsanwalt dem Versicherten vom Rechtsstreit abrät und es nicht zum Prozess kommt.

Das sollte der Kunde eines Versicherungsunternehmens berücksichtigen, wenn ein Versicherer mit höheren Prämien droht oder scheinbaren Vergünstigungen lockt:

Verbraucherschutzministerin Merk weist darauf hin, dass manche Versicherungen auch mit unlauteren Methoden Druck ausüben. Für unzulässig hält sie es, wenn dem Versicherten, der lieber den Anwalt seines Vertrauens beauftragt, mit der Erhöhung der Versicherungsprämie gedroht wird. Oder wenn umgekehrt finanzielle Vorteile winken, falls man sich für den von der Versicherung empfohlenen Vertragsanwalt entscheidet.

Solche Angebote deuten darauf hin, daß man es mit einem Versicherer zu tun hat, dem vertrauen kann. Von der Wand bis zur Tapete. Aber kein Stück weiter.

Weitere Beiträge zu diesem Thema: Hier, hier und hier.

 

4 Kommentare

Frühsport

Ich finde, das macht richtig was her, dieses Höhenprofil.

Immerhin gewaltige 91 Höhenmeter auf dieser Guten-Morgen-Tour. Hier ging’s lang:

Als Appetit-Anreger für ein leckeres Müsli danach aber bestens geeignet.

Und nun frisch ans Werk – Fristablauf ist am Montag.

 

7 Kommentare

Wieder da! :-)

Der eine oder andere Kratzer wird bleiben, darauf kommt’s nicht an. Wichtig ist der Kern. Und was ein richtiges Kantholz ist, das bekommt man eben nicht kaputt.

Willkommen zurück, lieber Werner!

Und jetzt mach Dich an den Rest. Du wirst noch gebraucht. Auch mit Kratzern. Alles Gute!

 

4 Kommentare

Auf freier Strecke

Der Mandant hatte Pech. Er war nicht schnell genug. Sonst hätte man ihn ja nicht angehalten. Sagt er. Wenn auch etwas verschwurbelt.

Aus der Ermittlungsakte ergibt sich, daß sie Polizeibeamten vor Ort eine etwas abweichende Meinung vertraten:

Es könnte eine Aufgabe sein, an der der Verteidiger wächst. Denn mittlerweile sind die Videoaufzeichnungen von erstaunlich guter Qualität. Ob gut genug, wird sich zeigen.

Denn dann gibt es ja immer noch neben der Maschine das menschliche Versagen. Von Polizeibeamten. Wenn der Mandant Glück hat. Großes Glück.

Sonst nämlich wird es nämlich verdammt eng mit der Fahrererlaubnis. Denn den Chrysler (Ich erinnere: „… da geht der … über 300 km/h) fährt der Mandant schon eine längere Zeit …

Eins lernt der Mandant aber sicher noch. Irgendwann wird er endlich die Klappe halten, wenn er angehalten wird. Denn so geht das ja nun gar nicht.

 

15 Kommentare

Richterliche Fürsorge

Das Gericht hat stets darauf zu achten, daß es dem Angeklagten gut geht. Also nicht so, daß er sich wohlfühlt und richtig gute Laune hat, bevor er zu – sagen wir mal – einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wird. Aber wenigstens verhandlungsfähig, jedenfalls einigermaßen, sollte er schon sein. Der Angeklagte. Der Richter natürlich auch. Daran hat sich der Richter des Amtsgerichts Görlitz auch gehalten.

Express.de berichtete:

Es ist zehn Uhr am Morgen im Gerichtssaal, als bei Andrzej P. plötzlich die Hände zu zittern anfangen. Der Körper schüttelt sich immer wieder. Die Verteidigerin beantragt eine Unterbrechung der Verhandlung: „Mein Mandant hat Alkoholprobleme.“

Und wie löst der erfahrene Praktiker solche Probleme? Ganz einfach:

Richter Uwe Böcker überlegt und stellt dem Polen eine ungewöhnliche Frage: „Wie lange brauchen Sie, um sich aufzufüllen?“ Dann unterbricht er die Verhandlung für eine Stunde.

Unbestätigten Gerüchten zufolge hat der Richter den Angeklagten nicht in die Kneipe begleitet.

Besten Dank an Thomas H. für den Hinweis auf diese Justizposse.

 

16 Kommentare

Neulich bei Gericht….

Ein sehr unterhaltsamer Gastbeitrag über eine mündliche Verhandlung vor dem gemütlichen Zivilgericht einer eher übersichtlichen Kleinstadt von Rechtsanwältin Silke Jaspert zeigt, daß auch Zivilisten manchmal recht fröhliche Veranstaltungen erleben können:

    Neulich bei Gericht hatte ich die ehrenvolle Aufgabe für einen Kollegen – in Untervollmacht – einen Termin wahrzunehmen.

    Stattgefunden hat das alles vor dem hiesigen Amtsgericht und es fügte sich, da ich eben an diesem Vormittag selbst einen Termin beim Gericht hatte … gern habe ich die Sache übernommen.

    Inhaltlich sollte es um einen Zahlungsanspruch von nicht gezahlten Sozialversicherungsbeiträgen der gesetzlichen Krankenkasse gegen die ehemalige Geschäftsführerin einer – zwischenzeitlich insolventen – GmbH gehen. Es ist zwar nicht mein Metier, aber bei der Durchsicht der Akte fiel mir auf, dass der Beklagtenvortrag (wohl) darauf fußen sollte, dass man sich auf „Notstand“ berufen wolle.

    Zum einen sei der Beklagten nicht bewusst gewesen, dass sie Geschäftsführerin und damit Arbeitgeberin geworden sei und zum anderen habe ihr Mann sie immer dann, wenn es um die Frage ging, ob die Buchhaltung in Ordnung sei, tüchtig verdroschen. Hierfür gab es sogar auch eine Zeugin, die benannt werden konnte.

    Der Richter hat diese Zeugin zum benannten Termin geladen und meine Aufgabe war es nun, der werten Zeugin auf den Zahn zu fühlen.

    Da ich sowohl den Richter als auch den Kollegen der Gegenseite schon einige Male erlebt habe, beide durchaus auch schätze, ging ich davon aus, dass dieser Termin einer meiner angenehmeren sein würde. Man fand sich dann also zum Termin zusammen.

    Kleiner Einschub, der Kollege kam 10 Minuten zu spät und dann musste der Sitzungssaal gewechselt werden, weil die Zeugin in einem Elektrorollstuhl unterwegs sei und der Sitzungssaal im 3. Stock nicht erreicht werden könne. Wir trafen uns daher nach (zeitraubendem) Umzug im „alten Saal“. Nach ca. 3 Minuten Vorgeplänkel hatte die Beklagte „einen soo trockenen Mund“ und bat um Wasser … der Vorsitzende unterbrach darauf hin die Sitzung und eilte derselbst hinfort, ein Glas Wasser zu holen.

    Es begann dann das zivilgerichtlich übliche Vorgeplänkel. Der Richter führt in den Sach- und Streitstand ein, die Kollegen tauschen einige gewichtige und unwichtige Argumente. Die Zeugin wird aufgerufen:

    „Frau Meier, bitte in Saal 1 eintreten!“

    Die Tür öffnet sich, ein E-Rolli rauscht herein, die Fahrerin strahlt mich freudig an und grüßt mich namentlich. Ich stutze, lese in der Ladung den Namen der Zeugin, und überlege.

    Die Zeugin wird belehrt.

    Dann bitte ich den Vorsitzenden um Unterbrechung und darum, etwas zu Protokoll zu nehmen:

    Ich kenne die Dame „Meier“ aus zwei Mandaten, die ich in meiner Kanzlei für sie führe. Ich kenne sie allerdings nicht als Frau „Meier“, sondern als Frau „Müller“. Sie hätte als ebenjene Frau Müller für ihren Gatten Rechtsrat eingeholt. Ich war daher auch nicht überrascht, dass die mir hierbei vorgelegte Korrespondenz auf den Namen „Herr Müller“ lautet. Ich sei nun irritiert und bäte um Feststellung der Personalien.

    Der Kollege schien trocken zu schlucken (hoffentlich will er nicht auch noch ein Glas Wasser). Der Richter … ich glaube, er grinste.

    Er fragte nun die Zeugin, wie sie denn nun wirklich hieße … „Ja, ich heiße Frau Meier. Nee, ich bin nicht verheiratet.“

    Der Kollege hustet leise.

    Wie es denn sein könne, fragt der Richter, dass die Anwältin (ich, quasi) sie denn nun als Frau Müller kenne und auch zwei Mandate für Frau Müller führe.

    „Ja, das war so, dass mein Freund sagte, ich solle das für ihn machen und das habe ich auch. Ich habe aber eben nie klargestellt, dass ich nicht Müller heiße.“

    Jetzt bin ich sicher, dass der Richter grinst.

    Das Gesichtsfeld des Kollegen unterzieht sich einem heftigen Farbspiel. An dieser Stelle ist es eher grüngelblich.

    Der Vorsitzende fragt mich nun, ob ich aus den Mandaten noch offene Forderungen gegen die Mandantin hätte …. Ich krame in meinem schwachen Hirn und meine mich duster zu erinnern, dass die Gebühren alle „schier“ sind – nichts offen.

    Nun wendet sich der Vorsitzende mitfühlend an den Kollegen, ob er denn in Anbetracht des bisherigen Verlaufs der Einvernahme der Zeugin noch darauf bestehe, diese auch noch zum Streitgegenstand zu hören.

    Der ist nun rot … der Kollege. Ja, er wolle.

    Nun also soll die Zeugin Tatsachen berichten, die dazu veranlassen könnten, einen Notstand der Beklagten anzunehmen, der sie vielleicht von der Zahlungspflicht gegenüber der Krankenkasse befreien könnte (sollte ich an dieser Stelle vielleicht noch erwähnen, dass es einen rechtskräftigen Strafbefehl wegen § 266a StGB gegen die Beklagte gibt?).

    Ja, da könne sie einiges berichten. Und tut dies auch. Ihr letzter Satz ist:

    „Ja, aber in der Zeit, um die es hier geht, war ich gar nicht mehr in der Firma beschäftigt, das was ich hier erzählt habe, war alles sechs Jahre vorher.“

    Ich hätte verstanden, wenn der Kollege nun wirklich vom Stuhl gefallen wäre.

    Der Richter sprach dann noch einige einfühlsame Worte – gerichtet an den Kollegen – über die Würdigung des potentiellen Wahrheitsgehaltes der eben getätigten Aussage dieser Zeugin und verlas einen in naher Zukunft liegenden Verkündungstermin.

    Ich eilte dann in die Kanzlei zurück, hechtete an den Aktenschrank und in unser Buchhaltungsprogramm…Rechnungen waren wirklich alle bezahlt. Dann habe ich noch ein nettes aber finales Schreiben an Frau Meier „Müller“ gerichtet und sie gebeten, die mir überlassenen Originalunterlagen (Leitzordner) bitte zeitnah hier abzuholen und mir im übrigen Verständnis dafür entgegenzubringen, dass ich die Mandate mit sofortiger Wirkung niederlege.

    Ich fand nicht, dass ich – angesichts des eher mäßigen Streitwertes in der Sache und der Vereinbarung mit dem Kollegen – überbezahlt war für diesen Termin … aber:

    So was kriegste echt nicht für Geld!

Silke Jaspert,
Rechtsanwältin und Mediatorin, Opferanwältin, 21335 Lüneburg.

 

14 Kommentare

Der Strafverteidiger empfiehlt – 15

Heute:

Prantl folgt dem Mob

Mario Barth:  Keine originellen und selbständigen Gedanken

Trojanisches T-Shirt

Bettelnder Beamter, schlecht erzogen

Der Frauenversteher

 

1 Kommentar

Auf Wiedersehen, Herr Kollege

Da wollte mir der Herr Kollege mal zeigen, wo der Hammer hängt. Und jetzt hat er einen blauen Daumen.

Mein Lieblings-Rechtsschutzversicherer hatte mir – mal wieder nach zähem Ringen – den Honorar-Vorschuß gezahlt. Nicht alles, was ich wollte; klar, das war bei dem Laden nicht anders zu erwarten. Aber immerhin genug, damit ich erst einmal verteidigen konnte. Und zwar erfolgreich: Mein Mandant, also der Versicherungsnehmer, wurde freigesprochen. Auf Kosten der Landeskasse.

Ich habe dann im Namen des Mandanten die Kosten der Verteidigung mit der Justiz abgerechnet und irgendwann traf dann auch die Zahlung der Justizkasse hier ein.

Ich wurde also zweimal bezahlt, einmal von dem unsäglichen Versicherer und ein zweites Mal vom Gericht.

Das zu viel gezahlte Honorar steht nun aber dem Versicherer zu. Deswegen habe ich es mit ihm abgerechnet. Das gefiel ihm aber nicht. Er hielt die Höhe, die ich angesetzt habe, nicht für angemessen. Wir haben uns daher eine zeitlang gezankt. Das heißt, er hat mir böse Briefe geschrieben, die ich mit zwei virtuellen Löchern versehen und fein säuberlich in die elektronische Akte abgeheftet habe.

Seit 2004 (!) hat der Versicherer herumgenörgelt und nicht locker gelassen. Letztes Jahr dann hat er endlich einen Rechtsanwalt gefunden, der mich unter Androhung empfindlicher Übel („rechtliche Konsequenzen“ und so’n Quatsch) die im Streit stehende, gewaltige Summe in Höhe von 280 Komma irgendwas Euro sofort zu zahlen aufforderte.

Auch diese Anwalts-Schreiben habe ich zunächst gelocht und geheftet. Dann aber gedacht, bevor der Kerl nun wirklich im Auftrag des Versicherers Klage erhebt, zahle ich lieber und vergesse den Mist. Schließlich habe ich auch noch ein paar andere Sachen zu tun, bei denen die 280 Euro nicht sonderlich ins Gewicht fallen.

Aber auch danach war noch keine Ruhe. Denn der Herr Kollege meinte, ich solle nun auch noch die 25 Euro zahlen, die er bei der Geltendmachung der Forderung verdient haben will.

Erst kam der virtuelle Locher wieder ein paar Mal zum Einsatz und dann tatsächlich die Klage. Wegen 25 (fünfundzwanzig) Euro.

Die Klageschrift umfaßte dreieinhalb Seiten, mit Anlagen und Tralala wurden mir 21 Blatt Papier zugestellt. Ich habe mit einen Dreizeiler (1/3 Seite) erwidert. Erst erfolgte weiteres Getöse, dann noch ein hervorragend begründeter Fristverlängerungsantrag (den ich nicht unerwidert lassen konnte ;-) ) und gestern dann der Termin vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg. Für ein schriftliches Verfahren erschien mir die Sache nicht geeignet.

Ich hatte mich ohnehin zum Radfahren verabredet, so daß mir der Schlenker über das Gericht gerade Recht kam; zum Warmfahren, sozusagen. In Sportklamotten, schließlich war ich als Beklagter und nicht als Organ der Rechtspflege unterwegs … in den Grunewald.

Die Klage war unschlüssig, hatte ich bereits vorgetragen. Dem Herrn Kollegen lies die Richterin nach, den Fehler zu korrigieren. Er legte irgendwelches Papier vor, aus dem sich die Schlüssigkeit ergeben sollte. Die Richterin kündigte an – was in dem Saal eigentlich niemanden verwunderte – der Klage auf Zahlung dieser 25 Euro stattzugeben.

Darüber muß ich erst einmal in aller Ruhe nachdenken, habe ich mir gedacht. Und mitgeteilt, daß ich mich außer Stande sehe, einen Antrag zu stellen. Das sorgte dann für rote Farbe im Gesicht des Herrn Kollegen.

    Richterin [fürsorglich]
    Wenn Sie jetzt hier und heute keinen Antrag stellen, dann muß ich ein Versäumnisurteil gegen Sie erlassen. Wissen Sie das?

    Beklagter Strafverteidiger [kleinlaut]:
    Jjjjooh?!

    Klagender Zivilist [empört]:
    Und dann legen Sie gegen das Versäumnisurteil Einspruch ein, nicht?!

    Beklagter Strafverteidiger [censored]:
    Iiiiiiiija!

    Richterin [hinauskomplimentierend]:
    Meine Herren, dann kommt die Entscheidung am Schluß der Sitzung. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag …

    Beklagter Strafverteidiger [fröhöhlich]:
    Auf Wiedersehen, Herr Kollege!

    Klagender Zivilist
    verläßt wutschnaubend den Saal.

Für den Unkundigen: Nach dem Einspruch gegen das Versäumnisurteil wird ein neuer Termin anberaumt, in dem dann die Sache erneut verhandelt wird. Zu diesem Termin werden die Parteien wieder geladen, der Herr Kollege darf dann erneut beantragen, mich zu Zahlung von 25 Euro zu verurteilen.

Vielleicht bringe ich ihm dann Bargeld zum Termin mit … nicht, daß er das Weinen anfängt, wenn er an die Zwangsvollstreckung denkt, die er im Anschluß an das Verfahren sonst noch vor sich hätte …

 

25 Kommentare