Auf Wiedersehen, Herr Kollege

Da wollte mir der Herr Kollege mal zeigen, wo der Hammer hängt. Und jetzt hat er einen blauen Daumen.

Mein Lieblings-Rechtsschutzversicherer hatte mir – mal wieder nach zähem Ringen – den Honorar-Vorschuß gezahlt. Nicht alles, was ich wollte; klar, das war bei dem Laden nicht anders zu erwarten. Aber immerhin genug, damit ich erst einmal verteidigen konnte. Und zwar erfolgreich: Mein Mandant, also der Versicherungsnehmer, wurde freigesprochen. Auf Kosten der Landeskasse.

Ich habe dann im Namen des Mandanten die Kosten der Verteidigung mit der Justiz abgerechnet und irgendwann traf dann auch die Zahlung der Justizkasse hier ein.

Ich wurde also zweimal bezahlt, einmal von dem unsäglichen Versicherer und ein zweites Mal vom Gericht.

Das zu viel gezahlte Honorar steht nun aber dem Versicherer zu. Deswegen habe ich es mit ihm abgerechnet. Das gefiel ihm aber nicht. Er hielt die Höhe, die ich angesetzt habe, nicht für angemessen. Wir haben uns daher eine zeitlang gezankt. Das heißt, er hat mir böse Briefe geschrieben, die ich mit zwei virtuellen Löchern versehen und fein säuberlich in die elektronische Akte abgeheftet habe.

Seit 2004 (!) hat der Versicherer herumgenörgelt und nicht locker gelassen. Letztes Jahr dann hat er endlich einen Rechtsanwalt gefunden, der mich unter Androhung empfindlicher Übel („rechtliche Konsequenzen“ und so’n Quatsch) die im Streit stehende, gewaltige Summe in Höhe von 280 Komma irgendwas Euro sofort zu zahlen aufforderte.

Auch diese Anwalts-Schreiben habe ich zunächst gelocht und geheftet. Dann aber gedacht, bevor der Kerl nun wirklich im Auftrag des Versicherers Klage erhebt, zahle ich lieber und vergesse den Mist. Schließlich habe ich auch noch ein paar andere Sachen zu tun, bei denen die 280 Euro nicht sonderlich ins Gewicht fallen.

Aber auch danach war noch keine Ruhe. Denn der Herr Kollege meinte, ich solle nun auch noch die 25 Euro zahlen, die er bei der Geltendmachung der Forderung verdient haben will.

Erst kam der virtuelle Locher wieder ein paar Mal zum Einsatz und dann tatsächlich die Klage. Wegen 25 (fünfundzwanzig) Euro.

Die Klageschrift umfaßte dreieinhalb Seiten, mit Anlagen und Tralala wurden mir 21 Blatt Papier zugestellt. Ich habe mit einen Dreizeiler (1/3 Seite) erwidert. Erst erfolgte weiteres Getöse, dann noch ein hervorragend begründeter Fristverlängerungsantrag (den ich nicht unerwidert lassen konnte ;-) ) und gestern dann der Termin vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg. Für ein schriftliches Verfahren erschien mir die Sache nicht geeignet.

Ich hatte mich ohnehin zum Radfahren verabredet, so daß mir der Schlenker über das Gericht gerade Recht kam; zum Warmfahren, sozusagen. In Sportklamotten, schließlich war ich als Beklagter und nicht als Organ der Rechtspflege unterwegs … in den Grunewald.

Die Klage war unschlüssig, hatte ich bereits vorgetragen. Dem Herrn Kollegen lies die Richterin nach, den Fehler zu korrigieren. Er legte irgendwelches Papier vor, aus dem sich die Schlüssigkeit ergeben sollte. Die Richterin kündigte an – was in dem Saal eigentlich niemanden verwunderte – der Klage auf Zahlung dieser 25 Euro stattzugeben.

Darüber muß ich erst einmal in aller Ruhe nachdenken, habe ich mir gedacht. Und mitgeteilt, daß ich mich außer Stande sehe, einen Antrag zu stellen. Das sorgte dann für rote Farbe im Gesicht des Herrn Kollegen.

    Richterin [fürsorglich]
    Wenn Sie jetzt hier und heute keinen Antrag stellen, dann muß ich ein Versäumnisurteil gegen Sie erlassen. Wissen Sie das?

    Beklagter Strafverteidiger [kleinlaut]:
    Jjjjooh?!

    Klagender Zivilist [empört]:
    Und dann legen Sie gegen das Versäumnisurteil Einspruch ein, nicht?!

    Beklagter Strafverteidiger [censored]:
    Iiiiiiiija!

    Richterin [hinauskomplimentierend]:
    Meine Herren, dann kommt die Entscheidung am Schluß der Sitzung. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag …

    Beklagter Strafverteidiger [fröhöhlich]:
    Auf Wiedersehen, Herr Kollege!

    Klagender Zivilist
    verläßt wutschnaubend den Saal.

Für den Unkundigen: Nach dem Einspruch gegen das Versäumnisurteil wird ein neuer Termin anberaumt, in dem dann die Sache erneut verhandelt wird. Zu diesem Termin werden die Parteien wieder geladen, der Herr Kollege darf dann erneut beantragen, mich zu Zahlung von 25 Euro zu verurteilen.

Vielleicht bringe ich ihm dann Bargeld zum Termin mit … nicht, daß er das Weinen anfängt, wenn er an die Zwangsvollstreckung denkt, die er im Anschluß an das Verfahren sonst noch vor sich hätte …

 

Dieser Beitrag wurde unter In eigener Sache, Rechtsanwälte veröffentlicht.

25 Antworten auf Auf Wiedersehen, Herr Kollege

  1. 1
    Thomas-S says:

    Hat Ihr Kollege nichts besseres zu tun als auf 25€ zu klagen? Hat denn sonst keine Mandanten? Der arbeitet doch für eine Rechtschutzvers.? Unglaublich… #

    P.s. Klasse Blog. Der erste Anwalt mit anflügen von Humor. ;)

  2. 2
    ein Wissender says:

    War der sogenannte Kollege aus Krefeld? Da gibt es einen Rechtsvertreter,A.N.der für solche Sachen gut ist.

  3. 3
    disel says:

    Pubertierende Männer sollten nicht vor Gericht dürfen. (Wer zahlt eigentlich den „Spass“.. Verfahrenskosten..?)

      Die Verfahrenskosten sind von demjenigen zu tragen, der hier den überflüssigsten Kommentar hinterläßt. crh
  4. 4
    Johannes says:

    Am Ende vermutlich Herr Hönig, wenn er denn tatsächlich verlieren sollte.

  5. 5
    goerch says:

    wenn anwälte organe der rechtspflege sind, dürfte es sich wohl um die milz handeln – braucht kein mensch… die justiz taumelt am rande der handlungsunfähigkeit und zwei pubertierende advokaten treiben ihre spielchen…

  6. 6
    RA Klenner says:

    Herrlich – mal vorausgesetzt, die Klage ist jetzt schlüssig und es sind keine Fahrtkosten angefallen wird’s im Einspruchtermin auch nicht mehr teurer. Da kann man sich den Spaß schonmal gönnen.

    Oh, noch eine lustige Idee: Da es ursprünglich anscheinend um Ihre Gebührenhöhe ging (?) kann man argumentieren, dass zwingend (!) ein (kostenloses) Gutachten nach § 14 II RVG einzuholen ist. Die Gesichter der Kollegen möchte ich sehen, wenn sie erfahren, dass es um ganze 25 € geht :D

  7. 7

    Naja, halbwegs lustige Geschichte. Ich hatte noch eine lustige Wendung erwartet. Aber vielleicht dann im Post vom neuen Termin … :-)

  8. 8
    RA JM says:

    @ RA Klenner:

    Eher nicht, ein Gutachten nach § 14 II RVG ist nur im Rechtsstreit Anwalt ./. Mandant obligatorisch.

  9. 9

    Das ist die einzig angemessene Bestrafung. Habe einen „Kollegen“ in Nauen, der zweimal (1. und 2. VU) zum Arbeitsgericht antreten musste (und es verdient hatte!)…Bei auswärtigen Klägern (Rechtsschutzversicherern…) darf man aber zur Vorsicht mahnen: Die Partei bzw. ein Parteivertreter darf zu jedem Verfahren nämlich auch dann anreisen, wenn er nicht persönlich geladen wurde, und Kostenerstattung verlangen. Berlin ist zwar nicht Budapest, aber auch Versicherungsmitarbeiter können ja bescheiden sein. Hauptsache 25 EUR, Reisekosten 400 EUR…

  10. 10
    RA Thomas says:

    Vielleicht könnten Sie den Ausgangspunkt noch einmal etwas erhellen. Wenn die Justizkasse Ihnen die beantragten Gebühren ohne Maulen erstattet hat, kann doch der Rechtsschutzversicherer schwerlich argumentieren, die Gebühren seien zu hoch. Oder hat Ihnen die Staatskasse weniger erstattet als der RS-Versicherer an Vorschuß gezahlt hatte? Und weshalb zahlt man die 280,- Euro, aber nicht die 25,- Euro? Da der Streitwert unter 300,00 Euro lag und die Nebenforderung nicht streitwerterhöhend ist, hätten Sie sich doch über den ganzen Betrag verklagen lassen können. Hätte das Prozeßrisiko um keinen Cent erhöht.

      Wenn Sie – wie ich – pathologischer Strafrechtler wären, sähen Sie – wie ich – ein strafrechtliches (zumindest aber berufsrechtliches) Risiko (wenn auch ein geringes) in der von Ihnen vorgeschlagenen Strategie. Stichwort: „Fremdgeld“. crh
  11. 11
    Martin says:

    Herrje, stecken Sie dem armen Kollegen doch einfach einen Hunderter zu. Vielleicht hat er Hunger!

  12. 12
    Hans-Peter Schäufele says:

    Berechnet der Herr Kollege die völlig überhöhte Regelgebühr von 1,3 für diesen besonders einfachen Fall?

  13. 13

    […] hatte mir – mal wieder nach zähem Ringen – den Honorar-Vorschuß gezahlt. zum Artikel Posted in Allgemein Tags: Honorare, Rechtsschutzversicherungen « Gewinnübergabe oft […]

  14. 14
    Mic says:

    Juristen sind schon merkwürdige Menschen ;)

  15. 15

    2004? Ich hätte die Einrede der Verjährung erhoben…;-)

      Hatte ich, genützt hat es nix. crh
  16. 16
    egal says:

    „Die Klage war unschlüssig, hatte ich bereits vorgetragen. Dem Herrn Kollegen lies die Richterin nach, den Fehler zu korrigieren. Er legte irgendwelches Papier vor, aus dem sich die Schlüssigkeit ergeben sollte.“

    Was sind denn das für magische Papiere gewesen?

    Die will ich auch haben, so auf Vorrat am besten, wenns mal wieder nicht so mit der Amtsrichterin klappt in Tempelkreuz ;)

  17. 17

    Um als klagender Kollege Sie zurück zuärgern, würde ich folgenden Weg beschreiten: bei Gericht anrufen, ob tatsächlich das VU gegen Sie ergangen ist und sofort hinsichtlich sämtlich Konten ein vorläufiges Zahlungsverbot beantragen. Mal sehen, wer dann lauter lacht !?!

  18. 18
    Th. Koch says:

    Wie kommt man hier auf 25 Euro? Eine 1,3-Gbeühr + 7002 wären € 39 netto. Sei’s drum: Wenn der Kollege nur eine Zahlungsaufforderung ohne (schwierige) Rechtsausführungen geschickt hat, könnte man 2302 VV RVG anwenden und € 12,00 netto anbieten. Und dann die Kosten gegeneinander aufheben. Möglicherweise kann man sich dann auch vergleichen, weil es für den Kollegen gerade noch zum Nullsummenspiel wird, wenn nur eine Gerichtsgebühr anfällt – sonst zahlt er drauf…

    Und was ist mit Verjährung?

  19. 19
    egal says:

    Die 25 Euro könnten aus VV Nr. 3305 (1,0) stammen.

    Das würde dann auch ggf. die nicht eingetretene Verjährung erklären, § 204 Abs. 1 Zif. 3 BGB, wobei natürlich auch § 203 BGB einschlägig sein könnte bei den angesprochenen „Unterlagen“, die die Klage wieder schlüssig gemacht haben sollen.

  20. 20
    R24 says:

    Aber das Urteil dürfte vorläufig vollstreckbar sein. Da brauchen Sie die 25 EUR nicht mit zum Termin nehmen, die hat er sich vielleicht mit einer Kontenpfändung schon geholt. Oder Sie legen Sicherheit zur Abwendung der Vollstreckung. Da kann man noch trefflich Schriftverkehr führen, auf das der Kollege sich künftig 3x überlegt, ob er gegen einen anderen Kollegen noch einmal so zu Felde zieht
    :-))

  21. 21
    Verwunderer says:

    Kann mal jemand einem Ex-RA erklären, wieso die RSV einen Direktanspruch gegen den RA hat? Da besteht doch keinerlei vertragliches oder gesetzliches Verhältnis? Verstehe ich nicht, habe vielleicht aber auch schon das eine oder andere vergessen.

  22. 22
    NR says:

    Kindergarten-Scheiß: Ein Anwalt rühmt sich, eine wohl berechtigte Forderung nicht begleichen zu wollen. Warum nur?

      Hey, 25 Euro sind verdammt viel Geld! Da muß so armer Schlucker, der nachts um halb elf Zeit hat, blödsinnige Kommentare in fremder Leute Weblog zu schreiben, um zu dokumentieren, daß er den Sinn des Lebens noch nicht begriffen hat, lange für stricken. crh
  23. 23
    EGIdrA says:

    lol, Herr Hoenig did it for the lulz… oder mal ernsthaft: warum haben Sies nicht einfach gezahlt? Es kann Ihnen ja eigentlich nur darauf angekommen sein, den Kollegen zu trollen. Nicht, dass ich das nicht cool finden würde, aber was bringt Sie dazu?

  24. 24
    eborn says:

    es gibt Leute die streiten sich vor Gericht um 17,80 und legen deswegen sogar Verfassungsbeschwerde ein ;-)

  25. 25
    Chr. Jakoby says:

    Dass das Kindergarten-Scheiß ist, ist eine Sache. Dass es von Leuten kommt, die sich gerne mal lauthals beschweren, wenn es bei der Justiz etwas länger dauert, ist eine andere Sache. Und da der Kostenerstattungsanspruch an sich dem gegnerischen Mandanten/RSV zusteht, ist dessen willkürliche Nichtzahlung berufsrechtlich natürlich genauso heikel wie die Nichtzurückzahlung der zuviel erhaltenen Gebühren.