Monatsarchive: April 2012

Mutige Verteidigung: Flucht nach vorn

Der Berliner Strafverteidiger Ulrich Dost hat veröffentlicht eine

Presseerklärung zu dem am 19.04.2012 begonnenen Strafprozess vor der 39. großen Strafkammer des Landgerichts Berlin wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern

Die Erklärung besteht im wesentlichen aus dem Wortlaut des Geständnisses, das sein Mandant nach Verlesung der Anklageschrift vorgetragen hat. Kollege Dost beginnt seine Presseerklärung mit einem Satz, mit dem er die Linie der Verteidigung skizziert:

Der Mandant leidet unter Pädophilie. Sie ist naturgegeben und nicht heilbar.

Ich ziehe meinen Hut vor der enormen Courage, die der Mandant mit diesem Geständnis und dessen Veröffentlichung bewiesen hat. Für die Therapien, die auf dieser Erklärung aufbauen werden, sei dem Mandaten alles Gute gewünscht. Und für den Verteidiger hoffe ich, daß er den sechsten Titel des Strafgesetzbuchs fest im Blick hat.

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Amerikanischer Mega-Eiertanz

Den amerikanischen Behörden ist es wohl bisher nicht gelungen, ein sauberes Verfahren gegen Megaupload-Gründer Kim Dotcom (ehemals Schmitz), sechs Partner beziehungsweise Mitarbeiter sowie zwei ihrer Unternehmen zu führen.

Daniel AJ Sokolov berichtet auf Heise Online über die Klimmzüge der amerikanischen Justiz, die Beschuldigten vor ein amerikanisches Gericht zu bekommen.

Wie in dem Dresdner Verfahren gegen die Betreiber von kino.to bemühen die Ermittler – bislang allerdings noch ohne Erfolg – das materielle Kunstprodukt „Kriminelle Vereinigung“ (bei uns § 129 StGB) in Szene zu stellen, um andere prozessuale Maßnahmen durchsetzen zu können.

Aber auch sonst seien den Amis massive Fehler unterlaufen, die dazu führen, daß Kim Dotcom ein rechtsstaatliches Verfahren wohl eher nicht zu erwarten hat. Es ist auch in jenem Verfahren der Eindruck entstanden, die Strafverfolgung folgt eher dem populistischen Grundsatz „Das geht doch nicht! Das gehört bestraft!“ als daß es auf der Basis formellen Rechts geführt wird.

Bild: Christian Evertsbusch / pixelio.de

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Justizpalast

Ich habe nicht dagegen einzuwenden, wenn man dafür sorgt, daß Richter und Staatsanwälte einen angemessenen Arbeitsplatz haben.

Aber die Mitarbeiter der Geschäftsstellen hätten wirklich etwas Besseres verdient.

Die Bilder der Unterbringung der Kostenbeamten können aus Jugendschutzgründen hier nicht veröffentlicht werden.

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Seite 2

Ver.di-Chef Frank Bsirske hat vor einem Jahr noch auf jeder Versammlung die Menschen aufgefordert, Schlecker zu boykottieren. Er begründete das damit, dass das Unternehmen unter Tarif bezahle und schlechte Arbeitsbedingungen biete. Letztendlich hat auch diese Kampagne zu der Pleite geführt.

Quelle: FDP-Generalsekretär Patrick Döring via taz

The two sides of the same coin. Das hier war jedenfalls keine Goldmedaille für den Gewerkschaftler.

Danke an tapir für den Link auf die taz.

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Technische Gründe

Neukölln, Sonnenallee. Scheint wohl ein größeres technisches Problem zu sein.

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Kino.to – Die zweite Reihe

Nachdem die Staatsanwaltschaft nun die Logenplätze abgearbeitet hat, sind nun die angeblichen Beteiligten von den billigeren Plätzen an der Reihe:

Ermittler nehmen das Netzwerk um kino.to ins Visier. Erstmals haben deutsche Fahnder Werbedienstleister verhaftet, die für Umsatz bei dem geschlossenen Raubkopie-Verzeichnis gesorgt haben sollen. Der Vorwurf: Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung.

berichtete Spiegel Online bereits Ende vergangener Woche.

Die erheblichen rechtlichen Probleme, die auch in dem Spiegel-Artikel angedeutet werden, geben reichlich Spielraum für eine anspruchsvolle Verteidigung. Ich bin gespannt.

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Geständnis-Erpressung beim Deal?

Die „Sanktionsschere“ war einmal mehr Thema beim Bundesgerichtshof. Die Staatsanwaltschaft hatte dem angeklagten Steuerhinterzieher ein Angebot gemacht: Vier bis fünf Jahre für ein Geständnis. Für den Fall des Bestreitens, also für den Fall, daß sich der Angeschuldigte gegen die Vorwürfe verteidigen will, hatten die Ankläger eine Freiheitsstrafe zwischen acht und neun Jahren angedroht.

Ich habe ein massives Problem damit, ein solches Verhalten als noch vereinbar mit dem nemo-tenetur-Grundsatz zu sehen.

Die Freiheit der Willensentschließung des Angekl. muß gewahrt bleiben. Er darf weder durch Drohung mit einer höheren Strafe noch durch Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils – und hierzu gehört auch die schuldunangemessen milde Strafe – zu einem Geständnis gedrängt werden …“.

hatte vor knapp fünf Jahren der 3. Senat des BGH (14.08.2007 -3 StR 266/07) noch formuliert.

Der Kollege Burhoff berichtet über den Beschluß des BGH vom 22.03.2012 – 1 StR 618/11; der 1. Senat des BGH hat heute offenbar kein Problem damit, diese Geständnis-Erpressung noch in den grünen Bereich eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu platzieren.

Anhand solcher Entscheidungen wird deutlich, welche Auswirkungen Auswüchse die Legalisierung einer Pest durch formelles Recht hat.

Bild: Uschi Dreiucker / pixelio.de

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Überflüssige Verteidiger oder kranke Kasse?

Stefan Bayer  / pixelio.de

„Wir stellen fest, dass die Leistungserbringer verstärkt Rechtsanwälte einschalten, was die Verfahren zusätzlich in die Länge zieht.“

Quelle: Volker zur Heide, Leiter der Ermittlungsgruppe der „DAK-Gesundheit“, zitiert nach Welt Online

Ich glaube, der Herr zur Heide hat das mit dem Rechtsstaat und dem fairen Verfahren noch nicht so richtig begriffen. Aber vielleicht ist dieser öffentlich-rechtlich Bedienstete tatsächlich der Ansicht, Strafverteidiger brauche man nicht, wenn man solche Ermittler wie die von der DAK habe?

Wir haben in unserer Kanzlei ganz andere Erfahrungen in den Fällen gemacht, in denen Krankenkassen an einem Ermittlungsverfahren beteiligt waren. Ich kann mir gut vorstellen, daß die Beschuldigten recht froh waren, wenn jemand darauf achtet, daß die Spielregeln des Strafprozeßrechts auch von den Gesundheitskassen eingehalten werden.

Bild: Stefan Bayer / pixelio.de

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Anspruch auf rechtliches Gehör, auch wenn es wehtut

Ein Strafprozess ist ein Strafprozess ist ein Strafprozess. Ein solches Verfahren hat nicht die Aufgabe, die Öffentlichkeit zu unterhalten. Es geht auch nicht darum, Tätern oder Opfern eine Bühne für ihre Selbstdarstellung zu bieten. Ziel ist einzig und allein, Recht zu sprechen.

kommentiert – auch im übrigen – vollkommen zutreffend Klaus Hillenbrand in der taz

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Neue Argumente für die Verteidigung?

Kann man DNA-Spuren fälschen? Und wenn ja, kann man gefälschte DNA von echter DNA unterscheiden? Mit diesen für die DNA-Forensik sehr heiklen Fragen befasste sich eine Arbeit von Dan Frumkin aus Israel und beantwortete beide mit: Ja!

Quelle: ScienceBlogs

Es gibt immer wieder etwas Neues zu berichten vom Wettrennen zwischen Hase und Igel.

Bildquelle: Wikipedia.org

Danke an Frank und die Donnerkatze für den Hinweis.

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