Ein Strafverteidiger in Berlin könnte ja auch mal kostenlos arbeiten, meinte ein Rechtspfleger.
Der Mandant wurde in erster Instanz zu einer Freiheitsstrafe 8 Monaten verurteilt. Es hatte eine Auseinandersetzung zwischen ihm und einem Polizeibeamten gegeben, an deren Ende der Polizist verletzt aus dem Dienst ging.
Weil dem Mandanten es nicht Recht war, diese 8 Monate absitzen zu müssen, hat er mich mit der Verteidigung in der Berufungsinstanz beauftragt.
Mir sind in der Akte ein paar wichtige Ansätze aufgefallen, die in der ersten Instanz nicht Thema waren. Darüber habe ich dann in der Vorbereitung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht mit dem Vorsitzenden Richter ausführlich gesprochen. Wir beide waren uns einig, daß die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll.
Allerdings hatten wir die Rechnung ohne den Staatsanwalt gemacht. Der wollte den Mandanten „hängen“ sehen. Deswegen habe ich dann auch nicht darauf verzichten wollen, die Zeugen und insbesondere den geschädigten Polizeibeamten zu hören. Denn der hatte durchaus auch seinen Teil zu diesem Konflikt beigetragen. Diese Zeugen hatte der Richter aber gar nicht geladen, da er – wie ich – nicht davon ausging, es mit mit einem sturen Staatsanwalt zu tun zu bekommen.
Zu dem zweiten Termin – etwa 6 Monate später – erschienen das Gericht und die Staatsanwaltschaft in neuer Besetzung. Plötzlich war man sich einig, daß die Strafe nun doch zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Damit die Zeugen möglichst schnell wieder entlassen werden konnten, habe ich nun die Berufung auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung begrenzt. Das Urteil fiel wie erwartet aus. Die Geschichte war für den Mandanten damit erfreulich beendet.
Nur der Verteidiger hatte noch zu tun. Er ging „nur“ noch um die Frage, in welcher Höhe er bezahlt wird. Und da die Zahlung durch die Landeskasse erfolgt und diese eigentlich nie freiwillig zahlt, mußte ein eigens dafür angestellter Kostenbeamter versuchen, die Kosten wenigstens so gering zu halten, wie irgend möglich.
Hier kam der kostenbeamtete Rechtsfleger auf eine tolle Idee: Wenn der Verteidiger die Berufung begrenzt hat, und zwar im zweiten Termin, dann hätte er das doch auch schon im ersten Termin tun können. Dann wäre der zweite Termin entbehrlich gewesen. Und er streicht dem Verteidiger eine von zwei Terminsgebühren. 270,00 Euro zzgl. Umsatzsteuer.
Außerdem hätte der Verteidiger dann zum zweiten Termin die Gerichtsakte auch nicht ergänzend kopieren müssen. Zack, nochmal um rund 50 Euro gekürzt.
Also: Wenn der Staatsanwalt beim ersten Mal nicht so stur gewesen wäre, wären diese Kosten tatsächlich nicht entstanden. Aber daß ich für lau zum Gericht laufe … soweit bin ich noch nicht. Nur beschäftigen sich mit dieser Sache (neben den Lesern dieses Beitrags) auch noch drei qualifizierte Richter beim Landgericht damit. So spart man Kosten!