Der Name und die Anschrift des Berliner Mandanten stand auf einem Päckchen, das einen weiten Weg hinter sich hatte. Woher genau das Päckchen kam, war nicht bekannt:
Aus dem Poststempel ging hervor, dass die Sendung am unbekannt in unbekannt aufgegeben worden war.
war in der Dienstlichen Erklärung der Zollobersekretärin (ZOS’in) K. zu lesen.
Inhalt des Päckchens waren ein paar Tabletten, die zum Anlaß wurden, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Frau ZOS’in K. hatte den Verdacht, der Mandant hätte versucht,
mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln Handel zu treiben oder diese Arzneimittel an andere abzugeben. Dies stellt eine Straftat nach dem Arzneimittelgesetz in Tateinheit mit einem Verstoß gegen die Abgabenordnung (Bannbruch) dar- §§ 95 Absatz 1 Nr. 4 iV.m. Absatz 2 AMG, §§ 23, 22 StGB und § 372 AO dar.
tönte es großspurig in der an den Mandanten gerichteten schriftlichen Anhörung.
Weiter hieß es:

Ich halte fest: Der Mandant war Adressat einer Lieferung von Tabletten, deren Inhaltsstoffe nicht untersucht wurden. Der Absender war unbekannt. Weitere Informationen hatte die Ermittlungsbehörde nicht. Die Akte, die mir die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Frankfurt/M. übermittelte, hatte 13 Blatt.
Der Kenner wird es erwarten, die Verteidigungsschrift fiel denkbar knapp aus:
Der Inhalt der mir überlassenen Ermittlungsakte bestätigt den Tatvorwurf nicht. Der Beschuldigte wird sich auf meinen Rat hin zur Sache nicht einlassen und verteidigt sich durch Schweigen gegen den Vorwurf. Ich beantrage die Einstellung des Verfahrens nach § 170 II StPO und bitte um Übersendung einer Einstellungsmitteilung.
Diese Einstellungsmitteilung kam auch recht kurzfristig.

Das Strafverfahren wurde also eingestellt.
Nun sollte sich aber ein Ordnungswidrigkeitenverfahren anschließen. Bei unveränderter Beweislage sollte sich der Mandant (also der Empfänger eines Päckchen mit unbestimmtem Inhalt von einem unbekannten Absender) ordnungswidrig verhalten haben.
Die Bußgeldbehörde erließ einen Bußgeldbescheid, gegen den der Mandant einen Einspruch erhob und gegen den er sich ebenso verteidigte wie gegen den Strafvorwurf. Schließlich hatte sich an der Beweislage nichts geändert. Die Sache wurde daraufhin an die Staatsanwaltschaft abgegeben, die die Akte kommentarlos an den zuständigen Strafrichter weiterleitete. Dieser Richter saß in Darmstadt, also am Sitz der Bußgeldbehörde.
Um sich gegen den haltlosen Tatvorwurf zu verteidigen, hätte der Berliner also nach Darmstadt anreisen müssen. Und zwar bereits einen Tag vor der Hauptverhandlung, mit Übernachtung in Darmstadt, weil der Richter die Verhandlung für 9 Uhr angesetzt hatte. Und dann waren da noch die Kosten für den Verteidiger …
Der Mandant machte das einzig Sinnvolle: Er nahm den Einspruch zurück und zahlte die Geldbuße.
Ich konnte ihn nur knapp davon abhalten, auf den Seychellen oder sonstwo rezeptfrei eine Familienpackung Tadalafil Soft für den Staatsanwalt zu bestellen, der die Sache bearbeitet hatte.