Eine Mühle namens Onymous

Manche Mühlen brauchen lange Jahre, bis sie mit dem Mahlen fertig sind.

Die Müller der Onymous-Mühle haben 2014 mit dem Mahlen begonnen. So richtig fertig sind sie in 2018 immer noch nicht:

Ende des Jahres 2014 ist es FBI, Europol und der Zollbehörde des US-Heimatschutzministeriums DHS gelungen, zahlreiche Schwarzmarktseiten im Tor-Netzwerk gleichzeitig hochzunehmen, berichtete vor gut 3 Jahren unter anderem Zeit Online.

Die Ermittler bewiesen Humor mit dem Auftauchvermerk auf den Seiten des Tor-Netzwerks. Nicht witzig finden das diejenigen, die sich jetzt gegen den Vorwurf verteidigen müssen, sie hätten im Jahr 2014 einen Einkaufsbummel auf der Silk Road im Darknet gemacht.

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Vorurteil widerlegt: Freitag ab eins …

Ich möchte hier mal eine Lanze für die Richter am Amtsgericht Tiergarten brechen. Die arbeiten nämlich – entgegen anders lautender Gerüchte – auch noch freitags nach Eins!

Und sie sind imstande, selbst um diese Un Uhrzeit noch, minutengenau die Termine zu planen. #Hätteichnichtgedacht

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Intellektuell erbärmliche Rassisten

Die AfD-Bundestagsfraktion kündigt an, die Bundestagsrede des Grünen-Politikers Cem Özdemir „offiziell zum Thema im Ältestenrat“ zu machen.

Rassisten wollen sich also darüber beschweren, daß Özdemir Rassisten bezeichnet als das, was sie sind: Rassisten.

Selbstverständlich dürfen diese Rechtspopulisten sich über die Rede beschweren. Wir sind ein freies Land. Und es ist auch nicht verboten, noch einen zweiten „Antrag von intellektueller Erbärmlichkeit“(*) zu stellen.

Eine sinnvolle Alternative zu dieser sinnlosen Beschwerde könnte aber auch der Versuch sein, den Beweis dafür anzutreten, daß AfD-Abgeordnete keine Rassisten sind.

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(*): Zitat von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) im Zusammenhang mit dem Antrag der AfD, den aus türkischer Haft freigelassenen Welt-Korrespondenten Yücel öffentlich wegen zweier taz-Kolumnen aus den Jahren 2011 und 2012 zu maßregeln.

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Die schlotternde Knie des Dorfrichters

Zu den schwierigsten Aufgaben eines „auswärtigen“ Strafverteidigers gehört die Stimmungmache im „fremden“ Gericht.

Auch wenn in Flensburg dieselbe StPO gilt wie in Sondhofen Sonthofen, gibt es regionale Besonderheiten.

Und die Größe spielt auch eine Rolle: Am Amtsgericht Tiergarten geht man anders miteinander um als am Amtsgericht Bergen auf Rügen.

Es ist daher immer wieder etwas Besonderes, wenn ich außerhalb Berlins verteidige. Mit welchen Vorurteilen ich da zu kämpfen habe, zeigt dieser Kommentar eines Dorfrichters:

Es zeugt nicht gerade von einem besonders ausgeprägtem Selbstbewußtsein, wenn sich ein Richter am Amtsgericht in dieser Form äußert. Und genau damit muß man rechnen – besonders dann, wenn man sich wie ich schon das eine oder andere Mal über Richter und Staatsanwälte öffentlich geäußert hat.

Dieses Spannungsverhältnis kann ein Verteidiger aber unterschiedlich nutzen.

Zum Beispiel, indem man bis unter die Zähne bewaffnet aufschlägt und sofort auf Konfliktkurs geht. Dann sollte man aber auch damit rechnen, daß die „Gegenseite“ nicht unbewaffnet abwartet und als Kaninchen die Schlange anstarrt. Kann funktionieren, und hat schon funktioniert, muß aber nicht immer funktionieren.

Eine weitere Strategie kann darin bestehen, solche Erwartungen wie die des zitierten Dorfrichters schlicht zu enttäuschen. Zum Beispiel auftreten mit dem Ziel, sich ein „Das hätte ich jetzt aber gar nicht gedacht, daß der da aus dem Ghetto so freundlich sein kann!“ abzuholen.

Oder irgendwas dazwischen, also nach dem Motto „Körpergewicht nach links verlagern und dann doch rechts dran vorbei„.

Solide Kenntnisse des materiellen und des Prozeßrechts sind dabei stets die Basis für eine erfolgreiche Verteidigung. Die Ergebnisse hängen aber zu einem ganz großen Teil von der Stimmung ab, die im Saale herrscht. Da kann man viel Porzellan zerschlagen, wenn man so einen schlotternden Dorfrichter auf dem falschen Fuß erwischt.

Es gibt aber eines, das sicher ist. Mit dem Ruf als Kreuzberger Krawallo dann mit dem Schmusekurs überraschen, bringt deutlich mehr Punkte, als als stromlinienförmiger Sterbebegleiter plötzlich die Keule rauszuholen.

Also, lieber Dorfrichter, warten Sie’s doch erst einmal ab, bevor Sie anfangen zu zittern. Vielleicht bringt Ihnen der Verteidiger vor Aufruf der Sache ja einen Blumenstrauß in die Richterkammer.

Übrigens:
Neben dem Begriff des „Dorfrichters“ kursiert noch eine weitere despektierliche Bezeichnung: „Die Hausfrau in Robe“. Sie ist aber so ziemlich das Gefährlichste, was die Justiz zu bieten hat; die ha’ms in der Regel nämlich richtig gut drauf. ;-) Unterschätzen darf man beide gleichermaßen nicht.

Ausblick:
Ob es für den Mandanten von Vorteil ist, eine lokale Größe zu engagieren oder besser doch den auswärtigen Anwalt … darüber schreibe ich dann später nochmal was.

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Bild: © Rike / pixelio.de

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Der abgehörte Strafverteidiger

Ein Kollege, ein erfahrener Strafverteiger, berichtete über einen prickelnden Anruf des Staatsanwalts.

Die Ermittlungsbehörden hatten bei dem Mandanten allerlei elektronisches Gerät beschlagnahmt und ausgewertet. Der Inhalt eines Smartphones des Mandanten war besonders spannend. Die Ermittler hatten mehrere Mitschnitte von Gesprächen, die der Verteidiger mit dem Mandanten geführt hat, auf dem Handy gefunden. Von diesen Aufzeichnungen hatte der Kollege keine Kenntnis.

Tja, als Strafverteidiger muß man damit rechnen. Mit Lauschangriffen durch den eigenen Mandanten statt durch die Ermittler.

Dazu die folgenden Fragen in den Raum gestellt:

  • Sollte man als Verteidiger Vorsorge treffen? Und wenn ja: Wie?
  • Und – das ist die entscheidende Frage – in wessen Interesse?

Danke an den Kollegen für seinen hilfreichen Bericht.
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Bild: © I. Rasche / pixelio.de

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Sportliche Erfolge im justiziellen Intranet

Ein Hilfe- und Warnruf der IT-Stelle eines Oberlandesgerichts landete Ende vergangener Woche in den Postfächern aller Gerichte des OLG-Sprengels.

Den OLG-Technikern waren Probleme gemeldet worden. Es ging um „Anfragen und Beschwerden„, die ein „unzureichendes Antwort-Zeitverhalten in der Nutzung zentraler IT-Fachsysteme und -Dienste“ zum Gegenstand hatten.

Die Nerds beim OLG sind der Sache auf den Grund gegangen und haben festgestellt:

Eine über den Arbeitstag verteilte feststellbare teilweise Vollauslastung der Anschlüsse an das Landeskommunikationsnetz. Die Zeiten der Belastungsspitzen korrespondieren dabei zufälligerweise oder auch nicht zufällig mit Übertragungszeiten der olympischen Winterspiele.

Das machte den nachfolgenden freundlichen Hinweis an die Mitarbeiter der Justiz notwendig:

Das „Streaming“ von Video- oder Audioinhalten während der Arbeitszeit behindert stark die dienstliche Aufgabenerledigung …

Sowas kann ja auch nicht jeder Justizielle wissen. Und weil Justizmitarbeiter immer nur dann aktiv werden, wenn es entsprechende Regeln und Vorschriften gibt, war auch insoweit ein Fingerzeit erforderlich:

… und widerspricht im Übrigen der im Intranet veröffentlichen „Allgemeine Richtlinie zur Nutzung des zentralen Internetzuganges und des Mailsystems des Netzwerks …“

… und der weiter im Intranet hinterlegten Regelungen.

Damit man sich nicht extra die Mühe machen muß und die Kapazitäten des Intranets nicht noch mehr belastet durch die Recherche nach diesen Richtlinien und Regelungen, weisen die digitalen Aufpasser hin auf die …

… letztlich der durch Sie als persönliche Selbstverpflichtung gezeichneten Einwilligungserklärung zur privaten Dienstenutzung. Unter „geringfügiger privater Nutzung“ ist dabei bewusst auch nicht das Streaming im Hintergrund oder „nebenbei“ zu verstehen.

Also, ich will mich hier jetzt nicht über die geringen Kapazitäten oder die Struktur des gerichtlichen Intranets in jenem OLG-Bezirk lustig machen.

Aber man wird ja wohl noch sagen dürfen, daß die Justiz in eben diesem Lande noch reichlich personelle Kapazitäten übrig zu haben scheint, wenn die Jungs und Mädels auf den Geschäftsstellen, Amtsstuben und Richterkammern (Dienst-)Zeit zum Fernsehgucken haben.

Abschließend:

Der Justizoberamtsrat wünscht Ihnen bereits vorab ein schönes Wochenende und uns allen weiter sportliche Erfolge in Südkorea.

Na, denn …

Vorsorglich und zur Klarstellung:
„OLG“ im Sinne dieses Blogbeitrags ist NICHT auch „KG“. In unserem Sprengel wird noch gearbeitet während der Dienstzeit. Oder? 8-)

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Bild: © Stefan Bayer / pixelio.de

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Die Obrigkeit im Schwarzwald

Der Beruf des Strafverteidigers ist sicherlich ein anstrenger. Aber er hat auch echten Unterhaltungswert. Ein wunderbares Beispiel für richtig gute Unterhaltung kommt diesmal aus dem Schwarzwald.

Der Mandant hat uns mit der Verteidigung gegen einen Bußgeldbescheid beauftragt, den ich bis heute nicht für möglich gehalten hätte:

Da ruft so ein Dorfpolizist an und verlangt irgendwelche Auskünfte. Und weil er die nicht bekommt, schreibt er eine Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 111 OWiG.

Sachma, geht’s noch? Wohl auch nur da unten auf’m Dorf, wa? Wo man noch gewohnt ist, sich der Obrigkeit unterzuordnen. Ich glaub’s nicht.

Lieber Dorfpolizist, liebes Landratsamt, gucksduhier!

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Durchstechereien via Facebook

Wenn Strafverteidiger interne Informationen an die Medien weitergeben oder auf Facebook veröffentlichen, kostet sie das im Ernstfall die berufliche Existenz. Dazu reicht bereits das Strafgesetzbuch (StGB) mit seinem § 203 StGB, aber zusätzlich gibt es noch eine Reihe von berufsrechtlichen Regeln.

Das ist auch gut so, weil das dem Verteidiger anvertraute „Geheimnis“ nicht nur die Geschäftsgrundlage eines Mandats ist, sondern die unverzichtbare Vertrauensbasis zwischen Anwalt und Mandant.

Das Vertrauen des Bürgers in den Staat und dessen Vertreter hat eine vergleichbare Funktion. Geht das Vertrauen in den Rechtsstaat verloren, landen wir dort, wo sich die Äffchen ihre Bananen besorgen.

Deswegen ist diese dpa-Meldung vom 16.02.2018 (via MOZ) mehr als nur eine Randnotiz:

Weil Polizisten in Brandenburg Interna zu Straftaten auf Facebook veröffentlicht und an Medien weitergegeben haben, hat das Polizeipräsidium einen internen Zugang zu einem Informationssystem gesperrt.

Denjenigen vermeintlichen Freunden und Helfern, die Zeugenaussagen und Details aus Ermittlungsverfahren wo auch immer veröffentlichen, wünsche ich die Pest an den Hals. Das sind Verräter, die in den Systemen, deren Entstehung sie mit ihren Durchstechereien fördern, gehängt werden.

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Bild: © Marcus Klaus / pixelio.de

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Es gibt keine dummen Fragen

Ein Amtsgericht außerhalb Moabits hat dem Antrag der Staatsanwaltschaft aus demselben Örtchen stattgegeben und einen Strafbefehl gegen meinen Mandanten erlassen.

Er hatte mich bereits im Ermittlungsverfahren mit seiner Verteidigung beauftragt. Das Ziel, nämlich die Einstellung des Verfahrens, haben wir also erst einmal nicht erreicht.

Deswegen habe ich unseren Standard-Textbaustein mit dem Einspruch und dem Akteneinsichts-Antrag via Fax ans Gericht geschickt. Darauf kam diese Rückmeldung aus den Tiefen der Republik nach Kreuzberg:

Die Frage scheint der Richterin wichtig zu sein, deswegen hat sie extra einen Rotstift heraus geholt. Ich habe dann mit einem Antrag auf ergänzende Akteneinsicht reagiert, weil Aktenteile bzw. Beiakten fehlten, auf die sich die Anklagebehörde beruft.

Die Reaktion der Richterin kam flott:

Ich finde, die Richterin hat „Mein Strafbefehl kann gar nicht falsch sein, sonst hätte ich ihn ja gar nicht erst erlassen! Also nehmen Sie besser mal den Einspruch wieder zurück.“ doch ziemlich reduziert formuliert.

Gegenfrage: Was soll ich nun auf die kluge Frage antworten?

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Bild (Grafik): © Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de

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Rechtsschutzversicherung oder Restaurantbesuch

Für Verkehrsteilnehmer erscheint der Abschluß einer Rechtsschutzversicherung grundsätzlich sinnvoll. Es gibt Versicherer, die den reinen Verkehrsrechtsschutz bereits für eine Jahres-Prämie anbieten, die in etwa dem Wert einer Tankfüllung entspricht.

Unseren Mandanten raten wir dazu, auf die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung zu verzichten. Es tut nämlich weh, sich gegen eine Geldbuße zu verteidigen, die den Geldbeutel weniger belastet als dieser Selbstbehalt. Die Konsequenz ist dann oft der Verzicht auf die Verteidigung, was wiederum regelmäßig die Eintragung von Punkten in das Fahrerlaubnisregister nach sich zieht. Das macht man dann ein paar Mal und muß dann entweder einen Chauffeur einstellen oder Bus fahren.

Versicherer sind aber erfinderisch. Es gibt Angebote ohne diese unwirtschaftliche Selbstbeteiligung, die den Ernstfall dann aber doch nicht abdecken, dann also auch sinnlos sind. Neu für uns war diese Variante:

Punkte gibt es ab 60 Euro Geldbuße aufwärts. In dem punkte-relevanten Bereich bis zu diesen 95 Euro erwischt den gemeinen Auto- und Motorradfahrer am häufigsten. Der Versicherungsvertrag, den unser Mandant da abgeschlossen hat, ist – zumindest für den konkreten Fall – nutzlos.

Die bezahlten Prämien hätte er also sinnvoller für einen Restaurantbesuch mit seiner besten Ehegattin von allen investieren sollen.

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