Wieder unterm Engel

Nach drei Wochen vor dem Hermannplatz wurde der Kanzlei-Wanne langweilig. Anders als von der Berliner Polizei versprochen, konnte sie so gut wie keinen einzigen Verstoß gegen das BtMG feststellen.

Am Sonntagmorgen hat sie sich auf den Weg Richtung Westen gemacht. Ziel war Charlottenburg, dann ist sie aber auf dem Stellplatz hängen geblieben, der ihr aus den vergangenen Jahren noch in guter Erinnerung geblieben ist.

Die Goldelse blickt nun in den nächsten Tagen wohlwollend vor der Siegessäule auf unser Maskottchen runter … der Große Stern soll ja angeblich keiner dieser gefährlichen Orte sein – wenn man den einen oder anderen Paparazzo mal außen vor läßt.

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Droht Campino die Untersuchungshaft?

Herr Campino klettert zusammen mit mindestens zwei Damen in ein öffentliches Schwimmbad; genauer: In das Georg-Arnhold-Bad. In Dresden. Und zwar außerhalb der Freibadöffnungszeiten! Also nicht wirklich öffentlich.

Das geht gar nicht, ist deswegen verboten und kann – wenn auch die übrigen Voraussetzungen vorliegen – bestraft werden.

Dazu hilft ein Blick ins beliebte Strafgesetzbuch. § 123 StGB regelt den sogenannten Schwimmbadfriedensbruch:

Wer in das Freibad eines anderen widerrechtlich eindringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Man könnte aber auch an § 265a StGB denken:

Wer den Zutritt zu einem Schwimmbad in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Beides – also der Schwimmbadfriedensbruch und das Erschleichen des Zutritts zum Schwimmbecken – sind Antragsdelikte, werden also erst einmal nur dann verfolgt, wenn der Bademeister einen entsprechenden Strafantrag stellt.

Medienberichten zufolge soll der sächsische (Law and Order – Sie wissen schon.) Bademeister genau einen solchen Antrag gestellt haben.

Ob das am Ende zu der Verhängung einer Freiheitsstrafe führen würde, hängt u.a. entscheidend von dem Vorstrafregister des Musikanten ab. Darüber liegen mir keine zitierfähigen Gerüchte vor.

Aaaaaber, und jetzt komme ich auf die Frage in der Überschrift zu sprechen:

Der Mitteldeutsche Rundfunk (also der Funk zwischen Ostpreußen und dem Saarland – oder andersherum: Zwischen Maas und Memel) und andere Medien zitieren aus einem Brief des Schlagersängers an den Bademeister:

Uns ist bei dem nächtlichen Ausflug aufgefallen, dass z.B. die Startblöcke leichte Verschleißerscheinungen hatten und so wollen wir gerne mit einer kleinen Spende von 5.000.-€ mögliche Erneuerungsmaßnahmen an dieser und anderer Stelle unterstützen. Gerne würden wir damit auch die noch ausstehenden Eintrittsgelder von unseren Begleiterinnen und Begleitern in dieser Nacht begleichen.

Die 5.000-Euro-Spende soll also den zeugenden Geschädigten dazu veranlassen, sein Strafverfolgungsinteresse zu relativieren und den Strafantrag zurück zu nehmen.

Aus Sicht eines Strafjuristen ist das eine relativ gefährliche Kiste. Denn schauen Sie bitte mal in den § 112 StPO hinein, der die Gründe für die Anordnung einer Untersuchungshaft regelt:

Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
[…]
3. das Verhalten von Campino den dringenden Verdacht begründet, er werde
[…]
b) auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige, insbesondere aber auf Bademeister, in unlauterer Weise einwirken
[…]
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

Ok, ich kenne ein paar Ermittlungsrichter, die vor nichts zurückschrecken (und auch ein paar, die gern ihren Namen mal in der Zeitung lesen möchten). Aber der nächtliche Schwimmbadbesuch und die höflich formulierte Bitte um Vergebung, verbunden mit dem Angebot eines Quasi-Täter-Opfer-Ausgleichs zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens und der Startblöcke, wird wohl eher nicht zur Einlieferung in die JVA Dresden führen (vgl. § 112 Abs. 1 Satz 2 StPO).

Aber Vorsicht:
Die Kontaktaufnahme eines Beschuldigten mit dem Geschädigten während des laufenden Ermittlungsverfahrens ist jedoch grundsätzlich eine pikante Angelegenheit, die man – wegen des oben zitierten § 112 StPO – nur mit äußerster Vorsicht angehen sollte. Wenn ich jetzt empfehle, diesen Weg nur mithilfe eines Strafverteidigers zu gehen, wird man mir sicher vorwerfen, ich würde hier den Campinobadetag zur Eigenwerbung nutzen; deswegen lasse ich es.

Aber sage mir hinterher keiner, ich hätte nicht davor gewarnt, Zeugen zu bestechen.

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Bild: Von Matthias Muehlbradt from Berlin, Germany – Campino, CC BY 2.0, Link

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Juristische Argumentationstechnik

Es geht um den Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Die Verteidigung hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt und reklamiert einen Meßfehler.

Das gefällt der Richterin an einem kleinen, feinen Amtsgericht im Lande Brandenburg nicht.

Sie teilt informell mit:

Das Gericht beabsichtigt daher nicht, zu Werten eines Fahrzeughecks, dessen Front bereits gemessen werden darf und nicht schneller sein kann, als das Heck, welches noch 5 m aus dem 50m-Raum hinausragt, ein Gutachten einzuholen.

Der Richterin ist zuzugestehen, daß sie zumindest die Grundlagen der Fahrphysik verstanden hat. Aufbaukurse für Fortgeschrittene dann in der Beweisaufnahme der Hauptverhandlung.

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Bild: © Aleix Llovet Vidal – Own work, CC BY-SA 3.0 / via wikimedia

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Alles richtig gemacht?

Schwarzfahren ist ein Massendelikt, das regelmäßig im ÖPNV, also im Nahverkehr begangen wird. Das Entdeckungsrisiko ist hinnehmbar. Anders sieht es aus im Fernverkehr. Auf der Langstrecke ist es schon schwieriger, den Kontrolleuren aus dem Weg zu gehen. Aber versuchen kann man es ja mal – vor allem dann, wenn der Zug voll besetzt ist mit Menschen, die bunte Trikots oder Schals tragen und gute Laune haben.

In diesem Fall hat es jedoch nicht funktioniert. Die Bundespolizei faßt den Sachverhalt in allerbestem Behördendeutsch zusammen:

Die Sache hat sich dann in den üblichen Bahnen weiterentwickelt. Nach meinem Akteneinsichtsgesuch, das ich mit meiner Verteidigungsanzeige an die Bundespolizei geschickt hatte, war das Ermittlungsverfahren bei der Polizei bereits beendet. Die Akte wurde dann an die zuständige Staatsanwaltschaft auf den Weg gebracht und zwar mit diesem Laufzettel:

Und weil die Ermittler in Moabit in diesem Fall schon ahnten, was kommen wird, und – ausnahmsweise – mal was Besseres zu tun hatten, erging (im Subtext erkennbar entnervt) auf Blatt 12 der Akte folgende Verfügung:

Vom Ende her gedacht hat der Bahnfahrer also alles richtig gemacht. Ok, es hätte auch ein wenig schief gehen können, wenn den Beamten der § 111 OWiG eingefallen wäre.

Erwähnenswert ist, daß der Schwarzfahrer sogar im besoffenen Kopf noch genau wußte, daß man gegenüber Polizeibeamten stets höflich, aber ansonsten SEHR zurückhaltend (was die Preisgabe von Informationen angeht) auftreten sollte. Das und der Gang zum Strafverteidiger waren zumindest mitursächlich dafür, einer Bestrafung nach § 265a StGB noch einmal entgehen zu können. Das Verfahren wurde sanktionslos nach § 153 StPO eingestellt.

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Zeuge einer Unfallflucht vom Gartenfest

Sonne satt, Sonntagnachmittag und blühende Gärten in den offenen Höfen von Rixdorf. Es gab Erstaunliches zu entdecken. Hinter grobschlächtigen, verwitterten Scheunentoren versteckten sich stylisch eingerichtete, großzügige Wohnungen und viel buntes Kraut.

Entsprechend groß war der Andrang an Besuchern und eng der begrenzt vorhandene Parkraum. Ein SUV mit zwei Kindersitzen auf der Rückbank hatte Mühe, aus dem Gewusel herauszukommen. Irgendwie schien der Car-Sharing-Mini bei dem Ausparkmanöver zu stören. Es kam zum unfreundlichen Kontakt zwischen dem Zweieinhalbtonner und dem Kleinwagen, der sich ob des nachhaltigen Eindrucks nahe der C-Säule heftig schüttelte.

Die SUV-Pilotin ließ lässig die Seitenscheibe herab, schaute kurz in Richtung des Ergebnisses ihrer Fahrversuche und schaffte es dann, ohne erneut irgendwo anzudozzeln, das böhmische Dorf zu verlassen.

Soweit, so gut. Aber jetzt stellt sich die Frage, was der Zeuge dieser Straftat – Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142 StGB – zu tun hat.

Was empfiehlt der erfahrene Blogleser dem Gartenfestbesucher?


     

 

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Ich gebe zu bedenken, daß es mit der Anzeige bei der Polizei nicht getan sein könnte. Wenn sich die verratene ermittelte SUV-Fahrerin auf die Hinterbeine stellt, wird es ziemlich sicher zu (mindestens) einer Gerichtsverhandlung kommen, zu der der Zeuge (mindestens) eine unhöflich formulierte Einladung erhalten wird. Nachdem er bereits im Ermittlungsverfahren keinen Kaffee auf der Polizeidienststelle angeboten bekommen hat.

Noch ein Hilfsgedanke:
Wie wäre zu entscheiden, wenn es kein Car-Sharing-Fahrzeug, sondern ein liebevoll gepflegter historischer Zweisitzer gewesen wäre? Oder die umgekehrte Konstellation: Der Öko-Fuzzi mit dem To-Go-Smart gegen die im Halteverbot parkende Mercedes-Benz GL-Klasse?

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Bild: © M. Großmann / pixelio.de

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Eine schrecklich braune Familie: Fürchterliche Verwandte

Im Februar 2016 habe ich in einem Blogbeitrag auf die Abstammung der Beatrix von Storch hingewiesen. Vielen Lesern war dieser Hinweis willkommen, wußten sie ja jetzt, mit wem sich dieses Mitglied des Deutschen Bundestages (seit 2017, vorher war sie Mitglied des Europäischen Parlaments) auf seinen Familienfeiern trifft.

Andere kritisierten, daß ich die Frau von Storch in Sippenhaft mit ihrer Mischpoke nehmen würde, die u.a. in Gestalt des Großvaters Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk, seines Zeichens bis Mai 1945 Reichsminister der Finanzen, später verurteilter Kriegsverbrecher, in der Politik unterwegs war.

Ich werfe der Frau von Storch jedoch weder die aktive Mitgliedschaft ihres Großvaters in der NSDAP noch dessen Kriegsverbrechen – insbesondere zulasten (des Eigentums) deportierter Juden – vor. Damit hat sie unmittelbar nichts zu schaffen. Aber daß sie strammes Mitglied einer Partei ist, die Mitglieder in ihren Reihen duldet (oder gar fördert), deren geistige Verwandtschaft zu den Nazionalsozialisten alter Prägung offen zu Tage tritt, wird man ja wohl noch sagen dürfen.

Diese Geschichte des braunen Stammbaums, in dessen Nähe der als Storch verkleidete verwurmte Apfel gefallen ist, vertieft nun Andreas Wyputta, Inlandskorrespondent bei der taz, in seinem sehr gut recherchierten Artikel über das Haus Oldenburg, die Nazis und eine schrecklich braune Familie.

Während sich mein Blogbeitrag auf den mütterlicherseitigen Großvater der Störchin beschränkte, weist Andreas Wyputta nach, daß auch auf der väterlichen Seite ein Stamm steht – in derselben anrüchigen Farbe: Nikolaus von Oldenburg war Standartenführer der Sturmabteilung (SA) der NSDAP.

Man muß sich nun nicht die mendelsche Vererbungslehre zu Gemüte führen, um das Ergebnis einer Vermischung der adligen Gene eines Nazi-Finanzministers und denen eines SA-Standartenführers zu vorhersagen zu können.

Es reicht aus, sich die Äußerungen dieser Frau von Storch anzuschauen, um zu wissen: Die Vererbung funktioniert.

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Bild: © Uwe Drewes / pixelio.de

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Auf mehrfachen Wunsch eines einzelnen Herrn

Ein Blogbeitrag nur für ihn:

Besten Dank für das Kompliment! Auf das man Dir folgen möge …

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Eine hochsensible Polizistin

Es gibt eine jahrelange Auseinandersetzung in einem regional eng begrenzten Gebiet, in der sich die Ermittler und Wilhelm Brause nichts schenkten. Die Ermittler versuchten (bislang erfolglos), dem Wilhelm allerlei üble Sachen ans Bein zu flicken; Brause wehrte sich mit Gegenanzeigen und Amtshaftungsverfahren (teilweise erfolgreich). Die Stimmung war seit vielen Monaten ziemlich angespannt – und zwar auf beiden Seiten.

Auch als es um die Frage ging, ob der Wilhelm Brause seine zuvor beschlagnahmten Sachen auf der Dienststelle abholen oder ob die Polizei ihm das Zeug nach wieder Hause bringen muß, kochte es hoch – wiederum auf beiden Seiten. Schließlich erwartete Brause von der Beamtin die Mitteilung, wann und wo er seine Sachen abholen könne. Auf eine solche Mitteilung hat ihn die Beamtin jedoch ergebnislos warten lassen.

Seinen Ärger hat Brause dann in wohlklingende (naja) Worte formuliert und via Fax auf die Dienststelle geschickt. Das hat ihm die Beamtin krumm genommen und eigenhändig gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Weil sie sich in ihrer Ehre zutiefst gekränkt fühlte. Nachdem ihr der Dienstvorgesetzte den Rücken gestärkt hatte, schreibt der zuständige Staatsanwalt (!) an Herrn Brause einen Brief:

Das Ganze führte dann zu einem Strafbefehl mit 20 Tagessätzen, einem Einspruch dagegen und nun zu einer Hauptverhandlung vor dem Strafrichter.

Wenn ich das einem Neuköllner oder Kreuzberger Polizeibeamten oder einem Richter am Amtsgericht Moabit erzähle, fassen die sich an den Kopf und fragen sich, womit sich die Herr- und Frauschaften in jenem Bundesland sonst noch so beschäftigen.

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Bild: © Peter Ries Düsseldorf / pixelio.de

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Die BRAK und die Datenverwaltung

Die Bundesrechtsanwaltskammer (das ist die Organisation, die u.a. verantwortlich ist für die Einrichtung des besondere elektronische Anwaltspostfach (beA)) schickt mir eine eMail:

Ich habe vor einigen Monaten diesen „beA-Newletter“ bestellt. Und zwar im Wege des Double-Opt-In-Verfahrens.

Wenn die Kammer nun von mir erneut eine Bestätigung dafür abfordert, daß ich regelmäßig Post von ihr bekommen möchte, frage ich mich, was denn mit dem „Nachweis meiner Einwilligung in den Empfang des Newsletters“ geschehen ist, den ich im Rahmen meiner Double-Opt-In-Bestellung abgeliefert hatte.

Es ist sicher nur eine Kleinigkeit, die für sich genommen noch nicht einmal einen Blogbeitrag rechtfertigen würde. Aber vor dem Hintergrund der Flickschustereien wenig lustigen Geschichten um das beA, die von den Herrschaften bei der BRAK geschrieben wurden, entnehme ich dieser eMail den Hinweis auf wenig zuverlässige Arbeit in den Organisationsstrukturen unserer Selbstverwaltungsinstitution (pdf), die über die Einhaltung der beruflichen Rechte und Pflichten wacht. Das läßt mich nachdenklich werden.

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Falschbelehrung

In den meisten Wirtschaftsstrafsachen, in denen Unternehmer verdächtigt werden, eine Straftat begangen zu haben, werden auch die Mitarbeiter des Unternehmens als Zeugen von der Polizei vernommen. Solche Zeugen müssen belehrt werden.

Diese Belehrung ist ein schönes Beispiel dafür, wie eine Belehrung nicht aussehen sollte:

Wer findet den (klassischen) Fehler, warum ist das ein Fehler und welche Folgen können daraus entstehen – für den Polizeibeamten, für den Zeugen und für den Beschuldigten?

Update:
Die Arbeit, die zutreffenden Antworten auf meine Fragen aufzuschreiben, hat mir freundlicherweise der Kollege Ullrich abgenommen. Vielen Dank dafür! crh

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