Monatsarchive: Dezember 2015

Wenn schon Feuerwerk, dann aber richtig

Die Pressestelle des Bundesgerichtshofs berichtete über ein Feuerwerk der Extraklasse:

Nach den Feststellungen des nunmehr rechtskräftigen Urteils des Landgerichts setzte der Angeklagte in der Nacht zum 28. September 2013 auf dem Betriebsgelände einer Firma für Flüssiggashandel in Harthausen (Rheinland-Pfalz) zwei Tanklaster in Brand, die noch teilweise mit Flüssiggas befüllt waren. Der Brandstiftung waren Streitigkeiten mit der Tochter des Firmeninhabers vorausgegangen. Trotz Bemühungen des Firmeneigentümers und der Feuerwehr, die Brände einzudämmen, entzündete sich etwa zwei bis drei Stunden nach der Brandlegung aus einem LKW-Tank ausströmendes Gas und es kam zu einer immensen Explosion. Durch die hierdurch entstandene Feuerwalze und Druckwelle wurden 17 Feuerwehrleute trotz Schutzkleidung zum Teil schwer verletzt. Einige trugen erhebliche, teils bleibende Gesundheitsschäden davon. Zudem ergriff das Feuer zwei auf dem Betriebsgelände befindliche Wohngebäude, in denen sich zur Tatzeit Personen aufhielten, die jedoch nicht zu Schaden kamen. Ein Gebäude brannte vollständig nieder, Firmeninventar wurde zerstört. Auch benachbarte Häuser wurden durch die Druckwelle der Explosion und umherfliegende Trümmer beschädigt. Der durch die Tat verursachte Gesamtschaden beläuft sich auf ca. 10 Mio. Euro.

Das war aber nicht für lau zu bekommen. Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) – 1 Ks 5022 Js 29655/13 – hat den Feuerwerker …

… u.a. wegen besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion mit einer Gesundheitsschädigung einer großen Anzahl von Menschen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt.

Mit Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 4 StR 226/15 – hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen.

Ich finde auch, das war etwas übertrieben.

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Mittwochs-OWi: Ein Schuß – zwei Treffer

728187_web_R_K_B_by_E. Kopp_pixelio.deDie Bußgeldbehörde hatte sich auf mich eingeschossen. Gleich zweimal kurz hintereinander hat sie gegen mich – völlig zu Unrecht, selbstverständlich – ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet.

Nur gut, daß mir ein Bekannter einen guten Strafverteidiger empfohlen hat, der durch nur einen einzigen Schriftsatz mit einer flammenden Verteidigungsrede den unhaltbaren Vorwürfen entgegen trat. Dieser Schuß hat gesessen, gleich zweimal (pdf):

Einstellung

Hätte ich selbst nicht besser hinbekommen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn mich das Gericht da verurteilt hätte. Schönen Dank auch!
8-)

Nebenbei:
Wer meint, er brauche in Bußgeldsachen keinen Verteidiger, oder wer sich keinen leisten möchte – der kann sich ja mal zu unserem kostenlosen eMail-Kurs anmelden: Selbstverteidigung in Bußgeldsachen. Mit ein bisschen Glück geht’s auch ohne Verteidiger.

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Bild: © E. Kopp / pixelio.de

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Digitales aus Augsburg

Man kann den Strafverfolgern aus Augsburg jede Menge vorwerfen (dazu später noch (viel) mehr), aber nicht, daß sie Rechtsmittelbegründungen durch verweigerte oder auch nur verzögerte Akteneinsichten zu stören versuchen.

Recht flott bekomme ich auf meinen vor ein paar Tagen beantragte ergänzende Akteneinsicht eine Reaktion:

Digitales aus Augsburg

Besten Dank in die Fuggerstadt.

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Er stimmt nicht zu!

Nach vorläufigem Endergebnis der Umfrage vom 21.12.2015 wünscht die Mehrzahl der Blogleser Informationen über den Fortgang der Geschichte.

minimaxDer Dresdner Wohnheimbewohner, nennen wir ihn der Einfachheit halber mal Peter, schreibt mir via minifax.de (Vorsicht: Die übermitteln u.a. auch die IP-Adresse des Absenders, in diesem Fall eine aus Dresden).

Er reagiert auf den Kommentar von Daniel, der vorschlägt, gegen Peter eine negative Feststellungsklage zu erheben.

Peter schreibt dazu:

Sehr geehrter Herr Noch-Rechtsanwalt,

es wird mitgeteilt, dass ich die Streitfrage nicht gerichtlich klären will. […] Eine negative Feststellungsklage Ihrerseits ist daher mangels Rechtsschutzinteresses unstatthaft. […] Sie sollten sich zivilrechtlich fortbilden.

Na, gut. Dann eben erstmal die Fortbildung. Aber dann!

Übrigens:
Über 100 Leser des Blogs schlagen vor, ich solle mit Peter in seinem Wohnheim Weihnachten feiern. Das überlege ich mir aber noch.

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Keine sachliche Information. Auch nicht beiläufig.

Statt daß sich alle darüber freuen, daß das gegen mich seit vielen Monaten geführte Ermittlungsverfahren nach intensivem Kampf ums Recht endlich eingestellt wurde, ärgert sich einer über meinen Bericht.

Ich soll meine Freude über die Einstellung nicht feiern. Jedenfalls nicht in der von mir gewählten Form:

Der Troll legt nach

Und, was meint die geschätzte Leserschaft?

Was ist zu tun?


     

 

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Weitere Ideen bitte in den Kommentaren mitteilen.

So, ich mache dann erstmal Weihnachtsferien, ich melde mich von unterwegs. Até logo …

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Erwartungsgemäß eingestellt

Der Troll aus dem Dresdner Wohnheim, dem ich gesagt habe, was ich von ihm halte, hatte gepetzt. Wie kleine Jungs eben sind, die weinend nach ihrem großen Bruder rufen, wenn man sie mal anpustet.

Dank der hervorragender Verteidigung durch einen meiner Lieblingsstrafverteidiger, Rechtsanwalt Werner Siebers aus Braunschweig, haben wir Post von der Staatsanwaltschaft Berlin erhalten:

Eingestellt

Lieber Werner, allerherzlichsten Dank!

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Digitales Zeitalter bei der Berliner Justiz

Wie weit die Berliner Justiz vom aktuellen Stand der Technik entfernt ist, zeigt diese schriftliche Anfrage an den Berliner Senat.

S17-17374

 
Die Frage des Piraten Alexander Spies

Ist dem Senat das Problem bekannt, dass der Austausch der Gerichtsakten zwischen Gerichten von Kläger*innen, die das EGVP nutzen, nicht immer möglich ist?

Die Antwort der Senatsverwaltung für Justiz

Probleme beim Austausch der Gerichtsakten zwischen den Gerichten sind dem Senat nicht bekannt. In der Berliner Justiz werden die Gerichtsakten mit wenigen Ausnahmen derzeit in Papierform geführt. Im Rahmen des eröffneten elektronischen Rechtsverkehrs werden die in den Gerichten eingehenden EGVP-Eingänge (Nach-richt, Dokumente, Prüfprotokoll oder Transfervermerk) derzeit ausgedruckt und zur Gerichtsakte genommen.

In Worten:
Der Rechtsanwalt verschickt seine Schriftsätze auf elektronischem Weg ans Gericht, dort druckt eine gut ausgebildete und teuer bezahlte Mitarbeiterin der Geschäftsstelle das Zeug aus, holt einen Locher und steckt die Papierstapel zwischen zwei Pappdeckel. Diese Pappen stapelt sie auf Wägelchen, die dann von einem Wachtmeister (ausgebildet, bezahlt, pensionsberechtigt) von Geschäftsstelle zu Geschäftsstelle gekarrt werden; oder er packt sie in einen klapprigen mausgrauen VW-Transporter, damit ein anderer Justizbediensteter (mit Fahrerlaubnis) sie zu einem anderen Gericht transportiert und dort wieder auf ein Aktenwägelchen packt …

Eine Frage,
die sich mir stellt: Wenn der graue Transporter dann von Wedding nach Neukölln fährt, befindet sich der Schriftsatz des Rechtsanwalts dann auf der Datenautobahn.

Vielen Dank
an den Kollegen Rolf Jürgen Franke, Rechtsanwalt und Notar in Lichtenrade für diese nette Posse aus dem Abgeordnetenhaus.

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Der Samurai und der Cold Caller – eine Diskussion

Zuerst war es der unerwünschter Werbeanruf. Dem folgte die kostenfreie Abmahnung, dann die Einstweilige Verfügung und ein Blogbeitrag.

Daraufhin gab es wieder eine Abmahnung, diesmal mit Kostenrechnung.

Und nun: Die Stellungnahme des Cold Callers; Herr Ulrich Rummel, Vorstand der Rummel AG, nimmt in einem öffentlichen Kommentar umfassend Stellung zu dem, was bisher geschah.

Gern antworte ich Ihnen in diesem offenen Brief, sehr geehrter Herr Rummel.

Was sind meine Ziele?
Ich kenne Sie nicht persönlich, ich habe auch nichts gegen Ihr Unternehmen. Mir geht es schlicht um die Unterbindung unerwünschter Werbeanrufe. Diesem Ziel bin ich ein Stück näher gekommen. Sie werden mich nicht mehr anrufen. Und diejenigen, die die Beiträge zu Ihrem Cold Call gelesen haben, werden es auch nicht mehr riskieren. Es wird Kollegen geben, die meinen Textbaustein kopieren und einsetzen. Insgesamt wird es weniger werden mit den Cold Calls, da bin ich mich sicher.

Was war oder ist Ihr Ziel, Herr Rummel?
Sie schreiben einen ellenlangen, recht weinerlichen Kommentar, mit dem Sie mein Verhalten als unangemessen kritisieren. Habe ich das richtig verstanden?

Schauen wir uns das doch mal genauer an.
Was habe ich gemacht? Ich habe auf einen Werbeanruf reagiert, wie ich es nach Lektüre von Gesetzen, gerichtlichen Entscheidungen und mithilfe eines kompetenten Kollegen gelernt habe. Mit einer KOSTENLOSEN Abmahnung per eMail, mit der ich Ihnen die Chance gegeben habe, die Sache sofort und kostenneutral zu beenden.

Abmahnung

Das hätte alles schön schlank funktionieren können, finde ich.

Wie reagieren Sie?
Sie informieren sich. Wo?

… in vielen Beiträgen im Internet, in „Vertriebsliteratur“ und auch in verbreiteten Magazinen wie „Impulse“ …

Das war Mist. Wo hätten Sie sich besser informieren sollen?

… bei einem langjährigen Kunden […], der sich auf dieses Thema spezialisiert hat …

Richtig! Das wissen Sie aber erst jetzt, NACHDEM Sie (bzw. Ihr Datenschutzbeauftragter und Ass. jur.) mir geschrieben hatten:

Eine Unterlassungserklärung können wir leider nicht unterzeichnen, weil kein Unterlassungsanspruch besteht. Der werbliche Telefonanruf war […] zulässig, weil die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht vorlagen: Da Sie ein „sonstiger Marktteilnehmer“ sind, konnten wir […] von einer mutmaßlichen Einwilligung ausgehen.

Konnten Sie, ja. Durften aber nicht. Daß das falsch ist, wissen Sie jetzt. Ich wußte es bereits schon vorher. Ist ja nichts Neues und auch kein Geheimwissen.

Wie habe ich reagiert?
Ich hatte keinen Bedarf, mit Ihrem Ass. jur. über ein längst ausdiskutiertes Thema alte Argumente auszutauschen. Statt dessen habe ich den Kollegen Bert Handschumacher beauftragt, mir die Arbeit abzunehmen und dafür zu sorgen, daß Sie sich mal ernsthaft mit der Sache auseinander setzen. Das Produkt ist die Einstweilige Verfügung (pdf). Darüber habe ich parallel in hier im Weblog berichtet.

Dieser Bericht gefiel Ihnen nicht.
Erneut schätzten Sie – diesmal allerdings unverschuldet – die Rechtslage falsch ein und beauftragen die unstreitig (!) „sehr findige Anwältin, Frau RAin Scholz-Recht, von MG&P in Nürnberg„, mir eine Abmahnung zu schicken. Und eine Kostenrechnung:

Kostenrechnung

Zwischenergebnis
Sie verletzten meine Rechte (§§ 823, 1004 BGB); ich schicke Ihnen eine lapidare eMail und bitte Sie, mir verbindlich und ernsthaft zu erklären, daß sich das künftig nicht wiederholt. Und ich nutzte diesen Vorfall für einen Blogbeitrag, um Sie nachhaltig, aber insbesondere auch andere Werbetreibende vorbeugend davon abzuhalten, mir auf die Nerven zu gehen.

Daraufhin schicken sie mir für schlappe 600 Euro eine Abmahnung, weil Sie – nochmal: falsch informiert – meinen, ich dürfe nicht sagen, wie Sie heißen und welche eMails Sie mir schreiben.

Sie haben keinen Grund zum Weinen, sehr geehrter Herr Herr Rummel! Sie haben’s einfach ver…tan.

Was sind die Motive für Ihren Anruf bei uns?
Mir fällt spontan der Begriff „Beglückungsterrorismus“ ein. Sicherlich übertrieben, aber Sie maßen sich an, besser zu wissen, was wir brauchen, als wir selbst. Das ist ein bekanntes Muster des Verhaltens von Spammern und Cold Callern.

Vermutlich war es der Bericht, den ich im September 2013 – also vor über zwei Jahren – mal geschrieben habe, weil ich mich über die DATEV geärgert hatte (Sie müssen wissen: Therapeutisches Bloggen hilft gegen Magengeschwüre!), über den Sie Ihre vermeintliche Legitimation für Ihren Anruf herleiten.

Die Darstellung auf Ihrer Internetseite gab Anlass zur Vermutung, dass Sie selbst Nutzer der Software dieses Mitbewerbers und damit nur begrenzt zufrieden sind. Was liegt also näher, als Sie darüber zur informieren, dass Abhilfe greifbar nahe ist.

Was näher liegt?
Alles, nur keine kalte Akquise via Telefon! Die ist nämlich verboten. Spam via eMail oder Fax auch. Nur Briefpost, die ist zulässig, aber die war Ihnen zu teuer und zu aufwändig. Einfacher ist es zum Telefonhörer zu greifen, meine Assistentin aus ihrer Arbeit zu reißen und zu nerven.

Ihr zweifelhaftes Marketingkonzept
Kommt Ihnen eigentlich nicht der Gedanke, daß ich als Verantwortlicher einer Kanzlei, von deren Erträgen knapp 10 Menschen und deren Familien leben, unsere EDV aufgrund eines Anrufes nicht auf den Kopf stellen werde? Meinen Sie nicht, daß ich vielleicht nicht alt genug sein könnte, selbst zu entscheiden, wie und von wem ich Informationen abrufe? WinMACS ist mir bekannt, entspricht aber nicht unseren Anforderungen. Deswegen haben wir uns bereits im August 2014 für einen anderen Anbieter entschieden, nachdem ich mich sehr intensiv auf dem Markt umgesehen und umgehört habe.

Das wußten Sie natürlich nicht, ja. Weil sie einfach über die Suchmaschinen gegangen sind, nach Kanzleien mit Software-Ärger gesucht und deren Telefonnummern an ein Call Center (?) weiter gegeben haben. Das ist eine Art des Marketings, für das ich Ihnen – zunächst kostenfrei – auf die Finger geklopft habe. Weil es einfach nicht akzeptabel ist.

Und nun?
Wird es teuer. Nicht nur die Kosten, die mich die Unterstützung von Rechtsanwalt Bert Handschumacher gekostet hat, sondern auch die Kosten für das Faß, das Sie nun aufgemacht haben, werden Sie in Ihre Bilanz zu verbuchen haben.

Und wissen Sie was?
Wenn ich jetzt Ihre findige Anwältin, die Rechtsanwältin und Fachanwältin für gewerblichen Rechtschutz, Frau Nicola Scholz-Recht, wäre, würde ich Sie für diesen Ihren Kommentar, in dem Sie in aller Öffentlichkeit fast ihr komplettes Rubrum mitteilen, an den nächsten Baum aufknüpfen. Die Kollegin ist aber – seien Sie bloß froh! – kein Kreuzberger Strafverteidiger. Sie äußert sich zwar zurückhaltend, aber (an den von mir bevollmächtigten Anwalt gerichtet) hinreichend deutlich:

hinreichend aufgeklärt

Die Honorarrechnung Ihrer Anwältin wird sie erreichen und sie (die Rechnung) wird hoffentlich fürchterlich sein.

Historisches zum Abschluß
Vor vielen Jahren hat sich einmal ein Kollege über mich bei der Rechtsanwaltkammer Berlin beschwert. Ich sei seinem Mandanten gegenüber unsachlich (§ 43 BRAO) aufgetreten. Die Kammer hat es jedoch nicht beanstandet, daß ich ihm mitgeteilt hatte: „Es ist keine gute Idee zu versuchen, einem Samurai auf die Klinge zu scheißen.

Das ursprüngliche Bild war von © Tim Reckmann via pixelio.de. Er verschickt aber auch Rechnungen für die Veröffentlichungen seiner Photos, deswegen habe das Bild vom Server genommen und entsprechend ersetzt.

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Haftbefehl? „Is mir egal!“

FahrscheinDie BVG macht nicht nur mit einer netten Erkennungsmelodie auf sich aufmerksam. Sie sorgt auch für Beschäftigung. Bei Justizwachtmeistern, Richtern, Staatsanwälten und Strafverteidigern.

Nach einem Bericht des Berliner Tagesspiegel ist die Zahl der Strafanzeigen wegen Schwarzfahrens drastisch gestiegen. Von 480 im Jahr 2013 auf 33.723 ein Jahr später. Das ist eine Steigerung von – Achtung! – 7.000 Prozent. Da träumt der Daytrader von! Bei der S-Bahn ist mit einer Steigerungsrate von nur 100 Prozent die Rede.

Die Justizvollzugsanstalt Plötzensee platzt daher aus den Nähten: Ein Drittel aller Knackis in der Plötze sind Schwarzfahrer.

Das geht so:

  • Wer beim dreimal auf das Gebot „Beförderung nur mit gültigem Fahrausweis“ nicht reagiert und dabei erwischt wird, bekommt Post von der Ermittlungsbehörde: „Ihnen wird zur Last gelegt, in drei Fällen eine Straftat nach § 265a StGB (Erschleichen von Leistungen) begangen zu haben.“ Oder so ähnlich.
  • Wer darauf nicht reagiert, bekommt Post vom Gericht. In einem gelben Umschlag steckt der Strafbefehl.
  • Wer darauf nicht reagiert, bekommt Post von der Justizkasse, die eine Geldstrafe und ein paar Gerichtskosten fordert.
  • Wer darauf nicht reagiert, bekommt Post von Strafvollstreckungsbehörde: Die Ladung zum Haftantritt in der Plötze.
  • Wer darauf nicht reagiert, bekommt Besuch von der Polizei, die einen Haftbefehl vollstreckt, und den Reaktionslosen zur Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe in die JVA Plötzensee verbringt.

PloetzenseeWas fällt einem dazu ein?
Richtig: Hat die Strafjustiz eigentlich nichts Besseres zu tun? Offenbar nicht.

Also: Wie reagiert man nun aber richtig?
Am besten läßt man sich beim Schwarzfahren gar nicht erst erwischen. Wenn das aber nicht gelungen ist, gilt: Je früher, desto besser.

Die Beschuldigten-Anhörung ist die Pole-Position der Verteidigung: Ein Strafverteidiger besorgt die meist sehr dünne Ermittlungsakte und nimmt die Verhandlung mit der Staatsanwaltschaft auf. Das führt in der Regel beim ersten Mal zur Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer geringen Auflage (§ 153a StPO) und nicht zu einer Geldstrafe.

Gegen einen Strafbefehl lohnt der Einspruch, um doch noch die Vorstrafe zu verhindern. Hier wird der Strafverteidiger versuchen, mit dem Gericht über die Einstellung nach § 153a StPO zu verhandeln.

Wenn gar nichts hilft, muß entweder die Geldstrafe bezahlt werden, möglichst sofort, oder auf Antrag auch in Raten. Oder man beantragt die Umwandlung der Geldstrafe in gemeinnützige Arbeit. Dabei (bei den Anträgen, nicht beim Bezahlen ;-) ) hilft ein Strafverteidiger oder solche Einrichtungen wie der Straffälligen- und Bewährungshilfe Berlin e.V..

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Unabkömmliche Vormerkung

Der Verteidiger hat einen Anspruch auf Einsicht in die Ermittlungsakten. Selbstredend nicht jederzeit, sondern in gesetzlich geregelten Fällen.

Der Gesetzgeber hat das Akteneinsichtsrecht in § 147 StPO beschrieben. In dessen Absatz 2 heißt es auszugsweise:

Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile […] versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann.

Was soll ich von einem Staatsanwalt halten, der mir die Aktensicht mit folgender Begründung verwehrt:

Unabkömmlich

Es ist ja nun höchst bedauerlich, daß mir die Akteneinsicht nicht gewährt werden könne, weil die Akten „unabkömmlich“ seien. Gemäß § 147 II StPO kann Akteneinsicht vor Abschluß der Ermittlungen zum Teil versagt werden, wenn der Untersuchungszweck bei Akteneinsicht gefährdet wäre. Ein Recht, die Akteneinsicht zu verweigern mit der Begründung, die Akten seien „unabkömmlich“, kennt die StPO irgendwie noch nicht.

Weshalb sind sie denn unabkömmlich? Wenn der Herr Staatsanwalt sie benötigt, um sein Sitzkissen zu erhöhen, weil er nur so über die Papierberge blicken kann, um sich an seinen Jagdtrophäen an der Wand zu erfreuen, würde ich ja gern darauf warten. Aber das kann er mir dann doch mitteilen, dafür hätte ich sogar vollstes Verständnis. Ein zufriedener Staatsanwalt, was kann einem Verteidiger denn Schöneres passieren?

Nehmen Sie sich ruhig Zeit, Herr Staatsanwalt. Und vielen Dank auch für meine Erfassung und Ihre gütige Vormerkung.

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