Haftbefehl? „Is mir egal!“

FahrscheinDie BVG macht nicht nur mit einer netten Erkennungsmelodie auf sich aufmerksam. Sie sorgt auch für Beschäftigung. Bei Justizwachtmeistern, Richtern, Staatsanwälten und Strafverteidigern.

Nach einem Bericht des Berliner Tagesspiegel ist die Zahl der Strafanzeigen wegen Schwarzfahrens drastisch gestiegen. Von 480 im Jahr 2013 auf 33.723 ein Jahr später. Das ist eine Steigerung von – Achtung! – 7.000 Prozent. Da träumt der Daytrader von! Bei der S-Bahn ist mit einer Steigerungsrate von nur 100 Prozent die Rede.

Die Justizvollzugsanstalt Plötzensee platzt daher aus den Nähten: Ein Drittel aller Knackis in der Plötze sind Schwarzfahrer.

Das geht so:

  • Wer beim dreimal auf das Gebot „Beförderung nur mit gültigem Fahrausweis“ nicht reagiert und dabei erwischt wird, bekommt Post von der Ermittlungsbehörde: „Ihnen wird zur Last gelegt, in drei Fällen eine Straftat nach § 265a StGB (Erschleichen von Leistungen) begangen zu haben.“ Oder so ähnlich.
  • Wer darauf nicht reagiert, bekommt Post vom Gericht. In einem gelben Umschlag steckt der Strafbefehl.
  • Wer darauf nicht reagiert, bekommt Post von der Justizkasse, die eine Geldstrafe und ein paar Gerichtskosten fordert.
  • Wer darauf nicht reagiert, bekommt Post von Strafvollstreckungsbehörde: Die Ladung zum Haftantritt in der Plötze.
  • Wer darauf nicht reagiert, bekommt Besuch von der Polizei, die einen Haftbefehl vollstreckt, und den Reaktionslosen zur Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe in die JVA Plötzensee verbringt.

PloetzenseeWas fällt einem dazu ein?
Richtig: Hat die Strafjustiz eigentlich nichts Besseres zu tun? Offenbar nicht.

Also: Wie reagiert man nun aber richtig?
Am besten läßt man sich beim Schwarzfahren gar nicht erst erwischen. Wenn das aber nicht gelungen ist, gilt: Je früher, desto besser.

Die Beschuldigten-Anhörung ist die Pole-Position der Verteidigung: Ein Strafverteidiger besorgt die meist sehr dünne Ermittlungsakte und nimmt die Verhandlung mit der Staatsanwaltschaft auf. Das führt in der Regel beim ersten Mal zur Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer geringen Auflage (§ 153a StPO) und nicht zu einer Geldstrafe.

Gegen einen Strafbefehl lohnt der Einspruch, um doch noch die Vorstrafe zu verhindern. Hier wird der Strafverteidiger versuchen, mit dem Gericht über die Einstellung nach § 153a StPO zu verhandeln.

Wenn gar nichts hilft, muß entweder die Geldstrafe bezahlt werden, möglichst sofort, oder auf Antrag auch in Raten. Oder man beantragt die Umwandlung der Geldstrafe in gemeinnützige Arbeit. Dabei (bei den Anträgen, nicht beim Bezahlen ;-) ) hilft ein Strafverteidiger oder solche Einrichtungen wie der Straffälligen- und Bewährungshilfe Berlin e.V..

Dieser Beitrag wurde unter Knast, Strafbefehl, Strafverteidiger, Strafvollstreckung veröffentlicht.

28 Antworten auf Haftbefehl? „Is mir egal!“

  1. 1
    RA Brock says:

    ich kann den Kommentar „Hat die Strafjustiz eigentlich nichts Besseres zu tun? Offenbar nicht.“ oftmals teilen; hier kann ich mich damit aber keinesfalls anfreunden. Ganz ehrlich: wer wiederholt Straftaten begeht, weder auf einen Strafbefehl, eine Vollstreckungsandrohung, noch auf eine Aufforderung zum Haftantritt reagiert, sollte sich auch über die Konsequenzen nicht wundern…

  2. 2
    Ellen says:

    Man könnte das ganze vermeiden, indem man ein gültiges Ticket löst.

    Jeder weiß, das Schwarzfahren strafbar ist. Ich frag mich, wie dumm man sein kann, durch häufiges Schwarzfahren einen Gefängnisaufenthalt zu riskieren.

  3. 3
    roflcopter says:

    Enorm guter Seitenhieb auf den „tollen“ Spot in der Überschrift :D

    Ich bin begeistert

  4. 4
    RA Tim says:

    @RA Brock: Und weshalb ist Schwarzfahren überhaupt eine Straftat? Wenn meine Forderungen nicht beglichen werden ist das üblicherweise keine Straftat. Da hilft mir kein Staatsanwalt oder Strafrichter bei der Durchsetzung bzw. Abschreckung.

    Weshalb die Verkehrsbetriebe hier ein Privileg haben könnte man dann durchaus in Frage stellen, auch wenn ich Ihre grundsätzlich Einstellung (vermehrte Straftaten = Konsequenzen) teile.

  5. 5
    Jochen says:

    Ich verstehe auch gar nicht, warum dies nur eine Owi sein sollte. Schließlich entsteht ja dem Beförderungsunternehmen tatsächlich ein Schaden.

  6. 6
    Jochen says:

    @RA Tim: Ich finde das ist doch sehr ähnlich zum Betrug. Man nutzt eine Leistung, die bekanntlich kostenpflichtig ist und suggeriert, dass man berechtigt ist diese Leistung in Anspruch zu nehmen.

  7. 7
    Richard says:

    Als nicht-rechtspflegerisch tätiger Mensch und Steuerzahler würde ich mein (Steuer-)Geld lieber in ein kostenfreies Nahverkehrssystem stecken (lassen) als in die teuer Ab- und Aufarbeitung von (manchmal unvermeidbarer) Schuld durch die Justiz. Für mich ist die gnadenlose Verfolgung dieser ‚Täter‘, nicht nur in Berlin, durch die Verkehrsbetriebe auch eine Form von Unterschlagung.

  8. 8
    Der wahre T1000 says:

    Es gibt allerhand Gesetze, die Handlungen zu Straftaten erklären, obwohl man das nur schwer nachvollziehen kann. Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Handlungen, die nicht unter Strafe stehen, es aber sollten.

    Wenn z.B. jemand seine Rechnung/Schulden nicht bezahlt, dann sollte das eine Straftat sein. Da wird doch jemand geschädigt! Es gibt ja z.B. fahrlässige Körperveletzung, warum soll es dann keinen fahrlässigen Betrug geben? Die Unterscheidung ist willkürlich. Und wenn der Gläubiger die Knastkosten übernimmt, dann sollte auch Haft vollstreckt werden.

    Man kann heftig darüber diskutieren, was unter Strafe stehen sollte und was nicht. Tatsache ist jedoch, dass Schwarzfahren eine Straftat ist. Das hat der Gesetzgeber so beschlossen und dann ist das basta. Wie bei allen anderen Gesetzen auch. Dort gilt ebenfalls: basta!

    Ist eine Sache eine Straftat, dann muss das auch verfolgt werden. Ansonsten wären Gesetze unsinnig. Dann könnte jeder Straftäter fordern, dass gerade seine Sache nicht verfolgt wird. Man kann da nicht eigenmächtig bestimmen „das war jetzt nicht so schlimm, das da schon“.

    Also: wer unbedingt mehrfach schwarzfahren muss und sich dabei mehrfach erwischen lässt (das bedarf schon einer gewissen Hartnäckigkeit), der muß bezahlen. Entweder mit Geld oder mit Freiheit. Gut so.

  9. 9
    ksu says:

    Mir geht es ähnlich wie Jochen oder RA Brock:
    Wer bewusst ohne Fahrschein in eine Bahn einsteigt (Vorsatz ist ja hier Voraussetzung für Strafbarkeit), der begeht einen Betrug. Wer bereits zweimal beim Betrügen erwischt wird und trotzdem weiter macht, der wird zurecht strafrechtlich verfolgt. Und wer diese strafrechtliche Konsequenzen dauerhaft ignoriert, der muss mit Haft rechnen.

    Wenn wir nicht bereit sind, unsere eigenen Regeln auch durchzusetzen, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn sich immer weniger daran halten.

  10. 10
    Briag says:

    Ich kann Ihnen versichern:

    Doch, die Justiz hat etwas Besseres zu tun. Einiges sogar! Und genau deshalb sind solche Verfahren ärgerlich. Aber was genau ist Ihre Lösung? Das Delikt „Erschleichen von Leistungen“ insgesamt nicht mehr zu verfolgen?

    Für eine Einstellung nach § 153 a StPO bedarf es übrigens regelmäßig keines Verteidigers – sie setzt aber voraus, dass der Beschuldigte seine Post auch öffnet und der Einstellung zustimmt. Und wer sich kein Ticket kauft, auf Nachforderungen, Beschuldigtenanhörungen, Strafbefehle, Zahlungsaufforderungen und Ladungen zum Strafantritt nicht reagiert, wird regelmäßig auch eine Anfrage, ob er mit einer Einstellung gegen Geld- oder Arbeitsauflage einverstanden ist, unbeantwortet lassen.

  11. 11
    meine5cent says:

    @RA Tim:
    Der Unterschied ist ganz einfach:
    Wenn Sie Anwalt sind, Gewerbetreibender oder Handwerker, dann können Sie sich aussuchen, ob Sie mit oder ohne Vorschuss/Vorkasse oder mit oder ohne Bonitätsauskunft einen Vertrag abschließen und in Vorleistung gehen. Wenn Sie das Ausfallrisiko in Kauf nehmen und vorleisten, ist das prinzipiell Ihr Problem. Jeder Händler, der sich das teurere POS-Verfahren (Maestro-Karte mit PIN) sparen will und auf das billigere POZ-Verfahren (Karte mit unterschriebenem Beleg) setzt, riskiert z.B. höhere Ausfälle wegen mangelnder Deckung des Kontos. Das ist schlichte betriebswirtschaftliche Kalkulation Ausfallrisiko vs. Kosten.
    Die Verkehrsbetriebe haben einen öffentlichen Auftrag zur Daseinsvorsorge und müssen, will man nicht an jeder S-Bahn-Tür einen Einlasskontrolleur stehen haben, auf die Ehrlichkeit der Nutzer vertrauen. Verkehrsbetriebe werden neben den EInnahmen für Fahrscheine in der Regel öffentlich massiv subventioniert. Das Schwarzfahren ist daher schlicht sozialschädlich. Und sogar mit einem geringeren Strafrahmen versehen als der einfache Diebstahl oder Betrug.

  12. 12
    Miraculix says:

    Jeder weiß, das Schwarzfahren strafbar ist.

    Das glaube ich nicht. Die Mehrheit der Menschen ist der Meinung daß man nur das erhöhte Beförderungsentgeld bezahlen muss – quasi als Strafe. Nach dem 2. Mal sollte man es aber begriffen haben.

    Wenn meine Forderungen nicht beglichen werden, ist das üblicherweise keine Straftat.

    Das kann durchaus ein Betrug sein; wenn der Schuldner niemals die Absicht hatte zu bezahlen. Also genau so wie beim Schwarzfahren.

  13. 13

    Berlin ist nicht nur pleite und irgendwie desorganisiert, nein, Berlin ist auch das drittärmste Bundesland . Jeder fünfte Berliner ist arm. Jeder achte Berliner ist pleite, also überschuldet. Da hilft dann auch die
    Stasi – Überwachung von Fahrgästen nicht viel, belegt durch die hohe Zahl von Strafverfahren.

    Es eruebrigt sich die Feststellung, dass man diejenigen, welche die BER – Pleite verursacht haben, nicht verfolgen wird. Obwohl der Schaden höher ist, als der durch alle Schwarzfahrer in der gesamten Zeit des Betriebs der BVG verursachte.

  14. 14
    Jakob says:

    Zitat ksu:

    Wer bewusst ohne Fahrschein in eine Bahn einsteigt (Vorsatz ist ja hier Voraussetzung für Strafbarkeit), der begeht einen Betrug.

    Genauso könnte man es auch sehen, wenn jemand bewusst sein Auto auf einen kostenpflichtigen Parkplatz stellt und kein Parkticket kauft. Dennoch hält der Gesetzgeber da ein Verwarngeld von 10 Euro für ausreichend (OK man kann auch mal ein Schild übersehen oder aus einem mehr oder weniger triftigen Grund zu spät zum Auto zurückkommen aber wenn jemand regelmäßig in der selben Gegend ohne Ticket parkt, dann könnte man durchaus von Vorsatz ausgehen und entsprechende Konsequenzen verhängen).

  15. 15
    Thorsten says:

    Diejenigen, die zum Strafverteidiger gehen würden, sind diejenigen, die ohnehin sofort die 60 Euro bezahlen – und damit bereits ein Ermittlungsverfahren von Vornherein umgehen.

    Den Herrschaften in Plötze fehlte offensichtlich das notwendige „Kleingeld“. Einen Verteidiger, der in der Regel ohne Vorschuss nicht tätig wird, können sie sich erst recht nicht leisten.

    Beratungshilfe gibt es nur für die Beratung (42 € netto zzgl. Akteneinsichtskosten – na danke!), PKH gibt es nicht und als Pflichti wird man sicherlich auch nicht bestellt.

    Ergo wandern sie ein, ganz ohne Verteidigung. Und es scheint – zumindest kurzfristig gedacht – billiger für sie zu sein und sich auch sonst mehr für sie zu lohnen, als die 60 € (pro Erwischtwerden) zu bezahlen.

    Verkehrte Welt!

  16. 16
    Jürgen says:

    @Thomas:

    Der Clou ist ja anscheinend der, das selbst Personen, die ohne Fahrschein ertappt werden und das erhöhte Beförderungsentgeld sofort begleichen, nach dem dritten Mal eine Strafanzeige erhalten (und wohl auch die, die später per Überweisung/Bareinzahlung (geht das überhaupt noch?) das erhöhte Beförderungsentgeld zahlen- zumindest lt. Artikel im Tagesspiegel). Weshalb eigentlich?

    Das ist aus meiner Sicht ein Unding. Wer zahlt, müsste sofort aus dem System verschwinden. Auf diese Weise ließe bei der Justiz bestimmt auch schon eine Menge zeitaufwendiger Kleinscheiß vermeiden.

    Weshalb hält die BVG diese Daten denn überhaupt in ihrem System vor?

    Hr. Kollatz-Ahnen übernehmen sie. So können sie bestimmt erhebliche Kostensenkungspotenziale bei der Berliner Justiz zu Gunsten der Landeskasse realisieren bzw. die Justizmitarbeiter entlasten.

    Kennt unser Sparfuchs von Finanzsenator die Zusammenhänge nicht?

  17. 17
    Knoffel says:

    Dieses Mal kann ich Ihnen leider nicht ganz beipflichten. Es stellt sich nicht die Frage, ob es Besseres zu tun gibt, sondern allenfalls, weshalb in anderen Sachen das Legalitätsprinzip rechtswidrig durchbrochen wird.

    Zu beantworten ist das auch einfach: weil es einfacher ist, einem Schwarzfahrer einen Strafbefehl zu schicken, anstatt umfangreich die zahlreichen Internetbetrügereien auszuermitteln, also die, die den kleinen oder alten Mann betrügen – und nicht alle kommen aus Rumänien.

    Irgendwie ist es also ungerecht, irgendwie aber auch nicht, denn Schwarzfahren kann dadurch nicht straffrei werden, zumal man mehrfach vorgewarnt wird.

    Am Ende wundert es mich aber auch nicht, immerhin reden wir hier schon lange nicht mehr von 50 Cent. Mir sind bereits Straßenbahnen zu teuer, sodass ich fast immer zu Fuß laufe.

  18. 18
    -thh says:

    Also: Wie reagiert man nun aber richtig?
    Am besten läßt man sich beim Schwarzfahren gar nicht erst erwischen.

    Man könnte auch zum Äußersten schreiten und die Fahrt bezahlen. Mein ja nur.

    • Das hat aber diesmal verdammt lange gedauert, bis dieser geniale Kommentar hier eintrifft. Ich werde Ihre kreative Idee mal den Verkäufern der Obdachlosenzeitschriften weiter geben. crh
  19. 19
    Der wahre T1000 says:

    @ 13 Arne Rathjen:
    Ich teile Ihre Auffassung, dass man die Verantwortlichen von BER einlochen müsste. Irgendjemand – zum Teufel nochmal – muß doch dafür unterschrieben haben. Und der gehört eingelocht.

    Wenn meine Steuererklärung falsch ist, kann ich auch nicht auf den Steuerberater zeigen und sagen „Ich habe von nichts gewusst, der hat es falsch gemacht“. Das kümmert das Finanzamt und insbesondere die dortigen Strafverfolger überhaupt nicht. Es kommt nur die Frage „Ist das Ihre Unterschrift?“. Wenn das zu bejahen ist, dann ist der Arsch ab.

    Wer auch immer für BER unterschrieben hat, der soll gefälligst für alles gerade stehen, was da nicht so ist, wie es mal geplant wurde. Derjenige hatte die Verantwortung die Sache so auf den Weg zu bringen, dass es auch klappt; oder so, dass man zumindest jemand Anderen zweifelsfrei an den Hammelbeinen ziehen kann.

    Ich teile Ihre implizite Auffassung, wonach man die kleinen Kriminellen laufen lassen soll, weil man die Großen nicht zu fassen bekommt, jedoch nicht.

  20. 20
    Bundesrechtler says:

    @ Jürgen:

    Herr Kollatz-Ahnen kann hier ohne Weiteres nichts unternehmen, weil das StGB Bundesrecht ist.

  21. 21
    RA Tim says:

    @meine5cent: Der Unterschied ist der, dass ich in die Überprüfung aber auch Zeit (und somit Arbeitskraft=Geld) investiere.

    Die Verkehrsbetriebe könnten es genau so machen: Früher gab es in jedem Waggon einen Schaffner, der hat bei jedem Einsteigenden den Fahrschein kassiert oder kontrolliert. Aus Kostengründen wurden diese dann abgeschafft (was ja durchaus nachvollziehbar ist). Diese Ersparnis wird aber nur dadurch ermöglicht, dass ein Straftatbestand geschaffen wurde, der dies auffängt.

    Ich sage nicht, dass jetzt in jeder Bahn wieder ein Schaffner sitzen soll. Aber hier sparen die Verkehrsbetriebe Ausgabe auf Kosten des Rechtssystems.

  22. 22

    19: StA Herkules hätte bei diesem Problemkomplex
    – BER -durchaus Probleme.

  23. 23
    Jürgen says:

    @Bundesrechtler

    Hr. Kollatz-Ahnen ist Aufsichtsratsvorsitzender der BVG. Er kann Kraft seines Amtes die BVG ganz sicher dazu bringen, von dem bisher beschrittenen Weg für Personen, die ein erhöhtes Beförderungsentgeld zahlen, abzuweichen.

    Ich sehe keinen Sinn darin, Personen, die ein erhöhtes Beförderungsentgeld beglichen haben, sei es direkt zum Zeitpunkt der Kontrolle oder danach, nach vielleicht drei Jahren, wenn diese dann aus welchen Gründen auch immer wieder ein solches erhöhtes Beförderungsentgeld beglichen haben, mit einer Strafanzeige überzogen werden müssen.

    Muss die BVG das so machen? Wo ist das geregelt?

  24. 24
    Andrea says:

    @crh: Sie schreiben: „Ich werde Ihre kreative Idee mal den Verkäufern der Obdachlosenzeitschriften weiter geben. crh“

    Der Sinn von Obdachlosenzeitschriften ist es, nicht erwerbstätige obdachlose Personen wieder etwas an das Erwerbsleben heranzuführen. Des Weiteren soll die Problematik von Obdachlosigkeit an die Bevölkerung kommuniziert und ein Kontakt hergestellt werden. Weiterhin ist es ein kleiner Zusatzverdienst für obdachlose Personen, den sie sich selbst erwirtschaftet haben.

    Verkäufer von Obdachlosenzeitschriften sind dazu angehalten, nicht „aktiv“ zu betteln. Diese Regel steht auch in jeder Obdachlosenzeitung drin (neben anderen Regeln wie beispielsweise nicht alkoholisiert zu verkaufen). In vielen Städten in Deutschland führen Verkäufer von Obdachlosenzeitschriften das auch so durch. Man sieht sie dort vor Supermärkten oder vor Bahnhöfen stehen. Dort preisen sie passiv ihre Zeitschriften an. Ich selbst nahm meistens dort auch eine Zeitschrift mit, da ich das Konzept für gut befinde.

    In Berlin wird das leider anders praktiziert. Dort wird man schon am Berliner Bahnhofsvorplatz aktiv angesprochen, ob man eine Zeitschrift kaufen möchte. Falls man den Kauf verweigert, wird man zwangsweise in ein Verkaufsgespräch verwickelt. Auch in der U-Bahn habe ich (mittlerweile wohnhaft in Berlin) bei jeder dritten Fahrt einen Passanten dabei, der aktiv bettelt.

    Ich will ehrlich sein: In dieser enormen Masse und in dieser enormen Aufdringlichkeit empfinde ich diese aktive Form der Bettelei als sehr belästigend. Ich habe auch stets den Eindruck, dass es sich hier in Berlin nicht mehr um karitative Projekte, sondern um Drückerkolonnen handelt. Daher bin ich dazu übergegangen, in Berlin grundsätzlich keine Obdachlosenzeitungen mehr zu erwerben. Sollte ich mal wieder aus Berlin wegziehen, werde ich die Obdachlosenzeitung wieder erwerben.

    Von daher würde ich es als richtig erachten, wenn die BVG Schwarzfahrer des Zuges verweisen würde, die zum Verkauf der Motz keinen Fahrschein gelöst haben. Selbstverständlich muss man bei diesen Personen keine 40 Euro kassieren. Aber den Hinweis an das Team der Motz, dass man Person XY bei aktiver Bettelei erwischt hat, sollte man von Seiten des BVG aus durchführen.

    Die wirklich gute Grundidee der Obdachlosenzeitung wird ad absurdum geführt, wenn diese Passanten aktiv und marktschreierisch hinaufgedrückt wird.

  25. 25
    Engywuck says:

    „Ich werde Ihre kreative Idee mal den Verkäufern der Obdachlosenzeitschriften weiter geben.“

    Wer wenn nicht Obdachlose hat genug Zeit zu laufen?

    In FFM habe ich mich mal mit den Kontrolleuren unterhalten: anscheinend haben sie die besten Fangquoten morgens vor 9 auf den Routen zum Bankenviertel – also von Leuten, die sich die Monatskarte echt leisten könnten.

    Davon abgesehen bin ich für eine kostenlose Grundversorgung im ÖPNV – gerne auch verbunden mit einem Autoverbot im Innenstadtbereich von Städten über z.B. 100k Einwohnern (und entsprechend großen Parkmöglichkeiten außerhalb).

  26. 26
    Engywuck says:

    schade, dass die Tags um „wer, wenn nicht…“ oben von der Blogsoftware entfernt wurden. Denkt euch halt „diabolischen Modus an“ bzw. „aus“ drumherum

  27. 27
    Andrea says:

    @Engywuck: Es geht den Obdachlosen eher nicht um das Fortbewegen an und für sich, sondern um den Verkauf ihrer Zeitschriften in der U-Bahn. Gewöhnlich hört man in Berlin den Satz, dass einem gerade die Obdachlosenzeitschrift ausgegangen wäre und man dennoch Geld für etwas zum Essen oder Getränke benötigen würde. Sowie der Zug hält, wird der Waggon gewechselt.

    Ihren Satz, dass man als Obdachloser doch laufen könne, finde ich ziemlich hart.

    Dennoch bin ich nicht für eine komplett kostenlose Grundversorgung des ÖPNV.
    Gründe:
    a. Der ÖPNV wird eh schon massiv bezuschußt – meines Wissens zu über 50%.
    b. Irgendwoher muss das Geld kommen. Letztendlich legt man die Kosten für den komplett kostenlosen Nahverkehr auf die gesamte Bevölkerung um. Das geht nur über eine Erhöhung der Steuern oder über ein Pflichticket für jeden – ähnlich wie das bei den Semestertickets der Fall ist. Daher zahlen dann auch Personen für ein Ticket, die den ÖPNV gar nicht nutzen. Für diesen Personenkreis ist diese Lösung sozial ungerecht.
    c. Wenn etwas nichts kostet, ist es manchen Leuten nichts wert.
    d. Sozial schwache Personen können den Sozialpass Berlinpass beantragen. Damit kann man das Sozialticket für 36 Euro pro Monat beantragen. Über den Preis des Tickets kann man noch diskutieren. Aber über die Tatsache, dass es etwas kosten solle, sollte man nicht diskutieren – siehe Punkt b und c.

  28. 28
    Engywuck says:

    @Andrea: das mit dem „laufen können“ war auch *nicht* ganz ernstgemeint.

    Nur: warum soll ein Obdachloser in der U-Bahn betteln (dürfen)? Doch wohl, weil die potentiellen Geldgeber da nicht so leicht weglaufen/ausweichen können.

    Zum Thema kostenlosen ÖPNV: daürüber kann man lang und breit streiten, deshalb nur diese eine Entgegnung und dann ist Schluss meinerseits:

    Wenn ohnehin zum größten Teil bezuschusst wird warum dann nicht 100% (oder 150% und massiv ausbauen – was nötig wäre)?

    Wieviele Bewohner einer Großstadt gibt es, die *nie* den ÖPNV nutzen bzw. dies auch nie tun würden? Zumindest wenn er halbwegs sinnvoll ausgebaut ist. Wobei ich rein steuerfinanziert bevorzugen würde.
    Grund: wenn nur die Bewohner ein „Semesterticket für alle“ automatisch bekommen müsste man Touristen (und Pendlern) weiter welche verkaufen – und kontrollieren. Durch komplett „staatsfinanziert“ erspart man sich die Kosten durch Ticketautomaten und entsprechende Kontrollen. Zudem kann man dann den Autoverkehr auf „Lieferwagen und Umzüge“ (meinetwegen in Berlin: „und Politiker“) einschränken, was der Stadtluft deutlich guttun dürfte (Stichworte: Feinstaub, Stickoxide). Wenn weniger Autos (und Motorräder…) unterwegs sind können Fußwege verbreitert werden, etc. Parkplätze sind dann auch nicht dauerüberfüllt (außer denen am Stadtrand :-))
    Allerdings ist eines klar: die Fahrgastzahlen würden massiv steigen, man kann also nicht die Zahl der Busse und Bahnen gleich lassen und erwarten, dass es so funktioniert. Und gleichzeitig würde natürlich die KFZ-.Steuer wegfallen…