Monatsarchive: Februar 2015

Faxarchiv, Milchmädchen und Bierbestellung

Faxberichte

Habe gerade 4.405 FritzFaxsendungen aus dem Jahr 2014 archiviert.

Wenn ich nur von 60 Cent ausgehe, die eine Sendung kosten würde, und schickten wir sie mit der gelben Post, hätte ich jetzt 2.643 Euro weniger zum Biertrinken. Teilweise wäre das Porto pro Sendung sogar erheblich höher; ich könnte also noch einen Nachtisch nehmen …

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Journalisten und der Pressekodex

721500_web_R_K_B_by_Timo Klostermeier_pixelio.deEinen Bericht über ein Ermittlungsverfahren so zu verfassen, daß er zumindest handwerklich in Ordnung ist, muß geübt sein. Ich möchte hier mal an einem Beispiel erläutern, wie sowas (nicht) geht.

Es geht um eine Straftat, „die sich von 25 Jahren in Neukölln ereignet hat„. An dieser Stelle geht es schon los:

Hat sich die Straftat ereignet? Oder ist es besser, bis ein Richter (rechtskräftig) darüber entschieden hat, zu schreiben: „… die sich ereignet haben soll.“ Nicht jede Leiche, die ein Polizeibeamter findet, ist ein Taterfolg im Sinne des 16. Abschnitts des StGB.

Der nächste Punkt, über den sich nachzudenken lohnt:

Polizei klärt Raubmord in Neukölln nach 25 Jahren auf.

Ok, für den Fall, daß man es auf die Spitze treiben möchte: Einen „Raubmord“ gibt es in unserem Strafrecht nicht. § 211 StGB spricht in diesem Zusammenhang von Habgier. Aber Journalisten sprechen eben manchmal anders. Geschenkt.

Noch eine Frage: Klärt die Polizei eine Straftat auf? Oder stellt erst das Gericht die Tatbegehung fest? Nur eine Spitzfindigkeit, über die sich ein Berichterstatter Gedanken machen sollte. Sowas kann man ohne Mühe auch korrekt formulieren.

Aber jetzt zum Eingemachten. Ich zitiere dazu erst einmal aus dem Pressekodex, Ziffer 13:

Die Berichterstattung über Ermittlungsverfahren, Strafverfahren und sonstige förmliche Verfahren muss frei von Vorurteilen erfolgen. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt auch für die Presse.

Und jetzt lese ich in der Zeitung:

Eine alte Frau wird in ihrer Wohnung überfallen, ausgeraubt und ermordet. Die Kripo verdächtigt einen Mann, kann ihm aber nichts nachweisen. Ein Vierteljahrhundert lang wiegt sich der mutmaßliche Täter in Sicherheit – dann verrät ihn die Auswertung alter DNA-Spuren. Am Freitag wurde der heute 44-Jährige in Zehlendorf verhaftet.

Heißt das jetzt: Die Kripo hat den Mann bereits rechtskräftig verurteilt? Nein, das will uns der Berichterstatter sicher nicht mitteilen. Aber vielleicht hatte er diese Formulierung im Kopf, bevor der Vortänzer in der Redaktion seinen Rotstift zückte:

Eine alte Frau wird in ihrer Wohnung überfallen und getötet. Der oder die Täter entwendeten ihre Wertsachen. Die Kripo verdächtigt einen Mann. Ein Tatnachweis ist aber ein Vierteljahrhundert lang nicht zu führen. Dann verdichtet sich der Verdacht durch die Auswertung alter DNA-Spuren. Am Freitag wurde der heute 44-Jährige verhaftet.

Das ist selbstredend eine Formulierung, die eher nicht publikumsgeeignet erscheint. Aber vielleicht hilft sie dabei, einmal darüber nachzudenken, was man mit gut klingenden Worten so alles falsch machen kann. Vorurteile in die Welt zu setzen, ist nicht das, was man von einer sauber arbeitenden Berichterstattung erwartet.

Ich räume ein, das ist eine Kritik an einem – gemessen an dem Jargon des Gossenjournalismus – recht neutralen Bericht. Aber gerade weil der rbb-online einen gehobenen Qualitätsanspruch hat, sollten sich die Schreiber die Mühe machen, diesem eigenen Anspruch auch am Hochreck zu genügen.

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Bild: Timo Klostermeier / pixelio.de

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Herr Fischer und die Todesstrafe

Literaturhinweis, insbesondere für die Jurastudenten, die kürzlich zur Frage der Todesstrafe ihre erbärmliche Meinung in die Formulare der Meinungsforscher eintrugen:

Allzu lange ist es nicht her, seit in Europa die Todesstrafe verschwand. Die Diskussion darüber hält bis heute an. Über das Leben und den Tod, die Schuld und die Zeit.

VRiBGH Fischer auf Zeit-Online

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Onlinebanking à la Carbanak

162629_web_R_by_micnae1965_pixelio.deDie Ticker der Agenturen lieferten gestern eine Meldung über eine Gruppierung namens Carbanak. Die aus aller Herren Länder stammenden Mitglieder hätten ein neues Onlinebanking-System installiert und damit ein Guthaben in Milliardenhöhe erwirtschaftet.

Zur Zielgruppe der Cybercrimer gehörten jedoch diesmal nicht die Empfänger von Phishing- und anderen lustigen eMails. Die Jungs griffen dort zu, wo es sich lohnt: Bei den Banken selbst.

In den vergangenen zwei Jahren seien sie in die Computersysteme der Kreditinstitute eingebrochen und hätten sich dort mit Informationen versorgt, die sie anschließend für Überweisungen auf eigene Konten oder zur Barauszahlung genutzt haben sollen.

Interessant erschien mir die Methode, mit der die „Cyberräuber“ die Geldautomaten geleert haben. Findige Coder brachten die Kohlenkisten der Banken dazu, zu einem programmierten Zeitpunkt Bargeld auszuwerfen. Dann mußte nur noch ein Mitarbeiter der Hacker-Crew zu richtigen Zeit am richtigen Ort stehen, um das Bündel Bargeld – ohne Eingabe der Geheimnummer – entgegen zu nehmen.

Auf diese Weise an Milliardenbeträge zu kommen, ist aber auch schon richtig Arbeit.

Ausführlicher Bericht auf heise online
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Bild: © micnae1965 / pixelio.de

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Ein Fall für den Ärzte-Notruf

Unsere Ankündigung, 24 Stunden täglich und sieben Tage in der Woche erreichbar zu sein, führt in ein paar Ausnahmefällen zu illustren Reaktionen. Dieser „Notruf“ allerdings, der uns an dem ersten Wochenende im Februar erreichte, hatte es allerdings in sich.

Von Samstagnacht bis zum Montagmorgen hatten wir mit einer Dame zu tun, der es nicht mehr gelungen war, sich zu kontrollieren. Eine Anruf-Ankündigung plus sechs Anrufe sowie ein Fax machten deutlich: Das war kein Fall für einen Strafverteidiger, sondern eher für einen Arzt.

V-Notruf (Klick aufs Bild führt zur Sammlung der Anrufe (pdf))

Tatsächlich stand sie am Montag gegen 10 Uhr bei uns auf der Matte. Sie müsse SOFORT mit einem Anwalt sprechen, blaffte sie unsere Mitarbeiterin an, die ihr freundlich die Tür geöffnet hatte. Die Fragen meiner Assistentin, welchen Anlaß es für ihren Bedarf nach anwaltlichem Rat gibt, beantwortete sie so lautstark, daß ich vorsorglich zum Empfang lief (nicht: ging).

Auf meine höflichen Bitten, nun wieder die Kanzlei zu verlassen, weil wir ihr mit ihren zivilrechtlichen Problemen nicht weiterhelfen konnten, reagierte sie erst mit Gebrüll, dann mit der umständlichen Anfertigung eines handschriftlichen Protokolls über die Ungeheuerlichkeiten, die ihr bei uns widerfahren seien. Wir haben sie (gefühlte) 20 Minuten lang gewähren lassen.

Mit erhobener Stimme, ausgestrecktem Arm und langem Zeigefinger befahl sie nun meiner Assistentin:

„Und Sie drucken mir jetzt eine Liste aller Anwälte aus, die …“

Das war der Moment, in dem ich mich an einen Trick erinnerte, den mir ein U-Bahn-Kontrolleur mal verraten hatte: Ich ergriff die Tasche der Dame und rannte damit zur Tür hinaus. Sie kam laut krakeelend hinterher. Ich bin um sie rumgelaufen, habe ihr die Tasche in die Hand gedrückt und war blitzeschnelle hinter der geschlossenen Kanzleitür verschwunden.

Es folgten (echte) 20 Minuten, in denen wir versuchten, das penetrante Klingeln zu ignorieren. Bis wir dann entnervt (und niedergeschlagen) die Polizei um deeskalierende Unterstützung gebeten haben. Erst, nachdem die freundlichen Cops den Hausflur betraten, war wieder Ruhe.

Ich habe dann mal recherchiert, wer die Dame war: Gymnasiallehrerin für Musik und katholische Religion in einer NRW-Mittelstadt. Ich kann gut nachvollziehen, daß man mit diesem Beruf und in dieser Stadt mittelfristig ein behandlungsbedürftiges Problem bekommen muß.

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NPD-Stadträte: Nicht zu (anzu)fassen

687814_web_R_by_Petra Dirscherl_pixelio.deDer Bürgermeister der Perle des Vogtlandes – des Städtchens Greiz – weigerte sich, einem NPD-Politiker die Hand zu geben. Die Thüringer Kommunalordnung sieht aber vor, daß der Bürgermeister bei der ersten Stadtratssitzung neue Mitglieder per Handschlag begrüßen soll. Bürgermeister Gerd Grüner (SPD) mochte dem Greizer NPD-Stadtrat aber trotzdem die Hand nicht schütteln.

Der Nationaldemokrat begehrte daraufhin die gerichtliche Feststellung, dass die Verweigerung Handschlags rechtswidrig war. Er fühlte sich diskriminiert.

Das Verwaltungsgericht Gera (Urteil vom 11.02.2015, Az. 2 K 570/14 Ge) urteilte aber, das sei völlig in Ordnung so. Denn der Handschlag sei nicht konstituierend für die Mitgliedschaft im Rat der Stadt, sondern schlicht ein symbolischer Akt, auf den ein Neugewählter keinen Anspruch habe.

Die Verweigerung des Handschlags ist aber auch ein symbolischer Akt, und damit ebenfalls „ein bloßer Bestandteil eines feierlichen Akts“. Ich denke, das Urteil ist ein Grund zu feiern – wo kommen wir denn hin, wenn wir gesetzlich dazu gezwungen werden könnten, Nazis anzufassen.

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Bild: © Petra Dirscherl / pixelio.de

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Hoher Leidensdruck durch die GEZ

Manche Menschen müssen Unvorstellbares ertragen. So unerträglich, daß man mitten in der Nacht die Notrufnummer eines Strafverteidigers anruft:

GEZ-Notruf

Aber auch hier helfen wir gern weiter. Mit einer freundlichen SMS, morgens früh um 6 Uhr:

Sehr geehrter Herr Gluffke, vielen Dank für Ihren Anruf. Wir können Ihnen nicht helfen. Bitte schauen Sie hier: www.kanzlei-hoenig.de/gez/ Gruß von RA Hoenig

Eine solche „Erstberatung“ ist selbstverständlich kostenlos. Auch nachts um halb vier und morgens um sechs.

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Darüber macht man keine Witze!

OlympiaDie Olymipabewerbung Berlins ist eine ernste Angelegenheit. Da verstehen die Verantwortlichen keinen Spaß.

Dem Olympiasprecher Stefan Thies zu unterstellen, er würde auf Plakaten mit Nazi-Motiven – Motto: „Offener Umgang mit der Vergangenheit.“ – für das Sportspektakel werden, ohne darauf DEUTLICH hinzuweisen, daß es sich um SATIRE handelt, geht ja gar nicht.

Deswegen hat sich der der DOSB bei der Senatskanzlei beschwert, die wiederum den Kollegen Dr. Christian Schertz alamierte. Der tat, wofür er bekannt ist: Er forderte die Metronauten auf, die „wahrheitswidrige Behauptung„, Berlin würde mit Nazis Werbung machen, zu unterlassen. Der Metronaut reagiert – vermutlich aus Kostenbefürchtungsgründen – mit Selbstzensur.

Ich danke Mikael in den Fahrt für seine Idee, durch die Herstellung von historischen Zusammenhängen das Volk zum Nachdenken anzuregen. Und das meine ich ernst.

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Bild: © Unbekannter Photograph / via Wikipedia

Grundlegende Infos zu den Olympischen Sommerspielen 1936 findet das Volk bei Wikipedia

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Hinweis an unterbeleuchtete Radfahrer

Manche Radfahrer sind aber auch hartnäckig beratungsresistent.

Radfahrer vs Oberlehrer

Da müssen sie sich nicht wundern, wenn ein pädagogisch ambitionierter Fußgänger einmal etwas nachdrücklicher auf die Beleuchtungspflicht hinweist.

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Kostenfestsetzung minus 20%

Hier mal ein Kostenfestsetzungsbeschluß, bei dem neben der StPO auch das Moabiter Landrecht zur Anwendung kam:

KFB 229 Ds 130_14(Klick auf’s Bild liefert den vollständigen Beschluß als PDF)

  1. Auch die Auslagen für Ablichtungen, die nicht ausgedruckt, sondern „nur“ digital gespeichert wurden, werden erstattet.
  2. 20% aller Kopien aus Gerichts- und Ermittlungakten sind nicht notwendig.

Die Justizinspektorin spekuliert darauf, daß die Verteidigung wegen 5,12 € kein Faß aufmacht das Rechtsmittel der Erinnerung nicht erhebt. Dann soll diese willkürlich erscheinende Entscheidung wenigstens einem guten Zweck dienen – als Vorlage für einen nur leicht polemischen Blogbeitrag.

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