NPD-Stadträte: Nicht zu (anzu)fassen

687814_web_R_by_Petra Dirscherl_pixelio.deDer Bürgermeister der Perle des Vogtlandes – des Städtchens Greiz – weigerte sich, einem NPD-Politiker die Hand zu geben. Die Thüringer Kommunalordnung sieht aber vor, daß der Bürgermeister bei der ersten Stadtratssitzung neue Mitglieder per Handschlag begrüßen soll. Bürgermeister Gerd Grüner (SPD) mochte dem Greizer NPD-Stadtrat aber trotzdem die Hand nicht schütteln.

Der Nationaldemokrat begehrte daraufhin die gerichtliche Feststellung, dass die Verweigerung Handschlags rechtswidrig war. Er fühlte sich diskriminiert.

Das Verwaltungsgericht Gera (Urteil vom 11.02.2015, Az. 2 K 570/14 Ge) urteilte aber, das sei völlig in Ordnung so. Denn der Handschlag sei nicht konstituierend für die Mitgliedschaft im Rat der Stadt, sondern schlicht ein symbolischer Akt, auf den ein Neugewählter keinen Anspruch habe.

Die Verweigerung des Handschlags ist aber auch ein symbolischer Akt, und damit ebenfalls „ein bloßer Bestandteil eines feierlichen Akts“. Ich denke, das Urteil ist ein Grund zu feiern – wo kommen wir denn hin, wenn wir gesetzlich dazu gezwungen werden könnten, Nazis anzufassen.

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Bild: © Petra Dirscherl / pixelio.de

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11 Antworten auf NPD-Stadträte: Nicht zu (anzu)fassen

  1. 1
    Mitleser says:

    Frei nach Martin Niemöller:
    „Als die NeoCons die Nazis mobten habe ich geschwiegen, ich war ja kein Nazi.
    Als sie gegen PEGIDA&Co mobten habe ich geschwiegen, ich war ja kein ‚Pegidiot‘.
    Als sie die Kommunisten mobten habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist.
    Als sie mich mobten war niemand mehr da, der protestieren konnte.“

    Es ist einer (echten) Demokratie unwürdig, sich auf diesem Niveau zu verhalten und nur eine Frage der Zeit, wann die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird, weil sie in die Strategie der neoCons nicht (mehr) hineinpasst. Das können auch Sie irgendwann sein, Herr Hoenig, mit Ihrer liberalen Einstellung (z.B. zu Drogen).

  2. 2
    Duncan says:

    Nazis bekämpft man am besten indem man ihnen alle Rechte (und Pflichten) eines demokratischen Rechtsstaates zubilligt und nicht durch das ergebnisorientierte zurechtbiegen von Gesetzen und solchen Nickligkeiten. Als Bürgermeister muss ich halt auch mal Tätigkeiten vornehmen die mir zuwider sind.

    Solches Vorgehen in Stadtparlamenten und ähnlichen sind die beste Werbung die die NPD sich wünschen kann! Ein Garant für Sympathien und weitere Wählerstimmen.

  3. 3
    Berliner0815 says:

    Ihr Kollege Udo Vetter sieht das etwas anders:

    >>> Diese Auslegung der Vorschrift ist jedenfalls nicht zwingend. Immerhin steht im Gesetz, dass die Verpflichtung “durch” den Handschlag erfolgt. Dieser ist also gerade kein unwichtiges Beiwerk, sondern sozusagen genau die Geste, an der sich die Verpflichtung dokumentiert. Bei dem doch recht klaren Wortlaut halte ich es schon für gewagt, den Handschlag auf eine “gesetzlich geregelte Umgangsform” zu reduzieren.

    Anders gefragt: Seit wann finden sich in unseren Gesetzen unverbindliche Regeln für den höflichen Umgang miteinander? Und zugespitzt: Aus welcher gesetzlichen Grundlage ergibt sich die Kompetenz des Landes Thüringen, dem Knigge Konkurrenz zu machen?

    Ohne dass mir die NPD in irgendeiner Form sympathisch wäre, hege ich eine starke Vermutung: Hätte der Neuling im Stadtrat dem Bürgermeister nicht die Hand gegeben, wäre die Entscheidung anders ausgefallen. Dann wäre es vermutlich sehr schnell dazu gekommen, den NPD-Mann auf den Wortlaut festzunageln (“Verweigert ein Gemeideratsmitglied die Verpfichtung…”) und ihn unter konsequenter Anwendung der Vorschriften seines Amtes für verlustig zu erklären. <<<

    https://www.lawblog.de/index.php/archives/2015/02/12/juristisch-bedeutsamer-koerperkontakt/

  4. 4
    jj preston says:

    Der Wortlaut des § 24 Absatz 2 ThürKO heißt:
    „Die Gemeinderatsmitglieder sind in der ersten nach ihrer Wahl stattfindenden öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom Bürgermeister auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten durch Handschlag zu verpflichten. Verweigert ein Gemeinderatsmitglied die Verpflichtung, so verliert es sein Amt.“

    Die Pflicht des Bürgermeisters zum Handschlag bezieht sich auf das Binnenverhältnis zu den Gemeinderatsmitgliedern (und ist daher tatsächlich eher symbolisch zu sehen), im umgekehrten Fall jedoch, als Verpflichtung des Gemeinderatsmitglieds zur gewissenhaften Pflichterfüllung, auf das Außenverhältnis (vulgo: Treue) zur Gemeinde und ihren Bürgern. Ein Bürgermeister kann jemandem schließlich auch durch die Verweigerung des Handschlags nicht gleichzeitig die Aufnahme in den Gemeinderat verweigern – denn dies geschieht durch Wahl, geregelt in § 23 Absatz 2 ThürKO:
    „Die Gemeinderatsmitglieder werden von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. Das Nähere regelt ein Gesetz.“
    Die Aufgabe als Gemeinderatsmitglied kommt also durch Wahl und nicht durch Handschlag zustande.

  5. 5
    Angela M. says:

    Wenn der Herr auch so unkooperativ ist, sich in Greiz wählen zu lassen! Das geht gar nicht!
    In Kiew wäre ich ihm um den Hals gefallen und hätte ihn als Musterbespiel „gemässigter“ Faschisten hofiert.

  6. 6
    Mike lehmann says:

    „Die Gemeinderatsmitglieder sind […] auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten durch Handschlag zu verpflichten.“
    Ohne Handschlag dürfen die dann machen, was sie wollen? Wollen die anderen das wirklich?

  7. 7
    Felix aus Frankfurt says:

    Sehe ich komplett anders.

    Indem man die Nazis besonders behandelt als alle anderen schenkt man ihnen Aufmerksamkeit, die sie nicht verdient haben.

    Wieso nicht einfach behandeln wie alle anderen auch? Die entlarven sich schon von selber. Und DAS kann man dann medial verwerten.

    So aber können sich die Nazis als „Gemobbte“ feiern und der Zusammenhalt wird (von außen) unnötig gestärkt: Sie sind ja jetzt die „Opfer“.

    Ich befürchte, dass durch solche Aktionen genau das Gegenteil von dem erreicht wird, was man erreichen möchte.

  8. 8
    K75 S says:

    Wie man sich auch ohne Körperkontakt begrüßen kann, hat das braune G**ochse bereits vor 75 Jahren demonstriert.

    In Greiz soll wohl zur Nachahmung animiert werden.

  9. 9
    Martin says:

    Ich sehe das ebenso wie Felix aus Frankfurt. Auch ich halte von den Rechten überhaupt nichts. Aber dummerweise wurde der Typ demokratisch gewählt. Das Problem liegt eher bei den Personen, die solche Typen wählen.

    Den Handschlag allen anderen Personen zu geben, dem Rechten aber nicht, stilisiert ihn zu einem Märtyrer. Der Bürgermeister hätte sich an den Wortlaut des Gesetzes halten sollen.

    Sinnvoller wäre es vielleicht gewesen, dem Mann den Handschlag zu geben und sich gleich danach die Hände demonstrativ mit „Sterilium“ (medizinisches Desinfektionsmittel; gibt es in der Apotheke) zu desinfizieren.

  10. 10
    Hans A. says:

    Der Bürgermeister wäre wohl gut beraten gewesen, an dem Tag „rein zufällig“ Handschuhe zu tragen und keinerlei Fragen nach deren Zweck zu beantworten. Das wäre wahrscheinlich sogar wirkungsvoller gewesen, und die Nazis hätten sich nicht so leicht als verfolgte Minderheit darstellen können.

  11. 11
    Onkel Alfons says:

    Viel effektiver wäre doch gewesen, sich demonstrativ Gummihandschuhe anzuziehen und die nachher mit S*grotan abzusprühen, bevor man sie mit angeekeltem Blick in die Tonne mit dem Aufdruck: „Biomüll“ wirft.