Monatsarchive: März 2012

Der Sonntags-Notruf

Aus der Telefonnotiz:

Anrufer teilte mit: „Es geht um das Thema Strafrecht.“ Berichtete viel und sehr durcheinander. Dann sagte er: „Bitte geben Sie es nicht weiter, es soll mich keiner anrufen.“

Eine Rückrufnummer hat er nicht hinterlassen.

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Höfliches Rauchverbot

In einer Atmosphäre, in der regelmäßig mit knackigen Worten auf grauem Altpapier Anordnungen erteilt und Verbote ausgesprochen werden, fällt so eine bunte freundliche Bitte sofort auf:

Offenbar scheint sich auch in der Justizverwaltung des Kriminalgerichts herumgesprochen zu haben, daß man mit Freundlichkeit mehr erreicht als mit dem Komißton vergangener Jahrhunderte.

Gelobt!

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Feminismus im Jugendamt

Auf einen sehr lesenswerten Aufsatz hat (mich) der Twitterer @J_Kachelmann hingewiesen:

Mannheim und kein Ende: Feminismus im Jugendamt contra Gerechtigkeit.

Die „emeritierte“ Oberstaatsanwältin Gabriele Wolff, beschreibt die seltsamen Blüten, die Feminismus im Jugendamt treibt.

Es geht um einen komplexen Fall einer Kindstötung durch eine Mutter und die Rolle, die das Jugendamt in diesem Zusammenhang eingenommen hat. Frau Wolff streift in diesem „unnützliche Kommentar zur Welt“ eine Vielzahl von Problemstellen in einem Verfahren vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Mannheim.

Ein halbes Stündchen Zeit, das für die Lektüre sich lohnt.

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Angst-Blogger

Blogger bloggen nicht nur, sie kommentieren auch bei anderen Bloggern. Wenn man sie läßt.

In einigen Fällen möchten die Blogger gar keine Kommentare, sie haben daher die entsprechend Funktion abgestellt. Das ist in akzeptabler Ordnung.

Hier im Blog sind (die meisten) Kommentare willkommen, wer seinen Sempf hier abgeben will, kann es tun, soll es tun. Hürdenlos. Das klappt in aller Regel ganz gut. Die vereinzelten Ausnahmen bekomme ich schnell in den Griff.

Zwischen diesen beiden Eckpositionen gibt die Angsthasen, die dem Leser mit allerlei Spielereien den Spaß am Kommentieren verderben. Das hier ist ein Beispiel von vielen:

Das habe ich mir nun die Mühe gemacht, ein paar freundliche Zeilen in das Kommentarfeld einzutragen, gebe meine Namen und meine Website an und dann soll ich auch noch vertipperprovzierendes Zeugs abschreiben, um zu „beweisen“, daß ich kein Robot bin.

Liebe Angstblogger, es gibt Plugins, die Spam-Robots zuverlässig draußen halten und sich gegenüber wohlgesonnenen Kommentatoren „gastfreundlich“ verhalten.

Ich tippe jedenfalls, was *ich* will, und nicht, was mir ein Anti-Spam-Robot zu diktieren versucht.

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Vorsicht beim Besuch von Internet Webseiten!

„Von nun an wird jede Person bestraft, die regelmäßig im Internet Webseiten besucht, die den Terrorismus predigen, die zu Hass und Gewalt aufrufen.“

droht der französische Präsident Nicolas Sarkozy.

Und die, die sich „im Ausland indoktrinieren“ lassen, auch.

So!

Mehr zu diesem blödsinnigen gefährlichen Aktionismus kann man bei Heise nachlesen.

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Psychiatrischer Rechtsanwalt gesucht

Nächtlicher Anruf auf unserer Notruf-Hotline:

Der Anrufer dringend um RR. Er sei jetzt in einem Notquartier im Steigenberger Hotel in Konstanz und psychisch am Ende. …

… Sollte er innerhalb von 10 min keinen RR erhalten, werde er es beim nächsten Anwalt versuchen. Es gehe um BMW, Telekom u.a. und sein Geld.

Falls ein Rechtsanwalt mit psychiatrischer Zusatzausbildung anwesend ist …

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Milchmädchen im Plantagenverfahren

Aus einem Haftbefehl:

Unter Zugrundelegung der Erkenntnisse aus zurückliegenden Pantagenverfahren, wonach von einer Mindestmenge von 25 Gramm konsumfähigem, getrocknetem Cannabis pro Cannabispflanze und Ernte ausgegangen werden kann, ergibt sich bei den am 30.02.2012 beblütet aufgefundenen 501 Cannabispflanzen eine Menge von 12,525 Kilogramm konsumfähiges Cannabis.

Auch wenn diese „Berechnung“ durchaus angegreifbar ist: Das dürfte sicherlich eine „nicht geringe Menge“ Menge sein, die im Falle einer Verurteilung zu unangenehmen Konsequenzen führen wird.

Für das Standard-Argument des Haftrichters „Erwartung einer Fluchtanreiz bietenden Strafe“ hat es im vorliegenden Falle erst einmal gereicht.

Es steht zu befürchten, dass sich der Beschuldigte dem Verfahren durch Flucht, zumindest durch Untertauchen im Berliner Stadtgebiet, entziehen wird.

Das diskutieren wir dann in etwa zwei Wochen beim Termin zur mündlichen Haftprüfung. Bis dahin bleibe ich optimistisch.

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Fütterungszeit

Heute morgen im Gericht:

Ich bin froh und dankbar, einen Beruf zu haben, bei dem ich nicht vor irgendwelchen Türen herumlungern

und darauf warten muß, bis mich jemand füttert.

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Urteil im Hamburger „Abofallen“-Prozeß

Soeben hat das die 8. Große Strafkammer des Landgericht Hamburg nach 29 Verhandlungstagen das Urteil in dem ersten Verfahren gegen die Betreiber einer sogenannten „Abo-Falle“ verkündet.

Mißlungenes Ergebnis
Der Hauptangeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Der gegen ihn am 6.2.2011 vollstreckte Haftbefehl wurde außer Vollzug gesetzt. Im übrigen gab es Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden, Geldstrafen und eine Verfahrens-Einstellung nach § 153a StPO.

Versuchte Verständigung
Das Ergebnis entsprach im Wesentlichen dem Vorschlag des Gerichts, der den Angeklagten bereits am 9. November 2011, im 3. Verhandlungstermin, unterbreitet wurde. Das frühe Angebot des Gerichts beruhte auf einer Anklageschrift, die in den Hauptpunkten durch verbotene Vernehmungsmethoden zustande gekommen ist (siehe dazu meine Triologie eines Kochvorgangs).

Falsche Vorwürfe
Im Laufe einer Beweisaufnahme hat sich herausgestellt, daß der Vorwurf, es seien Kostenhinweise zeitweise ausgeblendet worden, nicht zutrifft. Falsch ist auch die Behauptung der Staatsanwaltschaft, der Kostenhinweis sei durch „pseudo-lateinischen Text“ ersetzt worden. Als nicht zutreffend hat sich der Vorwurf erwiesen, die Angeklagten hätten „geklaute“ Daten in ihr System eingespeist und Rechnungen an Nutzer versandt, die die Seiten gar nicht besucht hätten.

Gelobter Verräter
Die Aussagen des Kronzeugen der Staatsanwaltschaft haben sich als nicht belastbar erwiesen; sie waren in den entscheidenden Punkten falsch. Der Kronzeuge selbst sei aber glaubwürdig, er habe ohne Belastungstendenz vorgetragen und seine Aussage sei glaubhaft. So faßte die Staatsanwaltschaft das Fertiggericht zusammen.

Handwerkliche Fehler
Nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Angeklagten wie auch Beschuldigte, die in anderen Verfahren – z.B. in Frankfurt – auf ihre Verfahren „warten“, werden von diesem Urteil enttäuscht sein. Das Gericht hat die Chance vertan, eine juristisch saubere Aufarbeitung des rechtlich umstrittenen Themas zu leisten. Statt einer wegweisenden Pilotentscheidung liegt nun ein angreifbares Urteil vor, das niemandem nützen wird. Schlechte handwerkliche Arbeit ist nicht übertragbar auf andere Fälle.

Unerfahrene Richter
Die Kammer war besetzt durch unerfahrene Richter. Der Berichterstatter ist Richter auf Probe, die Vorsitzende Richterin und die Beisitzende Richterin waren bis kurz vor Eröffnung des Verfahren noch Richterinnen am Amtsgericht. Sie wurden „befördert“, nachdem sich im Zwischenverfahren ein Richterkarussell zu drehen begann.

Inkompetenter Sachverständiger
Der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Sachverständige war nicht imstande, die sichergestellten Backups der Server zu re-installieren. Seine gutachterlichen Stellungnahmen im Prozeß beruhten teilweise, aber in weitem Ausmaß auf Veröffentlichungen in Boulevard-Medien, statt auf eigenen, belastbaren Recherchen.

Vergeßliche Polizeizeugen
Die beiden Polizeibeamten, die als Zeugen vernommen wurden, konnten sich an wesentliche Teile der Ermittlungen nicht erinnern; vergessen hatten sie vor allem ihre Beteiligung an dem „Kochstudio“ (s.o.).

Hilfreiche Programmierer
Dann gab es (nur) noch den Programmierer und den Layouter der Angebotsseiten; beide widerlegten die „sachverständigen“ Ausführungen dieses Gutachters.

Teure Vergleiche
Die Hauptangeklagten haben sich mit Adobe und Mozilla verglichen; beide Unternehmen hatte sich dem Verfahren als Nebenkläger angeschlossen und Adhäsionsklage erhoben. Adobe kann nun 581.294,69 € nebst Zinsen bekommen, Mozilla 100.000,00 €, aus den Geldern, die im Ermittlungsverfahren beschlagnahmt wurden.

Bedeutungslose Entscheidungen
Die Strafkammer war zu keiner Zeit bereit, sich von dem bereits zu Prozeßbeginn deutlich erkennbaren Verurteilungswillen abbringen zu lassen. Allein die Verteidigung des Hauptangeklagten hatte über 25 Beweisanträge gestellt, die allesamt abgelehnt wurden, weil sie „für die Entscheidung des Gerichts ohne Bedeutung waren“ (§ 244 III 2 StPO).

Mangelhafter Aufklärungswille
Sachverständigengutachten von Wissenschaftlern, ehemaligen Richtern und kompetenten Strafverteidigern wurden nicht in das Verfahren eingeführt, kein einziger der 68.000 Kunden („Zahler“) wurde als Zeuge geladen, auch kein Werbepartner, kein Buchalter, kein Call Center Agent, kein Banker, kein Berater, kein niemand. Eine Inaugenscheinnahme der Angebotsseiten im Original hat genauso wenig stattgefunden wie die der Werbung für die Angebote; die Buchhaltungsunterlagen der Unternehmen wurden nicht ausgewertet. Dutzende Entscheidungen nach § 170 II StPO von Staatsanwaltschaften in parallel und gleich gelagerten Fällen ignorierte die Kammer.

Ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung
Die Angeklagten wurden darüber belehrt, daß sie binnen einer Woche ein Rechtsmittel – die Revision zum Bundesgerichtshof – einlegen können. Sie werden sich mit ihren Verteidigern beraten, ob sie davon Gebrauch machen werden.

Das Positive,
über das ich berichten kann, war die stressfreie Atmosphäre, in der verhandelt wurde. Aber das ist kein Qualitätskriterium.

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Der TÜV – ein Erlebnisbericht

Unser heutiger Gastautor ist Moppedfahrer. Naja, so einer von der Sorte, die sich die Absätze an ihren Schuhen schon dann abfahren, wenn ein Ordnungsbeamter einen Warnhinweis auf die in 200 Meter entfernte Kurve aufgepfählt hat. Schräglage zum Aufsetzen braucht das amerikanische Alteisen ohnehin nicht. ;-)

Deswegen ist es auch schwierig, den begehrten Papperl auf Backblech zu bekommen. Wie er sich mit solchen Schwierigkeiten arrangiert hat, berichtet ein TÜV[*]-geplagter V2-Treiber:

Meine musste ja letztens zum „TÜV“. Da in der Wilhelmstraße ’ne neue Prüfstelle [**] aufgemacht hat, dacht ich mir … kannste ja mal probieren. Also hin. Der Prüfer war völlig aus dem Häuschen – sein erstes Mopped dieses Jahr und dann auch auch bei diesen Temperaturen….

Ikke (Denk): Halloooo – wat is‘ ’n das für Warmduscher. Drei Grad über Null, Sonne, trocken – reicht doch ;-)

Also Abgasprüfung …. die „Oma“ brabbelt so vor sich hin, damit sie auf Temperatur kommt. Der Typ kommt mit einen Laptop an und fragt wo der „OBUD-Anschluss“ ist.

OK.

Ikke (Sprech): „Öhmm Meister, die hat ’n Kickstarter, zwei Vergaser, ’n manuellen Choke und ’ne Regulierungsschraube für den Leerlauf … dat is‘ ’n Mopped und kein fahrender Taschenrechner.“

Macht „Meisterchen“ grosse Augen, packt den „Läppi“ weg und fummelt am grossen Computer rum. Nach _FÜNF_ Minuten findet er endlich die „Oma“. Plappert aber zwischendurch nur Müll. Stellt also den Absaugtricher hinter die Möhre ….. Abgasbelastung und so …. Ok – die brabbelt zwar schon seit rund acht Minuten vor sich hin … aber wenn er der Meinung ist, dat bringt noch wat …. soll er machen.

Er macht … und quatscht … und quatscht und vergisst glatt den zweiten Auspuff. Also ist ein „Messtäbchen“ in dem einen Auspuff, das andere bammelt frei in der Botanik und schnüffelt Frischluft … kann ja nur gut sein.

Er macht die Messung, bricht ab, macht die Messung und will wieder abbrechen.

Ikke: „Meister, meine Omma kann so langen sinnlosen Leerlauf (gute zehn Minuten mittlerweile) überhaupt nicht ab.

Ok – hat gewirkt – die Messung gilt. Jetzt kommts ….. 0,17 Vol% … für ein Vergasermopped ohne KAT … Meisterchen ist völlig aus dem Häuschen .. was für ein klasse Wert – den erreichen Motorräder mit KAT kaum …

Ikke: „Hab‘ ja auch schön geschraubt am Wochenende.“

Er: Prima

Ikke (Denk): Du Vollid….. , mit dem Wert würde die noch nicht mal anspringen….., mach‘ weiter du „Fachkraft“. In Echt schmeisst meine Umweltsau fast 8 Vol% raus.“

Also Mopped ausmachen. Ok – war zu früh … der will tatsächlich ’ne Probefahrt machen…. Meisterchen schlappt los und holt seinen Helm. Völlig verstaubt (rofl) das Teil.

Ich klapp‘ also mal freundlich den Kickstarter raus (manchmal bin ich echt ’ne Sau) und der fällt promt drauf rein. Er übersieht den Knopf für E-Starter völlig. Helm auf und Kicken …. einmal, zweimal, dreimal …. Ok – ich stell mal den „Killschalter“ wieder auf „on“ … viermal, fünfmal …. Schweissperlen …

„Ich mach‘ das mal.“ Kick und läuft – tja – so isses.

Er pöttelt also einmal um die Halle mit leicht erhöhter Standgasdrehzahl und macht aus geschätzten zornigen 20 km/h eine „Gefahrenbremsung“.

Plakette … ohne Mängel … fertig.

Mich wundert nichts mehr.

Besten Dank an den Autor und an den Boten dieses netten TÜV-Berichts.

[*]: „TÜV“ im Sinne dieses Blogbeitrags könnte auch „DEKRA“ sein. Oder auch nicht.
[**]: Straße, Ort und Prüfstelle (z.B. TÜV eV. oder DEKRA) sind dem Blogger bestens bekannt. Und werden nicht verraten!

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