Jahresarchive: 2009

Einer von Vier Strafverteidigern beleidigt?

Eigentlich kenne ich das nur von „Zivilisten“: Die Prozeßbevollmächtigten von Kläger und Beklagten beharken sich im Gerichtssaal, als wenn sie ihre eigenen Sachen vertreten würden. Auch schriftsätzlich hauen diese Kollegen sich häufig die Argumente mit reichlich Emotionen um die Ohren. Das hat schon oft etwas von einem Komödienstadel, wenn zwei in teures Tuch gekleidete Juristen sich wie Pubertisten aufführen.

Zwischen (professionellen) Strafverteidigern ist ein solches Verhalten eher unüblich. Davon gibt es Ausnahmen. Das sind dann die Fälle, in denen Geschädigte als Nebenkläger an dem Strafprozeß teilnehmen. Und vertreten werden von RechtsanwältInnen, die den Eindruck vermitteln, sie seien selbst das Opfer dieses angeklagten Schwerstverbrechers geworden.

Mit so einer Rechtsanwältin hatte es gestern wohl Werner Siebers, der Erste der Vier Strafverteidiger, zu tun. Die Kollegin Claudia Burgsmüller ist Nebenklägerinvertreterin. Als solche war sie mit einem Antrag von Werner Siebers, der einen Angeklagten verteidigt, nicht einverstanden. Statt sich damit auf Grundlage des ihr zur Verfügung stehenden Prozeßrechts sowie mit sachlichen Argumenten auseinander zu setzen, ließ Frau Burgsmüller ihren weiblichen Emotionen freien Lauf: Sie zeigt dem gestandenen Verteidiger einen Vogel.

Und? Ist Werner Siebers nun beleidigt? Ach was!! So, wie ich ihn seit Jahren kenne, ist er – auch von Statur – das Sinnbild einer Deutschen Eiche. Und wenn sich daran jemand kratzt … nun ja.

Aber ich kann mir sehr gut die Stimmung im Gerichtssaal vorstellen, die nach dieser Entgleisung dort herrschte. Denn immer dann, wenn Kerstin Rueber, die Zweite der Vier Strafverteidiger, anwesend ist, gibt es gute Laune. Daran wird auch die Miesepeterin aus Wiesbaden nichts geändert haben.

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Party

In der Nacht zum Sonntag hatten etwa zehn bis 15 teils vermummte sowie mit Baseballschlägern und Schlagringen bewaffnete Männer den Veranstaltungsraum in der Schlunkendorfer Straße gestürmt und mehrere Gäste – unter ihnen Rocker aus Skandinavien – angegriffen. Die Täter raubten Handys und Kleidung. Sie zerstörten zudem alle Scheiben eines Autos und flüchteten.

Kurz nach der Attacke stoppte die Polizei auf der Bundesstraße 2, Richtung Potsdam, ein verdächtiges Auto. In ihm fanden die Beamten eine Machete, ein Schlagring, Pfefferspray sowie eine bei dem Überfall geraubte Lederweste („Kutte“) des schwedischen Motorradclubs „Veteran MC“ aus Lövestad. Im Wagen saßen die Rocker des Gremium MC; ein Mitglied aus Potsdam, die vier übrigen aus Sachsen-Anhalt.

„Wir sind deshalb absolut sicher, dass die fünf Männer etwas mit der Tat zu tun haben“, sagte Rudi Sonntag, Sprecher des Präsidiums in Potsdam. Seine Kollegen ermitteln nun wegen Raubes, gefährlicher und schwerer Körperverletzung sowie schweren Landfriedensbruchs.

Quelle: Morgenpost

Wenn die Machete, der Schlagring, der Pfefferspray und die Kutte eines „Veteranen“ alles ist, was die Ermittler in der Hand haben, wird das sicherlich nichts mit der Beweisführung. Das dürfte zuwenig sein, um den Tatnachweis erbringen zu können.

Es sei denn, (nur) einer der fünf Member des Gremium MC schweigt nicht, sondern „verteidigt“ sich selbst, ohne sich vorher ordentlich beraten zu lassen.

Übrigens: „Absolut sicher“ waren sich die Ermittler in der Geschichte mit dem Passauer Polizeipräsidenten Manichl anfangs auch. Das hört sich ein paar Wochen später auch anders an. Ein seriöser Ermittler sollte den Tag nicht vor dem Abend loben …

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Eingestellt. Punkt.

So sieht es aus,

  • wenn jemandem vorgeworfen wird, seine eigene Frau getötet zu haben,
  • wenn er im Ermittlungsverfahren massiv und unfair unter Druck gesetzt wird,
  • z.B. mit dem Hinweis darauf, daß er doch an seine kleine Tochter denken solle,
  • wenn seine gesamte (insbesondere die angeheiratete) Verwandtschaft gegen ihn aufgebracht wird,
  • mit dem Ziel, daß auch diese ihn unter Druck setzt,
  • wenn versucht wird, ihn von seinem Verteidiger zu trennen,
  • wenn dem Verteidiger Teile der Akten vorenthalten werden,
  • wenn der Verteidiger von einem Ermittler hintergangen wird
  • wenn ein Unschuldiger durch all das in eine behandlungsbedürftige Depression getrieben wird,

und sich dann herausstellt, daß der Vorwurf nicht zutrifft:

eingestellt

… wurde eingestellt. Punkt. Ende. Aus.

Ziffer 88 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) lautet:

Mitteilung an den Beschuldigten

In der Mitteilung an den Beschuldigten nach § 170 Abs. 2 StPO sind die Gründe der Einstellung nur auf Antrag und dann auch nur soweit bekannt zu geben, als kein schutzwürdiges Interesse entgegensteht. Hat sich herausgestellt, dass der Beschuldigte unschuldig ist oder das gegen ihn kein begründeter Verdacht mehr besteht, so ist dies in der Mitteilung auszusprechen.

Mit dieser Vorschrift werde ich diesen Herrn Staatsanwalt nun mal näher bekannt machen. Und dann rede ich auch noch mal mit diesem Herrn K. vom LKA.

Bei allem Verständnis und Respekt für die äußerst schwierige Arbeit in der Mordkommission und in der Kap-Abteilung der Staatsanwaltschaft: Menschenverachtung ist widerwärtig.

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Erst anklagen, dann für dumm verkaufen

Ein Beitrag zum Thema: Wie schaffe ich Vertrauen in die Arbeit der Justiz:

  • 14.08.08 Wir haben Akteneinsicht erhalten und senden die Akte zurück.
  • 19.08.08 Die Staatsanwaltschaft sucht die Akte
  • 28.08.08 Die Poststelle Moabit hat die Akte ans Gericht (nicht an die Staatsanwaltschaft) gegeben
  • 30.10.08 Der Staatsanwalt hat die Akte gefunden und bittet mich um Rückruf
  • 10.11.08 Telefonat mit dem Staatsanwalt: Er will das Verfahren nach § 153a StPO einstellen
  • 22.12.08 Mandant teilt mit, daß er einverstanden ist. Einverständnis geht per Fax an die Staatsanwaltschaft.
  • 29.12.08 Das Amtsgericht schickt die Anklage an den Mandanten.

Die Anklage trägt das Datum vom 22.10.08, acht Tage später hatte mich der Staatsanwalt um meinen Anruf gebeten, um mit mir über die Verfahrenseinstellung zu verhandeln.

Ich glaube nicht, daß ich mit diesem Staatsanwalt irgendwann noch einmal verhandeln werde.

Jetzt gibt es eine klassische Beweisaufnahme beim Gericht mit fünf Zeugen und einen Sachverständigen. Mit dem Ziel eines Freispruchs und der Kostenübernahme durch die Landesjustizkasse. Vielleicht sollte ich am Ende des Verfahrens beantragen:

  1. Der Angeklagte wird aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
  2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Anklageverfasser.
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Polizist verprügelt

Bei einem Zwischenfall vor der Synagoge in der Oranienburger Straße in Mitte sind heute zwei Polizeiangestellte verletzt worden. Nach bisherigen Erkenntnissen griff ein 35-jähriger Tempelhofer gegen 9 Uhr 30 einen 54-jährigen Objektschützer auf dem Fußweg vor dem Gotteshaus an. Dabei schlug der Täter den Angestellten mit einer Eisenstange und verletzte ihn am Arm.

[…]

Die Hintergründe des Vorfalls sind noch nicht abschließend geklärt. Offenbar wollte der staatenlose Mann, der aber nach eigenen Angaben Palästinenser ist, an der Synagoge seinen Unmut über das Vorgehen Israels im Gazastreifen zum Ausdruck bringen.

Quelle: Pressemeldung der Polizei Berlin

Es ist nachvollziehbar, warum dem Palästinenser das „Vorgehen“ Israels nicht paßt. Aber mußte er deswegen einen deutscher Wachtmeister mit einer Eisenstange angreifen? Zielführend ist das gewiß nicht.

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Unerreichbar

Der Zeuge war verhindert. Er hätte bestätigen sollen (können?), daß der Brand zu einer Zeit gelegt wurde, in der der Angeklagte ortsabwesend war. Der Zeuge war krank, in drei Verhandlungsterminen war er deswegen – entschuldigt – nicht erschienen. Die Verteidigung wollte (und durfte!) auf den Zeugen nicht verzichten.

Sehr zum Ärger des Gerichts, das vor dem vierten Termin bereits ankündigte, den Beweisantrag der Verteidigung abzulehnen, weil der Zeuge dann „unerreichbar“ sei.

Diese Ankündigung hat die Verteidigung zum Anlaß genommen, eine Erklärung schriftlich vorzubereiten: Der Zeuge ist nicht „unerreichbar“ im Sinne des § 244 II StPO. Sondern nur „vorübergehend unerreichbar“. Und das ist keine Grundlage zur Ablehnung eines entsprechenden Beweisantrags wegen Unerreichbarkeit. Sagen die Kommentare und der BGH.

Der Zeuge erschien auch im vierten Termin nicht. Er war verstorben. Die Erklärung des Verteidigers blieb in der Akte.

Es bleibt nun abzuwarten, wie das Gericht mit der Zweifelsregelung umgeht.

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Kurzer Prozeß mit Zumwinkel

Der wegen Steuerbetrugs angeklagte Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel muss nicht hinter Gitter. Wie das Handelsblatt aus Justizkreisen erfuhr, haben Verteidigung und Staatsanwaltschaft einen Deal ausgehandelt. Entscheidend: Zumwinkel muss aussagen.

Quelle: Jan Keuchel im Handelsblatt

Der Klassiker: Geständige Einlassung gegen Strafnachlass.

Der Größenordnung nach muß das Geständnis sehr, sehr umfangreich sein. Denn, wenn der Tatvorurf zutreffen sollte, muß der Strafnachlass gewaltig sein, wenn „nur“ noch 2 Jahre zur Bewährung herauskommen sollen. Die angeklagte Hinterziehungssumme: 7,5 Mio. Euro.

Ein Verhandlungstag am 26.1.09 soll ausreichen. Keine schlechte Arbeit, die die Verteidiger da abgeliefert haben. Jetzt muß noch das Gericht zustimmen und dann wird der Prozeß ein kurzer.

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Polizist verhaftet

Überraschende Wendung im Fall der Todesschüsse von Schönfließ: Der Berliner Kommissar ist festgenommen worden, der am Silvesterabend den mit Haftbefehl gesuchten Dennis J. erschossen hat. Am Dienstag will die Staatsanwaltschaft mitteilen, wie sie den Tatverdacht begründet.

Quelle: Tanja Buntrock im Tagesspiegel

Die Ballistiker der Kriminaltechnik scheinen da etwas entdeckt zu haben, was mit den Schilderungen des Polizeibeamten nicht übereinstimmt.

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Modernes Informationssystem!

Ein guter Bekannter, der sein Leben als Beamter bei der Berliner Polizei bestreitet, schickt mir heute morgen eine eMail:

hier noch meine neue dienstliche email-Anschrift, durch die die Polizei Berlin seit Dez. 08 ihre Beamten in die Lage versetzt, auch direkt am modernen Informationsaustausch per email teilzunehmen.

Seit Dezember 2008. Ah-ja. Man muß ja mit der Zeit gehen.

Nun kann man jeden Berliner Polizeibeamten, dessen Vorname und Nachname bekannt ist, auf elektronischem Wege erreichen anschreiben: Vorname.Nachname@polizei.berlin.de.

Ob allerdings der so angeschriebene dann auch das Recht (und die Fähigkeit) hat, einen Computer zu bedienen, um seine eMails zu lesen, wurde mir noch nicht übermittelt.

Wenn das genauso funktioniert wie mit den Richtern und Staatsanwälten in Moabit, könnte man es auch lassen. Ich kenne lediglich eine Handvoll (von Hunderten) Strafjuristen im Kriminalgericht, die mit dem modernen Inforamtionssystem umgehen können und wollen.

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Keine gute Verteidigung

Wilhelm Brause ist unterwegs mit dem Zug. Am Zielbahnhof wird er kontrolliert und die Herrschaften in Uniform werden fündig: Ein paar Gramm Amphetamine.

Dabei ist Wilhelm Brause gar kein Drogenkonsument. Er sollte das gute Zeug einem Bekannten von Gottfried Gluffke mitbringen.

Das ist verboten, soweit war er zutreffend informiert. Er hatte aber auch gehört, daß eine nur geringe Menge zum Eigenkonsum regelmäßig nicht zur Bestrafung führt. Deswegen verteidigt er sich selbst und erzählt den Ermittlern: „Das Speed ist für mich, nehme ich auf Partys und auch so schon mal.“

Das Verfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wird eingestellt.

Große Freude? Einstellung ohne teuren Verteidiger? Nein, große Enttäuschung! Denn: Die Ermittlungsbehörden haben die Fahrerlaubnisbehörde am Wohnsitz von Brause informiert. Diese Behörde hat nun Zweifel daran, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Denn wer „auch so schon mal“ Amphetamine konsumiert, der fährt „auch so schon mal“ im bedröhnten Kopf Auto, so die landläufige öffentliche Meinung.

Ganz ohne Verteidiger kommt er jetzt nun doch nicht aus, wenn er seine Fahrerlaubnis behalten möchte. Damit hatte er nicht gerechnet, der Selbstverteidiger.

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