Erst anklagen, dann für dumm verkaufen

Ein Beitrag zum Thema: Wie schaffe ich Vertrauen in die Arbeit der Justiz:

  • 14.08.08 Wir haben Akteneinsicht erhalten und senden die Akte zurück.
  • 19.08.08 Die Staatsanwaltschaft sucht die Akte
  • 28.08.08 Die Poststelle Moabit hat die Akte ans Gericht (nicht an die Staatsanwaltschaft) gegeben
  • 30.10.08 Der Staatsanwalt hat die Akte gefunden und bittet mich um Rückruf
  • 10.11.08 Telefonat mit dem Staatsanwalt: Er will das Verfahren nach § 153a StPO einstellen
  • 22.12.08 Mandant teilt mit, daß er einverstanden ist. Einverständnis geht per Fax an die Staatsanwaltschaft.
  • 29.12.08 Das Amtsgericht schickt die Anklage an den Mandanten.

Die Anklage trägt das Datum vom 22.10.08, acht Tage später hatte mich der Staatsanwalt um meinen Anruf gebeten, um mit mir über die Verfahrenseinstellung zu verhandeln.

Ich glaube nicht, daß ich mit diesem Staatsanwalt irgendwann noch einmal verhandeln werde.

Jetzt gibt es eine klassische Beweisaufnahme beim Gericht mit fünf Zeugen und einen Sachverständigen. Mit dem Ziel eines Freispruchs und der Kostenübernahme durch die Landesjustizkasse. Vielleicht sollte ich am Ende des Verfahrens beantragen:

  1. Der Angeklagte wird aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
  2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Anklageverfasser.
Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

10 Antworten auf Erst anklagen, dann für dumm verkaufen

  1. 1
    BV says:

    Zugegeben, die Reihenfolge ist etwas merkwürdig. Aber der Staatsanwalt hätte doch gar nicht verhandeln müssen. Abgesehen davon kann man das Verfahren doch auch jetzt noch gegen die Auflage einstellen. Dann kann sich der Staatsanwalt ärgern, dass er die Anklage erstellt und das Gericht Arbeit gemacht hat. Wo ist das Problem?

  2. 2
    egal says:

    Will denn der Staatsanwalt jetzt wirklich eine Hauptverhandlung durchziehen oder ist da etwa nur eine Aktennotiz vergessen worden und die Akte ohne Wissen weitergeleitet worden ans Gericht?

  3. 3
    ballmann says:

    Wieso klagt der StA am 22.10 an und bittet am 30.10 um Rückruf ?

    Partielle Amnesie ?

    oder: Hat er die Anklage zunächst bis max. 21.12.08 „zurückgehalten“ und – da bis dahin von Ihnen noch keine Antwort vorlag – dann rausgeschickt

    Warum sonst wird eine Anklage vom 22.10. erst am 29.12. zugestellt ?

    unergründbare Berliner Verhältnisse meint ein „Landei“

  4. 4
    Staatsanwalt says:

    Da spricht alles für einen Tippfehler im Datum der (möglicherweise vorbereiteten) Anklage, zumal diese jetzt erst zugestellt wurde.

    6 Wochen warte ich nicht auf das Einverständnis zu § 153a StPO. Üblich sind 2 Wochen, wenn der Mandant in dieser Zeit nicht erreichbar ist erwarte ich irgend eine Rückmeldung vom Verteidiger, dann kann problemlos verlängert werden. Scheinbar haben Sie das irgendwann auch erkannt, da sie das Einverständnis schließlich eilig per Fax übermittelt haben.

    Es hat sich leider mehr immer mehr bei Verteidigern eingebürgert, dass auf Angebote zu § 153a StPO überhaupt keine Reaktion mehr erfolgt, sondern erst einmal die Anklage (warum wohl!) abgewartet wird. Dann wird wieder auf das Angebot der StA verwiesen.

    Ich würde mich vor diesem Hintergrund vielleicht einmal fragen, wer wirklich schuld an einem überflüssigen Verfahren ist.

  5. 5
    Markus says:

    Lieber Herr StA,
    Volltreffer und versenkt/verbloggt. :)

  6. 6

    @ Staatsanwalt:

    Es hat sich leider mehr immer mehr bei Verteidigern eingebürgert …

    Sie sollten nicht alle Verteidiger über einen Kamm scheren. Wir haben durchaus jeder seinen eigenen ganz individuellen Charakter. ;-)

    Soll ich Ihnen die unterschiedlichen Gründe hier aufzählen, die möglicherweise die Ursache für die 6-Wochen-ist-nichts-passiert-Zeit sind? Oder fallen Ihnen selbst welche ein – wenn Sie mal nachdenken?

    Wenn ein Staatsanwalt einem Verteidiger unterstellt, er treibt seinen Mandanten der Vergütung Willen absichtlich in die Hauptverhandlung, könnte das auf ein gestörtes Verhältnis zum rechtsstaatlichen Verfahren hindeuten. Ich wäre vorsichtiger mit solchen Theorien …

  7. 7
    AdvoDoc says:

    Lieber Hönig,

    lügen Sie sich nicht in die Tasche. Im hiesigen Bezirk laufen meiner Zählung ca. 20 Prozent des „Verteidigerverhaltens“ auf RVG…echtes Highlight: Das Bestehen auf eine Hauptverhandlung alleine wegen der Tagessatzhöhe… meist sind es aber die Amateure…“Hr. Vorsitzender, sonst mache ich ja WEG, muss ich zum plädieren auch aufstehen?“

    [Kommentar editiert. crh]

  8. 8

    Lieber AdvoDoc, treten Sie aus Ihrer Anonymität heraus und tragen Sie dann bitte noch einmal Ihre Anwürfe vor, wenn Sie sich trauen. Feigling!

  9. 9

    […] lautete der Kommentar von AdvoDoc zu einem Beitrag, in dem ich ein konkretes staatsanwaltschaftliches Verhalten […]

  10. 10
    StA says:

    Lieber Herr Hoenig,
    selbstverständlich wird nicht nur im Hinblick auf das RVG taktisch verteidigt (aber in den letzten Jahren immer mehr). Falls Sie meinen Beitrag auf sich bezogen haben, so ging meine Kritik allerdings in eine andere Richtung.

    Es gibt sicherlich auch eine Reihe von Gründen, warum die Zustimmung eines Verteidigers zu § 153a StPO nicht binnen weniger Wochen erfolgt. Einen, den m.E. in der Praxis am häufigsten, hatte ich ja auch genannt. Denkbar sind natürlich auch Arbeitsüberlastung des Verteidigers, Krankheit der Schreibkraft, Zusammenbruch des Telefonnetzes und hundert andere Gründe mehr. Allerdings melden sich in diesen Fällen die Verteidiger meist (und sei es durch einen Zweizeiler oder einen 10 Sekundenanruf)

    Mich würde dementsprechend der Grund interessieren, warum Sie sich 6 Wochen nicht beim Kollegen auf dessen Angebot meldeten und dann noch auf die zwischenzeitlich erfolgte Anklage so beleidigt reagieren.