Aus Moabit zum Flughafen Tempelhof.
Damit die Besucher der Neuköllner Maientage schön vorsichtig den Kolumbiadamm entlang fahren. Jedenfalls solange, bis sie erkennen, daß die Wanne die Seiten gewechselt hat.
Aus Moabit zum Flughafen Tempelhof.
Damit die Besucher der Neuköllner Maientage schön vorsichtig den Kolumbiadamm entlang fahren. Jedenfalls solange, bis sie erkennen, daß die Wanne die Seiten gewechselt hat.
Zivilrechtler sind schon seltsame Vögel, wenn sie auf verlorenem Posten „kämpfen“.
In einer Zivilsache lasse ich meine Interessen von einem Kollegen vertreten, der sich mit dem Zeug hervorragend auskennt. Nichts Wildes, eine Sache mit einem Gegenstandswert von derzeit 3.000 Euro: Ein Spammer hat seinen Müll auf einer meiner eMail-Adressen abgeladen:
Was dann kam, habe ich ihm mit meinem Sekundentextbaustein per eMail geschickt: Eine kostenlose (!) Abmahnung mit der Aufforderung, den Mist zu unterlassen. Und was macht er? Er wird frech.
Frech kommt in solchen Fällen, in denen die Sach- und Rechtslage eigentlich völlig klar ist, nicht weiter. Deswegen habe ich meinen lieben Kollegen gebeten, dem Spammer durch das Amtsgericht mitteilen zu lassen, daß sinnloses Spamming hier nicht erwünscht ist. Und freche Reaktionen erst Recht nicht.
Der Spammer beauftragte nun seinerseits einen Rechtanwalt, der sich in dem amtsgerichtlichen Verfahren breitbeinig aufstellt. Kann man so machen, das sieht das Zivilprozeßrecht ja vor. Nur das hier muß man nicht machen, das geht zu weit:
Offenbar hat er die Aussichtslosigkeit seiner Position, bzw. die seines Mandanten, des Spammers, erkannt und bringt nun das Geschütz des Strafrechts gegen mich in Stellung. Dieser promovierte Zivilist und Vortragsreisende aus Hamburg.
Aber am Ende ist er wieder freundlich und erteilt mir kluge Ratschläge:
Ich habe dem Ratgeber dann aber schon mal ein paar passende Worte – außerhalb des Protokolls – übermittelt.
Ja, genau. Hier. Denn ich werde gern weiter über das richtungsweisende Verfahren vor dem Amtsgericht Tempelhof/Kreuzberg berichten. Und über kollegialen Umgang miteinander, über Berufsrecht, über Prozeßbetrug, über die Beihilfe dazu und über die Grenzen des Persönlichkeitsrechts. Halali.
Sie ist wieder da!
Damit das auch die Besucher und Mitarbeiter des Kriminalgerichts mitbekommen, habe ich die Wanne dann wieder mal dort vor die Haustür gestellt.
Und nun kann man hinten auch wieder einsteigen, ohne befürchten zu müssen, durch den Rost ins Freie zu treten. Dank an den Kfz Meisterbetrieb Peter Jäckel, unsere Meisterschrauber!
Der Oberstaatsanwalt plädiert.
Für den Angeklagten spricht, daß der Auszug aus dem Bundeszentralregister keine Eintragungen enthält.
Gleichwohl darf die schwere Tat nicht vergessen werden, die er [vor einem Vierteljahrhundert. crh] begangen hat.
In diesem Zusammenhang darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Angeklagte sich lange Zeit im Ausland aufgehalten hat und deswegen keine Straftaten von ihm registriert werden konnten.
Ich werde den Oberstaatsanwalt irgendwann einmal fragen, auf welcher Kirmes er sein Staatsexamen geschossen hat.
In dem Parallel-Verfahren wurde durch den Tod des Schöffens alles wieder auf Null gestellt. Das hat den Terminsplan der Strafkammer explodieren lassen.
Die Staatsanwaltschaft (!) hatte zudem im Termin am vergangenen Donnerstag Beweisanträge gestellt, die (nach übereinstimmender Ansicht aller Prozeßbeteiligten) dazu geeignet waren, das Verfahren auf die Langstrecke zu schicken und den Terminsplan der Kammer mindestens für die nächsten 18 Monate auszubuchen.
Diese Prozeßsituation hat die Verteidigung des Hauptangeklagten zum Anlaß genommen, den Richtern ein Angebot zu machen, das sie nicht ablehnen können: Ein Geständnis im Sinne der Anklage.
Das erwartete Strafmaß könnte dann in einem Bereich liegen, zu dem man der Verteidigung des Hauptangeklagten mit sehr großem Respekt gratulieren muß.
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Bild: © Klicker / pixelio.de
Die drei Buchstaben „B“, „G“ und „H“ werden nicht immer nur für ein bekanntes Gericht in Karlsruhe und Leipzig genutzt, sondern auch im Knast.
Wozu ein besonders gesicherter Haftraum gut sein kann, ergibt sich aus dieser Information der JVA Moabit an mich als Verteidiger:
Wer in einem solchen bgH untergebracht ist, hat sicherlich keine gute Unterhaltung. Darin befindet sich nichts. Gar nichts. Überhaupt nichts.
Die sich anschließende besondere Beobachtung kennt man mittlerweile aus ein paar aktuellen und spektakulären Verfahren, über die ich hier und hier auch schon berichtet habe.
Und wenn man nun noch weiß, daß der bgH-Insasse im Knast sitzt, weil man ihm vorwirft, unerlaubt Betäubungsmittel zum Eigenbedarf angekauft hat (kein Handel, keine Weitergabe, kein gar nichts), und erst die Inhaftierung zu der Notwendigkeit der Unterbringung in den bgH geführt hat, macht man sich schonmal so seine Gedanken.
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Bild: © Karl-Heinz Laube / pixelio.de
Nichts ist mehr sicher, wenn die Polizei erst einmal in der Wohnung steht und einen Durchsuchungsbeschluß auf den Tisch legt. Auch nicht die Fahrerlaubnis.
Gegen den Mandanten wurde wegen einer kleineren Wirtschaftsstrafsache ermittelt. Eines frühen Morgens standen vier Beamte mit einem Beschluß des Amtsgerichts auf der Matte der elterlichen Wohnung. Das, wonach man gesucht hatte, hat man nicht gefunden. Nur ein Plastiktütchen mit ein paar getrockneten Pflanzenteilen, im alten Jugendzimmerschrank. Das war dann das Erfolgserlebnis für die Durchsuchungsbeamten, das ihnen den Tag gerettet hatte.
Ich konnte den Mandanten aber beruhigen. Das Wirtschaftsstrafverfahren wurde eingestellt und nun wird noch wegen dieses vergammelten Rauchkrauts ermittelt. Im Zusammenhang mit dem Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wird es viel Rauch um nichts geben; das wird auch in Brandenburg nicht zur nachhaltigen Beeinträchtigung des Mandanten führen.
Aber das hier führt zu erheblichen Kopfschmerzen (die Hervorhebungen sind von mir. crh):
Diese Mitteilung ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen dem Mandanten und der Fahrerlaubnisbehörde.
Und sie führt zu einer Vertretung durch den Fachanwalt für Verkehrsrecht Tobias Glienke in dem sich nun anschließenden Verfahren, mit dem die Entziehung der Fahrerlaubnis eingeleitet wurde.
Wenn es dem Mandanten nicht gelingt, die erweckten Zweifel der Behörde an seiner Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zu zerstreuen, darf er sich nach den Preisen für die Monatskarte der Deutschen Bahn erkundigen. Die finanziellen Aufwendungen für die Zerstreuung hat er von uns erfahren: Sie liegen im vierstelligen Bereich.
Also, Vorsicht: Der Besitz auch von geringen Mengen Cannabis kann ernsthaft teuer werden. Selbst dann, wenn das uralte Marihuana im längst geräumten Kinderzimmer gefunden wird.
In meinem ersten Beitrag über den geplatzen Pillenprozeß vor dem Landgericht Potsdam habe ich ein Schlaglicht auf die Kosten geworfen, die dem Steuerzahler entstehen werden, weil das Gericht bei der Besetzung an Ersatz-Schöffen gespart hat. Weil ein Hauptschöffe verstorben war, muß nun die Reset-Taste gedrückt werden.
Das sei schrecklich bedauerlich, sagte Gerichtssprecherin Sabine Dießelhorst dem rbb. Also nicht das Sparen oder der Neustart, sondern der Tod des Schöffen. Selbstverständlich.
Die Einsparung sei der Schwierigkeit geschuldet, Schöffen zu finden, teilte Alexander Julian Kitterer, Sprecher des brandenburgischen Justizministeriums, dem rbb ergänzend mit. Man muß aber auch nicht alles glauben, was in der Zeitung steht.
Wie man für eine angemessene Anzahl von Schöffen sorgen könnte, wenn man wirklich wollte, soll nicht das Problem der Verteidigung sein. Ideen hätte ich schon, wenn ich mir mal das Gesetz anschaue. Das steht nämlich ziemlich detailliert da drin.
Das Problem ist die Kostenfolge für die Angeklagten. Die haben nämlich das Problem. Wer hat am Ende – also im Fall einer Verurteilung – denn für die Kosten des durch diese Mißwirtschaft notwendig gewordenen zweiten und dritten (usw. …) Durchgangs gerade zu stehen?
Die rbb-Journalistin Lisa Steeger hat mir diese Frage auch gestellt:
Unklar ist derzeit, wer die Verteidiger bezahlt. „Die Anwaltskosten werden explodieren“, prognostiziert Rechtsanwalt Carsten Hoenig, der in einem anderen Pillen-Prozess einen Angeklagten verteidigt. „So etwas kann auch im sechsstelligen Bereich liegen.“
Selbst wenn der zweite Satz des Richters bei der Urteilsverkündung lauten sollte …
Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der Verurteilte, mit Ausnahme der Kosten und Auslagen, die durch die Aussetzung des Verfahrens entstanden sind.
… bleiben an dem Angeklagten, der sich durch einen Wahlverteidger mit einer Vergütungsvereinbarung verteidigen läßt, im Ernstfall immer noch immense Kosten hängen. Das sind dann nicht nur die Verteidigerkosten, sondern zusätzlich (!) solche Kleinigkeiten wie Verdienstausfall, Verlust des Arbeitsplatzes oder Insolvenz des eigenen Unternehmens. Das ist nicht lustig!
Und das alles nur, weil ein Vorsitzender Richter Rücksicht nimmt auf die prekäre Lage des Justizhaushalts und auf das Unvermögen der Justizverwaltung, für eine angemessene Ausstattung des Gerichts zu sorgen.
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Bild: © FotoHiero / pixelio.de
Die Ressourcen der (Straf-)Justiz sind knapp. Aus welchen Gründen auch immer. Die einen sagen, es gibt Wichtigeres, als sich um Strafverfahren zu kümmern. Die anderen vertreten die Ansicht, einen Rechtsstaat gibt es nicht zum Schnäppchenpreis.
Warum auch immer: Es wird versucht, mit möglichst wenig Aufwand wenigstens einen Mindeststandard anzubieten. Diese justizielle Geiz-ist-geil-Methode ist jetzt in am Landgericht Potsdam (erneut) nach hinten losgegangen.
Statt (wenigstens) die Schöffenbank mit einem Ersatzspieler zu besetzen, der im Fall einer Verletzung oder anderen Gründen (Befangenheit wäre z.B. ein solcher) die Fortsetzung des Spiels zu gewährleisten, hat die Kammer voll auf Risiko gesetzt. Und ist dabei wieder auf die Nase gefallen.
Das Verfahren, das wegen Erkrankung einer (Berufs-)Richterin kurz nach dem Start ausgesetzt und von vorn beginnen mußte, ist nun erneut geplatzt: Ein 61 Jahre alter Schöffe ist verstorben. Das Verfahren dauerte bis hierher bereits anderhalb Jahre. Alles für die Katz.
Denn sobald die Strafkammer wieder vollständig ist, fängt das Spiel ganz von vorn an: Die Angeklagten werden erneut gefragt, wie sie heißen, wo sie wohnen und wie alt sie sind …
Der Geizige Steuerzahler bezahlt doppelt. Na wenigstens wird sich das beim Strafmaß bemerkbar machen müssen. Auch an jenem Ende wird dann gespart.
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Bild: © Dieter / pixelio.de
Welche Folgen eine vom Rückenmark gesteuerte Verwendung von Textbausteinen haben kann, zeigt dieses illustre Beispiel.
Das Verfahren gegen meinen Mandanten wurde eingestellt. Nach dieser Einstellung habe ich beantragt, zu meinen Gunsten die Wahlverteidigergebühren festzusetzen. Diesen überschwenglichen Reichtum gönnte mir der Rechtspfleger nicht. Er wird sich geärgert haben. Vermute ich mal. Oder wie kommt sonst ein solcher Unsinn zustande?
Vielleicht sollte ich künftig bei meinen Verteidigungsanzeigen statt einer schriftlichen Vollmacht eine auf mich lautende Geburts- und Abstammungsurkunde beifügen.
Die aktuelle Website von Rechtsanwalt Carsten R. Hoenig finden Sie unter
www.hoenig.de.
Die Seiten unter www.kanzlei-hoenig.de sind auf dem Stand von 2019 und wurden/werden seitdem nicht mehr aktualisiert.
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