Monatsarchive: Januar 2010

Der Stehler und der Hehler

Den deutschen Finanzbehörden werden Daten mit Informationen über 1.500 mutmaßliche Steuersünder mit Konten in der Schweiz angeboten. Der Kaufpreis soll 2,5 Millionen Euro betragen.

liest man auf dradio.de.

Ich verwette meinen Kopf, daß der Anbieter die Daten auf illegalem Wege erlangt hat.

Gut, Steuerhinterziehung ist eine Straftat. Aber Datendiebstahl auch. Wenn nun der Staat geklaute Daten ankauft und sich damit zum Hehler macht: Gibt es dann doch wieder einen Unterschied zwischen Stehler und Hehler?

Bei Geld hört die Freundschaft auf, lautet ein Sprichwort. Und bei Steuern endet der Rechtsstaat.

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Nur für Erwachsene

Der Cartoon zum Sonntag:

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Bitte Platz zu nehmen

Heute morgen auf dem Landwehrkanal:

Man sollte nur darauf achten, einigermaßen rechtzeitig den Hintern wieder hoch zu bekommen.

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Neugierige Familie

Aus einer Telefonnotiz:

Der Anrufer bittet um Rückruf.
Betr.: Wilhelmine Brause.
Er möchte wissen, ob seine Schwester noch in der Untersuchungshaft sitzt.

Was sagt man als Verteidiger so einem Anrufer? Schon die Frage, ob Frau Brause eine Mandantin ist, darf nicht beantwortet werden. Die Untersuchungshaft kann dann schon überhaupt kein Thema mehr sein.

Aber der Mann macht sich nun mal Sorgen. Und kurzer Hand in die Justizvollzugsanstalt nach Pankow fahren, um die Mandantin zu fragen, ob man ihren Bruder informieren kann, geht auch nicht. Anrufen? Im Knast?? Es bleibt allein der Postweg, und der dauert eben ein paar Tage.

Also doch? Nein, im Zweifel überwiegt die Schweigepflicht! Auch auf die Gefahr hin, daß Bruder und Schwester später ein wenig ungehalten sein sollten.

Es bleibt die Frage, wie man es dem Anrufer mitteilt, daß man ihm nichts mitteilt. Keine ganz so einfache Aufgabe. Oder?

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Ein feiner Zug der Bahn

In der bislang kältesten Nacht des Jahres hat eine Schaffnerin der Deutschen Bahn in Brandenburg eine Schülerin bei minus 19 Grad Celsius aus dem Zug geworfen, weil sie die falsche Fahrkarte gelöst hatte. Die 16-Jährige habe ein Ticket für nur 5,10 Euro vorweisen können, die Strecke sei aber zwei Euro teurer gewesen, sagte ein Bahn-Sprecher am Donnerstag.

beginnt ein Kommentar in der taz.

Naja, der Bahnsprecher hat sich für den Rausschmiß entschuldigt. Die Schaffnerin soll ihn ebenfalls bedauern, sagt man.

Vielleicht sollte man diese Damen in Uniform mal eine Woche lang zum Pflegen der Weichen mit einer Zahnbürste auf die Strecke schicken, denn irgendwie scheinen es diese Traktoristinnen ja nicht wirklich zu kapieren:

Zuvor hatte es bereits mehrfach Fälle gegeben, in denen Minderjährige von Schaffnern aus dem Zug verbannt worden waren. Erst wenige Tage vor Weihnachten verwies eine Schaffnerin der Märkischen Allgemeinen zufolge drei 13-jährige Mädchen in Falkensee des Zuges. Sie akzeptierte demnach das ermäßigte Tagesticket für bis zu 14-jährige Schüler nicht, …

Allerdings: Zu mir waren die uniformierten Damen im Zug stets freundlich. Liegt das vielleicht daran, daß ich in der 1. Klasse fahre?

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Schwierige Strafmaßverteidigung

Der Mandant wurde der Richterin vorgeführt, die den Erlaß eines Haftbefehls verkünden wollte. Ihm hat das aber gar nicht gefallen und das hat er der Richterin auch mitgeteilt. In dem Protokoll liest sich das so:

Eine Freispruch-Verteidigung war ohnehin nicht mehr sinnvoll, man hatte ihn auf frischer Tat ertappt. Aufgabe der Verteidigung wäre gewesen, ihn mit Blick auf das Strafmaß möglichst „billig“ aus der Sache herauszuholen. Nach diesem Protokoll wird das wohl auch nicht mehr gut möglich sein.

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Bundesheerwerbung

Neues zum Thema „Fremdschämen“.

Hier gibt es das ganze nochmal in der ukrainischen Variante.

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Freispruch für Yunus und Rigo

Als Yunus und Rigo am 1. Mai 2009 verhaftet wurden, dachten sie, die Verwechslung würde schnell aufgeklärt. Die Schüler blieben 230 Tage in U-Haft. Nun wurden sie freigesprochen.

berichtet erleichtert Konrad Litschko in der taz.

Vielleicht sei in dem Prozess nicht alles so gelaufen wie gewünscht. Entscheidend aber sei das Gesamtbild. Und dabei lasse man sich weder von Emotionen noch von öffentlichen Forderungen leiten. Er beantragte Gefängnisstrafen: für Yunus vier Jahre und neun Monate, für Rigo drei Jahre und neun Monate.

zitiert Litschko den Staatsanwalt Ralph Knispel, der trotz fehlenden Tatnachweises und trotz chaotischer, tendenziös betriebener Ermittlungen und obwohl das Landgericht am 17.12.2009 bereits den Haftbefehl wegen fehlenden (dringenden) Tatverdachts aufgehoben hatte, die Verurteilung der beiden Schüler anstrebte.

Anfang Januar räumt der Chefermittler mögliche Versäumnisse ein. Im „allgemeinen Tohuwabohu“ nach dem 1. Mai sei Entlastendes möglicherweise untergegangen, so der 38-jährige vor Gericht. Er und seine Kollegen seien überarbeitet gewesen.

Ein politischer Prozeß, von dem sicherlich noch zu lesen sein wird.

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Dann eben nicht

Zum Thema „Ihr könnt mich mal!“ ein Auszug aus einer Ermittlungsakte:

Gegen 12.15 Uhr wurde durch KHK Bullmann und KK Gluffke die Gefangenensammelstelle aufgesucht, um den Beschuldigten WILHELM BRAUSE verantwortlich zur Sache zu vernehmen.

Der Beschuldigte wurde in Zelle Nr. 7 aufgesucht und schlafend angetroffen. Herr BRAUSE wurde durch mehrfaches lautes Ansprechen geweckt. Ihm wurde erklärt, dass er zur Sache vernommen werden soll. Entsprechend befragt, bestätigte er, sich in der Lage zu fühlen, vernommen zu werden.

Gemeinsam wurde in den Räumen der Dienststelle der Schreibraum aufgesucht, wo Herr BRAUSE auf einem Stuhl Platz nahm. Er fragte, ob er von seinen in den Effekten befindlichen entsprechenden Utensilien rauchen darf. Diesbezüglich wurde auf der Wache durch KK Gluffke nachgefragt. Es wurde bestätigt, dass Rauchverbot besteht und dies dem Beschuldigten mitgeteilt.

Daraufhin erklärte Herr BRAUSE, dass er nicht mehr bereit ist, weiter mit uns zu reden und sich nicht zur Sache äußert. Der Beschuldigte stand auf, verließ den Schreibraum, suchte seine Zelle auf und legte sich schlafen.

Es wurde nicht überliefert, welchen Finger Brause beim Verlassen des Schreibraums in die Höhe streckte.

Ach so: Es ging um einen räuberischen Diebstahl von fünf Flaschen Eierlikör.

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Armer Tankwart

Dem Mandanten wird ein sogenannter Tankbetrug zur Last gelegt. Er soll getankt haben, ohne zur Zahlung bereit gewesen zu sein. Das war im Januar 2009. Nun geht es in der Hauptverhandlung darum zu klären, ob die Version der Staatsanwaltschaft oder die des Mandanten die richtige ist.

Dazu soll der Tankwart gehört werden. Eigentlich ist er ja kein Tank-, sondern eher Kassenwart. Denn Tanken muß der Kunde allein, der Mann hinter der Theke sammelt nur das Geld ein.

Und wenn Geld fehlt, guckt man in die Videoaufzeichnung und findet so den Nicht-Bezahler. Soweit, sogut. Nun hat aber ein Gespräch zwischen dem Mandanten und dem Kassentankwart stattgefunden, über das sich das Gericht informieren möchte. Deswegen wurde der Mann als Zeuge geladen.

Das Problem: Er arbeitet nicht mehr auf dieser Tankstelle, sondern auf einer anderen Tankstelle etwa 800 km entfernt.

Vielleicht hat ihn deswegen die erste Ladung nicht erreicht. Jedenfalls ist er zum Gerichtstermin nicht erschienen.

Deswegen hat es einen weiteren Termin gegeben, zu dem der Wärter erneut geladen wurde. Diesmal per förmlicher Zustellung der Ladung. Den Brief hat der Zusteller dem Zeugen aber nicht in die Hand gedrückt, sondern auf der Poststelle „niedergelegt“ und ihn über diese Niederlegung informiert. So jedenfalls steht es in der Zustellungsurkunde.

Zu dem zweiten Termin sind dann auch wieder alle Beteiligten erschienen. Nur der förmlich geladene Tankwart nicht.

Das Gericht hat einen dritten Termin festgesetzt und ist jetzt dem Antrag des Staatsanwalts gefolgt: Der Zeuge wird vorgeführt. Das bedeutet im konkreten Fall:

Am Tag vor dem Termin wird ein freundlicher Polizeibeamter zur nachtschlafenden Zeit bei dem Herrn auf der süddeutschen Matte stehen und ihn zu einer Spritztour nach Ostdeutschland einladen (im Sinne von „einpacken/verfrachten“). Er wird dann eine Nacht im Gewahrsam der Justiz verbringen, um nach einem leckeren Frühstück aus dem Blechnapf zum Aussagen in den Gerichtssaal geführt zu werden.

Dort wird er dann als Zeuge aussagen, daß er sich an den über ein Jahr zurückliegenden Tankvorgang und das Gespräch mit dem Mandanten nicht mehr erinnern kann. Danach darf er dann wieder in den sonnigen Süden fahren.

Übrigens: Die offene Tank-Rechnung in Höhe von einpaarundzwanzig Euro hatte der Mandant bereits bezahlt, lange bevor ihm mitgeteilt wurde, daß gegen ihn wegen Betruges ermittelt wurde.

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