Ein interessantes Projekt ist das Blog von Rüdiger Kohls, a.k.a BreakingNews, Kiel211:
Die Idee hinter “Kiel211? [„211“ steht für § 211 StGB, der im deutschen Strafrecht den Mordtatbestand regelt] und damit hinter einer regelmäßigen Berichterstattung über Kapitalstrafverfahren im Landgerichtsbezirk Kiel entwickelte sich Anfang 2008,
beginnt er eine umfangreiche, gleichwohl kurzweilige Selbstdarstellung.
Die Prozeßberichterstattung unterscheidet sich jedoch wesentlich von den Gerichtsreportagen der Medienvertreter, die sonst so auf der Pressebank im Saal sitzen oder hinter den Verfahrensbeteiligten auf den Fluren herlaufen.
Rüdiger Kohls liefert eine Art Protokoll, eine ausführliche und detailreiche Zusammenfassung der Beweisaufnahmen. Auf diese Weise ist es dem (kundigen) Leser möglich, den Prozeß und später die Entscheidungen der Richter gut nachvollziehen zu können:
Daher bemühe ich mich, so nah an den Geschehnissen im Gerichtssal zu bleiben wie nur möglich: Chronologisch weitgehend dem Ablauf der Beweisaufnahme folgend und nach bestem Wissen und Gewissen inhaltlich korrekt, …
Spannend finde ich übrigens den folgenden Gedanken.
Bei den Kammern des Landgerichts – anders beim Amtsgericht – wird kein Wortprotokoll geführt. Deswegen kommt es immer wieder zur Diskussionen zwischen den Beteiligten, was denn in der Beweisaufnahme gesagt wurde.
Jeder Verteidiger kennt das Gefühl, in einem völlig anderen Prozeß gesessen zu haben als der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft oder die Kammer. Verlockend ist es dann natürlich, auf so eine detaillierte Prozeßberichterstattung zurück greifen zu können. Ich könnte mir durchaus vorstellen, daß irgendwann einmal Rüdiger Kohls als Zeuge dafür benannt wird, was ein anderer Zeuge auf die Frage des Gerichts geantwortet hat.
Das steckt viel gute Arbeit drin. Ich werde sicherlich das eine oder andere Mal vorbeischauen.
Zunächst einmal meinen aufrichtigen Dank für die so wohlwollende Beurteilung meines kleinen Gerichtsreportage-Ressorts.
Tatsächlich erfüllt mich die gesamte Resonanz, die dieses Projekt von so unterschiedlich vielen Seiten erfährt mit Stolz. Es soll tatsächlich vorgekommen sein, dass sich Verteidiger bei der Erarbeitung des Plädoyers einen Überblick über den Verfahrensablauf verschafften.
Auch mir sind kleinere Auseinandersetzungen über Zeugenaussagen nicht fremd, wurden aber bislang stets zur Zufriedenheit aller Verfahrensbeteiligten gelöst, da Berichterstatter und Vorsitzende meist selbst ausführlich mitschreiben. Daher werde ich wohl nicht so bald in die Bredoullie kommen. Sowas könnte ja vielleicht auch fatale prozessrechtliche Konsequenzen für meine Anwesenheit im Zuschauerraum bedeuten, wenn Verfahrensbeteiligte sich immer die Möglichkeit offenhalten wollten, mich später quasi als „Backup“-Zeugen zu hören. Diese Blöße würde und solle sich keine Kammer geben (müssen)….
Beste Grüße aus Kiel,
Ruediger
Gibt es dafür irgendeinen (sinnvollen?) Grund?
1. Grund:
Das haben wir schon immer so gemacht.
2. Sinnvoller Grund: Es kommt auf die Perspektive an. Strafverteidiger fordern diese Protokollierung. Richter und Staatsanwälte eher nicht.
3. Nach § 273 III StPO kann die wörtliche Protokollierung beantragt werden. Die meisten solcher Anträge werden abgelehnt bzw. können leicht vom Gericht abgelehnt werden, weil bzw. wenn Fehler bei der Formulierung dieser schwierig zu formulierenden Anträge gemacht werden.
4. Einen Einblick in diese Problematik liefert Burhoff.