Gejagt

Mit welchem Nachdruck die Bußgeldbehörden versuchen, einem „Übel-Täter“ auf die Spur zu kommen, zeigt ein Fall, den das Landgericht Bonn zu entscheiden hatte.

Ein Moppedfahrer fuhr durch den Godesberger Straßentunnel. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit lag bei 50 km/h, das dort fest installierte Meßgerät zeigte 130 km/h an. Ein Foto gab es auch: Abgebildet war der Tiefflieger (nur) von vorn. Das bedeutet, ein amtliches Kennzeichen war nicht zu sehen, nur der konzentrierte Gesichtsausdruck des Kradlers.

Aus der Entscheidung des Landgerichts: „Die Bußgeldbehörde hat daraufhin beantragt, zwecks Identifizierung des Fahrers die Veröffentlichung der vorhandenen Lichtbilder anzuordnen.“

Grundsätzlich sieht das Prozeßrecht es vor, Täter durch die Veröffentlichung von Fahndungsfotos zu ermitteln. Man kennt das aus dem Fernsehen; in öffentlichen Gebäuden werden auf diesem Wege Terroristen und ähnliche schwere Jungs gesucht. Wenn das der einzige Weg ist, ein schweres Verbrechen aufzuklären, ist dieser Weg auch gut so.

Aber wegen einer Ordnungswidrigkeit ein Fahndungsfoto veröffentlichen? Das Bild eines Rasers im Tunnel neben dem eines Bombenlegers?

Das Landgericht Bonn hat deswegen dem Ansinnen der Beamten des Ordnungs- und Straßenverkehrsamts Bonn selbstverständlich die rote Karte gezeigt:

„Eine Ordnungswidrigkeit rechtfertigt selbst bei Annahme eines schwerwiegenden Verstoßes die Veröffentlichung der vorhandenen Lichtbilder zur Täteridentifizierung nicht.“

Nur ‚mal so ganz nebenbei: Das Meßgerät zeigte 130 km/h an. Ob das auch korrekt war, stand noch nicht fest. Meine Erfahrung aus hunderten von Bußgeldverfahren zeigt, daß man nicht alles glauben darf, was einem die Polizei so vorwirft.

Dieser Beitrag wurde unter Ordnungswidrigkeitenrecht veröffentlicht.

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