Gummiparagraph

Über eine bemerkenswerte Kleinigkeit, die sich im Bußgeldkatalog zum 5.1.06 geändert hat, möchte ich kurz berichten. Und zwar für die Moppedfahrer:

Bislang kostete das Fahren ohne „amtlich genehmigten“ Schutzhelm 15 EUR. Jetzt wird dieses Verwarnungsgeld nur noch dann verlangt, wenn der Behelmte keinen „geeigneten“ Schutzhelm getragen hat.

Was, bitteschön, ist ein geeigneter Schutzhelm? Wer sagt, wann ein solcher geeignet ist und wann nicht? Der Polizeibeamte, der im Zweifel noch nie eine solche Mütze auf dem Kopf gehabt hat? Darf man mit einem Helm für Fahrradfahrer auf dem Motorroller fahren? Diese weltbewegenden Fragen werden die Gerichte zu klären haben, die Richter und die Sachverständigen werden sich freuen. Der Steuerzahler hat’s ja.

Dieser Beitrag wurde unter Ordnungswidrigkeitenrecht veröffentlicht.

7 Antworten auf Gummiparagraph

  1. 1

    Interessant hierzu ein Beitrag aus einem Forum

    http://www.verkehrsportal.de/board/lofiversion/index.php/t35348.html

    „Ich hatte vor kurzem einen Anfrage beim BMVBS bezüglich der Geeignetheit von Schutzhelmen gestellt. Dieses habe ich als Antwort bekommen:

    Durch die 40. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist in § 21a Abs. 2 StVO der Begriff „amtlich genehmigt“ durch „geeignet“ ersetzt und die 2. Ausnahme-Verordnung zur StVO aufgehoben worden (Bundesgesetzblatt 2005 Teil 1 S. 3716). Diese Änderungen sind am 01.01.2006 in Kraft getreten und passen die StVO lediglich an die bislang schon bestehende Rechtslage an.

    Denn bisher ließ die 2. Ausnahmeverordnung zur StVO die Verwendung von Kraftrad-Schutzhelmen unbefristet zu, auch wenn sie nicht in amtlich genehmigter Bauart ausgeführt waren, aber eine ausreichende Schutzwirkung aufwiesen. Das heißt, an der materiellen Rechtslage hat sich insoweit nichts geändert. Geeignet sind demnach amtlich genehmigte Schutzhelme, die entsprechend ECE-Regelung Nr. 22 (BGBl. 1984 II S. 746, mit weiteren Änderungen) gebaut, geprüft, genehmigt und mit dem nach ECE-Regelung Nr. 22 vorgeschriebenen Genehmigungszeichen gekennzeichnet sind, sowie Kraftrad-Schutzhelme mit ausreichender Schutzwirkung.

    Eine ausreichende Schutzwirkung liegt insbesondere nicht vor bei Bauarbeiter-, Feuerwehr-, Rad-, oder Stahlhelmen der Bundeswehr. Auch sog. „Braincaps“ haben nach einem hier vorliegenden TÜV-Gutachten keine ausreichende Schutzwirkung. Geeignet werden vielmehr Schutzhelme sein, die eigens für das Motorradfahren hergestellt worden sind und deren Bauart die besonderen Kräfte und Beschleunigungen, die auf den Motorradfahrer während eines Sturzes einwirken, ausreichend berücksichtigen.

    Ob eine ausreichende Schutzwirkung vorliegt, ist im Zweifel in jedem Einzelfall zu klären und hängt insbesondere auch vom Zustand des jeweiligen Helmes ab. Die Verwaltungsvorschrift zu § 21a Abs. 2 StVO, die bislang erläuterte, was unter „geeignet“ im Sinne der Vorschrift ist, wird in Kürze ersatzlos gestrichen werden.“

    Im Übrigen fällt mir spontan Calimero ein …

  2. 2

    Sehr schön ist auch der hier, den ich immer wieder gern zitiere – auch im Rahmen von Verteidigungen:

    http://www.verkehrsportal.de/verkehrsrecht/helmpflicht.php

  3. 3

    Hier ein Foto des Helms von Calimero (für die, die erst nach dem Namen gurgeln müssen, weil sie keinen Fernseher haben):
    http://www.serienoldies.de/images/calimero.jpg

  4. 4

    Aber der Wahnsinn hat Methode, vgl. die VwV zu § 21 a StVO:

    „Amtlich genehmigt sind Schutzhelme, die entsprechend der ECE-Regelung Nr.22 (BGBl. 1984 II S. 746, mit weiteren Änderungen) gebaut, geprüft, genehmigt und mit dem nach der ECE-Regelung Nr.22 vorgeschriebenen Genehmigungszeichen gekennzeichnet sind. Bis auf weiteres dürfen auch Schutzhelme verwendet werden, die nicht amtlich genehmigt sind. Dabei muß es sich aber jedenfalls um Kraftrad-Schutzhelme mit ausreichender Schutzwirkung handeln. Es gilt die 2. Ausnahmeverordnung zur StVO vom 19. März 1990 (BGBI. I S.550) geändert durch die Verordnung vom 22. Dezember 1992 (BGBI. ! 5. 2481).“

    Einfach ausgedrückt, Schutzhelme müssen nicht amtlich genehmigt sein, wenn ihre Schutzwirkung denn „ausreichend“ ist. Schon dort tauchte dieser schöne Begriff auf. Nun kann diese VwV wegen der Gesetzesänderung in der Tat gestrichen werden.

    Vgl. i.Ü. § 2 Abs. 3a StVO in seiner geplanten Fassung ab Mitte 2006:
    »Bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen. Hierzu gehören insbesondere eine geeignete Bereifung und Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage. Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern fährt, muss bei einer Sichtweite unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.«

    (Ob man das Wort „geeignet“ beim Frostschutzmittel vergessen hat? Gerade hier wäre es doch vonnöten – oder doch zumindest eine Definition der Frostsicherheit);-)

  5. 5

    Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage? Wo bitte finde ich die an meinem Kraftfahrzeug?

  6. 6
    RA Elmar Mettke says:

    ´Guten Abend zusammen.
    Bin gerade ebenfalls die Problematik des „geeigneten Schutzhelmes“ am klären.

    Stoße dabei auf ein weiteres Problem:
    Wenn ich als Oldtimer – Sammler in einem uralt – Cabriolet (offen, ohne Gurte) über die Straßen fahre, dann muss ich jetzt nach dem neuen §21a Abs.2 StVO ja wohl ebenfalls einen geeigneten Schutzhelm tragen.

    Sehen die hier mitlesenden Herrschaften das genauso?
    Kann ich für diese Gechmacksverirrung nach PsychKG zwangseingewiesen werden?

  7. 7
    Max says:

    So verwirrend das alles ist, mir fällt leider keine bessere Lösung ein. Man versucht hier, ein Terrain mit Regelungen zu erfüllen, das einfach zu vielseitig ist, um eine klare Rechtslage dabei zu erreichen. Daher schlage ich vor, die Helmpflicht vollständig abzuschaffen, so wie in der Slowakei. Wer keinen Helm trägt, tut das auf eigenes Risiko und gefährdet dadurch auch niemand anderen. Dann hätte auch Herr Mettke seine Ruhe.

    Ich nehme an, die ECE-genormte Helmpflicht ist deshalb nicht durchsetzbar, weil das völlig entgegen der Realität stehen würde. Gerade unter Moped- und Chopperfahrern haben sich so genannte Halbschalen als ideale Kopfbedeckung etabliert. Eben weil diese Zweiradfahrer eher gemütlich-langsam unterwegs sind. Ein ECE-gerechter Helm ist schwerer, bereitet mehr Stress durch Hitze usw, und oft ist die Rundumsicht auch schlechter. Es ist also nicht nur eine Frage des Styles, weshalb Chopper- und Mopedfahrer nicht-ECE-genormte Helme tragen. Man kommt damit manchmal aufmerksamer und damit sicherer durch den Verkehr als in einem Vollschutzpanzer!