Zu Tränen gerührt …

.. war Gerichtsreporterin Uta Eisenhardt, als sie der Verhandlung über einen versuchten Diebstahl besuchte, um über ihn zu berichten:

Es ist selten, dass man in Moabit das Taschentuch zücken und mit dem verzweifelten Angeklagten mitheulen möchte.

Es ging um ein Mißverständnis. Richterin und Staatsanwalt zeigten Augenmaß.

Vollständiger Beitrag: Berlin Kriminell

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Freunde und Helfer

Heute Morgen auf der BAB 114. Auf dem Weg zum Gericht. Genau vor drei Wochen hatte der achte Hauptverhandlungstermin stattgefunden. Für heute war der neunte Tag angesetzt, also auf dem allerletzten Drücker (§ 229 StPO). Und dann das hier:

Nein, keine „Fahren-Sie-mal-bitte-rechts-ran-hier-BITTE!“. Sondern eine Panne. Irgendwie wollte der Kraftstoff-Filter die kalt-gefrorene Pampe (vormals Diesel) nicht in die Einspritzpumpe lassen: Pött … pött … pött … aus.

Die Freunde waren nach 5 Minuten zur Stelle und halfen, die Spur im Berufsverkehr zu sichern. Dafür ganz vielen Dank von dieser Stelle.

Weiter ging es dann 70 Minuten später hiermit. Vielen Dank auch an den Gelben Engel.

Für den Termin habe ich telefonisch einen Vertreter gefunden, der sich ein bisschen was hat vorlesen lassen. Und in der Stunde Wartezeit konnte ich per Notebook wenigstens den eMail-Postkasten bearbeiten und ein wenig twittern.

An die Sachkundigen: Darf man eigentlich mit dem Handy herumspielen (telefonieren, fotografieren …) , wenn man an einer Stange hinter einem Schleppfahrzeug hängt und der Motor nicht läuft? 8-)

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Verteidiger als Gehilfe des Kronzeugen

Es war vorauszusehen. Irgendwann trifft die neue Kronzeugenregelung auch in unserer Kanzlei ein.

Dem Mandanten wird eine Tat zur Last gelegt, die mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist, die schon im Mindestmaß nicht mehr bewährungsfähig ist. Vor dem Verteidigungsziel, der minder schwere Fall, bei dem es knapp noch reichen könnte für die Zwei-Jahres-Grenze (§ 56 Abs. 2 StGB), liegt ein steiniger Weg. Der Mandant ist Realist und richtet sich bereits auf einen längeren Aufenthalt in Tegel ein. Eine schwere räuberische Erpressung mit einer Schußwaffe ist eben kein Kindergeburtstag.

Es gehört hier mittlerweile zum Standard-Programm, den frisch verhafteten Mandanten über die neue Kronzeugenregelung zu informieren. Dazu gehört zunächst, ihn vor der Gefahr „vertraulicher“ Gespräche mit Mitgefangenen zu warnen. Der neue § 46 b StGB belohnt nämlich den Verräter. Dringt aus solchen Knastgesprächen etwas nach außen, z.B. auf den Tisch eines Staatsanwalts, hilft das der Verteidigung sicherlich nicht weiter.

Andererseits habe ich dem Mandanten nicht verheimlicht, daß auch er einen Rabatt bei der Strafzumessung bekommt, wenn er

durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung aufgedeckt werden

kann.

Bei dieser Belehrung sah ich ein Blitzen in den Augen des Mandanten. Durch seine Integration in den Randschichten unserer ehrenwerten Gesellschaft verfügt er selbstredend über Insiderkenntnisse, an denen die Strafverfolgungsbehörden größtes Interesse haben dürften.

Der Untersuchungshäftling steht nun vor der schwierigen Entscheidung: Fünf Jahre plus X in Tegel oder die Aussicht auf eine Bewährungsstrafe, zumindest aber eine Verbüßung im offenen Vollzug. Der Preis ist der Verrat. Soweit das Problem des Mandanten.

Aber auch der Verteidiger muß sich Gedanken darüber machen, ob er diesen Weg mit dem Mandanten gehen will. Um das Problem zu verdeutlichen: Erwartet man von einer Nebenklägerin-Vertreterin, die sich auf die Vertretung von Geschädigten in Sexualstrafsachen spezialisiert hat, die Übernahme der Verteidigung eines Vergewaltigers? Keine einfache Entscheidung, wenn es um einen Grundsatz geht.

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Vorsicht Falle: Honorarvereinbarung bei Pflichtverteidigung

In den Fällen, in denen eine Verteidigung notwendig ist, bekommt der Beschuldigte einen Pflichtverteidiger bestellt. Wann ein Fall notwendiger Verteidigung vorliegt, entscheidet nicht der Beschuldigte oder sein Verteidiger, sondern das Gesetz, § 140 StPO.

Bestellt wird der Pflichtverteidiger vom Gericht. Und entsprechend der Maxime „Wer die Musik bestellt, bezahlt sie!“ bekommt der Pflichtverteidiger sein Honorar dann auch von der Landesjustizkasse. (Daß sich das Land die Kosten später vom Angeklagten zurückholt, steht auf einem anderen Blatt. Und hier.)

Der Gesetzgeber sieht aber nun vor, daß der Pflichtverteidiger nicht sein volles Honorar bekommt, sondern eben nur die „Pflichtverteidigergebühren“. Vom Verteidiger – immerhin ein Organ der Rechtspflege – wird insoweit ein „Sonderopfer“ verlangt. Und das ist im Grunde auch gut so.

Am Beispiel der Terminsgebühr für die Verteidigung eines inhaftierten Angeklagten vor der Strafkammer (RVG-VV 4114) beträgt die Mittelgebühr eines Wahlverteidigers 270 Euro; für dieselbe Arbeit bekommt der Pflichtverteidiger 216 Euro, also 20 % weniger.

Viele Verteidiger wissen, daß es möglich ist, von dem Mandanten für diese Verteidigung zusätzliches Geld zu bekommen, ohne daß die Justizkasse weniger zahlt. Natürlich nicht grenzenlos, aber immerhin: Wenn der Mandant nicht mehr als 216 Euro an seinen Pflichtverteidiger zahlt, spart die Justizkasse nichts. Erst wenn der Mandant mehr zahlt, wird die Justizkasse entlastet (§ 58 III RVG).

An dieser Stelle wird es – für den Verteidiger – gefährlich. Es gibt (Pflicht-)Verteidiger, die ihrem Mandanten mitteilen, daß sie eine weniger gehaltvolle Verteidigung bekommen, wenn sie ihren Anteil an den Kosten der Verteidigung nicht tragen wollen (oder können). Wohl oder übel greift der Mandant ins eigene Portemonnaie oder in das seiner Familie und zahlt, was der Anwalt von ihm fordert. Schließlich will er optimal verteidigt werden. Jedenfalls glaubt er das dann.

Wenn es so läuft wie beschrieben, hat der Verteidiger ein Problem – er macht sich unter Umständen seinerseits strafbar. Es gibt da nämlich eine Dunkelnorm, die man nicht aus den Augen verlieren sollte: § 352 StGB, die Gebührenüberhebung. Die bekanntere Erpressung (§ 253 StGB) ist allerdings auch eine Hausnummer, mit der der Verteidiger in diesem Zusammenhang rechnen sollte.

Es ist allerdings nicht per se strafbar, wenn der Verteidiger anstrebt, daß seine Arbeit angemessen honoriert wird. Nur darf er den Mandanten eben nicht dazu auffordern, noch nicht einmal darum bitten, zu zahlen, sondern er muß ihn darauf hinweisen, daß ein Pflichtverteidiger keinen Anspruch auf eine zusätzliche Honorierung vom Mandanten hat. Und daß eine Zusatzzahlung freiwillig ist.

Das Problem – die Vermeidung einer Straftat – löst man als Verteidiger in der Praxis mit dem Abschluß einer Vergütungsvereinbarung, am besten bereits vor der Bestellung zum Pflichtverteidiger. Dann gibt es kein (strafrechtliches) Problem. Wird eine solche Vereinbarung erst später geschlossen, ist sie nur zulässig, wenn der Mandant über die gebührenrechtliche Lage informiert wurde und diese Information auch verstanden hat. Dies setzt eine entsprechend verständliche Belehrung des Verteidigers voraus.

Das Strafprozeßrecht sieht keine Zweiklassen-Verteidigung vor. Auch ein Pflichtverteidiger hat – wenn er seinen Job ernst nimmt – „effektiv, konkret und wirklich” zu verteidigen (EuGHMR, StV 1985, 441). Oder er muß es lassen. Wenn ein „Pflichti“ von seinem Mandanten zuätzliches Geld verlangt, sollte er mit offenen Karten spielen. Alles andere führt zu Verteidigungsbedarf beim Verteidiger. Und dies zu Recht, wie ich meine.

Was ich sonst noch zur Pflichtverteidigung zu sagen habe, steht auf unserer Website.

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Clevere Spielbank

Die Berliner Volkbank macht ihren Kunden ein Angebot:

spielbank

Ein Kunde fragt sich:

    Chance auf welche Gewinne?
    Wer macht eigentlich den Gewinn?
    Was spare ich?
    Warum bietet eine Bank ein Glückspiel an?
    Für wie bescheuert hält die Berliner Volksbank eigentlich ihre Kunden?

Unsere Kanzlei hat die Beziehung zu dieser Spielbank schon vor einigen Jahren gekappt.

Denn wer sein Angebot mit einem Hinweis auf dessen Gesundheitsschädlichkeit versehen muß, sollte sich fragen lassen, was ihm sonst noch so alles einfällt, um ohne Arbeit an das Geld anderer Leute zu kommen. Die JVA Moabit ist voll von solchen Leuten.

Danke an HU für die „Mitteilung“ der Bank.

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Bestätigung

Große Freude.

henkell

Eine wertvolle Rückmeldung, daß wir im vergangenen Jahr etwas richtig gemacht haben. Es war ein sehr schwerer Weg, der hoffentlich zum Ziel führen wird.

Nochmals vielen Dank, lieber Mandant.

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Die GEZ, das Internet und die „Zensur“

Da gibt es einen Gebühren-Nicht-Zahler, Bernd Höcker ist sein Name. Er hat sich nicht nur über die GEZ geärgert – wie viele andere auch -, sondern er hat über seinen Ärger geschrieben. In Büchern und im Internet unter www.gez-abschaffen.de, wo er über seine „Zwangsanmeldung“ bei der GEZ berichtete.

Juristisch unbedarft hat er sich dabei ein wenig weit aus dem Fenster gelehnt, die Profis von der GEZ haben seine Archillesferse entdeckt und dem Spatz mit einer Kanone die weitere Verbreitung seiner Meinung untersagt. Dabei ist nicht die GEZ auf Herrn Höcker losgegangen, auch nicht der NDR, mit dem Herr Höcker zu tun bekommen hatte. Sondern der NDR-Jurist Klaus Siekmann, mit dem sich Herr Höcker angelegt hat.

Dieser Herr Klaus Siekmann macht nun das, was er an der Uni und im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit gelernt hat: Er beantragt und bekommt gerichtliche Hilfe, mit der er Herrn Höcker das Blogger-Leben schwer machen will. Und zwar kam die Hilfe von der Pressekammer des Landgerichts Hamburg (325 O 200/09), die in einschlägigen Kreisen durchaus als bekannt gilt für ein – naja, sagen wir – gewöhnungsbedürftiges Verhältnis zur Meinungsfreiheit.

Das geht natürlich erst einmal in die Kosten und deswegen kommt Herr Höcker auch mit den üblichen Mitteln nur schlecht weiter. Er hat sich dem Zwischenergebnis gebeugt und seine Berichterstattung aus dem Netz genommen (deswegen gibt es oben auch nur den Link auf Archive.org)

Nun berichten andere zunächst über das Verfahren und Herr Höcker hat sich irgend einen Käse ausgedacht, mit dem er eine Retourkutsche beladen will. Ob das eine schlaue Idee ist, wird sich zeigen.

Und ob es von Herrn Klaus Siekmann so schlau war, sich mit juristischen Mitteln gegen den rebellischen Herrn Höcker zu wehren, wird ihm gewiß irgendwann eine gewisse Frau Streisand erklären.

Weitere Berichte über diesen Fall finden sich im Lawblog, im Blog Internet-Law des Kollegen Thomas Stadler, im Gulli und bei MMnews.

Update:
Eine weitere – lesenswerte – Kommentierung dieses „Eklats“ findet sich beim/im Rechtsanwalt Markus Kompa – Blog zum Medienrecht.

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Und der Spammer zahlt doch

Erst geht mir der Laden mit seinem Spam auf die Nerven. Das teile ich per eMail mit. Darauf beginnt ein Besserwisser, mir mit seinen Anrufen weitere Zeit zu stehlen und will mir erzählen, was er alles weiß.

Nun hat er zum einen eine einstweilige Verfügung, in dem das Gericht ihm erzählt, was ich alles weiß.

Und zum anderen zahlt dafür er nun auch noch die Kosten dieser sinnlosen Auseinandersetzung.

spammer

Besten Dank an den Kollegen Rechtsanwalt Stefan Richter, der mir die Nerverei dieses Spam-Instituts vom Hals gehalten hat.

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Revolutionäre Wachrüttler

Das fängt ja gut an:

Menschen müssen wachgerüttelt werden, denn zu viele sind durch die Zustände in eine Art Lethargie verfallen, lassen sich ihr Gehirn durch Konsum und Medienterror zerschießen. Wir können nicht länger warten, bis die breite Masse sich erhebt, sondern beginnen die revolutionären Taten hier und jetzt.

Hört sich so erstmal nicht schlecht an. Doch worum geht’s?

Wer einen Porsche fährt und diesen in einem von Gentrifizierung betroffenen Stadtteil abstellt, macht einen Fehler. Autos sind für Yuppies keine Gegenstände, es sind Statussymbole, auf die sie sich einen runterholen. Und auf die haben wir es abgesehen.

Die taz befragt einen Auto-Abfackler, der aus Mecklenburg nach Berlin umgezogen ist,

Weil in der Stadt, in der ich lebe, die Auswirkungen der Verdrängung von ärmeren Menschen bei weitem nicht so krass sind.

Der Tazzer ist besorgt:

Was ist, wenn es den Falschen trifft, einen guten Menschen?

Der Revoluzzer antwortet:

Wo gehobelt wird, fallen Späne. Wir können nicht vorher den Besitzer eines Fahrzeugs ermitteln, das ist Quatsch. Hauptsächlich trifft es die Richtigen.

Hauptsächlich. Aha.

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Das Letzte

Gerichte und Staatsanwaltschaft haben Macht. Ich habe Argumente.

Quelle: Rechtsanwalt Johannes Eisenberg via Berliner Anwaltsblatt 12/2009, S. 452

Auf ein Neues …

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