Die Jugendgerichtshilfe (JGH) ist eine grundsätzlich sinnvolle Einrichtung. Auf Wikipedia liest man folgendes:
In Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz wirkt in Deutschland in der Regel auch das Jugendamt mit (§ 52 Achtes Buch Sozialgesetzbuch). Hierfür ist häufig ein spezieller Fachdienst zuständig, die Jugendgerichtshilfe (JGH). Als Vertreter der Jugendgerichtshilfe (Jugendgerichtshelfer/-in) wird bezeichnet, wer diese Aufgabe wahrnimmt.
Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe bringen unter anderem sozialpädagogische Gesichtspunkte in Strafverfahren vor den Jugendgerichten zur Geltung, indem sie (schriftlich und/oder mündlich) über die Beschuldigten berichten. Ebenfalls prüfen sie aber auch, ob Leistungen der Jugendhilfe eingeleitet werden sollten und ob es Alternativen zu einem förmlichen Strafverfahren gibt (Diversion). Sie nehmen Einfluss auf den weiteren Gang des Verfahrens und organisieren und überwachen gerichtlich angeordnete pädagogische Maßnahmen (§ 38 und § 50 Jugendgerichtsgesetz).
Sobald ein Ermittlungsverfahren gegen einen Jugendlichen oder Heranwachsenden eingeleitet wird, erhält die JGH davon Kenntnis. Die dortigen Mitarbeiter schreiben in der Regel den Beschuldigten an und laden ihn zu einem Gespräch ein. In diesem Gespräch werden die persönlichen und familiären Verhältnisse des jungen Beschuldigten erörtert.
Das Ergebnis dieser Erörterung trägt der Vertreter der JGH dann in der Hauptverhandlung vor, wenn es nicht vorher bereits zu einem anderen Verfahrensende gekommen ist. Gleichzeitig gibt dieser Vertreter auch eine Empfehlung ab, wie denn mit dem jungen Menschen verfahren werden sollte.
Bevor eine solche Besprechung stattfindet, setze ich mich regelmäßig mit dem Vertreter der JGH in Verbindung, um ein wenig Einfluß zu nehmen auf die Gestaltung und den Inhalt der Besprechung, aber auch um zu erfahren, wes‘ Geistes Kind der Vertreter ist.
Es gibt Fälle, da rate ich meinem Mandanten davon ab, sich bei der JGH „nackig zu machen“. Zum Beispiel im Zusammenhang mit einer Freispruch-Verteidigung oder wenn ohnehin das Ergebnis nach einer Absprache schon feststeht. Aber auch wenn ich es mit einem Problemfall zu tun habe und ich erwarten muß, daß die Empfehlung der JGH eher nicht wünschenswert auszufallen droht.
Einen Fall von besonderer Güte konnte ich in einer meiner letzten Verhandlungen vor dem Jugendstrafrichter miterleben. Der mitangeklagte Freund meines Mandanten war nicht zum Termin erschienen. Seine Verteidigerin konnte das Ausbleiben nicht erklären, war der Freund tags zuvor noch bei ihr in der Kanzlei gewesen, um die Verhandlung vorzubereiten.
Der Freund war auch ein paar Wochen vorher bei der JGH und hatte sich dem dortigen Mitarbeiter anvertraut. Über diesen Besuch berichtet nun – informell – dieser Mitarbeiter: Katastrophale Familienverhältnisse, Schulschwänzer, Betäubungsmittel, Alkohol und vermutlich auch Prostitution waren die Themen seines Berichts. Der JGH-Mitarbeiter schloß mit einer Empfehlung: Er geht nicht davon aus, daß der Freund freiwillig zum Termin erscheinen wird, er lebe eigentlich auf der Straße, deswegen halte er den Erlaß eines Haftbefehls für sinnvoll.
Wenn es mein Mandant gewesen wäre, über den dieser Beamte da berichtet hatte, hätte ich meine Schuhe in seine Richtung geworfen. Die Mitverteidigerin hat die Nerven behalten und den Antrag des Staatsanwalts auf Erlaß eines Haftbefehls nach § 112 StPO regungslos über sich ergehen lassen.
[…]
Als ich mit meinem Mandanten gemeinsam das Gerichtsgebäude verließ, kam uns der Freund humpelnd entgegen. Er ist auf dem Weg zum Gericht von einem unaufmerksamen Autofahrer vom Fahrrad geschubst worden.
Ich bin nach diesem Erlebnis noch ein wenig vorsichtiger geworden bei der Beantwortung der Frage meiner Mandanten, ob sie zur JGH gehen sollen. Ober besser nicht.