Kein Spielzeug für das Kanzleikonto

29110_web_R_by_Stefan Erdmann_pixelio.deEs kommt nicht oft vor. Aber so ab und an meldet sich auch schonmal ein Rechtsanwalt bei uns und möchte verteidigt werden.

Im vergangenen Jahr war es, da hatte ein Kollege außerhalb Berlins dringenden Verteidigungsbedarf. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte ihm einen Anhörungsbogen zugesandt: „Ihnen wird zur Last gelegt … Sie erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme … knappe Frist.

Ich habe mich für ihn gemeldet, Akteneinsicht beantragt und erhalten. Gemeinsam haben wir den Akteninhalt erörtert und daraus dann eine recht umfangreiche Verteidigungsschrift entwickelt.

Das war einen Verteidigung nach dem Motto: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß.“ Also, ein Quasigeständnis hinsichtlich der ihm zur Last gelegten drei Taten, aber eben so, daß die anderen unbekannten Taten nicht auch noch hochkommen durften. Nicht ganz einfach, weil es sich hierbei um einen verwickelten Komplex handelte.

Wir hatten Glück. Der Oberstaatswalt ließ sich erweichen. Nachdem der Rechtsanwalt den in den drei gestandenen Taten entstandenen Schaden ersetzt hatte, wurde das Verfahren gegen Zahlung einer relativ moderaten Auflage nach § 153a StPO eingestellt. Berufrechtliche Konsequenzen waren nun nicht mehr zu befürchten, jedenfalls keine solchen, die an die Substanz gehen könnten.

Ende gut, alles gut? Aber nein doch! Die Kostenrechnung für die Verteidigung blieb unbezahlt. Höfliche Bitten, dann eine Mahnung, es folgte der Mahnbescheid und schließlich wurde der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig. Mit seiner Passivität im gerichtlichen Mahnverfahren hatte der Kollege wohl verhindern wollen, daß ich die Höhe meines Honoraranspruch mit der Brisanz der Taten begründen mußte. Das zumindest war eine sehr weise Entscheidung.

Soweit erstmal. Ich habe dann noch einmal angefangen, ihn um die Zahlung zu bitten. Immer höflich und kollegial-freundich. Aber nichts kam. Gar nichts, noch nicht einmal ein „Es-geht-nicht-alles-auf-einmal!“ oder ein „Ich-zahle-nächsten-Monat“. Üüüberhaupt nichts.

Jetzt habe ich ein vorläufiges Zahlungsverbot an seine Bank geschickt, bei der er sein Kanzleikonto unterhält. Per Fax vorab. Und gemütlich hinterher den Antrag auf Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.

Achso, habe ich erwähnt, wie der Tatvorwurf lautete? Nein?
Ok, nur soviel: Legosteine, eBay, § 263 StGB.

Es gibt immer wieder Leute, die in die Hand beißen, aus der sie gefüttert werden. Jetzt beiße ich zurück. Und beim nächsten Mal heißt dann auch wieder:

Rechtsanwalt + 263 = Vorschuß.

Schade eigentlich.
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Bild: Stefan Erdmann / pixelio.de

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Mandanten, die die Welt nicht braucht

BissigEin Kollege berichtete über einen Auftrag, den er von seinem nicht vermögenslosen Mandanten, Graf Gottfried von Gluffke, erhalten hat.

Es geht um den Kauf einer Domain, die G.G.v. Gluffke für einen vierstelligen Betrag angekauft hat. Erst später stellt sich heraus, daß der Wert dieser Domain irgendwo zwischen 0 und 1 Euro liegt, also im untersten einstelligen Bereich.

Die Rückabwicklung gestaltete sich – erwartungsgemäß – schwierig. Deswegen sollte ein Zivilrichter dabei behilflich sein. Der war allerdings damit überfordert. Er zog die Notbremse und gab die Sache an die Staatsanwaltschaft ab, die sofort einen roten Deckel anlegte(*): Es stand der üble Verdacht im Raum, der Domainverkäufer (na, wie heißt der wohl? ;-) ) könnte den Mandanten betrogen haben.

Und nun hat der Gottfried ein neues Problem: Die Domain wird gehostet und der Hoster arbeitet nicht für Gotteslohn. Unverschämte 12 Euro pro Jahr soll Gottfried für diese Dienstleistung zahlen. Das will er nicht, das geht ja gar nicht und deswegen wendet er sich an seinen Anwalt, also an den besagten Kollegen.

Mir fällt da folgende Alternative ein: Der Kollege vereinbart mit dem Herrn Grafen ein Zeithonorar. Oder er gibt ihm 24 Euro und jagt ihn vom Hof.

(*): Übersetzung für die überforderten Zivilrechtler: … ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einleitete

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Bild: Schwatbrot / piqs.de Some rights reserved.

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Zickenkrieg bei der Amtsanwaltschaft?

Zoff im Amtsgericht - PräsiKostenbeamte und Kostenbeamtinnen haben einen harten Job. Den ganzen Tag nur Zahlen und Rechnen. Da muß man ja sonderbar werden. Das wird der Grund sein, weshalb diese Beamten-Gattung unter den Justizmitarbeitern noch unbeliebter ist als Wachtmeister, die die Gefangenen wegen groben Unfugs in die Bunker verfrachten.

Bisher dachte ich immer, die Justizamtsinspektorinnen legen sich nur mit Verteidigern an, wenn die mal wieder 15 Kopien berechnen, die aus Sicht einer schwäbischen Hausfrau nicht notwendig waren und die sie unter den 3.987 anderen Kopien präzise herausgepickt haben. Aber seit heute bin ich um eine Erfahrung reicher: Diese Damen legen sich auch mit Oberamtsanwältinnen an:

Zoff im Amtsgericht

Es ist immer wieder eine helle Freude, die Post dieser durch Zahlen und Rechnen geschädigten Menschen zu lesen. Daß sich die Mädels aber nun innerhalb der Justiz auf diesem Niveau angiften und sich einen justizinternen Zickenkrieg leisten, hat einen durchaus hohen Wert von Amusement.

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Straftäter retten den Regenwald

SumatraKaffeeEs gibt Mandanten, die haben stets etwas Außergewöhnliches verdient. Denen wird in unserer Kanzlei auch Besonderes geboten.

Aber auch alle anderen bekommen bei uns – neben einer soliden Verteidigung – stets einen leckeren Caffè. Und jetzt können wir beim Caffètrinken auch noch freundliche Äffchen und den Regenwald retten. Das ist doch genial!

Und übrigens:
Sie müssen nicht unbedingt eine Straftat begehen, um bei uns einen Cappuccino oder einen Espresso zu bekommen. Wir verteidigen auch Unschuldige! ;-)

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Man kann’s auch übertreiben

LG Berlin Im Namen des VolkesDer Mandant wurde erstinstanzlich verurteilt. Und das, obwohl er unschuldig sei. Er hatte keinen Verteidiger beauftragt … aus eben diesem Grunde. Wenn man unschuldig ist, braucht man keinen Strafverteidiger. Das war seine Ansicht bis kurz vor Urteilsverkündung.

Kurz danach kam er zu mir, und wir haben gemeinsam in der Berufung die Fehler wieder beheben können, die das Amtsgericht Tiergarten und die Staatsanwaltschaft in der ersten Instanz gemacht haben.

Ok, wir hatten auch Glück mit dem Richter. Einer der nicht nur sein Handwerk in Moabit ausübt, sondern auch noch an der Freien Universität als Professor tätig ist. Entsprechend penibel wurde hier die Strafprozeßordnung (StPO) angewandt, so daß es eine Freude war, ihm aus Sicht der Verteidigung bei seiner Vorlesung Prozeßführung zuzuschauen.

An der einen oder anderen Stelle merkte man schon sehr deutlich seine starke Wissenschaftslastigkeit, wo in der sonstigen Moabiter Praxis wesentlich mehr Hemdsärmeligkeit üblich ist. Aber da die StPO die vornehme Aufgabe hat, den Angeklagten vor Übergriffen der Staatswalt zu schützen, war es uns auf der Verteidigerbank nur Recht.

An einer Stelle meine ich aber, übertreibt es der Herr Professor, besonders mit der Umsetzung des Urteils des zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 19. März 2013 und den darin formulierten Transparenz- und Dokumentationspflichten:

Freispruchohneverständigung

Ich kann mir echt wenig Freisprüche vorstellen, die auf einer Verständigung beruhen. 8-)

Anyway, der Freispruch ist rechtskräftig und der Mandant um eine Erfahrung reicher: Gerade Unschuldige brauchen einen Strafverteidiger.

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Der Strafverteidiger empfiehlt – 78

Strafverteidiger,Berlin,,Kreuzberg,Paul-Lincke-UferHeute:

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Warnung: Öl auf der Strecke in der Eifel

512px-F1_yellow_flag_with_red_stripes.svg Wer mal als Zweiradfahrer Öl auf der Strecke übersehen hatte, weil diese Fahne nicht oder nicht rechtzeitig vom Streckenposten geschwenkt wurde, weiß, daß das kein Spaß ist. Zwischen dem Gedanken „Oh verdammt, Öööööl“ und dem knirschenden Geräusch von Plastik und Metall auf Asphalt vergehen nur Bruchteile von Sekunden. Gegen den hinterlistigen Schmierstoff auf der Strecke hat ein Motorradreifen keine Chance.

Das wußte offenbar auch ein Mensch, der Moppedfahrer nicht mag. Wie die Aachener Zeitung heute berichtete, gibt es Öllachen auf Straßen in Stolberg und Simmerath, die mutmaßlich gezielt auf die Fahrbahnen gekippt wurden, um Zweiräder zu Fall zu bringen.

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr im besonders schweren Fall (§§ 315b, 315 Abs. 3 StGB) wird mit Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis 15 Jahren bestraft, wenn man den Ölgießer erwischt. Als Moppedfahrer, der selbst üble Erfahrungen mit Ölspuren gemacht hat, fallen mir noch ganz andere Sanktionen ein.
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Bildquelle: Wikimedia

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Ein schöner Tenor

Das liest sich richtig gut:

SchönerTenor

Ist aber leider fehlerhaft. Wer findet ihn, den bedauerlichen Fehler?

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FAER: Neue Verteidigungsmöglichkeiten

PunktetachoEin beliebtes Verteidigungsziel zur Zeit des guten alten Verkehrszentralregisters (VZR) war eine Gelbuße unterhalb von 40 Euro. Denn erst ab diesem Betrag verteilten die Flensburger ihre Punkte.

Das ging dann beispielsweise so:

Dem Betroffenen wurde vorgeworfen, in der Stadt 21 km/h zu schnell unterwegs gewesen zu sein. Das führte im Regelfall zu einem Bußgeld in Höhe von 80 Euro und einem Flens. Wenn es dem Verteidiger nun gelang, das Gericht davon zu überzeugen, daß nur 20 km/h vorwerfbar sind, sah der Bußgeldkatalog nur noch 35 Euro Bußgeld vor und – viel wichtiger – keinen Punkt im VZR.

Am 1. Mai 2014 wurde alles anders.

Dann gibt es Eintragungen „nur“ noch dann, wenn die folgenden zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Der Verstoß muß im Fahreignungs-Bewertungssystem (die neue Anlage 13 zu § 40 FeV) gelistet sein.
  2. Die Geldbuße muß mindestens 60 Euro betragen oder es ist ein Fahrverbot angeordnet worden.

Wenn eine der beiden Voraussetzungen nicht vorliegt, gibt es keine Punkte.

Dieses neue System ist also wesentlich flexibler als das alte.

  • Nicht gelistete Verstöße können mit Geldbußen über 60 Euro geahndet werden, ohne daß es zur Erhöhung des Punktekontos kommt.
  • Oder ein Verstoß, der dem „Fahreignungs-Bewertungssystem“ bekannt ist, wird mit weniger als 60 Euro sanktioniert, damit dann ebenfalls keine Punkte eingetragen werden.

Es gibt also ab sofort ein paar mehr Verteidigungsmöglichkeiten, die einem sachkundigen Verteidiger, z.B. einem Fachanwalt für Verkehrsrecht zur Verfügung stehen. Verhandlungen vor dem Bußgeldrichter über Ergebnisse, mit denen alle Seiten (ganz besonders der Betroffene ;-) ) leben können, werden also wieder ein wenig bunter – wenn man die Klaviatur bedienen kann.

Weitere Beiträge zum Thema „Fahrerlaubnisregister (FAER)gibt es hier.

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Bild: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)

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Der Verteidiger als Cliffhanger

593467_web_R_K_by_daniel stricker_pixelio.deEinen Strafverteidiger, der die Grenzen der Dienstleistung für seinen Mandanten unbeachtet ließ, hat es nun recht heftig erwischt.

Ende 2012 fanden aufmerksame Wachtmeister der Justizvollzugsanstalt Mönchengladbach freundliche (andere Ansichten vertretbar) Mitbringsel bei dem (nun ehemaligen) Kollegen fest: 3 Gramm Heroin.

Mit diesen Betäubungsmitteln wollte er seinem damaligen Mandanten etwas Erleichterung im harten Haftalltag vermitteln. Unentspannte Mithäftlinge hatten den Ex-Anwalt jedoch bei den Wachteln verpfiffen.

Mit dem Fund in der Handtasche haben sich die Wachtmeister natürlich nicht zufrieden gegeben. Heroin macht süchtig nach mehr, deswegen schauten die Ermittler bei dem Strafverteidiger auch zuhause vorbei und wurden dort fündig. In einem Brillen-Etui. Fröhliche weitere 26 Gramm des Entspannungsmittels.

Irgendwo im Hause – wohl nicht in dem Etui und hoffentlich auch nicht in dessen Nähe – fanden die Durchsucher dann auch noch eine Doppellaufpistole. Ich kann mir gut vorstellen, daß dem Durchsuchten angesichts der ihm sicherlich bekannten Strafandrohung für die Heroin-Waffen-Melanche (§ 30a II 2 BtMG: 5 – 15 Jahre) da ernsthaft schwindelig geworden ist.

Das Problem des Kollegen waren „die Frauen„, zu denen er ein paar ungeordnete und wechselnde Verhältnisse hatte, wegen der er sich hat erpressen lassen. Der Mandant und Heroinkonsument verfügte über Insiderkenntnisse aus dem Beziehungskarussell, weil beide gleichermaßen – wenn auch zeitversetzt – eine der Frauen besser als nur vom Sehen kannten.

Mit den Heroinlieferungen in den Knast wollte der Kollege vermeiden, daß die Bettgeschichten der Öffentlichkeit bekannt wurden. Jetzt wurde er in einem öffentlichen Verfahren zu 2 Jahren 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Strafverteidiger, die häufiger im Knast unterwegs sind und sich dort die Wunschzettel ihrer Mandanten anschauen, kennen das Problem. Unabhängige Strafverteidiger widerstehen den Verlockungen und Versprechungen, aber auch den Drohungen ihrer Mandanten.

Der geschilderte Fall dürfte eine herausragende Ausnahme sein. Die Konsequenzen eines entdeckten Heroinschmuggels sind Strafverteidigern bestens bekannt. Aber der Verlust der Unabhängigkeit und die Einbuße der Freiheit von den Interessen des Mandanten beginnt viel niedrigschwelliger. Mal eben hier eine Mitteilung an die Freundin draußen, mal eben dort eine Schachtel Zigaretten, ein bisschen Bargeld oder auch das geschmuggelte Handy.

Wenn man damit einmal angefangen hat, kostet das möglicherweise am Ende dem einen die Streichung von ein paar Vollzugslockerungen, der andere riskiert seine wirtschaftliche Existenz, verliert auf jeden Fall seine ethischen Unabhängigkeit und macht sich zum Cliffhanger. Ich mache mich da lieber vorübergehend (!) unbeliebt bei solchen Anfragen.
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Bild: daniel stricker / pixelio.de

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