Bewährungsfähig: Drei Jahre Freiheitsstrafe

Die Bewährungsaussetzung einer Freiheitsstrafe von über zwei Jahren? Trotz der Grenze des § 56 Abs. 2 StGB?

Ja, es kann funktionieren, wenn der Strafverteidiger weiß, welche Anträge wann und mit welcher Begründung er beim Gericht stellen sollte.

Diesen Text finden Sie nun auf der neuen Website von Rechtsanwalt Carsten R. Hoenig.


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Dieser Beitrag wurde unter Strafverteidiger, Wirtschaftsstrafrecht veröffentlicht und mit den Begriffen , , verschlagwortet.

8 Antworten auf Bewährungsfähig: Drei Jahre Freiheitsstrafe

  1. 1
    Airfix says:

    Ich bin gebührend beeindruckt.
    Chapeau!

  2. 2
    Juristischer Laie says:

    Im einführenden Absatz wird anscheinend auf die falsche Norm verwiesen ?
    „Immerhin verbietet das Gesetz in § 56 Abs. 2 StPO doch eine Bewährungsstrafe, die über zwei Jahre hinausgeht.“
    In § 56 StPO geht’s aber um Zeugnisverweigerung.

    Danke. Repariert. crh

  3. 3
    Fetten Respect says:

    Fetten Respect für die Anwälte, die diesmal anstelle der Richter den Beschluss unterschrieben und die Mandantin rausgehauen haben.

    Bei den Beschlüssen, wo es aus Mandantensicht nicht so gut läuft, unterschreiben übrigens immer dumme Richter.

    • Dem Urteil eines oder mehrerer Richter/s geht regelmäßig eine *Verhandlung* voraus, an der im Übrigen neben der Verteidigung (nicht in allen Fällen!) auch noch die Staatsanwaltschaft beteiligt ist. Diese Verhandlung dient dazu, ein an den jeweiligen, teilweise gegenläufigen Interessen orientiertes Ergebnis zu erzielen.
       
      Es gibt nun so’ne und solche Verfahrensbeteiligten, also auch Richter, die ihr Handwerk verstehen oder andere, die für einen Nine-To-Five-Job besser geeignet wären. Bekommt es ein Angeklagter mit der letzteren Sorte zu tun, ist es ganz hilfreich, wenn der Verteidiger den einen oder anderen Hinweis gibt.
       
      In dem Kölner Fall hat sich das Richterkollegium für den Hinweis des Verteidigers auf die im Blogbeitrag beschriebenen Möglichkeiten bedankt, sich in die Sache eingearbeitet und ist anschließend über das formulierte (beantragte) Verteidigungsziel zugunsten der Verurteilen sogar hinaus gegangen.
       
      Durch das *Zusammen*-Wirken von Richtern, Staatsanwälten und Verteidigern soll es zu fairen Ergebnissen kommen, so die Idee des Prozessrechts. Das setzt bei allen drei Beteiligten Professionalität voraus; mangelt es dem einen oder anderen daran, kann und soll nach dieser Konzeption der Mangel durch die anderen (in gewissen Grenzen) kompensiert werden. Alles andere wird im Rechtsmittel geklärt (z.B. auf Antrag der Verteidigung dann durch andere Richter).
       
      BTW: Das hier ist das Weblog eines Strafverteidigers, wenn Ihnen die richterliche Perspektive hier zu kurz kommt, versuchen Sie’s mal hiermit. crh
  4. 4
  5. 5
    HD says:

    Eine Kompensation für rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung in Höhe der Hälfte der Strafe erscheint mir enorm hoch, wie ich schon in meinem Kommentar zur Vorbeitrag ausgeführt hatte. Aber wenn es alle mitmachen…

    • Es kommt – wie immer – auf den konkreten Einzelfall an. Hier waren es für 44 Monate Verzögerung 15 Monate Rabatt, das bedeutet einen Faktor von 1:3.
       
      Vor dem Hintergrund der im ersten Absatz auf S. 23 des Urteils geschilderten Umstände ist das in diesem Fall mehr als gerechtfertigt.
       
      Wenn man allerdings – wie es typisch zu sein scheint für die Justiz – grob uneinsichtig ist, sobald es um eigene Fehler geht (vgl. nur Mollath, Bauer Rupp …), kann man die Ansicht vertreten, der Nachlass sei unangemessen. Alle anderen begrüßen die Entscheidung der 1. großen Strafkammer des LG Köln. crh

    Verbleibendes Restrisiko: Die Reststrafenaussetzung kann erst nach Rechtskraft der Verurteilung erfolgen. Bis dahin kann sich die Besetzung der Strafkammer durchaus ändern. Auch sind an der Bewährungsentscheidung nicht die Schöffen beteiligt.

    • Danke für den Hinweis, das hatte ich noch nicht so deutlich auf dem Zettel. crh
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  7. 7
    Herbert Posner says:

    Ich kann als Beteiligter dem Kommentar von „Fetten Respect“ nur zustimmen, soweit es die Kammer betrifft, möglicherweise bzw. sehr wahrscheinlich (sie stellte immerhin auch selbst den 2. Antrag) später auch die StA – der Sitzungsvertreter trug eher wenig bei.
    Wenn wir stets mit solchen Richtern zu tun hätten, die interessiert und aufgeschlossen sind für das, was Verteidiger vortragen, gäbe es keine Richterschelte und wir Verteidiger hätten weniger zu tun.
    Leider erlebt man es sehr selten in so offener Rechtsdiskussion und so macht unser aller Beruf unglaubliche Freude!
    Danke nach Köln, die meinen Antrag „überboten“ haben, als ich mich nicht traute, nicht den Adler auf dem Berg zu beantragen, sondern „nur“ die Taube auf dem Dach!

  8. 8
    Korinthenverdauer says:

    Da ich kein Jurist bin kann ich nur auf einen kleinen Fehler hinweisen, im tl;dr Teil gibt es ein Wörtchen zuviel:
    Strafverteidigung ist keine Nebenbeschäftigung quasi als Bonusaufgabe zum Miet- oder Familienrecht _ist_, jedenfalls…

    Das letzte „ist“ vor dem Komma ist zuviel, in den wenigsten Sätzen sind zwei „ist“ sinnvoll. ;)

    • Danke! crh