Die Straftat, der § 31a BtMG und der Staatsanwalt

Es war ein Zufallsfund. In dem Koffer des Mandanten wurden bei dessen Einreise am Flughafen ein paar wenige Gramm Marihuana gefunden. Und zwar von den Zöllnern, die den Koffer geöffnet hatten.

Das Cannabis war sorgsam verpackt in Döschen, die darauf hindeuteten, daß es sich um Gras aus der Apotheke handelt.

Der Mandant ist amerikanischer Staatsbürger und kommt aus Kalifornien. Dort hat man den Unsinn abgeschafft, den Besitz THC-haltiger Produkte unter (heftige) Strafe zu stellen.

Hier in Deutschland sieht das anders aus. Der Besitz von Cannabis – egal in welcher Form – ist grundsätzlich strafbar, wenn man dafür, wie die allermeisten Kiffer, keine behördliche Erlaubnis hat.

Deswegen mußte nach dem Fund der Drogen in dem Koffer auch ein Strafverfahren eingeleitet werden. Dagegen hat der Rechtspositivist keine Einwände und die Ermittlungsbehörden auch keine Wahl.

Ich habe nach Einsicht in die Ermittlungsakte eine relativ übersichtliche Verteidigungsschrift verfaßt, mitgeteilt, daß mein Mandant sich durch Schweigen verteidigt, auf die mutmaßliche Herkunft des BtM aus der Apotheke und die Gesetzeslage im Heimatland meines Mandanten hingewiesen und die Einstellung des Verfahrens beantragt. Soweit das übliche Unaufgeregte.

Erwartungsgemäß kam auch die entsprechende Einstellungsnachricht. Allerdings konnte sich der Staatsanwalt ein Nachtreten nicht verkneifen:

Ich frage mich, was diesen Strafverfolger dazu veranlaßt, mich auf die Rechtslage hinzuweisen; ob er mich für blöd hält?

Seine Fähigkeiten hingegen scheinen aber das Laienniveau der Boulevard-Presse nur unwesentlich zu überschreiten.

Ich jedenfalls habe gelernt, daß die Feststellung, ob jemand eine Straftat begangen hat oder nicht, allein einem Richter zusteht. Ein Staatsanwalt hat die Aufgabe, den Verdacht zu formulieren. Mehr nicht.

Und wenn das Verfahren nach § 31a BtMG eingestellt wurde, hat ein Richter gerade nicht die durch meinen Mandanten begangene Straftat festgestellt. Und was das bedeutet, kann der schneidige Staatsanwalt ja mal in Art. 6 Abs. 2 EMRK nachlesen. Oder einen Reporter vom Boulevard befragen; die kennen sich manchmal besser damit aus als ein Staatsanwalt.

Dieser Beitrag wurde unter Betäubungsmittelrecht, Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

20 Antworten auf Die Straftat, der § 31a BtMG und der Staatsanwalt

  1. 1
    Non Nomen says:

    …ob er mich für blöd hält?

    Einfach nur ein schlechter Verlierer mit überwertigen Vorstellungen. Fiat iustitia…

  2. 2
    Tim says:

    Stellt die Äußerung des Herrn StA nicht evtl. schon selbst den Straftatbestand der üblen Nachrede dar?

  3. 3
    Fry says:

    @Tim: ja tut es, wird aber nicht verfolgt, weil nicht vorsätzlich; dem Herrn StA war wohl nur mal eben die aktuelle Rechtslage entfallen. Das kommt vor und ist unter Freunden kein Grund sich böse zu sein.

  4. 4
    Flow says:

    @ Tim: Nein, aber sie ist verfassungswidrig. Ich kann Herrn RA Hoenig an dieser Stelle nur raten, eine Gegenvorstellung bei der StA Berlin einzureichen und dann innerhalb der Monatsfrist Verfassungsbeschwerde einzureichen. Der Mandant erleidet, wenn diese unverschämte Einstellungsnotiz nicht aufgehoben werden würde, einen Rechtsnachteil in (möglicherweise) kommenden Strafverfahren. Ein sehr ähnlich gelagerter Fall kann hier nachgelesen werden: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/03/rk20170308_2bvr228216.html

  5. 5
    Hufflepuff says:

    Ich muss Sie als Apotheker korrigieren: Die behördliche Erlaubnis durchs BfArM für med. Cannabis wurde vor etwa 1 1/2 Jahren abgeschafft. Es genügt mittlerweile ein BTM-Rezept eines approbierten Arztes.

    Und dann habe ich noch eine Frage:
    Sie schreiben, dass es sich um medizinisches Cannabis gehandelt hat. Wir Apotheker geben seit etwa 1 1/2 Jahren an Patienten Cannabisblüten völlig legal auf BTM-Rezept ab. Dazu wurde Cannabis auch in die Anlage III des BTM-Gesetzes aufgenommen (verkehrsfähig und verschreibungsfähig).

    Wenn man mit vom Arzt verschriebenen BTMs (egal ob Cannabis oder Morphinderivate) ins Ausland reist, gibt es da ein Formular, welches der Arzt ausstellt und die Landesgesundheitsbehörde (in Berlin: das LaGeSo) beglaubigt und mit dem man beruhigt reisen kann. Das funktioniert sicherlich bei einer Einreise nach Deutschland ähnlich.

    Was ich jetzt nicht verstehe: Selbst wenn das Formular gefehlt hat, sollte doch bei medizinischem Cannabis, welches in den Staaten durch einen Arzt verschrieben wurde, in Deutschland keine Strafverfolgung mehr stattfinden. Lässt sich das Formular nicht einfach nachträglich organisieren und sich der legale Erwerb dadurch nachweisen?

    Der Link zum Formular ist hier: https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Bundesopiumstelle/Betaeubungsmittel/Reisen/reise_andere_formular.pdf;jsessionid=0B1D00A51D921FC1BF0E0BE151616D0C.2_cid319?__blob=publicationFile&v=3

  6. 6
    Fry says:

    @Hufflepuff: der Mandant wählte Verteidigung durch Schweigen. DIe Möglichkeit, derlei Nachweise zu erbringen, hat er sicher gesehen und sich dagegen entschieden.

  7. 7
    Roland B. says:

    Beruhigt reisen kann man mit diesem Formular sicher nur, wenn man weiß, daß der andere Staat dieses Formular auch anerkennt. Bei Staaten mit wenig liberaler Justiz wie etwa Singapur oder Indonesien würde ich nicht einfach auf so ein deutsches Formular vertrauen.

  8. 8
    Willi says:

    Nun ja…
    Also rein formal sicher korrekt, aber die ganze Aufregung darum finde ich übertrieben.

    Zu Recht wird hier oft genug bemängelt, dass sich so mancher Polizist oder sein Dienstherr schon bei kleinsten Beleidigungen mit Klage wehrt. In Anbetracht des sicherlich kinderleicht zu führenden Tatnachweises (ob eine – wenn überhaupt vorhandene – Verschreibung eines amerikanischen Artzes da rechliche Wirksamkeit entfalten worde, ich halte es für fraglich) Fällt dieser Satz für mich in den Bereich der Kleinigkeiten.

    Zu recht wird hier oftmals die juristische Ahnungslohsigkeit oder Ignoranz des (gerade Boulevard-)Journalisten bzgl. der Rechte von Beschuldigten oder auch verurteilten Straftätern kritisiert, hier dienen sie dann gleich als leuchtendes Beispiel der Rechtsstaatlichkeit.

    Von daher, etwas mehr Unaufgeregtheit würde auch hier nicht schaden…

    Und am Rande, (vielleicht geschehen, wir wissen es nicht) zumindest darf der Anwalt seinem Mandanten durchaus noch mal eindringlich erklären, dass die Rechtslage in Deutschland derzeit so ist wie sie num mal ist (und das ganz unabhängig davon ob man selbige gut findet). Einen solchen Rat hätte ich – anders formuliert – als Staatsanwalt in das Schreiben aufgenommen. Vielleicht wollte besagter Staatsanwalt ja genau das rüberbringen (jaja, Sachverhaltsquetsche, auch das wissen wir nicht) aber in dubio pro reo ….

    Von daher, einfach mal ein Glas wein verkasematuckeln und entspannen, die Sache ist die Aufregung nicht wert…

    Gruß

    Willi

  9. 9
    Willi says:

    @Flow, Nr. 4

    Durchaus äußerst interessante Entscheidung. Jedoch aus mehreren Gründen ein ganzes Stück weit weg von diesem Fall. Im zitierten Fall geht es vorrangig um eine mit der Einstellung verbundene strafähnliche Eintragung in das Erziehungsregister. Hier geht es um einen simplen Satz auf in einer Einstellungsnachricht.
    Im zitierten Fall geht es um eine Anschuldigung, deren Tatnachweis wahrscheinlich schwer zu führen sein dürfte, hier scheint der Tatnachweis zumindest relativ leicht führbar.
    Von daher, ähnlich vielleicht, aber sicher nicht direkt vergleichbar.

    Gruß

    Willi

  10. 10
    BV says:

    @ Hufflepuff, # 5:

    Da steht ja nichts davon, dass das Canabis vom Arzt verschrieben wurde. Da steht lediglich, dass es aus einer Apotheke stammt. Wenn ich das richtig sehe, ist Canabis in Kalifornien legal und frei verkäuflich. Kann ja gut sein, dass der Mandant das ohne Rezept einfach in der Apotheke gekauft hat.

  11. 11
    matthiasausk says:

    > aber in dubio pro reo …. Von daher, einfach mal ein Glas wein verkasematuckeln

    genau: in dubio pro Rotwein ;)

  12. 12
    Felix Toenneßen says:

    Witzig. Über den StA in einer Geschäftsstelle daneben könnte ich ähnliches berichten, aber das Verfahren läuft noch.

  13. 13
    Der wahre T1000 says:

    Schon witzig, das Verbot von Cannabis kam in der westlichen Welt erst so richtig in den USA auf (ich glaube in den 30ern). Die Europäer haben das dann weitgehend übernommen. Es folgten Jahrzehnte sinnlose Strafverfolgung. In D wurde dann 1986 durch das BVerfG festgestellt, dass Cannabis-Konsum und der Besitz kleiner Mengen nicht kriminalisiert werden dürfen. Vor allem weil die weit gefährlichere Drogen Alkohol und Tabak erlaubt sind. Das hat der Gestzgeber bis heute weitgehend ignoriert. Scheiß doch was auf die höchstrichterliche Rechtsprechung!

    Heute kann man in 13 US-Staaten Cannabis frei kaufen und für den Eigenbedarf anbauen. In weiteren ist es für medizinische Zwecke erlaubt. In noch sieben Staaten steht die Freigabe auf dem nächsten Wahlzettel, bei weiteren werden Unterschriften für eine Abstimmung gesammelt. Canada hat es auch komplett freigegeben. Es gibt weniger Straftaten und mehr Steuereinnahmen.

    Aber in Europa hinkt man wieder mal hinterher. Laut unserer Justizministerin (O-Ton!) ist Cannabis verboten, weil es illegal ist…

  14. 14
    Der wahre T1000 says:

    Nachtrag: es war nicht die Justizministerin, sondern die Drogenbeauftragte der großen Koalition. Tochter eines Hopfenbauers…

  15. 15
    Markus Stamm says:

    DIe Kommentatoren, die sich auf die Vorlage einer Verordnung durch den Arzt im Heimatland beziehen, übersehen, daß das Cannabis, soweit es sich aus dem Sachverhalt ergibt, eben nicht auf Rezept sondern im freien Handel gekauft worden sein dürfte. Daß es durch eine Apotheke abgegeben worden sein kann, ändert nichts daran, daß es für den Kauf dann keine ärztliche Verordnung brauchte. Und wenn sie nicht bestand, konnte sich der Mandant auch nicht auf sie berufen.

  16. 16
    Der wahre T1000 says:

    Ich bin Nichtraucher und Nichtkiffer. Ich esse auch keine Kekse, also welche mit Stimmung.

    Trotzdem kann ich nicht verstehen, warum Alkohol und Tabak (ab 16!!) frei verkäuflich ist, was allein in Deutschland eine 6-stellige Zahl von Opfern jährlich kostet und bei häuslicher Gewalt bzw. Unfällen im Strassenverkehr eine erhebliche Rolle spielt, während es in ganz Europa (im Sinne des Wortes) wohl nur eine Handvoll Toter gibt, die sich aufs verbotene Cannabis zurückführen lassen.

    Es wird unnötig kriminalisiert, auf Steuern verzichtet und Strafverfolgung gebunden. Völlig sinnlos.

    Bei anderen Drogen (Heroin, Kokain usw.) kann ichs ja nachvollziehen, aber bei Cannabis?

  17. 17
    Engywuck says:

    @der wahre T1000: Alkohol ist viel zu leicht herstellbar – wenigstens in Konzentrationen unter 20%. Notfalls über Backhefe und Zuckerzusatz. Da ist ein Verbot von Bier und Wein letztlich sinnlos. „Harten“ Alkohol könnte man einfacher verbieten, aber über Gefrierkonzentration lässt sich auch da mit Hausmitteln einiges drehen – nur bleiben Fuselalkohole und ähnlich unerwünschtes mit drin.

    Tabak ist ein anderes Thema, da der in den meisten gebieten Deutschlands eher nicht einfach so im Garten wächst. Evtl. könnte man Hanfplantagen im Wandschrank umwidmen? :-)

  18. 18
    Der wahre T1000 says:

    @Engywuck: Geeignete Hanfsorten bringen auch im Deutschen Hausgarten eine gute Ernte. Ich weiß gar nicht wie die Sorten alle heißen, aber „Hollands Hope“ dürfte diesen Sommer eine geradezu himmlische Ernte gebracht haben. An nur einer Pflanze sind dann bis zu 500 Gramm bestes (getrocknetes) „Gras“ dran. Alles was man benötigt, sind ein paar Samen, eine Fleckchen mit möglichst wenig Schatten und etwas Dünger/Bewässerung. Und das Fleckchen sollte nicht gleich öffentlich einsehbar sein. Die Natur macht den Rest von allein. Hanf ist nahezu so robust wie Unkraut, solange es nicht im Dauerregen schimmelig wird.

    (Baumaterial für) kleine Gewächshäuser mit matten Scheiben soll es im Baumarkt für ein paar hundert Euro geben…

    Ich behaupte mal Alkohol herzustellen, ist weit schwieriger. Zumindest sagt das mein Nachbar mit dem großen Gewächshaus.

  19. 19
    Engywuck says:

    Für Hanf brauchst Du: ein nicht einsehbares Plätzchen, die Samen und etliche Monate bis zur Ernte. Nicht unmöglich, aber doch mit Risiko verbunden, zumal die Pflanzen leider eine charakteristische Blattform haben.
    Für Alkohol brauchst Du irgendwas mit Zucker oder notfalls Stärke, irgendeine Art Hefe, ein Behältnis, das ruhig im Dunkeln stehen darf und wenige Tage bis Wochen Zeit. Das geht notfalls mit schimmligen Brot in ner Socke (für die Hefe), einer Platiktüte als Behälter und zuckrigen Speise- bzw. Getränkeresten – ob es ein Genuss wird ist dann ein anderes Thema :-)
    Ich habe auch oft genug Apfelmost hergestellt: frischen Saft in Gärbehälter, Hefe rein, im gleichmäßig temperierten Keller stehen lassen – fertig. Einfacher geht fast nicht – und die Hefe braucht man eigentlich auch nicht, da jedes Obst auf der Schale Hefen mitbringt.
    Für Hochprozentigen kann man den Wein im Winter einfrieren (heutzutage auch mit Gefriertruhe) – Stichwort „Applejack“ bzw. „Gerfrierkonzentration“. Auch nicht wirklich auffällig. Allerdings: ein Freund hat das mal mit (saurem) Apfelmost probiert. Das Ergebnis war ein Hochprozentiger, dessen mitkonzentrierte Säure den Magen aufgelöst hat…

  20. 20
    Der wahre T1000 says:

    @Engywuck 19:

    Ist schon richtig. Und solange man beim vergärten Saft bleibt, kann das funktionieren. Aber spätestens bei einer Konzentration auf hochprozentiges bekommt man mit der Gefriermethode einen zu hohen Methanolanteil. Also das Zeug, was einen blind macht oder umbringt. Keine gute Idee!
    Will man über 15%, dann braucht es schon Destillation, wobei der Anfang (etwa 10%) und ein bißchen am Ende vom Destillatr weggeschüttet werden müssen. Das am Ende kann man sich zwar sparen, aber dann verwässert die Sache und man bekommt langkettige Kohelnwasserstoffe mit rein, die nicht gut schmecken.

    Kurz: „Äpplewoi“ kann man so machen. Mehr nicht. Dann wird es aufwendig und gefährlich (destillieren hat schon manches Bauernhaus abgefackelt) oder eben giftig.