… as times goes by

Es war ziemlich mühsam, im April 2017 die Termine für die Berufungshauptverhandlung zu finden. Mit Hängen und Würgen haben die Vorsitzende Richterin und ich es geschafft. Die Ladung für die insgesamt 6 Termine ist hier am 26.04.2017 eingegangen:

Zur Diskussion vor der kleinen Strafkammer stand eine Entscheidung des Amtsgericht aus dem Jahr 2012, die mein Mandant nicht akzeptieren wollte. Zu Recht, wie ich meine.

Im Oktober hat uns die Vorsitzende die Ladungsliste übersandt:

Man beachte den kleinen gelben Fleck auf der Benachrichtigung – das ist das Jahr, in dem die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren aufgenommen hat; Tatzeit nach Anklageschrift ist das Jahr 2003.

Damals haben ein paar GmbH Schiffbruch erlitten, es soll u.a. einiges an Bargeld von der einen in die andere Tasche geflossen sein. Dann gab es noch ein paar Quittungen, die … sagen wir mal … recht kreativ gestaltet waren.

Die Staatsanwaltschaft meint nun, das sei alles irgendwie nicht in Ordnung gewesen. Was genau, konnte man weder im Ermittlungsverfahren, noch in der Verhandlung vor der Strafrichterin so richtig klären. Und weil die Staatsanwaltschaft partout nicht locker lassen wollte, muß nun in der Berufungsinstanz ein neuer Anlauf genommen werden. Man hat ja sonst nichts zu tun.

Wir haben nun die Termine. Endlich. Wir haben die Zeugenliste. Glücklicherweise. Alles komplett. Es hätte also richtig gut werden können … mit der Befragung der Zeugen, was sie denn an einem lauen Abend im Sommer 2003 alles erlebt haben.

Am vergangenen Montag rief eine Mitarbeiterin der Geschäftsstelle der Strafkammer in unserer Kanzlei an. Die Termine seien aufgehoben worden. Alle sechs. Die Vorsitzende sei krank. Wir brauchen nicht zu erscheinen. Neue Termine von Amts wegen … wenn die Richterin wieder gesund ist. Und wieder freie Termine gefunden werden können.

Dieser Beitrag wurde unter Gericht, Wirtschaftsstrafrecht veröffentlicht.

7 Antworten auf … as times goes by

  1. 1
    Non Nomen says:

    Wenn das so weiter geht, tritt wohl die absolute Verjährung ein, bevor die Kammer zusammentritt.
    @ crh: Nachfolger einarbeiten, lohnt sich das?

    • Wir sind in der Berufungsinstanz; es gibt also ein erstinstanzliches Urteil. Und mit diesem Wissen ausgestattete lesen Sie nun bitte § 78b Abs. 3 StGB. Danach werden Sie wissen, daß Ihre Idee grundsätzlich eine gute ist, aber leider nicht realistisch. :-) crh
  2. 2
    Flo says:

    Dauert der Formteil bei einer Zeugenbefragung so lange das man tlw nur einen Zeugen pro Verhandlungstag vernommen bekommt bzw im 45 Minutentakt lädt?
    15 Jahre später kann doch quasi nur als Antwort kommen „weiß ich nicht mehr“ oder „wenn ich das damals in der Zeugenvernehmung so gesagt habe wird das wohl stimmen“.

  3. 3
    RRef says:

    Wenn ich es richtig verstanden habe wurde der Angeklagte in der 1. Instanz freigesprochen, wogegen sich die Staatsanwaltschaft nun mit der Berufung wendet. Wie wäre es mit der Staatsanwaltschaft zu reden und eine Rücknahme der Berufung zu erreichen?

  4. 4
    Max says:

    Je später umso besser. Kann für die StA nur noch ungünstiger werden.

  5. 5
    Hans A. says:

    @RRef: Nö, war wohl eher umgekehrt:

    Zur Diskussion vor der kleinen Strafkammer stand eine Entscheidung des Amtsgericht aus dem Jahr 2012, die mein Mandant nicht akzeptieren wollte. Zu Recht, wie ich meine.

  6. 6
    Non Nomen says:

    § 78b Abs. 3 StGB

    (3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

    Schön erklärt auch hier: https://www.kanzlei-hoenig.de/home/blickpunkte/verjaehrung-einer-straftat/
    Demnach Ablauf dann „ad kalendas graecas“.

  7. 7
    P. Dandt says:

    @crh:
    Entweder „as times go by“ oder „as time goes by“

    • Genial! Wie haben Sie das bloß gemacht?! Vor solchen Englisch-Kenntnissen kann man nur den Hut ziehen. Ich verbeuge mich vor soviel Sprachkompetenz. crh