Eine sportliche Steuerhinterziehung und das Strafmaß

Einmal eingenommen, jemand hätte ein „Vermögen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro“ und dieses versteckt er auf mehreren Bankkonten in der Schweiz vor dem deutschen Fiskus.

Weiter unterstellt, durch dieses Versteckspiel erzielt der Vermögende jährlich einen Steuervorteil von – sagen wir mal – 1 % des Kapitals. Was käme im Falle einer Entdeckung eigentlich dabei heraus? Ich meine jetzt nicht die Höhe der Verzugszinsen und Säumniszuschläge. Sondern ich rede vom Strafmaß.

Dazu erinnere ich an ein Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofes vom 2.12.2008 – 1 StR 416/08. Danach kommt bei einem Hinterziehungsbetrag von 1.000.000 EUR die Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung regelmäßig nicht mehr in Betracht. Um bei meinem Eingangsbeispiel zu bleiben: Bei mehreren 1%er – also mehreren hinterzogenen Millionen – ist eigentlich damit zu rechnen, daß eine Freiheitsstrafe am Ende verhängt wird, die einen gewaltigen Anreiz zur Flucht bietet. Insoweit stütze ich mich auf meine Erfahrungen, die ich in reichlich Verfahren als Verteidiger vor dem Haftrichter gemacht habe.

Und wenn ich jetzt auch noch die bayerische Art der Gesetzesanwendung erinnere, stelle ich mir ernsthaft die Frage, warum ein solcher hypothetische Steuerhinterzieher immer noch frei herum läuft.

Das könnte damit zusammenhängen, daß ein Teil dieses Kapitals in eine solide steuerstrafrechtliche Beratung investiert wurde, die dann in einer so genannten Selbstanzeige mündete. Wenn diese dann am Ende – dank der Steuer-Beratung bis in kleinste Detail – korrekt ist, besteht kein Anlaß dafür, die Urlaubsplanung zu überdenken: Der § 371 der Abgabenordnung ist schon eine feine Sache.

Ach so, bevor ich’s vergesse zu erwähnen:
Ich werde in der kommenden Woche mal wieder einen psychisch angeschlagenen Menschen vor dem Strafrichter verteidigen: Ihm – meinem Mandanten, nicht dem Richter – wirft man vor, einen Sixpack Pils geklaut zu haben. Für ihn steht eine Freiheitsstrafe in Aussicht, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wird. Wegen der anderen Sixpacks, die er früher schonmal geklaut hat. Aber das ist ja hier in Berlin, nicht in Bayern.

Update:

Bayerns Ministerpräsident Seehofer gab bei einem Termin in München am Samstag an, Kenntnis von dem Verfahren zu haben.

Nun, dann kann ja nichts mehr schief gehen.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

12 Antworten auf Eine sportliche Steuerhinterziehung und das Strafmaß

  1. 1
    Ter-mi-nator says:

    Er wird so billig nicht davonkommen. Der Knackpunkt ist:

    „Wenn diese dann am Ende – dank der Steuer-Beratung bis in kleinste Detail – korrekt ist“.

    Erfahrungsgemäß führt eine Selbstanzeige (zumindest bei den Summen) zu einer Hausdurchsuchung und akribischer Prüfung der Selbstanzeige nebst Unterlagen, sowie zu weiteren Ermittlungen. Und da die Erklärung nahezu unmöglich „perfekt korrekt“ zu machen ist, erfährt man dann die volle Härte des Gesetzes.

    Eine solche Selbstanzeige ist ein absolutes Kanikaze-Spiel, was praktisch IMMER beim Strafverteidiger und mit einer ordentlichen Strafe endet.

    Allerdings könnte aufgrund der Selbstanzeige noch Bewährung mit Entreicherung dabei herauskommen, weil man ja „erheblich zur Aufklärung beigetragen“ hat.

  2. 2
    Holger says:

    Da geht es ja auch um Bier und nicht um Geld. Was ist schon Geld. Prioritäten setzen ;-)

  3. 3
    bc says:

    Unabhängig von der oben angesprochenen Frage des Strafmaßes usw., sollte man nicht vergessen, dass solche Informationen legal wohl eher nicht an die Presse gelangen konnten bzw. gelangt sind. Insoweit ein interessanter Beitrag von RA Dr. Sturm unter http://blog.random-coil.de/2013/04/uli-hoenes-es-wird-viel-geschrieben-nur-eine-frage-wird-mal-wieder-nicht-gestellt-wie-gelangen-solche-infos-in-die-offentlichkeit/

  4. 4
    Matthias says:

    @ bc
    Dieses illegale Handeln nennt man investigativen Journalismus.
    Über diese Straftäter haben sich schon Nixon und später auch Wulff geärgert.

  5. 5
    Richard says:

    Der?
    In Haft??
    In Bayern???
    Eher friert die Hölle zu.

  6. 6
    Kollege says:

    Wobei es mit der Strafffreiheit eng werden dürfte, siehe § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO.

  7. 7
    Nils says:

    @ Kollege:

    Zu beachten wäre da aber noch § 398a AO.

  8. 8

    […] sportliche Steuerhinterziehung und das Strafmaß (in der Tat: es kann nach der Rechtsprechung des 1. Strafsenats des BGH “eng […]

  9. 9
    Andreas says:

    Geringfügige Abweichungen bei der Berichtigung der Steuererklärung dürften aber nach h.M unerheblich sein (siehe Jäger, in: Klein, Abgabenordnung, 11. Auflage 2012, § 371 Rn. 27 mit Verweis auf BT-Drucks. 17/5067 [neu] S. 19), so dass § 371 AO auch dann noch greift.

    Ich denke aber, dass wohl keiner ernsthaft davon ausgeht, dass Herr Hoeneß flüchten wird. Dann wäre es auch geschickter gewesen, sich ohne Selbstanzeige in eine Bananenrepublik mit schönen Stränden abzusetzen und einfach vorzugeben, dort seinen Ruhestand verbringen zu wollen… ;-)

  10. 10
    Denny Crane says:

    Ich habe gehört, man könne im Hinblick auf Hartz, Zumwinkel & Co. den Eindruck gewinnen, es gebe in der Justiz noch immer eine Art Promibonus, der es erlaubt, Steuerhinterziehung in Millionenhöhe mit Bewährungstrafen zu ahnden, während drogenabhängige Ladendiebe ab der 6. entdeckten Tat (beabsichtigter, aber nicht eingetretener Gesamtschaden aller Diebstähle: 78,34 Euro) zur Verteidigung der Rechtsordnung dringend zehn Monate in den Knast müssen, weil es der „rechtstreuen Bevölkerung“ nicht zu vermitteln sei, solche Schwerkriminellen weiterhin auf freiem Fuß zu lassen.

    Kann aber auch nur ein Gerücht sein.

  11. 11
    john says:

    @Andreas: Könnte es vielleicht der Fall sein, dass die 6. Steuerstraftat ebenfalls anders behandelt wird als die ersten 5? Oder ist es deiner Meinung nach ebenfalls ein Gerücht, dass Wiederholungstäter anders behandelt werden als jemand, der zum ersten Mal straffällig wird? Und das aus gutem Grund?

  12. 12
    Engywuck says:

    Laut SPON [1] liegt ein Haftbefehl vor, der jedoch außer Vollzug gesetzt wurde.
    Anscheinend sprachen dann Gründe gegen eine Fluchtgefahr, oder? Beispielsweise die Hinterlegung einer höheren Summe als „Vorabzahlung“ der Steuerschuld?

    [1] http://www.spiegel.de/sport/fussball/a-896136.html