Monatsarchive: Januar 2012

Kieler Engel verboten

Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen wurde hier bekannt,  daß heute der Innenminister Schleswig-Holsteins Klaus Schlie den Hells Angels MC Charter Kiel mit sofortiger Wirkung verboten hat. 25 in Kiel lebende Member des MC erhielten heute die entsprechenden Verbotsverfügungen von stets freundlichen Polizeibeamten in die Hand gedrückt.

Schlie greift durch im hohen Norden: Das ist nun bereits das dritte Verbot eines MC seit Frühjahr2010. Die Flensburger Hells Angels und die Neumünsteraner Bandidos hat’s bereits auf diesem Wege erwischt.

Ganz nebenbei haben sich die Ermittler in sieben Wohnungen und im „Sansibar“, der Szene-Kneip im Kieler red light destrict, umgeschaut. 300 Polizisten und ein paar Leute vom Spezialeinsatzkommando (SEK) – wohl wegen der teilweise verschlossenen Türen – waren unterwegs. Ziel war insbesondere die Beschlagnahme des Vereinsvermögens, diesmal also nicht die Ermittlung von angeblichen Straftaten.

Das war’s dann erst einmal mit den Kieler Engeln, die es bereits seit September 1994 gibt. Ob die Bandidos und die Mongols nun eine Party veranstalten, wird zwar nicht überliefert, scheint aber angesichts der für Rocker in Kiel dünn gewordenen Luft eher unwahrscheinlich.

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Gefährdeter Richter

Es gab „ein Wörtchen“ zu reden mit dem Richter. So ungefähr wußte ich, wo in den endlosen Fluren des Kriminalgerichts das Zimmer des Richters lag. Also machte ich mich auf den Weg und klapperte die Namensschilder an den Türe in dem Gebäudeteil ab.

Ich fand das Zimmer nicht. Die Geschäftsstelle teilte mir auf meinen Anruf dann die Zimmernummer mit. Der Name des Richters befand sich nicht an der Tür.

Er habe vor ein paar Wochen seinen Namen entfernen lassen, teilte mir der – erfahrene – Richter mit. Weil er eine „Morddrohung“ bekommen habe. Wegen einer Bußgeldsache.

Der Richter hatte einen Betroffenen zu einem Verwarnungsgeld in Höhe von 15 Euro wegen Falschparkens verurteilt. Bereits im Gerichtssaal habe der Verurteilte herumgetobt. Als dann der dritte Brief mit der Androhung empfindlicher Übel kam, wollte der Richter dann doch verbergen, wo ihn der Betroffene besuchen konnte. Die Dicke des Fells eines Strafjuristen ist nicht unendlich.

Nun gibt es zu den 15 Euro noch einen kräftigen Nachschlag.

Und nachdem ich dem Richter meine aufrichtige Solidarität bekundet habe, verlief das Gespräch dann auch in freundlicher Atmosphäre mit einem erfreulichen Ergebnis.

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Ein etwas pickierter Beamter

Der Kriminalbeamte ist zum Wohnort des Beschuldigten – nennen wir ihn Wilhelm Brause – angereist. Er hatte einen Durchsuchungsbeschluß für dessen Wohnhaus in der Tasche und wollte ihn gleich auch vor Ort vernehmen. Der Beschuldigte war nicht zuhause, aber das war kein Hinderungsgrund für den Beamten, sich in der Wohnung umzusehen:

Die Wohnung machte einen total verwahrlosten Eindruck; überall lagen ungewaschene Kleidungsgegenstände, Essensreste pp. herum. Auf einem vollkommen verdreckten Küchentisch wurden verschiedene geöffnete Briefumschläge … gefunden.

Die Durchsuchung war dann wohl recht schnell beendet. Man traf den Beschuldigten dann auf seiner Arbeitsstelle, ganz in der Nähe. Jetzt ging es nur noch um die Vernehmung, aber zurück in diese Küche?

Aufgrund des verwahrlosten Zustandes des Hauses wurde Herr Brause befragt, ob auch eine Vernehmung in den Räumlichkeiten des PK Kleinkleckersdorf durchgeführt werden könne. Herr Brause stimmte zu. Gemeinsam in seinem Wagen fuhr der Unterzeichner mit Herrn Brause zu den Räumlichkeiten des PK Kleinkleckersdorf.

Über den Zustand des Autos und olfaktorische Besonderheiten auf dieser Autofahrt schweigt der Kriminalbeamte sich aus. Vielleicht sollte ich ihn fragen, wenn er als Zeuge vor Gericht auftritt. Manchmal tun sie mir Leid, die Ermittler.

Update:
Ich bedanke mich für die zahlreichen Hinweise in den Kommentaren, per eMail und per Fax (!) auf meinen Rechtschreibefehler in der Überschrift. crh

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Hungriger Kriminalbeamter

Aus einem Durchsuchungsbericht:

Im Arbeitszimmer wurden ein PC-Tower, ein Laptop, eine interne Laptopffestplatte sowie drei Firmenstempel aufgefunden.

Da hatte Herr Freud wohl Hunger.

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Schlußfolgerung

Aus einer Ermittlungsakte:

Beim Betreten des Arbeitszimmer stellte ich fest, dass ein Netbook angeschaltet auf dem Sofa lag. Auf dem Bildschirm konnte ich eine laufende Gesprächsprotokollierung via ICQ (lnternet-Chat) lesen, darin ist der Beschuldigte offensichtlich gewarnt worden, dass die

„bullen bei manni … „

(sind).

Der Unterzeichner nimmt an, dass hiermit die Polizei gemeint ist.

Das ist das Ergebnis jahrelanger kriminalistischer Erfahrung.

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Lösungsmittel bei der Staatsanwaltschaft

Die Verteidigung beschwert sich unter anderem über die die „Sachbehandlung der Staatsanwaltschaft“:

Noch bevor die Verteidigung zum Akteninhalt Stellung nehmen konnte, stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren am 18. Oktober 2011 begründungslos nach § 170 II StPO ein, erhebt dann sechs Tage später am 24. Oktober 2011 Anklage und teilt einen weiteren Tag später am 25. Oktober 2011 der Verteidigung mit, daß Anklage erhoben werde (nicht: „wurde“).

Die gesamte Korrespondenz führt die Staatsanwaltschaft per Briefpost; die überlangen Postlaufzeiten (innerhalb der Behörde) sind allen Beteiligten hinreichend bekannt, so daß mit Überschneidungen gerechnet werden mußte. Aus welchem Grunde Fax, Telefon oder eMail nicht genutzt werden, wenn es denn tatsächlich eilig gewesen wäre, ist nicht nachvollziehbar.

Dem lag folgender Zeitablauf zugrunde:

Tabelle

Die Generalstaatsanwaltschaft weist – erwartungsgemäß – die Beschwerde als unbegründet zurück:

Ihrem Mandanten war bereits seitens der ermittelnden Kriminalpolizeidienststelle Gelegenheit zum rechtlichen Gehör gewährt worden (vgI. Bl. 38ff. d.A.), außerdem wurde Ihnen Akteneinsicht gewährt (vgl. Bl. 50f. d.A.). Ihnen wurde ebenso die Einstellung des Verfahrens wie auch dessen Wiederaufnahme mit dem Ziel der Anklageerhebung mitgeteilt (vgI. Bl. 53,63 d.A.), womit sowohl der Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs als auch bestehenden Informationspflichten gegenüber dem Verteidiger in vollem Umfang entsprochen wurde.

Weshalb der Dezernent sich hierzu eines anderen Übermittlungsweges als der üblichen Briefpost hätte bedienen sollen, ist hier nicht nachvollziehbar, zumal an dieser Sache – wie Sie zu Recht feststellen – nichts eilig war.

Übrigens kann vorliegend von überlangen Wegen innerhalb der Staatsanwaltschaft nicht die Rede sein, weil das Schreiben des Dezernenten vom 24. Oktober 2011 ausweislich des Erledigungsvermerks bereits am folgenden Tag gefertigt und abgesandt wurde und nach Ihrer Aufstellung am 27. Oktober 2011 bei Ihnen einging.

Irgendwie reden der Verteidiger und der General aneinander vorbei, habe ich so den Eindruck. Ob das an den Lösungsmitteln in dem Altpapier liegt, auf das die Botschaften der Kavallerie gedruckt werden?

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Grünes Paulchen-Panther

Grünen-Fraktionschef Siegfried Benker forderte die Staatsanwaltschaft auf, das Abspielen der Paulchen-Panther-Melodie als „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ zu verfolgen.

Die Süddeutsche Zeitung berichtet über einen bayerischen Rathauspolitiker.

Für so einen Spruch kann man schonmal 5 mg Haldol® geben.

(Weiteren – ernst zu nehmenden – Hintergrund zur Begleitmusik in einem tatsächlich nur schwer zu ertragenden Zusammenhang gibt es hier.)

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Nazis im Kindergarten?

Der ehemalige NPD-Funktionär Ralf Wohlleben gilt als Unterstützer der Terror-Zelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ und sitzt in U-Haft. Seine Ehefrau Jacqueline hat in Jena momentan ganz andere Sorgen: Der Erzieherin wurde fristlos gekündigt.

berichtet Julia Jüttner auf SPON.

Die Kündigung der Kindergärtnerin wirft Fragen auf, die nicht aus der Hüfte heraus zu beantworten sind.

Frau Wohlleben soll Mitglied der NPD gewesen sein. Ihrem Ehemann wirft man Straftaten vor, die einen Zusammenhang mit Aktivitäten von Nazis haben sollen. Reicht das für einen Rausschmiß?

Andererseits wird der Kindergarten von einem „unabhängigen Träger mit einem humanistischen Menschenbild“ betrieben, dem Eltern ihre Kinder anvertrauen. Muß der Träger – ehemalige? – Nazis beschäftigen?

Ein Dilemma: Macht man’s richtig, schon ist’s falsch.

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Der Strafverteidiger empfiehlt – 23

Heute:

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Abenteuer Bahnreise mit freundlichen Schaffnern

Die Hinfahrt nach Hamburg habe ich heute morgend stehend verbracht. Weil weder in der ersten, noch in der zweiten Klasse ein Sitzplatz frei war. Also doch montags wieder reservieren. Wenigstens durfte ich in der Gepäckaufbewahrung nahe den Toiletten der ersten Klasse stehen.

Und der Schaffner war sehr freundlich.

Auch bei der Rückfahrt von Hamburg nach Berlin kann ich meckern. Von außen gut erkennbar am Wagen der ersten Klasse prangte das Hotspot-Logo der Telekom. Innen angekommen teilte mir das Bahn-Telekom-Duo dann folgendes mit:

Hotspot-Fail

Ich bin vielleicht zu ungeduldig. Die ICE-Strecke gibt es ja noch nicht so lange und zwischen Hamburg und Berlin pendeln reisen ohnhin nur Urlauber und Touristen.

Aber auch auf der Rückfahrt der Schaffner sehr freundlich.

Keiner da, an dem ich meinen Frust auslassen kann.

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