Das Pack schließt den Teufelspakt

In der vergangenen Woche hatte ich hier den Irrsinn der Kronzeugenregelung anhand des Falls Zschäpe dargestellt. Sicher, der Beitrag war pointiert und in der von mir dargestellten Konsequenz übertrieben. Aber so weit weg von der Realität war ich dann wohl doch nicht, wie ich am Samstag in der Süddeutsche Zeitung lese:

Der Rechtsanwalt [Bönhardts damaliger Verteidiger Gerd Thaut – crh] erinnert sich, wie „kurze Zeit nach dem Verschwinden“ der drei Neonazis ein Mitarbeiter des Thüringer Verfassungsschutzes in seiner Kanzlei in Gera erschienen sei.

Der Beamte [des thüringischen Verfassungsschutz‘ – crh] offerierte demnach im Auftrag des damaligen Amtschefs Helmut Roewer einen Deal: Sollten sich die drei Flüchtigen freiwillig stellen, könnten sie mit einer Strafmilderung rechnen – sie würden nur wegen Sprengstoffbesitzes angeklagt werden und nicht wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung.

Als „Deal mit dem Verfassungsschutz“ wird das Ganze be-/überschrieben. Ich halte es für einen Pakt mir dem Teufel.

Damit der Irrsinn ganz deutlich wird – Der Verfassungsschutz (sic!) verspricht einen Rabatt: Anklage nur wegen Sprengstoffbesitzes; nach § 40 SprengG liegt die Strafuntergrenze bei einer Geldstrafe. Die „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ ist ein Verbrechen, das mit der Mindeststrafe von 1 Jahr bis maximal 10 Jahren bestraft wird.

Da macht noch nicht einmal die Staatsanwaltschaft mit, wie die Süddeutsche berichtet. Aber nicht, weil sie das für ein unanständiges Angebot hielt. Sondern:

„Der Staatsanwalt ging davon aus, dass die Gesuchten ohnehin bald gefasst werden.“

soll Rechtsanwalt Thaut über die ablehnenden Haltung der Ermittler berichtet haben. Pustekuchen!

Wenn das zutreffen sollte, was Thaut der SZ da berichtet haben soll, dann erlaube ich mir die hier Frage: Was ist das bloß für ein widerwärtiges Pack, das da unsere Verfassung schützen will?!

Seinerzeit hat es den § 46b StGB noch nicht gegeben, trotzdem wurden solche Deals gemacht. Heute sind solche Art von Abreden auf gesetzlicher Grundlage möglich.

 

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft, Strafrecht veröffentlicht.

6 Antworten auf Das Pack schließt den Teufelspakt

  1. 1
    Jens says:

    Was hatten die denn zum damaligen Zeitpunkt (!) schon alles angestellt, dass man sicher von den Voraussetzungen des § 129a StGB ausgehen konnte?

  2. 2
    Auke says:

    Verfassungsschutz und Staatsanwalt entscheiden doch ohnehin nicht endgültig über einen solchen Deal. Wenn der Richter auch nach § 129a StGB hätte verurteilen wollen, hätte doch eine Darlegung nach § 207 II Nr. 3 StPO oder später ein rechtlicher Hinweis nach § 265 I StPO genügt.

  3. 3
    Oldschool says:

    Entschuldigung, wenn ich so ketzerisch nachfragen muss, aber mich irritiert so ein Beitrag wie auch der letzte zum Thema im Blog eines Strafverteidigers ein wenig:

    Was ist denn geworden aus „jeder Straftäter hat das recht auf einen Anwalt, der jedes mögliche mittel zur strafmilderung ausschöpft!“ geworden? Warum dürfen denn Ausgerechnet diese Straftäter jetzt keine Deals schließen dürfen?
    Nicht falsch verstehen. Von mir aus können die schmoren bis sie nicht mehr geradeaus denken können, aber ich dachte immer, ein Strafverteidiger dürfte solche Gedanken nicht haben geschweige denn äußern!?!

  4. 4
    RA Neldner says:

    @Oldschool: Das heißt aber nicht, dass ein Strafverteidiger jedes Mittel gut finden muss. Erst recht gilt das für Mittel, die „Schuldigen“ helfen und zugleich „Unschuldigen“ schaden.
    Jeder „Deal“ im weitesten Sinne führt dazu, dass der Rechtsstaat zumindest insoweit ein Stück unterminiert wird, dass wichtige Maxime des Strafprozesses beseite geschoben werden. Das Recht zu Schweigen ist wesentlich weniger wert, wenn bei einem Verzicht auf dieses ein Rabatt winkt. Die Untersuchungsmaxime, die nicht zuletzt auch falsche Geständnisse vermeiden soll, wird praktisch völlig außer Kraft gesetzt. Eine Verteidigung auf Freispruch wird so erheblich erschwert.
    PS: Bitte nicht so verstehen, als würde ich Deals völlig ablehnen, aber man muss sich der negativen Seiten bewusst sein und sollte daher auch gegen ausufernde Dealmöglichkeiten, wie § 46b StGB sein.

  5. 5
    fernetpunker says:

    @Oldschool, Herr Hoenig ist auch ein Mensch und nicht nur Strafverteidiger. Deshalb darf er eine solche Meinung haben und auch äußern. Auch in seinem Blog. Eine andere Frage wäre dann allerdings, ob seine Meinung anders aussähe, wenn es sich bei den Beschuldigten um seine Mandanten handelte. Ich gehe davon aus, dass dem so wäre.

  6. 6
    Jan says:

    „Was ist das bloß für ein widerwärtiges Pack, das da unsere Verfassung schützen will?!“

    Wenn wir mal eine Verfassung hätten, die zu schützen wäre! Art. 146 GG hilft, zu dieser Erkenntnis zu kommen.

    Ich komme seit Jahren nicht von dem Eindruck los, dass der angebliche Verfassungsschutz lediglich die Aufgabe hat, durch logistische und finanzielle Unterstützung der rechten Szene,im deutschen Volke die Angst vor der Auferstehung des DEUTSCHEN Reiches zu schüren.
    Der gemeine Deutsche verwechselt gern „Deutsches“ und „Drittes“ Reich.
    Wer sitzt denn in den Führungsebenen der NPD? V-Leute des „Verfassungsschutzes“. Wer zahlt die? „Der „Verfassungsschutz“. Wer deckt Straftaten? Der „Verfassungsschutz“.
    Die 2 „Selbstmörder“ und die Frau wurden nur fallengelassen, aus irgendeinem Grund und nun öffentlich vorgefügrt.
    Diese DVD hat mit Sicherheit auch der Verfassungsschutz erstellt oder glaubt echt jmd, dass man in einem abgefackelten Haus intakte USB Sticks und DVDs findet?