Staatsanwaltliche Öffentlichkeitsarbeit

Nach meiner Auffassung hat die staatsanwaltliche Öffentlichkeitsarbeit in Ermittlungsverfahren keine bzw. nur ganz unzureichende Rechtsgrundlagen. Das Ermittlungsverfahren ist nach dem Konzept unseres Strafprozesses nicht-öffentlich. Die per Richtlinien (etwa Nr. 4a und Nr. 23 RiStBV) gegebenen Regelungen sind nur Verwaltungsvorschriften und werden im Einzelfall offenbar auch nicht hinreichend beachtet.

berichtet Prof. Dr. Henning Ernst Müller im beck-blog über eine Tagung zum Thema „Medien und Kriminalität“, die an der Deutschen Richter Akademie in Trier in der vergangenen Woche stattfand.

Ein Problembewußtsein scheint grundsätzlich vorhanden zu sein.

Aber es gibt eben auch Staatsanwälte, die keine Probleme haben, Details aus einem Ermittlungsverfahren auszuplaudern. Gerd Neuber, Staatsanwalt aus Darmstadt, scheint einer von der Sorte zu sein, die den Wert eines Persönlichkeitsrechts noch nicht so richtig begriffen hat.

Gert Neuber ist derjenige Staatsanwalt, der die HIV-Infektion einer inhaftierten Tatverdächtigen an die Medien verraten (sic!) hat.

Vor diesem Hintergrund fordert Prof. Müller eine klare gesetzliche Regelung der Kompetenzen der Staatsanwaltschaften, was die Information der Öffentlichkeit angeht.

Dem möchte ich mich anschließen – denn ohne klare Regeln, am besten gleich mit Sanktionsandrohung, bekommt man solche Plaudertaschen bei der Staatsanwaltschaft wie Gerd Neuber nicht zum Schweigen.

Ergänzung:
So sieht das in der Praxis der Hamburger Polizei aus.

Dieser Beitrag wurde unter Medien, Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

9 Antworten auf Staatsanwaltliche Öffentlichkeitsarbeit

  1. 1
    Kampfschmuser says:

    Gefühlt halte ich es für eine Selbstverständlichkeit, dass Ermittlungsverfahren nicht öffentlich sind und es ist schon merkwürdig, dass es keine eindeutige Regelung gibt, worauf man die Ermittlungsbehörden festnageln kann.

  2. 2
    Matthias says:

    @Kampfschmuser
    Das sind Juristen. Glauben Sie, die würden ein Gesetz machen, nachdem sie für irgendetwas haften?
    In einem Land, in dem der Freiheitsentzug 11 bzw. 25 € „wert“ ist, können Sie das doch nicht wirklich erwarten, oder?

  3. 3

    […] Fälle aufzudecken, aufzuklären und zu verfolgen. Wir haben schon genug Probleme mit manch öffentlichkeitsliebendem Staatsanwalt, wir brauchen nicht noch sich profilierende Ministergattinnen in diesem allzu sensiblen […]

  4. 4
    Kampfschmuser says:

    @Matthias
    Es ist immer schwierig die „Mitte“ zu finden. Aber dennoch sollte es auch einem Juristen (egal welchem) einleuchten, dass ein Ermittlungsverfahren nicht öffentlich sein sollte.

    Eine Meinungsmache ist unnötig, hilft niemanden und am Ende vom Verfahren steht so oder so der Kadi. Ob dieser nun richtig urteilt, sei dahingestellt, aber von Berichten der Blödzeitung wird er sich doch (hoffentlich) nicht beeinflussen lassen.

  5. 5
    David says:

    „Journalisten sind herzlich zu einem Fototermin eingeladen.“ @Hamburger Polizei: Macht´s doch gleich so, dass ihr die jeweiligen Beschuldigten im Würgegriff der ermittelnden Beamten fotografiert und eine Schnittstelle zur Bild-Zeitung einrichtet, um eure „Siege“ zu feiern. Persönlichkeitsrechte und die Unschuldsvermutung sind ja eh sowas von out.

  6. 6
    Martin Brock says:

    Die Rechtsgrundlage findet sich in § 4 der Landespressegesetze. Die Formulierung in Berlin lautet: „Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse, die sich als solche ausweisen, zur Erfüllung ihrer Öffentlichen Aufgabe Auskünfte zu erteilen.“ Andere Bundesländer haben ähnliche, meist bis hin zum Wortlaut gleichlautende formulierungen.

  7. 7
    Frank Hansen says:

    Im Vergleich ist interessant, dass ein Beschuldigter, der einen Durchsuchungsbeschluss, welcher gegen ihn vollstreckt wurde, vor Beginn einer Gerichtsverhandlung veröffentlicht, nach § 353d StGB („Straftaten im Amt“!) verurteilt wird. Das Gleiche gilt auch für die Veröffentlichung einer Berufungsbegründung der Staatsanwaltschaft durch den Angeklagten vor der Verhandlung.

    http://www.tomsack.com/urteil-353d-stgb.pdf
    http://www.tomsack.com/urteil-ag-rinteln.pdf
    http://dejure.org/gesetze/StGB/353d.html

  8. 8
    fernetpunker says:

    Kann man als in seinem Persönlichkeitsrecht Verletzter nicht einfach zivilrechtlich Schadenersatz und/oder Schmerzensgeld einklagen? Das dürfte doch genug Sanktion für Plaudertaschen bei der Staatanwaltschaft/Polizei sein? Meines Wissens ist das APR als sonstiges Recht in § 823 Abs. 1 BGB anerkannt, ist als absolutes Recht also von jedermann zu beachten, auch von Plaudertaschen bei der StA. Daneben kann man noch an Amtshaftung denken und an § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Schutzgesetz Landespressegesetz. Anspruchsgrundlagen gibt es jedenfalls genug in meinen Augen.

  9. 9
    Besucher2778 says:

    Eindeutig V-Mann mal wieder.