Das Rauschgift und die stolze Staatswaltschaft

Intensive Ermittlungen des Landeskriminalamtes und der Staatsanwaltschaft Berlin führten gestern zur Festnahme von drei mutmaßlichen Rauschgifthändlern in Neukölln. Im Fokus der Ermittlungen steht eine 38-jährige deutsche Staatsangehörige, die gestern gegen 14 Uhr von Beamten eines für Rauchgiftdelikte zuständigen Fachkommissariats in der Niemetzstraße festgenommen wurde. Die Tatverdächtige hatte sich zuvor auf einem Parkplatz in Schöneberg mit einem 36-jährigen Deutschen getroffen und war mit ihm gemeinsam nach Neukölln gefahren. Als die beiden ausstiegen, griffen die Fahnder zu. Auch ein 28-Jähriger, der den 36-Jährigen zu dem genannten Treffen gefahren hatte, wurde festgenommen.

Im Auto der 38-Jährigen und in ihrer Wohnung beschlagnahmten die Beamten zunächst einen sechsstelligen Bargeldbetrag, um dann in den Geschäftsräumen der Frau auf 112 Kilogramm Haschisch und 80 Kilogramm Marihuana zu stoßen, die in Stahlschränken lagerten.

Auch bei dem 36-Jährigen wurden die Ermittler fündig. In einem mitgeführten Rucksack und in seiner Wohnung beschlagnahmten sie Bargeld in zusammen sechsstelliger Höhe sowie eine geringe Menge Haschisch.

Die beiden Männer und die 38-Jährige sollen heute einem Ermittlungsrichter zum Erlass eines Haftbefehls vorgeführt werden. Die Ermittlungen dauern an.

Die 112 Kilogramm Cannabisharz (Haschisch) haben einen Straßenhandelswert von rund 690.000 Euro und die 80 Kilogramm Cannabiskraut (Marihuana) einen Straßenhandelswert von etwa 650.000 Euro.

Quelle: Pressemeldung der Polizei Berlin

Die Staatsanwältin war sichtlich stolz bei der Verkündung des Haftbefehls: Eine der vermutlich größten Mengen sichergestelltes Betäubungsmittel in Berlin, betonte sie. Jedenfalls eine „nicht geringe Menge“.

Übrigens:
Das Gesetz kennt den Begriff „Rauschgift“ nicht; das ist die Sprache des Boulevards. Warum die Polizei sich auf dieses Niveau begibt? Um Party zu machen, weil man eine große Menge einer Volksdroge sichergestellt hat?

Ein bisschen professionelle Distanz stünden der Staatsanwältin und den Berichterstattern der Polizei gewiß nicht schlecht.

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

11 Antworten auf Das Rauschgift und die stolze Staatswaltschaft

  1. 1
    RALupo says:

    „Das Gesetz kennt den Begriff “Rauschgift” nicht“

    Das Gesetz kennt auch den Begriff „Ampel“ nicht, aber ich halte es trotzdem besser von Ampel zu sprechen, als von „Lichtzeichensignalanlage“.

  2. 2
    Kampfschmuser says:

    Da wundert es mich, dass sich Typen auf den Raubüberfall eines Pokerturniers konzentrieren, wo es doch Dealer mit 1-2 Mios gibt. ;)

  3. 3
    Ein Staatsanwalt says:

    Heute mit dem falschen Bein aufgestanden? Ich finde das anlasslose Gemeckere im Beitrag jedenfalls weitaus unprofessioneller und distanzloser als den zutreffenden Hinweis der Kollegin, dass 192 Kilo Hasch und Gras dann doch ein Haufen Gift sind.

    (Und das mit der „Volksdroge“ lasse ich mal lieber unkommentiert.)

  4. 4
    Das Ich says:

    Stolz sollen sie sein. Da ist richtig so. Auch die Deutsche Sprache entwickelt sich weiter…In anderen Beiträgen regen Sie sich auf, wenn alles zu „Juristendeutsch“ ist. Was denn nun?

  5. 5

    @getroffener Hund Ein Staatsanwalt:

    Für den Beitrag hatte ich durchaus einen konkreten Anlaß.
    Im übrigen: Quid licet Verteidiger, non licet Staatsanwalt.

    Angebot, aus gegebenem Anlaß: Wenn Sie auch mal anlaßlos und öffentlich meckern wollen, kann ich Ihnen gern das entsprechende Forum dafür einrichten. Ich habe da einschlägige Erfahrungen. ;-)

  6. 6
    Daniel says:

    Unabhängig von der Verwendung des Begriffs „Rauschgift“ finde ich den doppeldeutigen Schreibfehler in der Pressemitteilung am besten: „RAUCHgiftdelikte“ ;)

  7. 7
    Martin says:

    mhh… das nenn ich professionelle Kalkulation ;)

    112kg=112000g
    1g=6,16€
    112000g=689920€

    Wobei die Arbeitszeit nicht zu vergessen ist wenn 112 kg einzeln in Gramm ausgereicht werden ;)

  8. 8
    BV says:

    @ Martin: Vielleicht ist da Skonto für Barzahler oder sowas enthalten ;-)

  9. 9

    Ich weiß gar nicht, was du dich so anstellst, lieber Carsten. Ein JVA Leiter veranlasst eine Art Homestory über einen prominenten Inhaftierten – dagegen kann man die etwas unvorteilhafte Diktion einer Staatsanwältin doch nun wirklich vernachlässigen. ;-)

  10. 10
    Ein Staatsanwalt says:

    @CRH:

    Danke für das Angebot, aber ich motze mich lieber weiterhin durch die Kommentare von Anwaltsblogs. Nicht, dass am Ende noch ein Kollege von Ihnen meint, mich enttarnen zu müssen, und ich dann von irgendwelchen Dienstvorgesetzten zu unangenehmen Gesprächen eingeladen werde…

    Und ein bisschen Freude über unsere Ermittlungserfolge sollten sie uns doch gönnen können. Wir sind eben nicht alle dumpfe und emotionslose Akten-von-links-nach-rechts-Schieber, einige von uns gehen ihrem Job auch mit Freude und Begeisterung nach. Da kommt eben auch einmal ein Endorphin-Stoß, wenn man urplötzlich fast 200 Kilo Cannabisprodukte findet.

  11. 11
    Ein Nicht-Staatsanwalt says:

    Wenn Sie darüber Freude empfinden, BtM-Straftaten zu verfolgen, statt wirkliche Straftäter zu jagen, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Angesichts der Tatsache, dass die Folgen des Cannabis-Konsums den gesundheitlichen Folgen von Alkohol und Nikotin stark ähneln, und dass die Kriminalisierung des Konsums ein lohnendes Geschäft für Mafia und internationale Terrorfinanzierer ist, müßte jeder Staatsanwalt aufschreien, der seine Zeit mit Cannabis verschwendet, statt wirklicher Kriminalität nachzugehen.

    Aber soweit lernt man im Jurastudium ja nicht zu denken. Soziale Auswirkungen juristischer Handlungen stehen schließlich nicht im Gesetz.

    (Meint ein Kommentator, der selbst Jurist ist und weder Alkohol noch Nikotin noch Cannabis konsumiert.)