Wettbewerbsvorteil

Kerstin Rueber berichtete neulich wieder einmal darüber:

Jeder Strafverteidiger kennt ihn, den alten Richtertrick: einfach mal bei einer Reno nachzufragen, wenn der Angeklagte nicht geladen werden konnte.

Weil die Adresse (oder sonst ein Datum) des Mandanten dem Gericht nicht bekannt ist, fragt der Richter – oder auch der Staatsanwalt, manchmal auch der Polizist – in der Kanzlei des Verteidigers nach.

Jede Mitarbeiterin in einer Anwaltskanzlei kennt den § 203 StGB. Und wird wissen, daß sie diese Fragen nicht beantworten darf.

Sie muß Fragen nach einem Mandanten auch nicht beantworten; dafür steht ihr § 53 StPO zur Seite.

Die Schweigepflicht und das Schweigerecht, das sind zwei wesentliche Vorteile, die dem ratsuchenden Publikum nur ein Rechtsanwalt bieten kann, aber niemals ein Banker, ein Versicherungsvertreter, ein Sachverständiger oder eine Werkstatt.

Besten Dank an Andreas Jede für die Anregung zu diesem Beitrag. crh

Dieser Beitrag wurde unter In eigener Sache, Verteidigung veröffentlicht.

5 Antworten auf Wettbewerbsvorteil

  1. 1
    Johannes says:

    Das wird – jedenfalls so pauschal – auch durch oftmaliges Wiederholen nicht richtiger.

    Mit dem (mutmaßlichen oder ausdrücklichen) Einverständnis des Mandanten dürfen die Adressangaben selbstverständlich weitergegeben werden. Und auf nichts anderes bezieht sich die Frage, die deshalb auch keineswegs einen irgendwie unzulässigen „Trick“ darstellt.

    Dass der Mandant Lust hat, schon wegen Zustellungsfragen einen Kleinkrieg mit dem Gericht anzufangen, ist keineswegs die Regel.

  2. 2
    studiosus juris says:

    Wo wird die ReNo unter § 53 StPO subsumiert? Bei teleologischer Auslegung der Norm unter § 53 StPO I Nr. 3 Alt. 1 weil sie als Erfüllungsgehilfin für den RA tätig ist?

  3. 3

    @ Johannes:

    Sie sehen das zu eng. Es geht nicht (nur) um die Zustellung (wie z.B. in der Vollmachts-Vorlage-Frage) von irgendwelchen Schriftstücken. Bauen Sie die Stichworte „Wohnungsdurchsuchung“, „Verhaftung“, „Nachvernehmung ohne Verteidiger“ in Ihre Überlegungen ein.

  4. 4
    corax says:

    @ Johannes

    Wieso „Kleinkrieg“ mit dem Gericht?

    Wenn ich als Mandant von meinem Geld einen Anwalt mit meinen Interessen beauftrage, dann kann ich doch wohl erwarten, dass
    a) Schriftstücke mit für mich positivem Inhalt (Fristen) durch ihn weitergeleitet werden
    b) bei Schriftstücken mit für mich negativem Inhalt (Fristen) keinerlei Beihilfe zur Zustellung erfolgt.

    Wo soll denn da meinerseits ein mutmaßliches Einverständnis herkommen?

  5. 5
    skugga says:

    @ studiosus juris: Schonmal den § 53 a StPO zu Rate gezogen?