Es ging um eine Auseinandersetzung in einer Gaststätte. In Neukölln, Silbersteinstraße. Sonntagsmorgens um 6:30 Uhr. Über den Alkoholgehalt der Beteiligten bestehen kaum Unklarheiten, mindestens eine „2“ steht vor dem Komma.
Mein Mandant soll einer Dame einem weiblichen Gast ein Büschel Haare ausgerissen haben. Nachdem sie ein volles Glas Bier in seine Richtung entleert hatte. Zuvor wurden hochbrisante politische Themen und der Weltfrieden erörtert. Dann kam die Polizei. Und es wurde eine Akte angelegt.
Ich hatte bei der Rücksendung der mir zur Einsicht überlassenen Akte meinen Anruf bei der zuständigen Amtsanwältin angekündigt: „Zur Absprache des weiteren Verfahrens.“
Heute hatte ich die Amtsanwältin am Telefon:
„Schön‘ guten Tach, ich rufe an in der Sache gegen Wilhelm Brause, 3032 PLs 12345/08, und wollte …“
„HERR VERTEIDIGER, für solche Sachen, die sich in der Neuköllner Eckkneipenszene sonntagsfrüh um halb sieben abspielen, bin ich nicht zuständig. Ich habe das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, der Bescheid ist zu Ihnen unterwegs. Haben Sie sonst noch Fragen?“
„Besten Dank, Frau Amtsanwältin. Es war mir eine große Freude, mit Ihnen zu telefonieren. Bis demnächst wieder mal … Ciao!“
„Tschüß.“
wärs in der Kreuzberger Kneipenszene nicht zu einer Einstellung gekommen? ;)
Och Menno! Die schöne Akte umsonst angelegt. :)
Reply:
Umsonst? Das meinen Sie doch nicht wirklich ernst?! crh
Da ist ein „wurde“ zu viel. (Dieser Kommentar kann nach Korrektur des Schriftsatzes vernichtet werden). :-)
Fixed. Thx.
Hier wird i.ü. nichts vernichtet, nicht daß mir hier noch einer Zensur vorwirft. ;-) crh
hm ist das nicht strafrechtlich relevant (Körperverletzung?) oder hab ich da was nicht richtig verstanden?
vielleicht liegt kein strafantrag vor und es gibt kein öffentliches interesse?
Schon interessant: Nicht zuständig sein, aber das Verfahren einstellen. Respekt, praxisnahe Lösung.
Und was sagt Ihr Mandant dazu, daß Sie ihn namentlich in Ihrem Blog nennen? ;-)
@ Peter Neunmalklug:
Ach, nach bald 20 Jahren hat er sich daran gewöhnt und meckert nicht mehr ganz so oft, der gute Wilhelm Brause.
Aber sollte man Doppelnamen nicht komplett anführen, oder handelt es sich nicht um Herrn Brause-Wind?
…endlich mal eine Person im öffentlichen Dienst, die die multikulturelle Soziallandschaft Berlins versteht! In anderen Gebieten dieser Erde ist es völlig normal, sein Bier mit einem Skalp zu bezahlen…
Bezugnehmend auf „polizeistaat 2.0“ und „AlterEgo“: Es kann kein Strafantrag fehlen: Die Tat wäre wenn dann eine Körperverletzung, § 223 StGB, und keine fahrlässige Körperverletzung, § 229 StGB. Abgesehen davon, dass ein Strafantrag wohl gestellt worden wäre (s. „Anzeigeersatterin“) handelte es sich dann um ein Offizialdelikt – es hätte ermittelt werden müssen.
Im Übrigen teile ich die Bedenken von „RA IM“. Wenn sich die Amtsanwältin einstellen will, dann doch bitte nach § 153 I StPO – wenn sie nicht einmal die Zeit aufwenden möchte sich Auflagen auszudenken. Die Einstellung nach § 170 II StPO mutet komisch an. Zumal die Bearbeitung wohl nach OrgStA ohnehin in ihren Bereich fällt.
@ kKa:
Ist das die Abkürzung für kaum keine Ahnung? ;-)
Kein Strafantrag, kein öffentliches Interesse. Einstellung nach § 170 II StPO und Verweisung auf den Privatklageweg ( Nr. 87 RiStBV und §§ 374 ff StPO).
Komich ist daran nix, das ist üblisch.