Haftbefehl: Das machen wir hier immer so!

Die Staatsanwaltschaft und das Gericht waren informiert darüber, daß der Mandant psychisch krank ist. Ich habe ein paar Gutachten und Arztberichte übermittelt. Bereits frühzeitig sollte ein (weiteres) Gutachten eingeholt werden, um die Frage der Schuldfähigkeit des Mandanten abzuklären. Es waren weitere deutliche Hinweise in der Ermittlungsakte, daß der Mandant zur Tatzeit nicht schuldfähig gewesen sein könnte.

Die Staatsanwaltschaft meinte jedoch, die Tatvorwürfe seien nicht so heftig, daß ein Gutachten erforderlich sei. Die Anklagen wurden zugelassen, das Hauptverfahren wurde eröffnet. Und der Mandant wurde über seinen Betreuer zum Hauptverhandlungstermin geladen.

Der – nochmals: psychisch kranke – Mandant erschien nicht zum Termin. Es wurde ein Haftbefehl erlassen („Das machen wir hier immer so, wenn ein Angeklagter nicht erscheint.„). Vorher hat das Gericht aber meinen Beweisantrag hinsichtlich eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens entgegen genommen.

Nun wird folgendes passieren: Irgendwann wird der Mandant verhaftet und landet in einer kleinen Verwahrzelle auf irgendeinem Polizeiabschnitt. Von dort wird er – Stunden später – dann zur Gefangenensammelstelle verfrachtet, wo er weitere Stunden in einer möbellosen Zelle unter Neonlicht darauf wartet, in die Untersuchungshaftanstalt gebracht zu werden. Wochen später kommt dann ein Sachverständiger bei dem Mandanten vorbei, begutachtet ihn und stellt fest, daß er schuldunfähig ist. Wenn der Mandant Glück hat, wird der Haftbefehl dann aufgehoben. Wenn nicht, wird er warten müssen, bis das Gericht die Hauptverhandlung anberaumt, um ihn dann freizusprechen – nicht ohne ihm zu sagen, daß er sich künftig straffrei halten und sich einer Therapie unterziehen soll.

Der Tatvorwurf? Ein paar mal Schwarzfahren!

Hoffentlich gelingt es mir, mithilfe einsichtiger Rechtsmittelgerichte meinem Mandanten diese Tortour zu ersparen.

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Eine Antwort auf Haftbefehl: Das machen wir hier immer so!

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    RA Feltus says:

    Na dann wünsche ich mal viel Erfolg, aber dürfte hier bei einem § 230er Haftbefehl, unter Einbeziehung der konkreten Einezlumstände nicht schon die Verhältnismäßigkeit fraglich sein?