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Niemals nach dem Weg fragen, schon gar nicht in Polen!

Ein Fall wie aus einem schlechten Film und voller Klischees. Es wurde ein Audi A8 gestohlen. In Gda?sk. Das ist eine wunderschöne Stadt in Polen.

Der Audifahrer war ausgestiegen, um das Auto herum gegangen und unterhielt sich mit einem Passanten. Vielleicht wollte er nach dem Weg fragen oder wo man Zigaretten kaufen kann, was auch immer. Ohne dass er es bemerkte, stieg jemand in den Audi und konnte dank des noch steckenden Zündschlüssels mit dem schönen A8 wegfahren.

Da Fahrzeugdiebstahl in der Vollkasko versichert ist, wollte der Audifahrer Ersatz für sein geklautes Auto und zwar in Höhe von 40.000 Euro. Die Versicherung fand das Aussteigen allerdings grob fahrlässig und zahlte nichts.

Vor dem Landgericht Rostock gewann der Audifahrer noch. Auf die von der Versicherung eingelegte Berufung wurde die Klage vom Oberlandesgericht Rostock allerdings abgewiesen.

Wer sein Fahrzeug verlässt und den Schlüssel stecken lässt, noch dazu in Polen, wo so das OLG wörtlich,

Personen unterwegs sind, die gezielt nach Möglichkeiten zum Fahrzeugdiebstahl, insbesondere von Luxusfahrzeugen (…) Ausschau halten oder spontan eine passende Gelegenheit ausnutzen, handelt grob fahrlässig, auch wenn er nur um das Auto herum auf die Beifahrerseite geht.

Das Steckenlassen eines Schlüssels ohne Eingriffsmöglichkeit sei grob fahrlässig. Nach § 61 VVG in der noch alten Fassung war die Versicherung damit leistungsfrei.

Darüber hinaus hatte der Audifahrer allerdings auch, wohl nachdem er bemerkt hatte, dass das Steckenlassen des Schlüssels wohl nicht die cleverste Erklärung war, der Versicherung noch verschiedenste Sachverhaltsalternativen präsentiert, so dass die Versicherung auch noch wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung nach § 6 Abs. 3 VVG a.F. leistungsfrei war.

OLG Rostock, Urteil vom 07.11.2008, Az: 5 U 153/08 (Vorinstanz: LG Rostock, Urteil vom 31.01.2008, Az: 10 O 291/06)

Das OLG Rostock hatte hier noch das alte Versicherungsvertragsgesetz anwenden müssen. Ein Versicherungsnehmer nach alter Rechtslage hatte keine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführte. Lediglich wenn ihm nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen war, hatte er Anspruch auf volle Entschädigung.

Eine der wichtigsten Neuregelungen der VVG-Reform zum 01.01.2008 war die Abschaffung dieses „Alles oder Nichts“ Prinzips.

Nach § 81 VVG in der Neufassung ist eine Versicherung leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeiführt. Bei nur grob fahrlässigen Verstößen des Versicherungsnehmers kann die Versicherung die Leistung entsprechend der Schwere des Verschuldens kürzen.

Wie die Quote hier ausgefallen wäre, darüber kann man nur spekulieren. Angesichts der Bedeutung die das OLG Rostock dem „Tatort“ beigemessen hat, dürfte die Quote aber wohl weit jenseits von 50 Prozent liegen.

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