Damit hier heute keine Langeweile aufkommt, bietet mein Kalender ein nettes Unterhaltungsprogramm.
Um halb neun kommt die Ehefrau meines Mandanten und bringt mir 100 Euro, die ich auf sein Haftkonto einzahlen soll. Es ist damit zu rechnen, daß dieses Übergabe locker eine Stunde lang dauern wird, in der mindestens zwei Packungen Papiertaschentücher aufgebraucht werden.
Gegen 10:30 Uhr wird unser Versicherungsberater danach schauen, welche Überlebens-Chancen wir haben, nachdem uns der Himmel auf den Kopf gefallen ist. Wer von uns beiden die bereit liegenden Taschentücher braucht, ist noch nicht absehbar.
Um 11:30 Uhr schaue ich in der „Plötze“ vorbei. Dort sitzt ein dickfelliger Mandant, dem es zu teuer war, eine Geldstrafe zu bezahlen. Ich muß mit ihm eine (neue) Anklage besprechen, die er wegen einer Unhöflichkeit unter Rockern zu erwarten hat. Die peinlichen Taschentücher wird er nicht brauchen.
Spannend wird der Termin um 13:00 Uhr vor der Strafvollstreckungskammer. Den Mandanten, der dort weitere Lockerungen in seiner Unterbringungssache (§ 63 StGB) erwartet, habe ich vor etwa 8 Jahren gegen seinen Willen in die Klappse „verteidigt“. Zwischenzeitlich hat er sich dafür bedankt und ein paar Bilder für mich gemalt, die nun unser Besprechungszimmer schmücken. Er wird sich über die guten Nachrichten freuen, die ich und der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer ihm überbringen werden. Die Taschentücher für die Freudentränen werde ich ihm vor Beginn der Verhandlung übergeben.
Danach schaue ich noch im Moabiter Knast vorbei. Zwei Strafern, die es verdient haben, einfach mal „Guten Tag“ sagen. Und dann dem Untersuchungshäftling noch mitteilen, daß ich 100 Euro auf sein Konto eingezahlt habe. Glücklicherweise schmeißen mich die Wachteln gegen 15:45 Uhr wieder raus. Bevor mir die Taschentücher ausgehen …
Dann noch schnell bei Schlecker Aydins Minimarkt vorbei, neue Taschentücher kaufen. Morgen gibts ein Urteil vor der Strafkammer …
Bild: Lupo / pixelio.de