Seit ein paar Wochen läuft eine Frau hinter mir her. Jetzt aber nicht deswegen, was Sie jetzt schon wieder denken. Nein, diesmal keine Ferkelei. Obwohl, vielleicht doch?
Die Frau ist (oder war) Boxerin. Und jetzt schreibt sie ein Buch. Also die besten Voraussetzungen, um irgendwann mal eine kompetente Journalistin zu werden.
Und weil man als Journalistin Stoff braucht, sucht man frau sich einen Strafverteidiger. Also einen von denen, die eigentlich immer was zu erzählen haben.
Aber sie wollte nicht irgendwas, sondern nur das Eine, also was ganz Bestimmtes.
Ich hatte vor einigen Jahren einen Mandanten, der monatlich am Ersten sein Gehalt aufs Konto bekam und trotzdem zu den Unbequemen in der Firma gehörte. Nun, ja. Er hatte auch noch ein Hobby, das mit seinem Beruf eher wenig kompatibel war. Deswegen hat man ihn geärgert. Mehrmals sogar. Diese Ärgernisse endeten aber alle mit Einstellungen des Verfahrens, in einem Fall nach echt zähem Kampf mit einem Freispruch.
Das war der Stoff, der sich für die Boxerin spannend anhörte. Sie schrieb mir eine eMail und teilte mir mit, daß sie sich mit mir treffen will werde. Dazu hatte sie bereits einen Besprechungstermin erschlichen über meine Assistentin mit mir vereinbart.
Ich mußte schon tief in meine Kiste von nachhaltigen Argumenten greifen, um ihr verständlich zu machen, daß ich als Strafverteidiger nicht einfach mal so bei Caffè und Cantuccini über meine Mandate und Mandanten plaudern kann, darf und möchte.
Boxende Journalistinnen lassen da nicht so einfach locker. Zumal wenn der Schwerpunkt eher auf Boxen liegt, als auf einer sauberen Recherche über Schweigepflichten, Vertrauensverhältnisse und Zuverlässigkeiten eines Strafverteidigers.
Sie ging ihren Weg geradlinig weiter. Ein paar Wochen danach meldete sich eben jener freigesprochene Mandant und teilte mir mit, daß „die Andrea“[*] eine gaaanz Nette sei und sie mich demnächst besuchen werde, damit ich ihr alles erzählen könne.
Mit „Alles“ meinte der Mandant das, was sich in dem dreijährigen Verfahren ereignet hatte.
Es dauerte noch ein wenig, dann meldete sich die nette „Andrea“ wieder hier:
Sehr geehrter Herr Hoenig,
inzwischen habe ich mit Herrn und Frau Bullmann[*] gesprochen. Sie haben mir gesagt, dass sie Ihnen das ok gegeben hätten zu einem Gespräch mit mir. Haben Sie Zeit und Lust auf einen Kaffee?
Solche Anträge bekomme ich ja nun nicht zum ersten Mal. Aber diesmal habe ich mir endlich mal die Zeit genommen, über die Zeit zu schreiben, die mir solche Zeitdiebe nehmen, damit ich mich am Ende nicht mehr mit den wesentlichen Dingen des Lebens (s.u.) beschäftigen kann.
Aber jetzt! Ich verabschiede mich nun mit dem Hinweis auf einen kleinen Beitrag über mein Leben und setze mich in einen freundlichen Biergarten … italienische Heißgetränke gibt es erst morgen früh wieder. Und die trinke ich gemeinsam mit einem noch viiiel netteren Menschen.
Schönes Wochenende!
[*] der richtige Name ist der Redaktion bekannt ;-)