Beratender Verräter

In Insolvenzstrafverfahren spielen häufig auch Steuerberater eine wesentliche Rolle. Sie haben die in Schieflage geratenen Unternehmen regelmäßig über mehrere Jahre vertreten und beraten, verfügen also über werthaltige Informationen. Darauf greifen Ermittlungsbehörden und Insolvenzverhalter aufgrund ihrer berufsbedingten Neugier gern zurück.

Spannend wird es dabei, wenn bei der Befragung der Steuerberater neue Straftaten zutage treten. Hier habe ich zum Beispiel eine entdeckt, die sich in einer dunklen Ecke der Beiakten einem Vermerk versteckt hat:

Steuerberater sollten eigentlich wissen, dass auch sie einer Schweigepflicht unterliegen. Die allermeisten, die ich kennen gelernt habe, halten sich auch daran. Im Zweifel schauen sie auch einmal ins Gesetz und finden dort den § 203 Absatz 1 Ziffer 3 StGB. Spätestens dann halten sie sich mit Auskünften zurück.

Dieser Steuerberater, der über die Jahre hohe fünfstellige Honorare liquidiert und sicher auch überwiegend brauchbare Ergebnisse abgeliefert hat, könnte irgendwann ein Problem mit seiner Lizenz bekommen.

Dieser Beitrag wurde unter Steuerstrafrecht, Strafrecht, Wirtschaftsstrafrecht veröffentlicht und mit den Begriffen , verschlagwortet.

12 Antworten auf Beratender Verräter

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    WPR_bei_WBS says:

    Also ich finde das Verhalten unter aller Sau, und hoffe, es fällt unter die zitierte Norm! Jedoch: Tut sie das? Stichwort Geheimnis – die Firmengrundungen sind ja an sich kein Geheimnis, steht im HR und wird auch in der jeweiligen Publikation (z. B. IHK Zeitschrift) veröffentlicht.

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    Matthias says:

    Früher[tm] hieß es bei Beschäftigten in Unternehmen, die von Unternehmensberatern [heimgesucht|ausgesaugt] wurden, daß „beraten“ ein Mischwort aus „betrügen“ und „verraten“ sei ….
    Aber das war bestimmt nur früher[tm].

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    meine5cent says:

    Das Motiv, das zur Mandatsbeendigung führte und die getroffene Entscheidung sowie die Vermutung, wozu die Gründungen dienen,, ist ja selbst nichts, was vom Mandanten anvertraut wurde oder wovon man aufgrund des Mandats Kenntnis erlangt hat, sondern ein erst innerer und dann äußerer Vorgang beim Steuerberater selbst.
    Geheimnisse, die erst durch eigene Entscheidungen des „Täters“ geschaffen werden fallen nach wohl hM nicht unter 203.

    • Ich möchte Ihr Geschrei nicht hören, wenn Sie Mandant eines solchen Verräters wären und er den Ermittlungsbehörden seine Wahrnehmungen über Sie und Ihre Besserwisserei berichtet. Vielleicht wäre es eine schlaue Idee, mit etwas mehr Zurückhaltung und Demut an eine juristische Subsumtion zu gehen. crh
  5. 5
    Jakob says:

    Macht sich da eigentlich (auf Seite von Polizei/Staatsanwaltschaft) jemand strafbar wegen Anstiftung zu dem Geheimnisverrat?

  6. 6
    Charlie says:

    Ein Geheimnisverrat dürfte hier nicht vorliegen, weil keine Tatsachen offenbart wurden (die Firmengründungen als solche sind registerbekannt). Der Kollege StB hat nicht einmal von (von ihm) vermuteten Straftaten geredet.

    Die Äußerung als solche dürfte dem Betroffenen wohl nicht einmal geschadet haben. Die Mandatsniederlegung durch den StB war schließlich (übliche Abläufe vorausgesetzt) lange vor Einleitung des Strafverfahrens amtsbekannt.

    • Nein. Bekannt war nur, dass das Mandat nicht bestand. Wer es beendet hatte und warum, unterliegt dem Beratungsgeheimnis. crh

    Und wenn dann später nach dem Motiv gefragt wird, schadet es dem ehemaligen Mandanten sicherlich weniger, ein allgemeines, nicht konkret begründetes Unwohlsein anzugeben („Nää … so viele Firmen … mit so einem will ich nix zu tun haben“) als durch Schweigen den Verdacht zu erwecken, dass es einen auf konkreten Tatsachen/Vorgängen basierenden Anlass für die Mandatsniederlegung gegeben haben könnte.

    • Diese (im übrigen weit verbreitete) Furcht, durch ein Schweigen erst einen Verdacht zu provozieren bzw. zu intensivieren, haben viele Laien. Sie ist nicht gerechtfertigt.
       
      Profis wissen, dass der Steuerberater (wie auch Strafverteidiger) schweigen *müssen*. Wenn der Berater neutral auf seine Schweigepflicht hinweist, wird das zur Kenntnis genommen, aber nicht zur Beweiswürdigung genutzt.
       
      Auf die Frage, ob der Geheimnisverrat dem Mandanten schadet oder nützt, kommt es beim § 203 StGB erst darauf an, wenn es um die Höhe der Strafe für den Geheimnisverräter geht. crh
  7. 7
    JuergenW says:

    Im Umfeld eines in wirtschaftlicher Schieflage befindlichen Unternehmens werden einige neue Unternehmen gegründet. Für alle, die mit Steuerstraftaten Erfahrung haben ist dann unmittelbar evident, was hier abgeht, das ist kein Geheimnis, nur die Details sind noch nicht genau bekannt. Die Äußerung des Steuerberaters verrät hier überhaupt nichts und ist daher keine Straftat.

  8. 8
    blogspargel says:

    Also, Steuermandatsbeendigungen kommen immer wieder vor, das juckt das Finanzamt nicht und es bedarf auch keiner Begründung.

    Dass ein Steuerberatungsmandat beendet wird, geht aus meiner Erfahrung eher vom Mandanten aus. Ich habe da einen gewissen „Verschleiß“, entweder wurde ich eher „finanzamtlich-orientiert“ beraten, um selbst gut dazustehen(!), oder im entscheidenden Moment im Stich gelassen oder die Gebührenforderungen waren auf einmal am oberen Rand angesiedelt.

    Ein Steuerberater wird aus eigenen Stücken einen so gebührenstarken Mandanten wie den Ihren nicht so einfach ablegen, er hat ja eine zeitlang genau das mitgemacht und dafür kassiert. Und plötzlich, da die Insolvenz vor der Tür steht, will er’s nicht mehr gewesen sein.

    Auch wieder aus meiner Erfahrung vermute ich, dass der Steuerberater hier noch eine offene, nicht monetäre Rechnung mit Ihrem Mandanten hat, die er auf diese Weise begleichen wollte. Oder er sieht Probleme auf sich zukommen und will selbst gut gegenüber den Behörden dastehen (s.o.). Egal, alles eine Sauerei.

    Da sehe ich nicht nur Par. 213 StGB, sondern auch Par. 164 StGB berührt, da die Aussage ja auch irgendwie anlasslos getätigt wurde.

  9. 9
    Schnorchel says:

    Der Grund, weshalb ein Mandat niedergelegt wurde, ist für mich keine öffentliche Information und vor allem ist sie nicht von Dritten auf rechtlichem Wege erfragbar. Damit handelt es sich m. E. um ein solches Geschäftsgeheimnis, denn warum ich mit wem welche Geschäfte (nicht) führe, will ich nicht nur anderen nicht erzählen, sondern darf in diesem Falle auch nicht bereitwillig herausposaunt werden, um den Schutzgedanken der Strafvorschriften nicht ad absurdum zu führen. Denn dieser schützt meiner Ansicht nach auch das reine Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt/Steuerberater, sodass die Schwelle eher niedrig anzulegen ist auch vor dem Hintergrund, dass die Berufsgruppe durchaus imstande ist und sein muss, sensibel mit dem Thema umzugehen.

    Das wäre meine persönliche Ansicht. Wie die Rechtssprechung das sieht, weiß ich nicht.

  10. 10
  11. 11
    Chak says:

    Bereits die Tatsache, ob ein Mandat besteht, unterliegt der Geheimhaltung.

    Wenn er diese Unterlagen also den Ermittlungsbehörden übersandt hat (beim Insolvenzverwalter sieht das anders aus), dann hat er sich bereits damit § 203 Abs. 1 S. 3 schuldig gemacht, die weiteren Äußerungen machen es dann nur noch schlimmer.

  12. 12
    lilahexe04 says:

    Puh, ich hätte jetzt aber auch gedacht, dass meine Steuerberatung nicht einfach ausplaudert, was ich mache, auch wenn es nicht koscher wäre. Finde ich schon heftig, wenn ich so darüber nachdenken.