Keine Steuererklärung abgegeben? Hausdurchsuchung!

Die Mandantin führt als Geschäftsführerin und Vorstand mehrere Gesellschaften einer Unternehmensgruppe. Die Gesellschaften sind augenscheinlich seit einigen Jahren sehr erfolgreich am Markt tätig.

Die sieben 14-Stunden-Tage pro Woche lassen der Mandantin aber keinen Spielraum für so vermeintlich nebensächliche Angelegenheiten wie die Abgabe von Steuererklärungen und -voranmeldungen.

Irgenswann hat dann das Finanzamt die Aufgabe, die Höhe der Umsätze bzw. Erträge zu schätzen. Doch dafür fehlten in diesem Fall dem Sachbearbeiter konkrete Anhaltspunkte. Er wollte aber auf jeden Fall vermeiden, daß seine Schüsse ins Blaue irgendwo ins Nirvana gehen. Deswegen hat er die Akte zunächst einmal an die örtlich zuständige Steuerfahndung abgegeben.

Aber auch dort war man not amused, es fehlten schlicht konkrete Zahlen. Wie kommt man als Ermittlungsbehörde nun an die fehlenden Informationen?

Richtig: Die Steuerfahndung beantragt beim und erhält vom Amtsgericht mehrere Durchsuchungsbeschlüsse. Damit sind die Ermittler für die Informationsbeschaffung zur Abfassung der Schätzbescheide bestens ausgestattet.

Ein paar Tage später klingelt es morgens um kurz nach 6 Uhr bei der Mandantin und ein paar freundliche Herren stehen vor ihrer Haustür. Die Mandantin wird eingeladen, dann auch in ihre Firma zu kommen, sobald man mit der Wohnungsdurchsuchung fertig ist.

Wenn es sich also „lohnt“ für die Finanzverwaltung, holt man sich die Informationen selbst ab, sofern der Steuerpflichtige sie nicht freiwillig liefert. Das macht die Sache am Ende aber nicht billiger …

Auch wenn der Spielraum für eine Verteidigung in so einer Konstellation relativ eng ist, jedenfalls was die strafrechtlichen Sanktionen angeht; eine „Schadensbegrenzung“ ist immer noch gut möglich. Man muß nur wissen, was jetzt zu tun oder möglichst zu unterlassen ist, wenn die Vernichtung der mühsam aufgebauten Existenz vermieden werden soll.

Es könnte so einfach sein. Isses aber nicht.

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Bild (CC0): webandi / via Pixabay

Dieser Beitrag wurde unter Steuerstrafrecht veröffentlicht.

9 Antworten auf Keine Steuererklärung abgegeben? Hausdurchsuchung!

  1. 1
    Kenguru says:

    …. bei soviel Realitätsverweigerung ist es vielleicht auch mal Zeit der Geschäftsführerin / Vorstandsvorsitzenden zu zeigen, dass sie auf Ihrem Posten nichts zu suchen hat. Die Dame sollte sich auf ihre Position als Gesellschafterin zurückziehen und die Geschäftsführung in kompetente Hände legen ( … wenn das nach Abschluss des Steuerstrafverfahrens noch möglich ist …)

  2. 2
    Maik says:

    Wäre mir persönlich neu, dass die SteuFa beim Gericht die Durchsuchungsanordnung erwirken kann. Dafür bedarf es wohl eher der Bußgeld- und Strafsachenstelle.

    Das bedeutet neben der SteuFa (Kriminalpolizei der Steuerverwaltung), der Bustra (kleine Steuerstaatsanwaltschaft) und dem Amtsgericht haben drei juristisch voneinander unabhängige Instanzen den Anfangsverdacht als begründet angesehen.

    Angesichts der Tatsache dass ein reiner Nichtabgabefall nie zu einem steuerstrafrechtlichen Anfangsverdacht führen kann, ist da etwas unrichtig oder jedenfalls verkürzt dargestellt. Kein Kontrollmaterial = kein Tatverdacht. Das wäre ein klassischer § 170 (2) StPO. Andernfalls läge eine rechtswidrige Ausforschungsdurchsuchung vor. Also wie war es denn nun genau Herr Hoenig?

    • Das ist Erbsenzählerei. Wenn ich zu wenig Wohngeld bekomme, dann verklage ich nicht den Mitarbeiter beim Bezirksamt, der den Wohngeldbescheid erlassen hat, sondern das Land Berlin, vertreten durch die einzelnen Verwaltungseinheiten (Bezirksamt, Wohngestelle …). So ähnlich ist es auch hier. Im Übrigen: Siehe meinen Kommentar weiter unten. crh
  3. 3
    meine5ent says:

    @Maik: 386, 399 AO lesen? Solange es ein reines Steuerstrafverfahren ist und die StA nicht evoziert hat, kann auch die SteuFA Durchsuchungsbeschlüsse beantragen.
    Zum Unternehmen:
    Also dass ein erfolgreiches Multiunternehmen es weder schafft r,einen Steuerberater zu beaufragen noch Bilanzen zu erstellen und beim Bundesanzeiger einzustellen, anhand derer das FA irgendwas schätzen könnte, ist eher ungewöhnlich.

    NIchtabgabe von Steuererklärungen aus Nachlässigkeit passiert sonst eher den chaotischen Einzelunternehmern mit Schuhkartonbelegsammlung, oder wenn man sich keinen StB leisten kann oder gerne wegen privater Probleme (Trennung,….) mal den Überblick verliert.

  4. 4
    Fibu says:

    Aber eine Buchhaltung ist schon vorhanden, die beschlagnahmt werden konnte? Warum dann nicht einen Steuerberater mit der Erstellung der Besteuerungsgrundlagen sowie Steuerangelegenheiten beauftragen, wenn man selbst keine Zeit dazu hat? Dass es so was wie Steuern und das Finanzamt gibt, sollte eine Konzernchefin schon mal gehört haben. Dass man mit denen lieber nicht Schlitten fährt, hat die Mandantin jetzt (hoffentlich) gelernt.

  5. 5
    Maik says:

    Mitnichten ist in §§ 386, 399 AO die SteuFa gemeint. Tatsächlich beziehen sich die Ausführungen im achten Teil der AO zur Finanzbehörde oder zur sonst zuständigen Finanzbehörde auf die dort nicht namentlich genannte BuStra/StraBu, die die Staaatsanwaltschaft der Steuerverwaltung ist. Rechtsgrundlage für Handeln der SteuFa ist § 208 AO.

    Es würde sonst auch keinen Sinn machen, wenn die Staatsanwaltschaft der SteuFa (Steuerpolizei) im Rahmen von §386 Abs. 4 AO ein Verfahren aufgrund ihres Evokationsrechts wegnimmt, für das sie als Herrin des Verfahrens ohnehin zuständig wäre.

    Die SteuFa kann allenfalls nach § 165 StPO im Rahmen von Notkompetenzen Beschlüsse anregen. Selbst dort fehlt das konkrete Antragsrecht.

  6. 6

    @Mike und @meine5ent

    Welche Verwaltungseinheit innerhalb der Behörde zuständig ist für den Antrag, spielt für die Rechtmäßigkeit des Durchsuchungsbeschlusses (nur das interessiert den Strafrechtler) eine nachgeordnete Rolle. Das mag aus Sicht der Finanzverwaltung anders aussehen, ist hier allerdings nicht relevant

    Hier ein Ausriß aus dem Durchsuchungsbeschluß:

    Dem Ermittlungsrichter war das auch egal.

  7. 7
    Gerd says:

    Dazu fällt mir eine Kurzgeschichte von Ephraim Kishon ein.

  8. 8
    Maik says:

    Jetzt noch die Gründe des Beschlusses. Der im
    Post dargestellte Sachverhalt würde tatsächlich keinen Anfangsverdacht und damit auch keine konkretisierten Anfangsverdacht für eine Durchsuchung rechtfertigen. Gab es Kontrollmaterial?

    • Kleinen Moment. Ich schicke Ihnen die gesamte Akte, dann können Sie gleich auch die Verteidigung übernehmen. crh
  9. 9