Die Kittelschürze beim AG Cottbus

Zumindest nicht mit der Postkutsche, sondern immerhin schon per Fax erreichte unsere Kanzlei die Ladung zu einer Verhandlung in einer Bußgeldsache:

Ich weise darauf hin, daß die Verhandlung nicht im Jahre 1918 stattfinden soll.

Unser Kollege Detlef Burhoff hatte das Thema bereits am 16.04.2018 am Wickel. In seinem Blogbeitrag schrieb Herr Burhoff …

Es geht um die Frage: Darf der Kollege/der Rechtsanwalt in der Hauptverhandlung sein Notebook benutzen oder nicht. Die Richterin am AG Cottbus hatte: Nein, gesagt, das aber nicht mit konkreten “Eriegnissen” begründet, sondern nur mit in meinen Augen diffusen Sicherheitsbedenken.

… und verwies auf den Beschluß des Landgericht Cottbus vom 10.04.2018 (22 Qs 60/18), der den Unsinn der mutmaßlich selben Richterin als ebensolchen disqualifizierte.

Wie die meisten strafrechtlich engagierten Rechtsanwälte ist auch Detlef Burhoff Optimist. Deswegen äußerte er in seinem Beitrag am Ende auch die Hoffnung, daß der Beschluß dieser Amtsrichterin den Weg in die Gegenwart geebnet haben möge:

Dem [LG Beschluß] ist nichts hinzuzufügen, außer: Man kann nur hoffen, dass es hilft […] Woanders ist [der Laptop in der Hauptverhandlung] vielleicht aber auch kein Problem. In Cottbus jetzt hoffentlich auch nicht mehr.

Die Hoffnung eines Richters am OLG a.D. ist mit Zusendung der Ladung an unsere Kanzlei gestorben.

Obiter dictum:
Wieso kommt mir jetzt das Bild einer Perlon®-bekittelten Hausfrau in den Kopf, die am Waschtrog steht und ihre Wäsche auf dem Waschbrett rubbelt, weil eine Waschmaschine das Werk des Teufels sein muß?

Dieser Beitrag wurde unter Ordnungswidrigkeitenrecht, Richter veröffentlicht.

15 Antworten auf Die Kittelschürze beim AG Cottbus

  1. 1
    Phil says:

    Vielleicht hat man auch nur die Vorlage noch nicht anpassen können. Die hatte damals der Schülerpraktikant eingerichtet und bis ein neuer kommt, weiß niemand, wie man diese EDV bedient.

  2. 2
    WPR_bei_WBS says:

    Oh. Mein. Gott. – Cottbus. – Silke ist doch nicht etwa Richterin geworden?!? :-o ;-)

  3. 3
    Kassandra says:

    Die Durchführung rechtsstaatskonformer Verfahren ist nicht gerade die Stärke der Richter am AG Cottbus (von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen)
    bei der betreffenden Richterin dürfte es sich wohl mit großer Wahrscheinlichkeit um Richterin [Klarname gelöscht. crh] handeln.
    na dann, viel Spaß bei der Verhandlung.

    • Der Name der Richterin ist hier bekannt. Es gibt Gründe, warum ich ihn in dem Blogbeitrag nicht veröffentlich habe. crh
  4. 4
    WPR_bei_WBS says:

    Mh, wir haben heute den 20.04. Ich würde nicht davon ausgehen, dass der LG-Beschluss vom 10. schon (mittels analoger Hauspost) bei der Richterin am AG eingegangen ist.

  5. 5
    Ryker says:

    Der Norden ist da weiter:

    Sitzungssaal der Zukunft im Amtsgericht Itzehoe vorgestellt.

    • Danke für den Link. crh
  6. 6
    quicker-easier says:

    Vielleicht meinen die mit „elektronischen Medien“, ja auch nur, dass man während der Hauptverhandlung nicht Netflix gucken darf.

  7. 7
    Der wahre T1000 says:

    Ich kann ja verstehen, wenn Richter Smartphones verbannen wollen. Einerseits können die Dinger klingeln und stören, andererseits könnte mancher draufglotzen und abgelenkt sein. Aber Arbeitsmittel/Laptop-Verbot? Echt jetzt?

  8. 8
    Viergewinnt says:

    :-)
    herrlich, mit einem Lachen im Gesicht in den schönen Tag zu gehen.
    Ich sags ja: erfrischend…

  9. 9
    Zielfahnder Krawuttke says:

    Die Richterin sollte mal in den Show-Room der Justiz gehen. Da sieht Sie mal, was ihr selbst in 3-5 Jahren „droht“…

    https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/brandenburgisches-justizministerium-eroeffnet-e-justiz-showroom

  10. 10
    Zielfahnder Krawuttke says:

    p.s. verboten ist nur die Nutzung „elektronischer Medien“, also bei wortlautgetreuer Auslegung die Nutzung „digitaler Medien“ i.S.v. Inhalte. Der Herr Verteidiger darf also gern in seinem Word-Fenster Stichpunkte aufnehmen, da er insoweit keine Medien (Inhalte) nutzt, sondern erstellt. Erst das erneute „ablesen“, dürfte verboten sein. Oder auch die adhoc-Nutzung von Juris/Beck in der Verhandlung. Vielleicht sollte als Tarnung einfach ein alter Schönfelder neben den Laptop gestellt werden („keine Angst, am Laptop mache ich nur Dateneingaben; die Mediennutzung erfolgt rein analog!“).

  11. 11
    Flo says:

    Wie weit wäre eigentlich noch eine sachgerechte Verteidigung möglich wenn man keinen Laptop mehr nutzen darf? Gut, beA wurde noch schnell gestoppt. Aber bei konsequenter Nutzung vom beA hätte man doch diverse verfahrensrelevante Unterlagen nur noch digital bekommen.

  12. 12
    Schnoffel says:

    Einfach darüber hinwegsetzen. Ich finde nicht, dass es Aufgabe des Richters ist, eigenmächtig derartige Vorschriften zu erlassen.

  13. 13

    Von wann ist die Ladung denn? Der Beschluss des LG ist vom 10.04. Wenn die den mit der Postkusche zum AG bringen, kann es etwas dauern, bis er dort ankommt…..

  14. 14
    Absolut says:

    Der im Termin mailcheckende Verteidiger im Spannungsfeld des 338 Nr. 5 StPO – dazu eine Stellungnahme des Blogautors, und man könnte die Sache aus einem anderen Licht betrachten.

  15. 15

    […] Die Kittelschürze beim AG Cottbus, man hätte ggf. auch schreiben können: Zu früh gefreut ? , […]