Vermeidbar: Die Kostenkeule im Strafrecht.

Manchmal ist die Strafe das geringere Übel.

Denn sobald jemand verurteilt wird, hat er auch die Kosten dafür zu tragen. Das bestimmt der § 465 StPO. In nicht wenigen Konstellationen ist allein die Kostenkeule das Ende der wirtschaftlichen Existenz.

Der Kollege Kolja Zaborowski, weist in einem Facebook-Beitrag auf dieses Problem hin. Rechtsanwalt Zaborowski berichtet über die Outsourcing-Tendenzen der Ermittler. Die Behörden sind sachlich und personell überlastet, ganz besonders wenn ein Computer an dem Vorfall „beteiligt“ ist. Dann wird die Ermittlungsarbeit nicht selten an externe IT-Forensik Sachverständigenbüros delegiert. Und das geht ins ernsthafte Geld.

Für die Suche auf Speichermedien nach strafbaren Inhalten werden von den Sachverständigen regelmäßig 85,00 € pro Stunde berechnet. Je nachdem, wie umfangreich die Datensammlungen sind und wie schnell der Forensiker arbeitet, kommen da am Ende gut vier- oder gar fünfstellige Beträge zustande. Und die werden dann dem Verurteilten als Verfahrenskosten übergeholfen.

Dann lautet ein Urteil auf z.B. 90 Tagessätze zu 30 Euro, also 2.700 Euro. Und dann kommen noch die 200 Stunden für die Durchsuchung eines externen Speichers (z.B. einer NAS) zu je 85 Euro oben drauf. Das macht bummelige 17.000 Euro. Plus 60 Euro weitere Verfahrenskosten (die den Kohl dann auch nicht mehr fett machen).

Wie läßt sich der finale Schlag mit der Kostenkeule verhindern?

Wenn klar ist, daß sich auf dem sichergestellten Rechner böse Bilder und Daten befinden, kann man sich darauf verlassen, daß sie auch gefunden werden. Dann hilft eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit den Ermittlungsbehörden weiter. Denn dort arbeiten Beamte. Und wenn man einem Beamten die Arbeit abnimmt, freut er sich. Das führt dann meist zur Milde bei der Auswahl der Konsequenzen.

Der Kollege Werner Siebers rät daher unter dem Facebook-Post von Zaborowski zum Pauschalgeständnis. Solche Arbeitserleichterungsgeschenke werden von der Staatsanwaltschaft gern entgegen genommen, wenn man sie dekorativ eingepackt präsentiert. Dann braucht es keinen kostenintensiven Sachverständigen. Und das Verfahren endet – zur Freude aller Beteiligten – schnell und günstig.

Das funktioniert am besten mit der früh- und rechtzeitigen(!) Kontaktaufnahme zu einem Strafverteidiger, der das Spiel auf dieser Klaviatur beherrscht.

Was klappt noch besser und ist zudem deutlich billiger?

Richtig: Eine knackige Festplattenverschlüsselung, z.B. via Truecrypt Version 7.1a. Aber das ist dann ein anderes Thema …

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Bild: ©little wittys

Dieser Beitrag wurde unter Cybercrime, Strafrecht, Strafverteidiger veröffentlicht.

18 Antworten auf Vermeidbar: Die Kostenkeule im Strafrecht.

  1. 1
    Swante says:

    Truecrypt ist eine zwar eigentlich eine gute Empfehlung, da aber Truecrypt nicht mehr weiter entwickelt wird, lieber Veracrypt empfehlen.

    Veracrypt basiert auf Truecrypt 7.1a und wird noch weiterentwickelt.

    Und das wichtigste: Bitte ein langes Password wählen.

  2. 2
    Andreas says:

    Wenn jetzt die Festplatte mit Veracrypt und einem sehr langen, sicheren Passwort verschlüsselt ist: jetzt setzen die Ermittler eine IT-Firma darauf an. Die können jetzt 200, 400, 2.000 Stunden daran herumwerkeln und werden die voraussichtlich nicht knacken können.
    Nun geben die nach 1.500 Stunden auf. Absehbar war aber natürlich von vornherein, das geht nicht. Da könnte man den Angenagten von vornherein mit den Kosten erpressen: „wenn du das Kennwort nicht rausgibst, setzen wir die IT drauf an, jede Stunde kostet … du zahlst.“
    Da geht die Empfehlung zur Verschlüsselung doch ins Leere, oder? Wenn zur Verurteilung irgendwo noch ein Schnipselchen Beweis ausgereicht hat …?

  3. 3
    alter Jakob says:

    @Andreas: Wenn du jemanden vor Zeugen verprügelt hast, dann hilft eine Festplattenverschlüsselung natürlich nicht viel.

    Ich glaube aber nicht, das dir Kosten auferlegt werden können, die nicht notwendig sind. Und die Notwendigkeit der IT-Experten lässt sich schlecht nachweisen, wenn das Ergebnis keinen Mehrwert für eine Verurteilung bringt. Kann ja auch sein, dass die Auswertung nichts ergeben hätte. Weiß man halt nicht, weil die Verschlüsselung nicht geknackt wurde.

  4. 4
    Techniker says:

    @Andreas: ich spinne den Gedanken noch weiter: Was, wenn die Arbeit der IT-Firma (oder Gutachter, wasauchimmer) zu Ergebnissen führt, die für die Verurteilung nicht massgeblich sind?
    Bsp: Die Platte wird durchsucht weil nicht verschlüsselt, aber nichts Strafbares gefunden. Wer zahlt?
    Einen Angeklagten, der mit 30 Tagessätzen davon kommt, dermassen wirtschaftlich zu ruinieren dass er dann 30 Jahre lang Pleite ist (ich nehme mal an dass Verfahrenskosten nicht im Rahmen einer Insolvenz loszuwerden sind), scheint mir das Kind mit dem Bade auszuschütten. Wenn jemand erst nichts mehr zu verlieren hat, ist die Schwelle zur neuen Straftat deutlich niedriger.

  5. 5
    ich says:

    Da ist der Beitrag wohl etwas nicht ganz aktuell:

    Gemäß JVEG (zu § 9 Abs. 1) Anlage 1 sind in der Honorargruppe 8 (10.1 Datenverarbeitung, Hardware und Software) 100,- pro Stunde (netto) abrechnungsfähig. In den meisten Fällen auf Antrag auch noch andere (höhere) Stundensätze.

  6. 6
    Flo says:

    @Andreas, die Idee von der Verschlüsselung der Festplatte ist aber das man nichts findet. Keine belastenden Daten = keine Verurteilung = keine Verfahrenskosten die man tragen muss.

  7. 7
    TG says:

    Nun muss die Staatsanwaltschaft ja auch entlastende Beweise ermitteln, bspw. also vielleicht gucken ob die Dateien nicht einem anderen Benutzer zuzuordnen sind.. sollte von daher nicht eine gründliche Durchleuchtung der IT immer notwendig sein, zumindest bei IT-nahen Verfahren?

    Und müssen nicht auch im Fall einer solchen Arbeitserleichterung die Angaben verifiziert werden und darüber hinaus sichergestellt werden dass nicht noch weiteres belastendes Material zu finden ist?

    Warum schickt die Polizei eigentlich nicht Befragungsspezialisten los um Zeugen zu befragen / allgemein einen Fall zu ermitteln? Für 100€/h lassen sich da doch sicher welche finden die dann die Polizei entlasten könnten..

    Irgendwas liegt da gehörig schief.

  8. 8
    ich says:

    @TG: in der Regel sehen Aufträge zur Untersuchung von IT (Festplatten …) auch recht umfangreich aus. Und wieder Erwarten spricht man in der Regel auch über die Ergebnisse und Aussage- bzw. Beweiskraft, damit diese Zielführend (gleich was für eine Richtung) verwendet werden können.

    Da wird nicht nur der betreffenden Strafsache (Anschuldigung) gefragt/untersucht, sondern auch nach anderen relevanten Strafsachen, Verweisen zu anderen (möglicher Weise) Beteiligten, der Weitergabe der betreffenden Daten, usw…

  9. 9
    Link says:

    @Techniker

    „Die dem Schuldner in einem Strafverfahren auferlegten Gerichtskosten sind keine Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung im Sinne von § 302 Nr. 1
    InsO
    .“

    Link im Namen

  10. 10
    Rainer Winkler says:

    Ich finde den Gedanken, im Zweifel zu gestehen, um nicht von den Kosten eines Verfahrens um die Existenz gebracht zu werden, irgendwie unberuhigend. Wenn die Verfahrenskosten zehn mal so hoch sind die eine mögliche Geldstrafe, dann stehen Ermittlungsaufwand und Tat in keinem Verhältnis mehr. Man kann es auch von der anderen Seite aus sehen. In beiden Fällen, Verurteilung oder Freispruch, diejenigen, die die Kosten zu tragen haben, werden unverhältnismäßig in Anspruch genommen. Ist aber nur meine bescheidene Meinung.

  11. 11
    ich says:

    @Rainer: 2 Gedanken:
    1) Wenn man nichts zu verbergen hast, kann man das Passwort für die Festplatte ja raus geben – wenn man doch was zu verbergen hat: selbst Schuld.

    2) Wie hoch dürfen den die Kosten bei einem einfachen Diebstahl (gibt es den ?) sein – und wie hoch bei Totschlag oder Mord ?

  12. 12
    Mirco says:

    @Flo
    Das Problem ist, dass sich woanders „zur Verurteilung irgendwo noch ein Schnipselchen Beweis“ finden kann. Die Koordination des Drogengroßhandels kann man nicht nachweisen, aber die Krümmel unterm Bett.

  13. 13
    Johann L. says:

    @ich, #10
    Na, da ist aber Einer sehr positiv (Euphemismus für gutgläubig/naiv). Welcher Dienstleister wird von der StA erneut beauftragt werden: Der der nichts findet, oder Der der irgendwas Verwertbares ‚findet‘?

    Die ganz wenigen der schwarzen Schafe unter den Dienstleistern platzieren dann halt Fundstücke (da das selbst der Bundestrojaner kann ist das keine VT – es muss dazu ja im Pflichtenheft definiert worden sein!). Dagegen schützt nur eine nachweislich(!) uneinsehbare Festplatte (== Passwort nie herausgeben).

    Im Übrigen ist es wie immer: Der ernsthafte, professionelle Straftäter hat seine Vermögensangelegenheiten lange vorher geregelt und lässt sich bzgl. Kosten einfach pfänden.
    Der einfache Delinquent (insbesondere der Unschuldige) hingegen ist gut erpressbar (um so wichtiger: Dem Gegner nicht durch Passwortherausgabe in die Karten spielen!).

  14. 14
    ich says:

    @Johann #12 – da kann ich beruhigen wenigstens das scheint zu klappen. der dienstleister arbeitet nicht erfolgsabhänig – im gegenteil: nichts finden ist ja auch ein ergebnis. ich kenne da mehrere staw’s die kommen seit jahren immer wieder und das obwohl es nicht immer was zu finden gibt. kann aber sicher eine ausnahme sein …

  15. 15
    Engywuck says:

    Sachverstämdige im IT-Bereich arbeiten für 85€/h? Ist in Berlin große Konkurrenz oder warum ist das so günstig?

    (Zum Vergleich: Tagessätze von 1000€ bis 1200€ sind hier in der Gegend derzeit üblich für IT-Consulting und -Service)

  16. 16
    Senfgnu says:

    Das ist doch ein Argument für den Frühjahrsputz: Wer alte verschlüsselte Platten entsorgt, geht vielleicht bei Verurteilung nicht sofort in die Insolvenz.

  17. 17
    Johann L. says:

    @ich
    Cool, dann sind Sie ein weisses Schaf ;)

    @Senfgnu
    Es genügt, sie (nach eventuellem Löschen mit Zufallzahlen (RND)) mit Nullen (oder Einsen) vollzuschreiben: Schon sind sie nachweislich leer.
    Eine schlechte/riskante Idee ist hingegen das Löschen mit RND allein: Die Platte ist leer, aber das ist bestenfalls durch eine (auch nicht ganz billige) stochastische Analyse nachweisbar.

  18. 18