Strafmaß für den Staatsanwalt

302061_web_r_b_by_korneloni_pixelio-deWas springt eigentlich für einen Staatsanwalt heraus, der (noch mutmaßlich) vier Straftaten begangen hat (und sich dabei erwischen ließ)?

Ein 38-jähriger Staatsanwalt hat sich nach einer (nicht rechtskräftigen) Entscheidung des AG Frankfurt/M. wegen Beleidigung, Körperverletzung, Mißbrauchs von Notrufen und seiner Befugnisse oder Stellung als Amtsträger strafbar gemacht.

Das Urteil vom 12.09.2016 hat dafür 10 Monate Freiheitsstrafe verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurden. Zusätzlich wurde ihm aufgegeben, 8.000 Euro an eine Polizeistiftung zu zahlen.

Die Anklagebehörde hatte 13 Monate Freiheitsstrafe beantragt. Das wäre die beamtenrechtliche rote Karte gewesen, § 24 BeamtStG. Soweit wollte das Amtsgericht ja nun doch nicht gehen.

Aber schauen wir uns doch mal die Strafrahmen der hier einschlägigen Vorschriften an.

  • Beleidigung, § 185 StGB: Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe
  • Körperverletzung, § 223 StGB: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe
  • Mißbrauch von Notrufen, § 145 StGB: Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe
  • Mißbrauch seiner Befugnisse oder Stellung als Amtsträger, § 240 StGB: Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren

In der Regel bekommen die Amtsträger, die man wegen ihrer Verfehlungen nicht vom Platz stellen will, 11 Monate und irgendeine spürbare Bewährungsauflage. Das AG Frankfurt hielt hier einen etwas größeren Abstand zur Außenlinie.

Ist das Urteil für die vier von einem Repräsentanten der Justiz tatmehrheitlich begangene Straftaten angemessen?

Was macht man mit so einem?


     

 

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PS:
Die LTO berichtet hier und hier über weitere Details aus dem Verfahren.

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Bild: © korneloni / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Richter, Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

14 Antworten auf Strafmaß für den Staatsanwalt

  1. 1
    Non Nomen says:

    Haben die Frankfurter „Papa Gnädig“ reaktiviert?
    Selbst wenn man äußerst moderaten Ansätzen der Strafzumessung folgt und dann halbiert wäre immer noch mehr als „ein Jahr“ unumgänglich.

    • Bitte berücksichtigen Sie bei „Ihrer“ Strafzumessung, dass wir Strafjuristen keine Mathematikaufgaben lösen. Wie ein Strafmaß von einem Richter bestimmt werden muss, regelt § 46 StGB; und dort steht nichts von „Höchststrafe geteilt durch zwei“. ;-) crh
  2. 2
    martin says:

    Zu beachten für die Strafzumessung ist auch die verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten bei der in Tateinheit begangenen Körperverletzung und Beleidigung.

    • § 21 StGB führt nicht zwingend zur Strafmilderung nach § 49 StGB. Wer weiß, daß er im besoffenen Kopf leichtsinnig wird, den trifft die volle Härte des Gesetzes. Hat mir mal ein Staatsanwalt erzählt. crh
  3. 3
    Holger Lauermann says:

    Als Laie würde ich dann, wenn es schon mit §46 StGB geht, das einzeln abklopfen.
    Das aber kann ich nicht, da mir keine Informationen zu den genannten Parametern vorliegen.
    Beweggründe, Gesinnung, Plichtwidrigkeit, Vorleben, Verhalten nach der Tat….
    Schwer zu sagen, aber ich würde schon mehr als 12 Monate für angemessen halten.
    Außer man heißt Uli Hoeneß, ist klar. :)

  4. 4
    Belenus says:

    Grenzwertige Entscheidung. Natürlich auch schwierig für die Richter, weil 24 BeamtStG kein späteres Ermessen zulässt und diese enormen Folgen bei der Strafzumessung irgendwo im Hinterkopf des Richters „rumschwirren“. Isoliert betrachtet finde ich das Strafmaß ok, als Staatsanwalt möchte ich eine solche Person aber eigentlich nicht in Deutschland haben. Sich betrunken mal nen „Ausrutscher“ erlauben ist das Eine, das Schreiben an die EX des Bekannten lässt aber einfach zu tief blicken.
    Auffallend finde ich, dass man -unabhängig von diesem Fall- schon manchmal den Eindruck gewinnen könnte, dass vor dem Hintergrund des 24 doch tatsächlich öfters recht milde geurteilt wird. Mir schwirrt da unter anderem das Daschner-Urteil im Kopf herum.

  5. 5
    Drucker says:

    10 Monate sind schon o.k., dann aber wirklich einrücken lassen.

  6. 6
    BV says:

    @ Drucker, # 5:

    Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Zunächst muss eine angemessene Strafe gefunden werden. Ob diese dann zur Bewährung ausgesetzt wird, ist eine zweite Frage, die nach § 56 I StGB zu beantworten ist.

  7. 7
    K75 S says:

    Ich kenne die durchschnittliche Überlebensdauer von Polizisten und Staatsanwälten in deutschen Haftanstalten nicht … könnte mir jedoch vorstellen, dass ein „einrücken“ weit extremere Folgen hätte, als vom Gesetzgeber als Strafmaß vorgesehen ist.

    In London hatte man ja rechtzeitig vorgesorgt und für hochrangige Häftlinge ein eigenes Hochsicherheitsgefängnis an der Themse gebaut. Scheinbar gibt es hier nichts vergleichbares.

  8. 8
    RA R says:

    Hätte mir die Option
    ** War beim Prozess nicht dabei, kenne die Akten nicht, kann ich nicht beurteilen **
    gewünscht. Die Comments bestätigen, dass das immer richtig wäre.

    • Hätte, hätte, Fahrradkette. Wenn’se ma früher watt jesacht hätten … Aber das nächste Mal baue ich extra eine RA-R-Option für Sie ein. crh
  9. 9
    LR says:

    Der § 24 BeamtStG ist halt echt eine extrem harte Folge, die sowohl dem Schuldprinzip oftmals nicht entsprechen kann als auch den Resozialisierungsgedanken verfehlt. In weiten Teilen des Beamtentums wirkt die Norm halt wie ein Berufsausübungsverbot (hier nicht unbedingt, ein Jurist kann ja zumindest theoretisch auch noch andere Sachen als Staatsanwalt). Ich möchte auf jeden Fall nicht in der Haut des Richters stecken bei solch einer Entscheidung

  10. 10
    Drucker says:

    @BV: Das eine hat immerhin mit dem anderen so viel zu tun, dass es im gleichen Urteil steht und beides unter Würdigung aller Umstände beschlossen wird. Trennen lassen sich die beiden Aspekte also höchstens im Kopf des Richters.

    @K75 S: Wenn „Überlebensdauer“ wörtlich gemeint sein sollte, dann sei der Hinweis erlaubt, dass US-Gefängnisfilme nicht die Realität widerspiegeln und schon gar nicht die Realität hierzulande.

  11. 11
    jj preston says:

    Ich will es mal so ausdrücken: Ob 10 oder 13 Monate auf Bewährung, wird per se den Kohl nicht fett machen (das ist er ja schon) und auch in seiner Wirkung nicht unbedingt einen Unterschied bei der Verhaltensänderung auslösen.

    Knackpunkt ist, ob die vorgesetze Behörde disziplinarrechtlich allein auf § 24 BeamtStG angewiesen ist, um den Staatsanwalt rauskanten zu können, oder ob in FFM das Disziplinarrecht die Möglichkeit hergibt, derart schwer wiegende rechtliche Verfehlungen eines Organs der Rechtspflege zur Grundlage für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu machen.

    Ich habe den Eindruck, gegenüber BeamtInnen haben deutsche StrafrichterInnen eine merkliche Beißhemmung, derartige Konsequenzen zu verantworten, und verschieben diese Entscheidung darüber, ob ein verurteilter Mensch im Beamtenstatus desselben noch als würdig gelten kann, wohl lieber auf den Dienstherrn. Was nicht schlimm wäre, wenn der nicht selbst Beißhemmungen (oder ist es Kadavergehorsam?) hätte.

    In dem Zusammenhang wundere ich mich auch immer wieder über Menschen, die der Meinung sind, dass Staatsbedienstete, die die Einhaltung des Rechts überwachen und Verstöße strafverfolgen sollen, jederzeit das Recht haben sollten, selbige Gesetze zu brechen. Ich bin der Meinung, dass ganz besonders die, die über Recht und Gesetz wachen, sich ganz besonders daran zu halten haben. Das ist ein Gebot des Rechtsstaates. Und wer derart gegen Gesetze verstößt, sollte nicht das Verhalten anderer auf Strafbewährtheit beurteilen dürfen, weder als Richter noch als Staatsanwalt oder als Polizist (der durch Ermittlung faktisch im Kleinen richtet, ob ein Tatbestand vorliegen könnte).

  12. 12

    Naja, auch Berufsnörgler können sich mal daneben benehmen. Den kriegt man bestimmt resozialisiert..

  13. 13
    Duncan says:

    Hm – allein für die KV gegenüber einem Polizisten dürften bei den meisten StA und RiAGs die 10 Monate schon drin sein, je nach schwere wahrscheinlich eher deutlich mehr. Das Schreiben auch noch gegenüber einer RAin ist schon mehr als nur „schwierig“, dass eine fachkundige Person sich davon nicht einschüchtern lässt dürfte offensichtlich sein. Ein klares Kennzeichen für eine Person, die ich in der Position als StA genau nicht will. Bestätigt wird der Eindruck durch den Disco-Vorfall. In Summe also ein Mensch den ich genau nicht als StA haben möchte. Für jemanden der realistisch sehr gute Chancen hat 10 Monate Bewährung durchzustehen sind die 13 Monate auch keine Hürde mehr. Eine weitere Zukunft als Anwalt, Justiziar usw. wäre auch nicht existenzvernichtend, ganz im Gegenteil böte durchaus die Chance auf weiterführende Karriere.
    Ich könnte mich durchaus zu 13 Monaten und damit klaren Verhältnissen durchringen, zumal wenn ich mir Urteile für vergleichbare Einzeltaten von „Otto-Normal-Bürger“ so ansehe …

  14. 14
    Grundgesetz says:

    Das größte Problem für eine Bestrafung solcher Leute ist diese 12 Monatsregel. Ich kann nachvollziehen, warum Richter die finanzielle Existenz der Beschuldigten nicht völlig ruinieren wollen. Das hat aber zur Folge, das viele dieser Beamten im Dienst bleiben, obwohl diese für den Job charakterlich völlig ungeeignet sind.
    Gerade Beamte die schon länger im Dienst sind, stehen bei einer Verurteilung von 12 Monaten im Rentenalter vor dem Nichts.
    Mein Vorschlag: Das die Pension anteilig der geleisteten Dienstjahre erhalten bleibt. Dann würden Richter vielleicht auch härtere Strafen aussprechen und z.B. ein Polizist könnte dann bei einem privaten Sicherheitsdienst weiter arbeiten und hätte später trotzdem eine normale Rente.

    Auf jedenfall ist denen dann das Gewaltmonopol entzogen, ein Gewinn für den Rechtsstaat.