I. Der Vorwurf
Die Polizei hatte „erhebliche Mängel“ am Auto unseres Mandanten gefunden. In der Folge gab es Post vom Polizeipräsidenten: 150 Euro Geldbuße und runde 500 (!) Euro Verfahrenskosten standen im Bußgeldbescheid.
Und als Zugabe war ein Punkt im FAER zu erwarten.
II. Das Problem
Vor ein paar Jahren hatte das Auto mal auf dem Dach gelegen. Es war an allen Ecken und Kanten verbeult; ein Dachholm war eingeknickt. Alles war grob zurechtgebogen und leidlich nachlackiert. Das hatte der technisch versierte Polizist vor Ort gesehen.
Der Haus- und Hof-Sachverständige der Berliner Polizei bestätigte (erwartungsgemäß) die Analyse des uniformierten Fahrzeugtechnikers und stellte dann auch noch weitere Mängel fest. Dafür gab es dann die Rechnung über knapp 500 Euro.
III. Die Verteidigung
Der Mandant hatte das Fahrzeug in diesem Zustand gebraucht sehr günstig gekauft und war damit schon fast vier Jahre unterwegs. Während dieser Zeit hatte er den Wagen zweimal in die Werkstatt seines uneingeschränkten Vertrauens gebracht. Dort wurde es zur Hauptuntersuchung einem technischen Sachverständigen vorgeführt. Es gab jeweils den begehrten Stempel – versehen nur mit dem Hinweis auf „geringe Mängel“.
IV. Das Ergebnis
Der Richter beim Amtsgericht hatte ein Einsehen. Zweimal beim TÜV, deswegen setzte er die Geldbuße auf ein Verwarnungsgeld herab. Damit war dann auch der Punkt in Flensburg „gespart“.
V. Und das Allerbeste
Die Verfahrenskosten – damit auch die recht hohen Gutachterkosten – bekam der Mandant von seinem Rechtsschutzversicherer erstattet. Allein deswegen hatte sich der Gang zum Rechtsanwalt und der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid bereits gelohnt.
Nebenbei:
Wer meint, er brauche in Bußgeldsachen keinen Verteidiger, oder wer sich keinen leisten möchte – der kann sich ja mal zu unserem kostenlosen eMail-Kurs anmelden: Selbstverteidigung in Bußgeldsachen. Mit ein bisschen Glück geht’s auch ohne Verteidiger.
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Bild: © E. Kopp / pixelio.de
Der Haus- und Hof-Sachverständige der Polizei scheint seine Gutachten recht ergebnisorientiert abzuliefern. Man will ja Folgeaufträge kriegen…
(solche „Sachverständige“ braucht kein Mensch)
Gilt aber genau so für den Haus und Hof-Prüfer beim Tüv
Also ein abgeknickter Holm, der notdürftig wieder gerade gebogen wurde, hört sich für mich jetzt nicht nach nur „geringen Mängeln“ an.
Aber ich bin ja auch kein Sachverständiger.
Warum eigentlich kein Freispruch? Hatte der Mandant eigene Expertise in Sachen Kraftfahrzeugtechnik? Dem gewöhnlichen Privatmann wird man in der Regel keinen Fahrlässigkeitsvorwurf bei der Inbetriebnahme eines verkehrsunsicheren Fahrzeugs machen können, wenn genau der beanstandete Mangel zuvor durch einen (nicht bestochenen) TÜV-Prüfer besichtigt und nicht beanstandet wurde.
@K75S So ne verbogene A-Säule, die sachgerecht instandgesetzt wurde, lässt schon etwas Interpretationsspielraum zu. Ehrlich gesagt ist ein EscortCabrio wie es in Osnabrück zusammen gebraten wurde sicher strukturell weniger sicher als ein aktueller Volvo V60, der einmal die Rolle gemacht hat.
Unfairer Vergleich, weil Volvo Crashs mit Elch-Dummys testet und daher sehr starke A-Säulen verbaut.
Ja, warum eigentlich kein Freispruch? Ist man, selbst wenn man zweimal durchn TÜV gefahren ist, noch nicht von der Verantwortung entbunden, selbst zu beurteilen, ob ein Mangel vorliegt?
Da fällt mir eine ältere Geschichte ein, ein Kommilitone im Studium hatte ein Blech am Auto festgenietet (so wie im Flugzeugbau üblich). Beanstandung, es muss geschweißt werden. Ohne echten Grund. (Schweißnaht hält nicht besser als fachgerechtes Nieten, im Gegenteil).
Da haben die zuständigen Sachverständiger ja ne jute Arbeit geleistet!
Hallo Hr. Hönig,
wie bereits von Hr. Fry angemerkt, weshalb gibt es hier überhaupt ein Verwarnungsgeld? Oder waren die Mängel so offensichtlich?
Wenn der TÜV zweimal geprüft hat und keinerlei Beanstandungen hatte, weshalb das Verwarnungsgeld? Muss ich zukünftig das TÜV-Siegel von einem Zweitprüfer nachprüfen lassen? Kann ich zertifizierten Prüfunternehmen nicht mehr trauen?
Oder müsste ich in so einem Fall gegen den TÜV klagen, der hat mir ja ein falsches Zertifikat ausgestellt. Oder geht irgendeine Behörde jetzt gegen den TÜV vor?
Fragen über Fragen.
Der Vorgang riecht für mich ein bisschen nach Willkür.
MfG, Jürgen
Der Sachverständige stellte laut Eingansgtext noch weitere Mängel fest. Möglicherweise waren die jüngeren Datums als die TÜV-Prüfungen und führten deshalb zum Büßgeld.