Observation statt Auskunft

Der Beschuldigte ist Unternehmer. Gleichwohl findet man ihn weder in den gelben Seiten, noch in einem sonstigen Telefonbuch. Das ist dann mißlich, wenn man wissen will, mit wem er sich wann und über was unterhält.

Da die Staatsanwaltschaft also nicht bei der Auskunft anrufen kann, um eine Telefonnummer in den Antrag auf Überwachung der Telekommunikation schreiben zu können, muß sie hinter dem Unternehmer herlaufen.

Observation

Wie man sieht, nützt es erst einmal wenig, auf die Anmeldung eines Telefons im eigenen Namen zu verzichten. Der einfachste Verzicht, der gegen Telekommunikationsüberwachung hilft, ist der auf Telekommunikation.

Es gibt dann einen zweistufigen Beschluß oder eben zwei hintereinander liegende Beschlüsse, je nach Geschmacke des Ermittlungsrichters:

Erstmal die Observation:

.. wird gemäß §§ 163 f, 162 Absatz 1 Satz 1 Strafprozessordnung die Observation des Beschuldigten Wilhelm Brause, wohnhaft 10999 Berlin, Paul-Lincke-Ufer 42-43, beginnend ab dem 28. Juli 2013 um 0.00 Uhr bis zum 17. August 2013 um 0.00 Uhr angeordnet.

Und dann gleich hinterher die Inbetriebnahme des IMSI-Catchers:

… wird gemäß §§ 100 i Absatz 1 i. V. m. 100 b Absatz 1 Satz 1 Strafprozessordnung betreffend den Beschuldigten Wilhelm Brause die Ermittlung der Gerätenummer des von ihm genutzten Mobilfunkendgerätes und der Kartennummer der darin verwendeten Karte durch technische Mittel, beginnend ab dem 28. Juli 2013 um 0.00 Uhr bis zum 17. August 2013 um 0.00 Uhr, angeordnet

Und wenn die notwendigen Daten dann bekannt sind, gibt es die Nummer drei:

… wird gemaß §§ 100 a, 100b Absatz 1, 162 Absatz 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 7 TKÜV (Telekommunikations-Überwachungsverordnung) betreffend den Mobilanschluss Vorwahl und Rufnummer: 017*-3********, Anschlussinhaber: Wilhelm Brause, 10999 Berlin, Paul-Lincke-Ufer 42-43, zur Erforschung des Sachverhalts die Überwachung und Aufzeichnung des gesamten Fernmeldeverkehrs, der von dem vorgenannten Anschluss ausgeht oder für diesen bestimmt ist, oder der statt dessen zu technischen Speichereinrichtungen geleitet wird oder der aus solchen Speichereinrichtungen abgerufen wird für die Dauer von drei Monaten, beginnend ab dem 30. Juli 2013 um 0.00 Uhr bis zum 29. Oktober 2013 um 24.00 Uhr, angeordnet.

Außerdem wird der Betreiber des betroffenen Telefonnetzes angewiesen, innerhalb des durch die Anordnung bestimmten Zeitraums als Teil der durch die zu überwachende Kennung bezeichneten Telekommunikation auch die sich aus § 7 Absatz 1 TKÜ bei ihm vorhandenen Daten bereitzustellen.

Was dann folgt, ist Routine und führt in der Beweisaufnahme zu stundenlangen Hörspielen. Und zur Suche nach der Nadel im Beschlußhaufen.

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft, Verteidigung veröffentlicht.

10 Antworten auf Observation statt Auskunft

  1. 1
    HD says:

    Es gibt ein probates Mittel gegen stundenlange, langweilige Hörspiele in der Hauptverhandlung. Und das Gute daran ist: es wirkt auch noch strafmildernd!
    ;-)

    • Gern, es ist nur eine Frage des Niveaus, von dem aus es mildernd nach unten gehen soll. In manchen Fällen ist es geboten, ein erstes Angebot nicht sofort anzunehmen, sondern sinnvoll, erstmal abzuwarten, ob nicht der Genuß der einen oder anderen Vorstellung positive niveauregulierende Wirkung zeigt. crh
  2. 2
    Thorsten says:

    Erinnert mich immer wieder an die Dorf-Drogendealer, deren Hörspiele ich verfolgen durfte:

    es wurde über Stoff, Menge, Uhrzeit der Übergabe etc. fleißig ausgetauscht. Nur der Ort wurde codiert: „Um 8 bei blau“ oder „Um 9 bei rot“.

    In dem Dorf gab es außer einem Rewe und einer Araltankstelle nicht viel…

  3. 3
    Christian says:

    Hm, Die Staatsanwaltschaft will begleitende Überwachung zum IMSI-Catcher wegen der Erfolgsquote und der Richter gestattet die beiden Maßnahmen nacheinander? Ist der Erfolg des IMSI-Catchers damit nicht etwas dem Zufall überlassen, wenn keiner genau weiß wo der Unternehmer gerade ist?

  4. 4
    Christian says:

    Beide Kommentare bitte löschen, ich bin noch nicht ganz wach. Die Zeiten sind gleich.

  5. 5
    Jochen says:

    Erstaunlich wie schnell offenbar die Falle zugeschnappt hat (wenn ich die Beschlüsse richtig interpretiere). Offenbar haben die Ermitteler innerhalb von unter zwei Tagen die Handynummer herausgefunden.

  6. 6
    KeinAngler says:

    Sind das dann schon eher die dicken Fische, wenn IMSI-Catcher zum Einsatz geordert werden, oder kommt das auch bei Feld-Wald-Wiesen-Kundschaft (aus dem BtM-Bereich) der Kanzlei regelmäßig vor?

  7. 7
    Jens Bonn says:

    Ich überlege jetzt gerade ob da nicht ein Fehler im Beschluß zur Telefonüberwachung vorliegt. Wenn Herr Brause kein Telefon hat, kann er ja eigentlich auch nicht der Anschlußinhaber sein.

    Wenn der eigentliche Anschlußinhaber nun unbescholten ist … (die unbeteiligte Frau Freundin …)

  8. 8
    Thomas Witzkorits says:

    Der IMSI-Catcher muss das Handy an 2 verschiedenen Orten erwischen, weil dann es dann das einzige ist, welches an beiden Orten betrieben wird. Damit gibt es dann auch die Nummer. Ein eingeschaltetes Handy mit sich herumzuschleppen und dann auch noch in verschiedenen Zellen zu verwenden ist für manche Leute eine sehr schlechte Idee.

  9. 9
    Verlobte von Wilhelm Brause says:

    Die Firma wurde von Marianne und Renate spöttisch als „Fachinstitut für Verschiedenes und Sonstiges“ bezeichnet.

    Der bürokratische Kram, mein Gott……
    Wilhelm schob es auf Schneider, der hoffte auf Schuster, Schuster wollte aber auf keinen Fall, dass Gluffke mitmacht, usw.

    Zum Schluss gab es tatsächlich Ärger um die Telefonrechungen.
    Die Nummer lauteten natürlich – 0 190 66 69 66 69 66 69… oder so ähnlich.

    Irgendwann rief Wilhelm:
    Lieber Gott, mach mich fromm,
    schütz mich vor der Telekom!

    Dann rief er auf einem anderen Handy an.
    Es war klein und schwarz (vom Media Markt).

  10. 10
    matthiasausk says:

    Früher, als die Welt einerseits schon Handys kannte, andererseits noch voller Telefonzellen war, hat ein Unternehmer die Nummer der anrufbaren öffentlichen Telefonzelle vor seinem Geschäftsgebäude auf seiner Visitenkarte angedruckt.
    Vedächtig!
    Er war Inhaber eines sogenannte „Wasserhäusje“, anderswo auch „Trinkhalle“ genannt.