Chaos bei der Staatsanwaltschaft

Wenn Verteidiger über die Staatsanwaltschaft als Chaosladen schimpfen, ist das eigentlich normal. Richtig ernst wird es aber, wenn schon ein Oberstaatsanwalt in seiner Funktion als Amtsleiter deutliche Worte in eine Akte schreibt. Einen solchen Vermerk habe ich beim Aufräumen gefunden:

Chaotische Personallage

Es ging um die Vollstreckung eines vier Jahre alten Strafbefehls.

Warum gut ausgebildete und grundsätzlich intelligente Menschen mit Spitzenergebnissen bei ihren Prüfungen freiwillig in den Justizdienst gehen, kann ich nicht nachvollziehen. In so einem Chaosladen möchte ich noch nicht einmal tot an einem Garderobeständer hängen.

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

15 Antworten auf Chaos bei der Staatsanwaltschaft

  1. 1
    T.H., RiAG says:

    Man dürfte Sie bei uns auch gar nicht tot an einen Garderobeständer hängen. Jedenfalls nicht bevor der zuständige Behördenleiter nach Rücksprache mit dem Ministerium eine solche Sondernutzung genehmigt hat… ;-) Sonst könnte ja jeder kommen und irgendwo abhängen.

  2. 2
    Staatsanwalt says:

    Ich könnte jetzt seitenweise über die Nachteile und die notwendige Frustationstoleranz schwadronieren aber eines ist sicher:

    Langweilig ist der Job defintiv nicht.

  3. 3
    jj preston says:

    „Warum gut ausgebildete und grundsätzlich intelligente Menschen mit Spitzenergebnissen bei ihren Prüfungen freiwillig in den Justizdienst gehen, kann ich nicht nachvollziehen.“

    Ist das jetzt nicht ein wenig kurzsichtig? Wenn das – jetzt – da im Justizdienst doch gut ausgebildete und intelligente Menschen sind, wäre es Ihnen wirklich lieber, dort auf den „Ausschuss“ unter den Ausgebildeten zu treffen und auf grundsätzlich nicht intelligente Wesen? Warum wollen Sie es noch schlimmer haben? Schmerzensgeld sieht das RVG meines Wissens nach nicht vor. Oder spekulieren Sie in spätrömischer Dekadenz auf Reichtum durch Nichtstun, indem sich dann Ihre Fälle durch überlange Verfahrensdauer selbst erledigen?

  4. 4
    tobi says:

    Ich habe persönlich erlebt, wie es mehrere sehr intelligente Personen in den Staatsdienst gezogen hat. Keinerlei Ambitionen und eine gewisse Ängstlichkeit gegenüber der Zukunft waren die Gründe.

    Ich sehe immer mehr von dieser antrieblosen Sorte bei jungen Menschen.

  5. 5
    K75 S says:

    Lese ich da etwa zwischen den Zeilen, dass der Autor es nach nunmehr 10 Jahren geschafft hat, sein Büro aufzuräumen? ;-)

  6. 6
    Zwerg says:

    Bei uns gibt es schon keine Garderobeständer :-(

  7. 7
    Georg says:

    Man könnte aber auch sagen, zu viele Intelligenz an einem Ort ist nicht gut. Wenn es jeder besser weiß und jeder was anderes tut und einer dem anderen nichts gönnt, bricht ebenfalls das Chaos aus, weil jeder den vermeintlichen Fehler des anderen korrigieren will. Das habe ich während meiner Ausbildung nur allzu oft erfahren müssen.

  8. 8
    Tobinho da Cruz says:

    @ tobi

    Nicht jedem ist es gegeben, sein Leben als Handlungsreisender zu fristen und tagein, tagaus kreuz und quer durch die Republik zu jetten, wie es Rechtsanwälte nun einmal tun müssen.

    Falls Sie irgendwann mal Familie haben, werden Sie sich an diese Worte erinnern.

  9. 9
    HugoHabicht says:

    @Tobinho

    die meisten Rechtsanwälte sind sehr ortstreu. Klar, es ist nicht mehr wie früher, als man gar nicht vor auswärtigen Gerichten auftreten durfte. Aber es gibt keinen Zwang zum Reisen. Die meisten Anwälte, die so leben tun das, weil sie ganz froh sind, nicht immer nur die gleichen drei Nasen zu sehen und fraoh auch darüber, mal aus dem Büro raus zu kommen. Ein wesentlicher Unterschied zu den Berufen im Staatsdienst. Gibt Amtsrichter, die hocken 20+ Jahre in der gleichen Zelle, die sich optisch manchmal kaum von einer Knastzelle unterscheidet. Gerne auch noch vollgeknarzt bis zum gehtnichtmehr, wobei immerhin das dank Rauchverbot ja mehr und mehr der Vergangenheit angehört.

  10. 10

    Passend aus der MoPO von heute:

    „Der Morgenpost liegt ein Strategiepapier der Berliner Polizei vor. Der Inhalt: Nur bei Aussicht auf unmittelbaren Fahndungserfolg solle ermittelt werden. Grund ist die dramatische Personalsituation.“

  11. 11
    Spormann says:

    Na ja, mit fünf Worten (in die Akte geschrieben) hat ein (Ober-)Staatsanwalt dseinen Job erledigt: “ Frau/Herrn Rechtspfleger/in zur Vollstreckung“. Das wäre es gewesen. Lieber Carsten, der Oberstaatsanwalt in Deiner Akte gehört wohl zu der Sorte von Beamten, die sich notorisch überlastet fühlen (wollen) und nahezu exhibitionistisch jeden an ihrem Unglück teilhaben lassen müssen. Da werden während der Dienstzeit sogenannte Überlastungsanzeigen gefertigt, hundertfach mit dem Dienstkopierer vervielfältigt und wahllos in jede beliebige Akte gestopft, ganz gleich, wie viel oder wie wenig Zeit die Bearbeitung in Anspruch nehmen würde. Dieser Herr leidet nicht unter dem Chaos, er und seinesgleichen verursachen es. Man ist unkündbar, also kann man solchen Unsinn treiben und das Ansehen der Staatsanwälte beschädigen, die wirklich überlastet sind und für solchen Quatsch wie vervielfältigte Überlastungsanzeigen keine Zeit haben.

  12. 12
    RA Hermann says:

    @Spormann

    Ein OStA, der sich nach langen Dienstjahren noch immer über Mängel im System aufregt ist mir allemal lieber als der dreißigjährige Berufsanfänger, dem schon nach drei Jahren und dem ersehnten „auf Lebenszeit“ alles gleichgültig wird.

    Es gibt viel zu viele, die nach kurzer Zeit kapitulieren und Phlegmatismus für die höchste Form der Dienstausübung halten.

  13. 13

    „In so einem Chaosladen möchte ich noch nicht einmal tot an einem Garderobeständer hängen.“

    Früher, in der rechtsstaatlichen Frühzeit, wurden Rechtsanwälte durch den Verfassungsschutz erfasst, wenn sie Dienstaufsichtsbeschwerden gegen die Staatsanwaltschaft eingereicht hatten. Teilweise wurde diese Verfahrensweise als skandalträchtig angesehen.

    Heute muss u. U. man damit rechnen, dass man den Start von Abfangjägern auslöst…..

    Die Berufsüberlastung – nicht: die beruflich bedingte Überlastung – gehört zum Geschäft einfach dazu, fühlt man sich doch als Teil einer Herrenschicht, die über dem Gesetz steht. Ist man berufsdauerüberlastet stehen auch mehr Ressourcen zur Verfügung, um diese ganzen leidigen politischen Fälle abzuarbeiten.

  14. 14
    Grundgesetz says:

    Im Bekanntenkreis höre ich auch immer dieses Gejammer. Man sollte halt effizient seine Arbeit machen, ohne ständige Kaffeepausen und gequatsche mit den Kollegen, so das man ein gutes Gewissen hat.
    Wenn dann halt ein Berg Arbeit zum Feierabend liegen bleibt, schei… drauf.
    Wenn man aber Karierregeil ist oder Angst vor dem Vorgesetzten hat, dann hat man ein Problem. Aber nur dann.

  15. 15

    …ständige Kaffeepausen…

    Was wäre das Leben ohne Kafeepausen und ein paar Schoko-Crossies ? Ein Irrtum…