Effektive Drogenpolitik

Ich habe viel gelernt, auf der Fortbildungsveranstaltung am Samstag. Auch von der Polizei, die vertreten war durch Herrn Polizeipräsident Horst Wawrzynski aus Leipzig.

Herr Wawrzynski präsentierte mit selbstbewußtem Stolz seine nahezu Heroin-freie Stadt Leipzig. Durch drei größere Aktionen habe die Leipziger Polizei den Markt, was den Handel mit Heroin angeht, weitestgehend trocken gelegt.

Herr Wawrzynski räumte auf meine Frage hin aber auch ein, daß er nun einen Freund weniger habe: Nämlich den Polizeichef der Nachbarstadt Halle. Denn dort wurden plötzlich stark steigende Umsatzzahlen bei den Heroin-Händlern vermeldet.

Crystal PurEin Leipziger Strafverteidiger berichtete zudem, daß die Lücken, die das fehlende Heroin am Markt hinterlassen hat, nun auch teilweise durch Crystal geschlossen werde, das säckeweise aus dem relativ nahe gelegenen Tschechien eingeführt wird.

Dieses Crystal (alte Männer kennen diese Droge auch unter den Namen Pervitin, Panzerschokolade, Stuka-Tabletten, Fliegersalz oder Hermann-Göring-Pillen, jüngere Menschen eher unter Yaba, Ice, Meth oder Crystal Meth) ist eine Droge, mit der man sich binnen kürzester Zeit (Monate!) problemlos zu einem lebenden Untoten verwandeln kann.

An der Diskussion um die Legalisierung von Betäubungsmitteln als Alternative zu diesem sinnlosen und gefährlichen „Kampf gegen Drogen“ habe ich mich dann nicht mehr beteiligt. Es gab keine neuen Argumente …

Dieser Beitrag wurde unter Betäubungsmittelrecht veröffentlicht.

10 Antworten auf Effektive Drogenpolitik

  1. 1
    Murke says:

    Schade, dass das erste und einzige Gericht, dass solche Polizisten zum Anschauen von fünf Staffeln „The Wire“ nebst Abfassen eines Besinnungsaufsatzes dazu das Jüngste Gericht ist.

  2. 2
    Pharmaman says:

    Warum gibt es bei dieser Diskussion eigentlich immer nur die beiden Extrema „volles Verbot mit voller Strafverfolgung“ oder „volle Legalisierung der Drogen“?
    Wäre eine kontrollierte Abgabe durch Ärzte, Apotheken und/oder Suchtstellen, wie sie bei Heroin (der Arzneistoff Heroin heißt Diamorphin) bereits praktiziert wird, nicht der optimalste Weg?
    Die Vorteile: Die Junkies befinden sich in ärztlicher Betreuung. Sie sind nicht mehr kriminalisiert. Der Arzneistoff kommt nicht aus dubiosen Quellen, sondern ohne Streckstoffe in reinster Pharmaqualität . Die Beschaffung ist legal (gegen BTM-Rezept eines Arztes).

    Die Sache ist laut BTM-Gesetz und BTM-Verschreibungsverordnung heute schon legal und wird praktiziert. Es happert etwas mit der Umsetzung und an Ärzten, die zur Substitution berechtigt sind. IMHO sollte man an diesem Punkt ansetzen. Damit lässt sich der Sumpf vielleicht austrocknen.

    Aus der Sicht eines Apothekers, der regelmäßig *sterile* Spritzen und Kanülen für jeweils 5 cent (oder auch kostenfrei) an Süchtige abgibt. Mir geht es hier jetzt auch nicht um eine zusätzliche Einnahmequelle.

  3. 3
    Polytoxikomane says:

    Toll, dass jemand etwas gegen den drohenden Preisverfall auf diesem Gebiet tut. Wo käme denn die Mafia und andere internationale Drogen-/ Waffenhändler hin, wenn ihr gewinnträchtigstes Produkt plötzlich massiv an Wert verliert. Die Ware muss am Markt verknappt werden! Sonst lassen sich in Zukunft doch gar keine Kriege mehr damit finanzieren. Und schon hätten wir die nächste Wirtschaftskrise. Wo organisierte Kriminalität aufhört, fängt Politik an… Wer Sarkasmus findet darf ihn behalten.

  4. 4
    anon says:

    @Pharmaman:
    Du willst also den Pharmakonzernen ein explizites Recht einräumen Drogen zu verkaufen? Denkst du ernsthaft dadurch würden die Drogen günstiger und für die Süchtigen erschwinglich?
    Da wird der Straßendealer um die Ecke nur seine Preise anpassen und hat weiterhin seine Stammkundschaft.

  5. 5
    Pharmaman says:

    @anon: Das was ich beschrieben habe, ist seit Jahrzehnten gängige Praxis und fest geregelt, seit drei Jahren auch für Heroin (Diamorphin).

    Einige Drogen, die am Bahnhof illegal erworben werden können, sind regulär zugelassene Arzneimittel, die therapeutisch sinnvoll eingesetzt werden. Flunitrazepam (Rohypnol), welches am Bahnhof szenetypisch unter dem Namen „Roofies“ oder „Mexican Valium“ erwerbbar ist und als Vergewaltigungsdroge eingesetzt wird, wird therapeutisch bei starken Schlafstörungen oder Angstzuständen eingesetzt.
    Alle anderen Drogen sind in einer ähnlich chemischen Form in jeder deutschen Apotheke erhältlich (Poppers oder Extasy z.B. als Ritalin gegen ADHS; Heroin als Morphium).

    Das BTM-Gesetz und die BTM-Verschreibungsverordnung bieten seit Jahrzehnten die Möglichkeit, Arzneimittel zur Substitution an Abhängige zu verschreiben. Dazu ist ein Rezept von einem entsprechend qualifizierten Arzt notwendig und jedes Rezept muss umgehend an die entsprechende Behörde gesendet werden (BfArM), damit Missbrauch unterbunden wird.

    Der Verkauf erfolgt nicht durch die Industrie, sondern durch Apotheken gegen Vorlage eines ärztlichen Rezepts. Die Kosten werden bei einem Rezept immer durch die gesetzliche Krankenkasse oder durch das Sozialamt übernommen, falls keine Versicherung besteht (z.B. bei Obdachlosen). Bei Heroin wird die kontrollierte Abgabe bereits durchgeführt, die Abgabe erfolgt dabei im Moment durch staatlich kontrollierte Sozialstationen.
    Aber auch wir Apotheken geben seit Jahrzehnten Suchtmittel zur Substitution an Süchtige gegen Rezept legal ab, das bekannteste Beispiel ist Methadon (die gleiche Wirkung wie Heroin, macht aber keinen „Kick“; die Sucht bleibt dabei übrigens bestehen, es gibt aber keine Entzugserscheinungen und eine Teilnahme am Sozialleben ist wieder möglich).

    Heroinjunkies sterben nicht an ihrer Sucht. Heroinsüchtige sterben an Hepatitis und AIDS infolge kontaminierter Spritzen/Kanülen (Zweitbenutzung) und infolge unreinen Stoffs aus dubiosen Quellen. Sie sterben auch durch versehentliche Überdosierungen aufgrund von nicht gestrecktem Stoff.

    Die Pharmaindustrie ist doch prädestiniert, Arzneistoffe zu produzieren: Hochrein, steril, in genau eingestellter Dosierung und gemäß gesetzlicher Vorschriften. Und der Preis ist deutlich günstiger als am Bahnhof: Eine 20er Packung Rohypnol kostet im Einkauf ca. 50 Cent, am Bahnhof wahrscheinlich das 100fache oder mehr.
    Und Ärzte und Apotheker, gerne auch Sozialstationen haben durch ihr Universitätsstudium doch das Wissen, derartige Drogen sauber abzugeben. Das Ganze auch mit einer niedrigen Hemmschwelle.
    Mal ehrlich: Ob ich als Apotheker für einen Schmerzpatienten Morphium aus dem Tresor hole oder für einen Junkie das Diamorphin (Heroin), ist doch eigentlich egal (der Dokumentationsaufwand ist wirklich derselbe).

    Momentan ist die Substitution Drogenabhängiger nur auf wenige Drogen beschränkt. Eine Zulassung weiterer Drogen als Arzneistoffe mit der Indikation „Substitution bei Drogenabhängigen“ über BfArM und EMEA fände ich sinnvoll.
    Was den Preis angeht: Das Zeug ist wirklich billig herzustellen und patentfrei, da gibt es sofort Generika (Ratiopharm, Hexal, usw.).

    Falls es Dich weiter interessiert, empfehle ich: http://de.wikipedia.org/wiki/Substitutionstherapie_Opioidabh%C3%A4ngiger

  6. 6
    Zivilrechtler says:

    @Pharmaman
    Ihe sachliche Argumentation überzeugt.

    Ich wundere mich nur, dass das Argument „Krieg gegen den Terror“, mit dem sonst doch jeder rechtsstaatswidriger Unsinn begündet wird, bei dieser Diskussion so wenig Gehör findet. Jede Dosis Heroin, die statt auf der Straße in der Apotheke verkauft wird, schmälert den Gewinn und damit das Kriegskasse der Tailban.

  7. 7
    Hardy says:

    Es tut sich was:

    faz.net/aktuell/feuilleton/legalitaet-als-letzter-ausweg-machen-wir-frieden-mit-den-drogen-11734267.html

    @anon:

    „Da wird der Straßendealer um die Ecke nur seine Preise anpassen und hat weiterhin seine Stammkundschaft.“

    Unwahrscheinlich, dafür ist der „Premiumaufschlag“ auf solche Sachen zu hoch, sprich: Die Chemieindustrie mit ihren Skaleneffekten kann das Zeug immer (!) billiger produzieren und vertreiben. Hinzu kommt, dass der Staat die frei werdenden Kräfte ganz der Verfolgung des Schwarzmarktes und der dort stattfindenden Steuerhinterziehung (Al Capone!) widmen kann. Zuguterletzt: Die offiziellen Drogen sind garantiert rein, und die vom Schwarzmarkt?

    Klar ist: Eine Freigabe der Drogen wird zu einem insgesamt höheren Konsum führen.

    Daher schwebt mir etwas ähnliches vor:

    • Vertrieb über registrierte Stellen, am Anfang vor allem Apotheken (die Infrastruktur steht)
    • danach ähnlich dem Lebensmittelrecht Schulungen und Vertrieb auch über andere Stellen (Arbeitsplätze!)
    • sehr hohe Besteuerung ähnlich Tabak (Steuereinnahmen)
    • Abgabe „harter“ Drogen (Heroin etc.) kostenlos an bekannt süchtige Inländer (Verhinderung von Beschaffungsdelikten; Registrierung der Kranken; Verhinderung von Herointourismus)
    • Einführung einer sehr strikten Überwachung durch Arbeitgeber und Polizei, um Autofahren/Arbeiten unter Drogeneinfluss zu verhindern; entsprechend drakonische Strafen (Mehr Rechte – mehr Pflichten)

    Man wird ja wohl noch träumen dürfen…

    Grüße,
    Hardy

  8. 8
    Martin says:

    Unklar ist warum klar sein soll, dass “ Eine Freigabe der Drogen wird zu einem insgesamt höheren Konsum führen“.

    Aufklärung statt Panikmache…
    Information statt Verbote…
    Unterstützung statt Gefängnis…

    Versuchen Sie einmal Ihren Verstand zu öffnen und von „klassischen Denken“ wegzukommen. Niemand kann ernstlich leugnen, dass das Verbot von Drogen an irgendeinem Ort in Deutschland funktioniert. Wenn ich voraus setze, dass ein Verbot von Drogen deren Nichtverfügbarkeit bewirken soll hat das Verbot von Drogen seine Nutzlosigkeit selbst bewiesen. Wenn ich jetzt weiter überlege und mich frage, warum der Staat den Konsum von abhängig machenden und tödlichen Drogen einerseits fördert und daran gut verdient und andererseits verbietet macht es noch weniger Sinn. Wer entscheidet, dass eine Gesellschaft zwar nach Nikotin und Alkohol „süchtig“ sein „darf“ aber z.B. Marihuana eine „gefährliche Droge“ ist. Warum denken einige, die Konsumentenzahl wird sich erhöhen wenn eine „Freigabe“ der Drogen erfolgt?
    Ist es nicht auch möglich, dass wie. z.B. bei Tabak, ein Rückgang möglich wäre. Führt bei einigen Menschen vielleicht auch erst der Reiz des Verbotenen zum erstmaligen Konsum?
    Zum Schluss noch ein Liedtext von einem deutschen Liedermacher. Götz Widemann – die Zaubersteuer…

    Stell dir vor es gäb ne Steuer, die die Leute gerne zahlen.
    Und so oft sie sie bezahlen, danach völlig seelig strahlen.
    Millionen Menschen tätens immer immer wieder gern,
    und es ist nicht ausgeschlossen, dass es sehr bald noch mehr wärn‘.
    Sie würde Unternehmen schaffen, die noch mehr Steuern blechen.
    Sie würde der Gesundheit dienen, und das Verbrechen schwächen.
    Eine Steuer, die der Steuerzahler liebt,
    sag nicht, dass es sowas nicht gibt!

    Um diese Steuer zu kassiern,
    muss man nur Hasch legalisiern!

    Legal wären die Rohstoffe bestimmt nur halb so teuer,
    da entsteht plötzlich ne ganze menge Spielraum für ne‘ Steuer.
    Sagen wir zwei Euro pro Gramm.
    Zweitausend pro Kilogramm.
    Zwei millionen für ne Tonne!
    Und es wächst viel Hanf unter der Sonne.
    Die ganze Kohle wird verschenkt.
    Einfach im Schwarzgeldsumpf versenkt.

    Um diese Kohle zu kassiern,
    muss man nur Hasch legalisieren!

    Und auch die Händler zahlen Steuern, halten sich an die Gesetze
    und schaffen ein paar tausend ganz legale Arbeitsplätze.
    Die Polizei würde entlastet, ebenso wie die Gerichte.
    Die Entlastung für die Betroffenen, ist ne‘ ganz andere Geschichte.
    So manchem braven Steuerzahler, nur weil er gern mal Einen qualmt,
    hat dieses Scheißgesetz schon seine Existenz zermalmt.
    Wenn man sein Hasch in staatlich kontrollierten Läden kaufen könnte,
    wärn‘ das ein paar milliarden Euro mehr, für Arbeit, Bildung, Rente!

    Um die Milliarden zu kassiern,
    muss man nur Hasch legalisiern!

    Wie viele, die jetzt völlig nutzlos hinter Gittern sitzen,
    könnten, wenn sie frei wärn‘ der Gesellschaft viel mehr nützen.
    Statt kosten zu produzieren, ihren Teil beitragen.
    Und die Zivilen die hier rumhängen, könnten Terroristen jagen. YEEEEEEEEHHAAA!!!!

    Ich kann das alles nicht kapiern!
    Man muss nur Hasch legalisiern!
    Man muss nur Hasch legalisiern!
    Man muss nur Hasch legalisiern!

  9. 9
    Hardy says:

    @martin

    „Unklar ist warum klar sein soll, dass “ Eine Freigabe der Drogen wird zu einem insgesamt höheren Konsum führen“.“

    Darüber schreibe ich meine Diplomarbeit VWL, aber das ist sicher nur rechte Propaganda.

    „Versuchen Sie einmal Ihren Verstand zu öffnen und von „klassischen Denken“ wegzukommen. Niemand kann ernstlich leugnen, dass das Verbot von Drogen an irgendeinem Ort in Deutschland funktioniert.“

    Hast Du meinen Beitrag überhaupt gelesen, geschweige denn verstanden? Offensichtlich nicht.

  10. 10

    @Martin:
    „Klar ist: Eine Freigabe der Drogen wird zu einem insgesamt höheren Konsum führen.“

    Bereits das ist faktisch falsch, wie abnehmender Alkoholkonsum in bald allen „westlichen“ Ländern zeigt, von den Niederlanden mit legalisiertem Cannabiskonsum wollen wir gar nicht erst anfangen.

    Natürlich dürfte es erstmal einen „peek“ im Gebrauch geben, wobei das allerdings der Neugier ganzer Bevölkerungsgruppen geschuldete sein dürfte. Nach anfänglichem Anstieg jedoch kehrt naturgemäß eine „Beruhigung des Marktes“ ein.

    Du solltest Deine VWL-Arbeit auch dringend um Erfahrungswerte aus Kambodscha, Laos und Thailand erweitern, dort war — bis der bigotte Ami intervenierte — Cannabiskonsum, als Lebens- und Rauschmittel bis weit in 198xer Jahre ganz normal und ganz alltäglich; ein großer Teil der Khmer-Küche würzt mit „happy“, also Dope, nur mal so zur Info.

    However, wie Carten schreibt, dürften wirklich _alle_ Argumente zu diesem Thema bekannt und ausgetauscht sein. Einzig, so wie es bisher auf der Welt läuft, läuft es falsch, darin dürften sich alle einig sein.

    Hält man sich dabei auch noch vor Augen, wie irrsinning es ist, Strafverfolgungskapazitäten an ein offenkundig in der menschlichen Natur begründeten Rauschbedürfnis zu binden, dann fällt einem eigentlich wenig zum „Pro“ ein.

    Und so kommt es, daß vernunftbegabte Menschen diesen Standpunkt einnehmen:
    1. Niemand erzählt/ erlaubt/ verbietet mir, was ich lese;
    2. Niemand erzählt/ erlaubt/ verbietet mir, was ich in flüssiger Form zu mir nehme;
    3. Niemand erzählt/ erlaubt/ verbietet mir, was ich rauche.

    So einfach ist das. Und wenn ein größenwahsinninger, faschistoider „Rechts“körper das anders sieht, dann juckt mich das nicht weiter, it’s that simple. Ich ignoriere das einfach, veranstalte drei, vier Mal im Jahr eine Garten- und Grillparty, reiche Kekse (für die Nichtraucher), gut gefüllte Bongs (für die Raucher), geniesse mit meinen Freunden das friedliche Beisammensein — übrigens sind zwei Cops dabei! — und lasse den „lieben Gott einen guten Mann sein“.