Sarkastische Gebührenfrage

Die klassische Dreisprung-Anklage gegen den Mandanten: Beleidigung, Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Es gab einen nächtlichen Konflikt in der S-Bahn. Und dann die übliche Hau-Ruck-Ermittlung; schließlich hatte man ja die ausführlichen und gleichlautenden Zeugenaussagen von drei Polizeibeamten. Was sollte man da noch ermitteln?! Also raus mit der Anklage …

Damit kam dann der Betreuer des Mandanten zu mir. Zusätzlich bekam ich die Krankenakte dieses Drehtür-Patienten der Psychiatrie: Rein bei einem Psycho-Schub, Behandlung, als „gut eingestellt“ entlassen; es folgt ein neuer Schub und das Ganze beginnt von vorn. Zu dieser psychischen Erkrankung kam noch die Diagnose einer Epilepsie.

In der Hauptverhandlung habe ich – mittlerweile zum Pflichtverteidiger bestellt – dann ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zur Frage der Schuldfähigkeit beantragt.

Die Verhandlung wurde ausgesetzt, der Mandant begutachtet mit dem Ergebnis: Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 StGB.

Das Gericht vereinbart mit uns einen Termin im Juli 2011, damit das Gutachten in das Verfahren eingeführt und der Mandant freigesprochen werden kann.

Dann erreicht uns jedoch die Mitteilung des Betreuers: Der Mandant sei verstorben. Wir übermitteln die Sterbeurkunde an das Gericht, das Verfahren wird eingestellt. Soweit, so gut(?).

Nun stellt sich hier die Frage: Wie sieht es mit den Kosten aus? Hat der Verteidiger auch einen Anspruch auf die Erledigungsgebühr (Nr. 4141 Anm. 1 Nr. 1 VV RVG?) ;-)

Dieser Beitrag wurde unter Mandanten, Strafrecht veröffentlicht.

15 Antworten auf Sarkastische Gebührenfrage

  1. 1
    Kampfschmuser says:

    Der Laie sagt: Nein (Mai-Juli 2011 > 14 Tage).

  2. 2
    BV says:

    Ich hoffe doch nicht. Voraussetzung scheint doch zu sein, dass die Hauptverhandlung „durch die anwaltliche Mitwirkung“ entbehrlich wird.

  3. 3
    RA Müller says:

    Kommt darauf an…
    Wenn man sie auffordert, das Entstehen der Gebühr näher darzulegen: Könnten Sie sich auf § 55 StPO berufen? ;)

  4. 4
    JJ Preston says:

    Meiner Meinung nach nur bei § 211 bis § 216 StGB (wie Ihr Kollege Müller bereits andeutete) – aber da wäre MIR das Geld an Ihrer Stelle herzlich egal… ;)

  5. 5
    Jule says:

    Inquisitorische Gegenfrage vom Rpfl.: Was hat der Verteidiger getan, um den Anspruch auf die zusätzliche Erfolgsgebühr zu erwerben? :-D

  6. 6
    Kollege says:

    @Jule:
    Der Verteidiger hat die Sterbeurkunde an das Gericht übermittelt. Damit hat er daran mitgewirkt, dass die Hauptverhandlung entbehrlich geworden ist. :-)

  7. 7

    Man hätte natürlich auch Verweisung an das jüngste Gericht beantragen können.
    Da aber die Sterbeurkunde übermittelt wurde, ist das ursächlich i.S.d. Nr. 4141 VV RVG.

  8. 8
    Ref. says:

    @Kollege: Kann man mit folgender Entscheidung des AG Koblenz in der Tat so sehen.

    AG Koblenz, Beschluss vom 06.02.2008, Az. 2090 Js 28178/06 – 33 Ds, AGS 2008, 345 -juris.

  9. 9
    Kollege says:

    @Ref.: Genau – so auch das AG Magdeburg (noch zu § 83 Abs. 1 BRAGO), Beschluss vom 03.07.2000, Az. 2 Ls 257 Js 38867/98, das die Mitteilung des Verteidigers, dass der Angeklagte verstorben sei, für eine Mitwirkung i.S.d. § 84 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BRAGO hält.

  10. 10
    Alphan says:

    Na wenn Sie keine anderen Probleme haben.

      Doch. Habe ich. Mit humor- und geistlosen Komentatoren. crh.
  11. 11
    Kollege 2 says:

    Scheiße ist es – mir so passiert – dass der Mandant VOR dem Beiordnungsbeschluss verreckt ist, der dann auch nicht erlassen wurde, weil ein Toter keinen Pflichtverteidiger braucht.

  12. 12

    Ich denke auch, dass das Übersenden ans Gericht reicht. Anderenfalls wäre ein Termin angesetzt worden, zu dem Mandant nicht erschienen wäre. Richter hätte Haftbefehl erlassen und dann igendwann hätte das Gericht die Nachricht vom Einwohnermeldeamt erhalten, dass Mandant verstoben ist.

  13. 13
    morphium says:

    Wo ist denn der Beitrag hin:
    Überschrift: „Entgeltfrei nur für die Polizei“

      Liegt hier auf meinem Schreibtisch. crh
  14. 14
    Kampfschmuser says:

    @Kollege2
    So einem Früchtchen wie sie könnte man auch fast wünschen zu „verrecken“. Aber nur fast. Jedenfalls nicht vor dem Beiordnungsbeschluss.

  15. 15
    RA Mayer says:

    Aus der Darstellung geht nicht hervor, ob sich der Mandant über das rückdatierende Gutachten totlachte oder totärgerte. Eine Entscheidung über die Mitwirkung des Verteidigers an der Erledigung des Mandanten möchte ich mir ohne Vorliegen eines rückdatierenden psychiatrischen Sachverständigengutachtens hierzu sowie zur Frage der seelischen Sanität des Verteidigers und des Gutachters zum Zeitpunkt der Beantragung respektive Erstellung des rückdatierenden Erstgutachtens nicht anmaßen.