Höchststrafe für den Verteidiger: Der Bezirksrevisor

Das Land Berlin hat die entstandenen Kosten der Verteidigung zu erstatten. Deswegen hatte ich einen entsprechenden Antrag gestellt. Zu den Kosten gehören auch die Auslagen für die Kopien. In dem Kostenfestsetzungsantrag habe ich auch ausdrücklich versichert, daß die Kopien, die ich in Rechnung gestellt habe, auch angefertigt wurden.

Offenbar ist dem Bezirksrevisor nichts anderes aufgefallen, an dem er herum nörgeln konnte. Deswegen verlangt er von mir die Vorlage der Kopien:

Fünf (!) Monate nach Antragstellung unterstellt mir der Herr Bezirksrevisor also, ich hätte eine falsche anwaltliche Versicherung abgegeben in der Absicht, das Land Berlin um 38,70 Euro zu bescheißen. Nun dackelt ein Justizamtsrat los und fordert mich zur „Einreichung der betreffenden Kopien“ auf. Kann er haben. Kommt heute Nacht. Per Fax.

Nein, ich frage hier nicht, woran es liegt, daß Kostenfestsetzungsverfahren mehr als fünf Monate dauern. Auch die Frage, warum der Kerl Herr Revisor nicht mal eben zum Telefonhörer oder zum eMail-Programm greift, um sein (sic!) Problem mal eben mit kurzer Hand zu klären, stelle ich nicht. Und das, was ich denke und von dem Herrn Revisor halte, darf ich hier nicht veröffentlichen.

Ich warte statt dessen jetzt noch geduldig die paar Monate ab, bis der Lohn für meine Arbeit hier eingeht. Bezirksrevisoren bekommen ihren Lohn Geld, bevor sie anfangen zu arbeiten. Für was sie das Geld bekommen, weiß ich nicht so genau. Verdienen tun sie (sich) das jedenfalls nicht.

 

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18 Antworten auf Höchststrafe für den Verteidiger: Der Bezirksrevisor

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    VRiLG says:

    Die bei Rechtsanwälten verbreitete Vorstellung, es sei das Privatvergnügen der Anweisungsbeamten und Bezirkrevisoren, sie zu schikanieren, dürfte zu kurz greifen: Die Beamten stehen unter ziemlichem Druck, keiner möchte in einem Nachschaubericht der vorgesetzten Behörde lesen, er weise Zahlungen an, ohne die Berechtigung wie vorgeschrieben geprüft zu haben. Auch hier gilt: Die Beamten haben die Gesetze und ihre Dienstanweisungen nicht gemacht, sondern führen sie aus. Auch hier gilt: Schreiben Sie an Ihren Abgeordneten! Entwerfen Sie ein Gesetz, dass nicht nicht auf jede einzelne Kopie abstellt!


      Bei allem aufrichtigen Verständnis und Respekt für den Menschen, der in jedem Beamten steckt: Der durch Mangelwirtschaft und Desorganisation in der Justizverwaltung hausgemachte Druck wird an das „schwächste“ Glied in der Kette – in diesem Falle der Anspruchsinhaber, der Verteidiger – weitergereicht. Das ist schlicht nicht akzeptabel.

      Auch mir ist das Hemd eben näher wie der Rock und in diesem Falle nehme ich mir eben denjenigen zur Brust, der für mich greifbar ist. Die klassischen Entschuldigung des Beamten „Ich bin nicht zuständig!“ ist schlicht verantwortungslos.

      Sie verlangen von mir, daß ich politischen Einfluß nehmen soll, um den „fairen Lohn für gute Arbeit“ zu bekommen? Das ist aus Ihrer Perspektive eine recht bequeme Einstellung. Wer finanziert bis zur Umsetzung des neuen Gesetzes dann eigentlich das Gehalt unserer Mitarbeiterinnen, zahlt deren Sozialversicherungsbeiträge und die Miete unserer Kanzleiräume?? crh

  2. 2
    Gerd says:

    Bei der Erstattung der Wahlverteidigergebühren ist es mir eigentlich gleichgültig, wie lange das Kostenfestsetzungsverfahren dauert. Denn die Wahlverteidigergebühren hat der kluge Anwalt doch längst von seinem Mandanten vereinnahmt. Außerdem wird der Erstattungsantrag ab Antragstellung verzinst. Die Zinsen sind dann oftmals höher als der Betrag, den der Bezirksrevisor durch seine Intervention einzusparen erhofft hatte. Ärgerlich ist nur, wenn es bei der nicht verzinsten Pflichtverteidigervergütung so läuft.

    Also ich würde erst einmal die ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Bezirksrevisors bezweifeln und seine Ernennungsurkunde anfordern… ;-)

  3. 3
    Gerd Kraemer says:

    Auch Herr Hoenig muss offenbar nicht jedesmal die Kopien vorlegen, sondern nur ganz selten, sonst würde er sich nicht so aufregen. Es handelt sich also um eine Stichprobe. Ist es wirklich so schwierig sich vorzustellen, was eine Stichprobe ist, welchen legitimen Zwecken sie dient und warum man sich in diesem Fall nicht mit einem Telefonat begnügen kann?

  4. 4
    Thomas Herborn says:

    @VRiLG

    Daß es das Privatvergnügen der Beamten sei, hat auch niemand behauptet. Ebenso ist bekannt, daß es entsprechende Dienstvorschriften und Gesetze gibt. Die kann man aber bekanntlich flexibel handhaben. Und wenn Anwälte auf strengste Einhaltung der Vorschriften und Verfahrensregeln pochen, herrscht hinter der Richterbank oftmals Unverständnis, weil man noch nicht wegen jeder „Kleinigkeit“ päpstlicher sein müsse als der Papst. Als Anwalt wird man gelegentlich schon in die Querulantenecke gestellt, wenn man es wagt, auf die Einhaltung prozessualer Regeln zu bestehen, die nach dem jeweiligen „Landrecht“ einer „bewährten Praxis“ gewichen sind. Von wegen Gesetze und Vorschriften und so…

  5. 5
    Rhinelander says:

    Das Argument, Beamte machen nur ihren Job, ist so alt und genauso dumm.

    Dieses Argument ist in diesem unserem Lande wohl auch schon ein althergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums.

    Es wurde immer wieder gebracht, als es nach dem 3. Reich darum ging, den Persilschein zu erhalten.

    Und spätestens, als die Mauerschützen versucht haben, dieses Argument für sich in Anspruch zu nehmen, hätte eigentlich dem letzten Demokraten auffallen müssen, wie dumm es ist. Der BGH hat – Gott sei Dank – die richtigen Worte hierzu gefunden.

    Nein, wo Ermessen auszuüben ist hat der Beamte dieses auszuüben und nicht nur seinen Job zu tun.

  6. 6
    VRiLG says:

    @Rhinelander: You won 1 point Godwin. (http://de.wikipedia.org/wiki/Godwin%E2%80%99s_law)

  7. 7
    VRiLG says:

    @ Hoenig: Mir lag es fern, die Beamten zu entschuldigen. Ich wollte nur aufzeigen, dass am schwächsten Glied angesetzt wird, wenn das Verhalten der Beamten als Nörgelei aufgefasst wird, der Fehler aber tatsächlich bei den rechtlichen Grundlagen und dem System liegt.

  8. 8
    Andre says:

    Man kann sich ja vortrefflich über die Erstattung der ein oder anderen Auslage i. S. v. Nr.7000ff VV streiten, aber der unstreitige Teil wird ja nicht ausgezahlt, bis über die 30 EUR oder so entschieden wurde. Das ist es, was den Kollegen Hoenig und mich übrigens auch so verärgert.

    Gerd hat allerdings recht. Eigentlich sollten Sie Ihre Vergütung bereits in der Tasche haben bevor die HV beginnt. Aber das wissen Sie bestimmt besser als Strafverteidiger (ich selbst bin Zivilist).

  9. 9

    @Osama:
    Sie halten es für richtig, hier im Blog eine Nötigung anzukündigen?

      Lieber Kollege, vielen Dank für Ihren Beistand, aber: Eiche ./. Borstenvieh. So sind’se eben, die Trolls. Und feige auch noch. crh
  10. 10
    Veritas says:

    Ich finde es ja immer witzig, dass Anwälte sich darüber so aufregen. Es ist doch wohl klar, dass es ein gewisses Missbrauchspotential bei dieser Sache gibt. Das kann niemand ernsthaft beschreiten. Um einen systematischen Missbrauch effektiv zu verhindern, braucht man halt einen Kontrolldruck. Das selbe gilt doch auch bei Verkehrskontrollen und Fahrscheinkontrollen!

  11. 11
    fernetpunker says:

    @Hoenig, wie das mit dem „Gehalt“ bei Beamten ist, weiß ich nicht, aber Arbeitnehmer bekommen ihren Lohn erst nach der Arbeit, vgl. § 614 BGB. Im Übrigen können Strafverteidiger meines Wissens einen Vorschuss vereinbaren.

  12. 12
    Homie says:

    Haben Sie vor Ihrem -verdienten- Urlaub etwas vergessen?

    via Tagesspiegel

  13. 13
    Homie says:

    Ich versuche meinen Untergang zu verhindern ;-)

      Hat nicht so richtig funktioniert. ;-) crh
  14. 14
    doppelfish says:

    Muß man die Kopieen eigentlich im Original vorlegen? Oder reicht eine Kopie?

      Eine FAX-Kopie reicht. 8-) crh
  15. 15
    Gast says:

    Ich frage mich gerade, wenn ich eine unfangreiche Strafakte durch das fax jage, dürfte das sicherlich teurer für die Staatskasse werden, als mir den Ausgleich einfach zu glauben und zu ersetzen. Papier, Fax-Tinte,…
    Manchmal ist das geschriebene Wort das Blatt nicht wert…

  16. 16
    Orkan der Rechtspflege says:

    Die §§ 9, 47 RVG stellen sicher, daß der Anwalt seine Vergütung vor der Arbeit erhält. Hiervon sollte man konsequent und möglichst frühzeitig Gebrauch machen, auch gegenüber der Staatskasse. Bleibt die Vorschußanforderung bei einem näherrückenden Hauptverhandlungstermin unerledigt, bieten sich gegenüber dem Mandanten die Leistungsverweigerung, gegenüber dem Gericht die gegebenen Rechtsmittel an. Und wenn die Rechtsmittel nicht bearbeitet werden, weil das Gericht die Durchführung der Hauptverhandlung für wichtiger erachtet, findet man auch dafür die passende Antwort.

    Man muß also als Anwalt nicht in Vorlage treten und das Risiko des Kostenschuldners tragen. Wenn eine Akte aus 500 Blatt besteht, beantrage ich einen Vorschuß für die Fertigung von 500 Kopien. Falls das Gericht der Meinung ist, ich bräuchte aus der Akte nur 395 Kopien, mag es unter Eingehung des revisionsrechtlichen Risikos, die Verteidigung zu behindern, ja in vielen Beschlüssen rechtlich tragfähig darlegen, weshalb ich als Verteidiger (nicht aber Gericht und Staatsanwaltschaft) auf die Kenntnis von 105 Blatt verzichten kann. Dann liegt die Hauptarbeit allerdings beim Kostenbeamten und beim Richter, was in der Regel zu einer plötzlich sehr großzügigen Praxis führt.

    Immer schön den Ball zurück ins Feld des „Gegners“ spielen. Machen Beamte ja auch so… :-)

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