Freies Geleit

Es kommt gar nicht mal so selten vor, daß Ermittlungsbehörden und Gerichte auf die Mithilfe von mutmaßlichen Straftätern angewiesen sind. Die bedienen sich dann quasi eines Teufels, um den Belzebub auszutreiben.

Diese Teufel Menschen werden also gern als Zeugen gebraucht. Ein paar dieser Leute haben jedoch ein Problem damit, sich als Zeugen zur Verfügung zu stellen – selbst wenn sie grundsätzlich bereit wären, bei der Aufklärung von Straftaten (anderer) mitzuwirken. Zum Beispiel, wenn sie z.B. steckbrieflich (dead or alive) gesucht werden oder ein ordnungsgemäßer Haftbefehl im Raum steht.

Und unter diesen Gesuchten gibt es welche, denen es reichlich Schnuppe ist, daß eine deutsche Behörde sie eintüten will. Dies ist immer dann der Fall, wenn sie sich dem Zugriff entzogen haben, zum Beispiel durch einen Wohnsitz in einem (Aus-)Land, das nicht nach Deutschland ausliefert.

Genau so einen will das Gericht als Zeugen vernehmen und schickt ihm also eine Zeugenladung auf dem Amtshilfewege in die ausländische Heimat.

Nun kann sich so ein Richter natürlich auch an fünf Fingern abzählen, was ein per Haftbefehl gesuchter Zeuge mit so einer Ladung machen wird. Für diese Fälle hat das Gericht ein Formular erfunden, mit dem die Einreise schmackhaft gemacht werden soll:

Ich kann mir bei bestem Willen nicht vorstellen, daß auch nur ein einziger Zeuge aufgrund dieses Textbausteins das Risiko eingeht, gleich bei der Paßkontrolle am Flughafen oder an der Grenze gepflückt zu werden.

Leicht vorstellbar ist hingegen, daß der gemeine Bundespolizeibeamte sich ein Ei drauf pellt, wenn der Eingereiste ihm irgend etwas vom freien Geleit erzählen will. Im besten Fall wird der Polizist ein paar Tage vergeblich versuchen, den Richter zu erreichen. Und während dieser Zeit wird der Zeuge im Café Viereck bei Wasser und Brot auf sein freies Geleit warten.

Die Hoffnung stirbt zuletzt, hätte ich diesen Beitrag auch überschreiben können.

 

Dieser Beitrag wurde unter Zeugen veröffentlicht.

6 Antworten auf Freies Geleit

  1. 1
    Tourix says:

    Es kommt gar nicht so selten vor, dass gesuchte Leute auf die nächste Polizei gehen um selber eine Anzeige zu machen – und gleich dabehalten werden.

    Einige der Jungs sind es halt nicht gewohnt, den komischen Kram zwischen den Ohren zu benutzen.

    Und was den Teufel angeht …
    „Das Recht in die Mitte“ rief der Teufel
    und setzte sich zwischen zwei Anwälte.
    :-)

  2. 2
    Denny Crane says:

    Angesichts der bedauernswerten Rechtsunkenntnis vieler Haftrichter (also am AG) in Sachen Haftrecht, wäre jeder Zeuge, dem freies Geleit zugesichert wird, wirklich mit dem Klammerbeutel gepudert, dieser Versicherung zu vertrauen. Die meisten Haftrichter finden ja nicht einmal die EMRK im „Meyer-Goßner“. Die Mehrzahl findet nicht einmal den „Meyer-Goßner“ auf ihrem Schreibtisch. Und wenn sie ihn finden, lesen sie ihn nicht. Und wenn sie ihn lesen, verstehen sie ihn nicht. Am hiesigen AG finden es Amtsrichter witzig, vom „Eindosen“ des Beschuldigten zu feixen und großklappig zu verkünden, man kenne im ganzen Gerichtsbezirk keinen einzigen Amtsrichter, der bei dieser Sach- und Rechtslage den Haftbefehl aufheben würde. Dem kann man leider nur beipflichten und sagen: „Nein, AMTSrichter kenne ich auch keine…“ Im Hinblick darauf, daß eine nicht unerhebliche Anzahl von Haftbefehlen auf die Beschwerde des Beschuldigten kurzerhand vom Landgericht unter Hinweis auf die „ständige Rechtsprechung der Kammer“ aufgehoben werden, könnte einem manchmal das böse R-Wort in den Sinn kommen…

  3. 3
    R.H. says:

    Es gibt aber Kriminelle, die diese Möglichkeit nutzen, wie ein Artikel aus dem gestrigen „Kölner Stadtanzeiger“ zeigt:

    http://www.ksta.de/html/artikel/1308571403598.shtml

    Das Motiv, das „Freie Geleit“ in Anspruch zu nehmen, war wohl der Versuch, den Bruder zu entlasten. (Der Bruder bekam trotzdem 11 Jahre.)

  4. 4
    Vorstellungskraft says:

    Was Sie sich leicht und beim besten Willen nicht vorstellen können hat, so kann ich mir vorstellen, nicht unbedingt mit der Wirklichkeit zu tun.

  5. 5
    rajede says:

    Was spricht eigentlich dagegen, daß der Zeuge aufgrund eines europäischen Haftbefehls bei der Anreise in einem anderen Land, beispielsweise anläßlich einer Zwischenlandung, festgenommen wird und dann ausgeliefert wird?

    Das freie Geleit müßte sich doch auf alle Staaten beziehen?

  6. 6
    Bürger says:

    @rajede: Aber dann hätte man doch keine Handhabe mehr den Zeugen doch einzuknasten ;)